Die Vorab-Edition von Heinz-Jürgen Beyer (Stand ca. 2010) wird nicht weiter bearbeitet. (Info)
Bischof A(delin) von Reggio an Äbtissin A(gnes) von S. Giulia in Brescia:
erklärt die Gründe für die Zwangsmaßnahmen gegenüber den Bauern und fordert auf, eine Delegation unter Führung des Adelbert von Migliarina (?) zur definitiven Klärung der Angelegenheit zu schicken.
D: -
R: Wattenbach S. 46-50 (zu 1132).
Responsio A.1) Dei gratia humillimus Reginus episcopus A.2) venerabili sanctimoniali, religiose femine abbatisse sancte Iulie de Briscia et ceteris sororibus orationem et benedictionem in Domino. Principium et medium li[t]terarum vestrarum confitemur. Ultimum vero - deprecationes scilicet vestras - sicut promisimus, adimplere tota voluntate profitemur; sorores namque vestras et legatos et vos et illas illosque decenti affectione suscepimus et decenter honestavimus; terram vestram, sicut eis et vobis promisimus, et per nos servamus et ab aliis incessanter tutamur. Sed quod rustici vestri conqueruntur nostros eos infestare, omnino mentiuntur; sancitum enim est a consulibus, quos omni consilio elegerunt, pro munitione castelli, quod pro communi utilitate propter i[m]minentia undique pericula - vel bella -, ut, si quis non fecerit, ut statutum est, penam statutam patiatur. Hoc statutum a nostris et etiam a potestatibus, quoniam nostris pertinentiis colonos habent, est laudatum et confirmatum. Itaque nolite vanis et mendacibus verbis aures vestre sapientie inclinare, nolite fidem eis adhibere, quia multa mala et sepissime divortia propter tales homines inter amicissimos concitantur. Sed mittite ad nos Adelbertum 3) vicinum vestrum de Millare 4) cum aliis vestris fidelibus, et, si verum esse non invenerit, quod diximus, in duplum, quod ablatum est, eis reddere facimus.
De cetero, que multotiens vobis promisimus, reveremur, vos et vestra admodum diligimus et, ubicumque possumus, per nos et per nostros servabimus et pro posse tutabimur. |
Antwort A(delin), durch Gottes Gnade demütiger Bischof von Reggio, (sendet) A(gnes), der ehrwürdigen Nonne, gottesfürchtigen Frau (und) Äbtissin von S. Giulia in Brescia, und ihren übrigen Schwestern (sein) Gebet und (seinen) Segen im Herrn. Anfangs- und Mittelteil eures Briefes bestätigen wir. Den letzten aber - eure Bitten nämlich - versprechen wir mit bestem Willen zu erfüllen, so wie wir's versprochen haben; denn eure Schwestern und Abgesandten sowie euch und diese [Maskulinum] und jene [Femininum!] haben wir mit geziemender Herzlichkeit aufgenommen und sie auch noch in bescheidener Weise beschenkt; euer Land bewahren wir durch die Unsrigen und schützen es dauerhaft vor anderen, so wie wir es jenen und euch versprochen haben. Aber was eure Bauern da beklagen, dass die unseren sie anfeindeten, ist rundum erlogen; denn das ist von den Konsuln, die sie mit dem gesamten Rat (mit) gewählt haben, festgelegt worden zum Schutze der (Stadt-)Festung, die dem Gemeinwohl (dient) wegen der von allen Seiten drohenden Gefahren - oder: Kriege -, so dass, wer nicht mitmacht, wie festgelegt ist, die festgesetzte Strafe hinzunehmen hat. Dieser Beschluss ist von den Unsrigen und auch von den Mächtigen [potestates = Bürgermeister?], da sie ja Bauern auf unseren Gütern haben, gebilligt und bestätigt worden. Habt also die Güte, eure klugen Ohren nicht leichtfertigen und lügnerischen Worten zuzuwenden und diesen Vertrauen zu schenken, weil viel Böses und gar oft wegen solcher Menschen Auseinandersetzungen zwischen guten Freunden hervorgerufen werden. Aber schickt uns den Adelbert, euren Nachbarn von Millare [= Migliarina], mit anderen eurer Getreuen, und wir werden, wenn er findet, dass nicht stimmt, was wir sagen, diesem das Doppelte zurückgeben lassen, was ihnen weggenommen worden ist.
Im übrigen stehen wir zu dem, was wir euch oftmals versprochen haben, wir lieben euch und, was euch gehört, über die Maßen, und wir werden, wo immer wir können, (euch) in eigener Person und durch unsere Leute zu Diensten sein und (euch) nach Kräften Schutz bieten. |
- Zu Bischof Adelin von Reggio s.o. Brief 70 u.ö.
- S.o. Brief 70 Anm. 2.
- Möglicherweise Alberto, Sohn des Martino fu Giovanni, aus der Carpigianer Familie der Borsellano (vgl. B. Andreolli, Migliarina 772-1214 ..., in: Comune di Carpi (Hg), Ricerche Archeologiche nel Carpigiano, 1984/85, S. 171).
- Höchstwahrscheinlich Migliarina bei Carpi (Prov. Modena): Die Zugehörigkeit dieses Hofes (curtis, 772) war seit Jahrhunderten zwischen dem Brescianer Kloster und dem Reggianer Bischof umstritten. (Andreolli, Migliarina ..., 1984/85. S. 168ff.)
1001 hält Mgf. Tedald(o) von Tuszien-Canossa in Carpi Gericht und entscheidet in einem Streit um ein Gut in Migliarina zu Gunsten des Brescianer Klosters. (C. Frison, La pieve 'sita in castro Carpense', in: Com. di Carpi, Ricerche ... 1984/85, S. 162). Sein Sohn, Mgf. Bonifaz von Tuszien-Canossa (+ 1052), gibt der Äbtissin Ota von S. Giulia das Versprechen, "sie künftig nicht mehr im Besitz von Migliarina ... zu stören." (E. Goez, Beatrix von Canossa und Tuszien, Vorträge u. Forschungen, Sonderbd. 41, 1995, S. 17).
Von 1167 bis 1218 sind in Migliarina Vasallen von S. Giulia di Brescia dokumentiert; 1225 wird das Lehen schließlich an S. Prospero in Reggio (!) abgetreten (vgl. Menant, Monastère, 1992, S. 128).