Lombardische Briefsammlung

Die Vorab-Edition von Heinz-Jürgen Beyer (Stand ca. 2010) wird nicht weiter bearbeitet. (Info)

72.

Synodenvortrag (Rede):
Der Stellvertreter des (Erz-?)Priesters Johannes von Viadana(?) bittet um Entschuldigung für das krankheitsbedingte Nichterscheinen des Vorgeladenen und um Aufschub der Verhandlung.
(15. Mai 1132 ? 1) )
Ü: V fol. 59r-v.
D: -
R: Wattenbach S. 46-50 (zu 1132).

Excusatoria in synodo

Supplicibus precibus et humili supplicatione, venerande pater2) et vos cuncti fratres et patres, ut aures vestre paternitatis meis petitionibus inclinare dignemini, vestram paternitatem et fraternitatem imploro:

Cunctos vos scire credo Iohannem3) patrem et dominum meum archipresbyterum plebis Vitaliane apud dominum nostrum venerabilem episcopum multis criminibus enormiter accusatum; qui non contumacia neque dissimulatione seu aliquibus dolis ad sanctum sinodum venire recusavit; sed gravi infirmitate coactus, ut fratres venerabiles, qui id noverint, ut opportunum fuerit, canonice testificabuntur, venire non valuit. Sed nos vice sua, sicut canonum iubet auctoritas, misit, ut vobis causam illius absentis notificaremus et canonicas indutias peteremus.

Oramus igitur clemenciam vestram, mitissime pater, et universum hoc sanctum concilium deprecamur, ut secundum decreta Romanorum pontificum et sacrarum canonum instituta ei dilationem detis, quousque convalescat et opportuno tempore, sicut equitatis ratio postulat, causam suam tractare valuerit. Nolite - queso - graviter ferre, que dico; non enim docendo, sed indulgentiam petendo id profero. Novit peritia neminem esse iudicandum, nisi per contumaciam absens factus fuerit. Cum igitur non per contumaciam, sed gravi egritudine interesse conventui sacro non potuit, suppliciter pro illo petimus, ut, sicut debetis, onus suum cum illo portetis4) et dominum nostrum [ut] patrem filius confulc[i]at[is] et causam eius canonice audiendam congruo tempore differat[is].

Entschuldigung(svortrag) bei einer Synode

Mit inständigem Bitten und demütigem Flehen, hochverehrter Vater [= Bischof] und ihr Brüder alle und Väter, rufe ich eure Väterlichkeit und Brüderlichkeit an, dass ihr es für wert haltet, eure Ohren meinen Bitten gnädig zu neigen:

Ich glaube, dass ihr alle wisst, dass Johannes, mein Vater und Herr, den Erzpriester der Pfarre von Viadana bei unserem verehrten Herrn Bischof wegen vieler Vergehen heftig beschuldigt hat; er hat allerdings - nicht aus Halsstarrigkeit oder Ignoranz oder gar irgendwelchen Ausflüchten - darauf verzichten müssen [wörtlich: hat sich nicht geweigert], auf der heiligen Synode zu erscheinen; sondern weil er durch Krankheit ans Bett gefesselt ist, wie die Brüder, die das wissen, kanonisch, wie sich's gehört, bezeugen können, hat er nicht kommen können. Dafür hat er uns an seiner Statt , wie es die kanonischen Vorschriften vorsehen, geschickt, damit wir euch die Ursache für sein Fernbleiben kundtun und einen Aufschub den Canones entsprechend erbitten.

So bitten wir euer Verständnis, gnädigster Vater, und die ganze heilige Versammlung, dass ihr ihm entsprechend den Dekreten der römischen Päpste und den Vorschriften der heiligen Canones Aufschub gewährt, bis er wieder bei Kräften ist und zu einer günstig(er)en Zeit so, wie es der Gleichheitsgrundsatz verlangt, seine Angelegenheit selbst verhandeln kann. Nehmt also - bitte - nicht übel, was ich sage; denn ich trage das nicht vor, um (euch) zu belehren, sondern um Nachsicht zu erbitten. Denn ihr wisst ja selbst, dass niemand verurteilt werden darf, wenn er nicht aus Böswilligkeit abwesend ist. Da er aber nicht aus diesem Grund, sondern wegen schwerer Krankheit an dieser heiligen Versammlung nicht teilnehmen kann, bitten wir demütig an seiner Statt, dass ihr, wie es eure (Christen-)Pflicht ist, seine Last mit ihm tragt und - wie der Vater den Sohn - unseren Herrn unterstützt und die Behandlung seiner Angelegenheit, die ja in kanonischer Weise anzuhören ist, auf einen geeignet(er)en Zeitpunkt verschiebt.

  1. Vgl. Brief 17.
  2. Vermutlich gemeint ist der Bischof von Cremona (vgl. Briefe 15ff.).
  3. Wenn die Verschreibung "vel" richtig emendiert ist, könnte es sich beim Erzpriester Johannes um den gleichen J(ohannes) handeln, der in Briefpaar 17-18 als Priester von Viadana erscheint.
  4. Vgl. Galat. 6,2.

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