Lombardische Briefsammlung

Die Vorab-Edition von Heinz-Jürgen Beyer (Stand ca. 2010) wird nicht weiter bearbeitet. (Info)

73b.

Plädoyer des Beklagten (Erzpriester von S. Stefano) vor der Synode (Rede):
verteidigt sich gegen Vorwürfe und bittet um Aufschub der Verhandlung, um Beweismaterial (Zeugen und Urkunden) präsentieren zu können.

Ü: V fol. 59v-60r.
D: -
R: Wattenbach S. 46-50 (zu 1132).

[Responsio]

Multa per supreptionem ac emulationem episcopalibus auribus suggeruntur, quibus non fides ad[h]ibetur, nisi [non?] minimum scandalum generatur et iustitie ac veritatis regula violatur. Qua de re constanter, severe et graviter questiones sunt audiende, diligenti examinatione secundum formam indutiarum investigande, discernende ac determinande, ne forte, quod absit, perpropere credantur [eher: credatur ?] vel veritas differatur et divine magestatis occuli offendantur. In tanto tamque sancto tamque gravi concilio nihil falsum, nil subdolum, nihil fraudatorium, sed unum id [besser: sit ?], quod verum est et rationabile ac veritatis fide subnexum.

Que frater noster coram presentia nostra conquestus est, ut pace [eher: parte ?] sua loquar, omnia falsa esse cognoscat vestra paternitas ac fraternitas: Sue namque parochie terminos non invasimus, illius mortuos non sepelivimus, vivos, sicut ipse proclamavit, blandis verbis ac adulationibus non allicimus, sed nostris contenti sumus et aliquando de illius a[f]finibus fratribus iniurias patimur.

Unde pietatis vestre clementiam humillima prece et sincera devocione deposcimus, ut nobis indutias canonicas detis, quoadusque testes nostros, sicut iniuria postulat, producamus et instrumenta, quibus termini nostre parochie continentur, in medium proferamus. Ignari etenim omnium istarum causarum imparati venimus et nobiscum ea non detulimus.

[Gegenrede]

Euren bischöflichen Ohren wird durch Unterstellung und aus Missgunst vieles vorgetäuscht, dem jedoch kein Glauben zu schenken ist, wenn nicht ein gewaltiges Ärgernis erzeugt und die Grundsätze von Recht und Wahrheit verletzt werden sollen. Deshalb sind die Klagen mit Festigkeit und Würde in aller Strenge anzuhören, entsprechend der Verfahrensform (und -norm) sorgfältig zu überprüfen und abzuwägen, damit nicht zufällig, was fern sei, vorschnell geglaubt wird oder die Wahrheit verdunkelt wird und die Augen der göttlichen Majestät beleidigt werden. In einer so großen und so heiligen und auch so bedeutenden Versammlung darf es nichts Falsches, Arglistiges und Betrügerisches geben, sondern nur das eine Wahre und der Vernunft Entsprechende und mit dem Glauben an die Wahrheit unlösliche Verbundene.

Worüber unser (Mit-)Bruder in unserer Anwesenheit Klage geführt hat, ist, um es freundlich auszudrücken, alles falsch, wie eure Väter- und Brüderlichkeit erkennen wird: Denn wir haben seine Pfarrgrenzen nicht überschritten, 'seine' Toten haben wir nicht bestattet und seine Lebenden [= Gemeindemitglieder], so wie er es selbst ausgedrückt hat, fesseln wir nicht durch schöne Worte oder gar Liebedienerei an uns, sondern wir sind mit den Unseren zufrieden; allerdings leiden wir auch manchmal unter dem Unrecht, das jener unseren benachbarten Brüdern zufügt [wobei 'zwischen den Zeilen' durchscheint: dann gehen wir auch mal 'rüber' und 'trösten' sie...].

Daher bitten wir eure Barmherzigkeit in Demut und mit ehrlicher Ehrerbietung, dass ihr uns kanonische Frist gewährt, damit wir bis zu diesem Zeitpunkt unsere Zeugen so, wie es das (uns zugefügte?) Unrecht fordert, präsentieren und die Dokumente, in denen die Grenzen unserer Pfarre festgelegt sind, in eurer Mitte vorlegen können. Denn wir sind hergekommen, ohne auf diese Vorwürfe vorbereitet zu sein, und möchten sie nicht auf uns sitzen lassen.


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