Lombardische Briefsammlung

Die Vorab-Edition von Heinz-Jürgen Beyer (Stand ca. 2010) wird nicht weiter bearbeitet. (Info)

26.

"Kaiser" L(othar) an Stadt Cremona:
freut sich über die Treue der Stadt, die ihm von Heinrich [= Lothars Schwiegersohn] und Kämmerer Hugo berichtet worden ist; meldet militärischen Erfolg über Friedrich von Schwaben sowie dessen Lehenseid; kündigt Aufbruch zur Romexpedition für Mitte August an, weshalb er eine Delegation der Stadt zum 8. September in Verona erwartet.
(1. Hälfte 1132?)
Ü: S fol. 23r-v; V fol. 38r-v.
D: Wattenbach 74f.; auszugsweise Beyer (1988) S. 56f.
R: Wattenbach S. 43-50 (zu 1132); RI Lo.III. +433; Beyer (1988) S. 55ff. (vgl. Brief 3).

[Epistola] imperatoris ad civitatem

L.1) dei gratia Romanorum imperator augustus civibus Cremonensibus, consulibus, maioribus ac minoribus gratiam cum larga benivolentia.

Quoniam quidem vos pro statu imperii et pro nostro servitio viriliter et constanter pugnare contra hostes audivimus et per apocrisarios nostros re vera comperimus et novissime per venerabilem virum Heinricum *** 2) [ducem Bawariorum, generum nostrum] et Hugonem3) camerarium fidelissimum secretarium nostrum, sicut oculis videmus, animadvertimus, vos dudum dilectos, dilectissimos et fideles, fidelissimos et velut peculiares filios habemus et, secundum quod decet, imperialem magnificentiam remunerare decrevimus. Convenit enim imperiali magestati rebelles iusta pena multari, subiectos ac eius iussionibus devotos beneficencia et egregia liberalitate munerari. Quapropter nobis cordi est vos inter primos aule nostre auricularios habere, vestrum servicium redibere [= redhibere], urbem vestram augmentare et nostris privilegiis sublimare. Ac per hoc nostra secreta vobis pandere non dubitamus nostrique status habitudinem presentibus apicibus intimamus.

Noverit vestre fidelitatis industria Deo nobis de celo victoriam prebente Fridericum4) ducem Suevie virtute nostri exercitus esse contritum et nostris pedibus constratum et humiliatum, sed intervenientibus pro eo principibus et nostre clementie supplicationibus, a nobis inter nostros fideles susceptum ac federatum. Hominium namque nobis fecit et pro nostro velle et secundum curie iudicium fidelitatem iuravit. Omnibus ergo in pace dispositis mediante Augusto, sicut anterioribus litteris vobis significavimus, [in] Italiam expeditionem aggredi constituimus.

Quapropter, karissimi et nobilissimi cives, forti animo constantes estote, ut viriliter c[o]epistis, contra hostes nostros pugnate, ut secundum vestrum laborem et sincerissimam fidelitatem a nobis condigna premia recipiatis. Pretera de nobilioribus et sapiencioribus vestre terre nobis Veronam in Nativitate sancte Marie5) obviam mittite et antiquo more vestrorum maiorum unusquisque secundum ordinem suum nobiscum Romam venire diligenter vos properate.

Kaiserliches (Schreiben) an eine Stadt

L(othar III.), von Gottes Gnaden erhabener Kaiser der Römer, (entbietet) den Bürgern und Konsuln, den höheren wie niederen Ständen von Cremona Gnade und reichlich Wohlwollen.

Da wir jedenfalls gehört haben, dass ihr für die Stabilität des Reiches und zu unserer Unterstützung mannhaft und standhaft gegen die Feinde kämpft, und wir dies von unseren Boten bestätigt bekommen haben und auch jüngst noch vom ehrenwerten Herrn Heinrich und unserem Kämmerer Hugo, unserem überaus treuen Sekretär, vernommen haben, als würden wir es mit eigenen Augen sehen, schätzen wir euch als seit Langem überaus geliebte, treue und gleichsam auserwählte Söhne und haben beschlossen, wie sich's ziemt, euch dies mit kaiserlicher Hochherzigkeit zu vergelten. Es entspricht nämlich der kaiserlichen Hoheit, die Aufsässigen mit gerechter Strafe zu treffen, die Demütigen und ihren Befehlen Ergebenen mit Wohltätigkeit und besonderer Großzügigkeit zu beschenken. Deswegen liegt es uns am Herzen, euch unter den ersten Ratgebern unseres Hofes zu haben, euren Dienst zurück zu erstatten, eure Stadt zu fördern und mit unseren Vergünstigungen [wörtl.: Privilegien] auszustatten. Und deswegen haben wir auch keine Hemmungen, unsere Geheimnisse vor euch offen zu legen, und vertrauen euch mit diesen Zeilen an, wie sich unsere Situation derzeit darstellt.

Es soll deshalb der Eifer eurer Treue mit der Nachricht belohnt werden, dass Gott uns vom Himmel her den Sieg gewährt und Herzog Friedrich von Schwaben Dank der Stärke unseres Heeres "aufgerieben" und zu unseren Füßen niedergestreckt und unterworfen ist, dass wir ihn aber, nachdem sich Fürsten für ihn eingesetzt haben und auch manche unserer Getreuen um unsere Gnade gebeten haben, wieder in unsere Huld aufgenommen und an uns gebunden haben. Den Lehenseid nämlich hat er uns geleistet und nach unserem Willen und dem Spruch des Hof(gericht)es Treue geschworen. Da nun also alles friedlich ist, haben wir beschlossen, Mitte August, so wie wir es euch in früheren Briefen [oder Singular?] bereits bezeichnet haben, zum Italien-Zug aufzubrechen.

Deswegen, liebe, edle Bürger, bleibt standhaft, wie ihr mannhaft angefangen habt, kämpft gegen unsere Feinde, damit ihr nach all eurer Mühe und ehrlicher Treue von uns würdig belohnt werdet. Außerdem schickt uns (einige) würdige und kompetente Leute [wörtl.: von den Edleren und Klügeren] aus eurer Gegend zum Fest Mariä Geburt [= 8. September] nach Verona entgegen und seht zu, dass ein jeder nach altem Brauch seinem Stand entsprechend mit uns nach Rom kommt.

  1. Kg. Lothar III.(Kaiserkrönung erst am 4. Juni 1133).
  2. Wohl Lothars Schwiegersohn, Herzog Heinrich von Bayern (vgl. insbes. Briefe 24-25). Zu Wattenbachs Interpretation "(Bischof) Anselm von Havelberg" vgl. textkritischen Apparat.
  3. Königlicher Kämmerer Hugo.
  4. Tatsächlich unterwarf sich Herzog Friedrich von Schwaben erst nach Lothars Romzug und Kaiserkrönung im Oktober 1134 (zunächst nur vor Richenza in Fulda) bzw. im März 1135 (Lothars Hoftag in Bamberg). Insofern wäre eine Briefdatierung im Frühjahr 1136 ebenfalls vertretbar; allerdings spricht der Kontext des Antwortbriefes 27 (ebenso wie Brief 25 mit der angemahnten Friedensinitiative gegenüber Friedrich) eher für die frühere Datierung. Die Aussage über die Unterwerfung Friedrichs wäre unter diesen Umständen entweder als "Wunschdenken" im Zuge königlicher Propaganda oder als nachträgliche Überarbeitung zu verstehen.
  5. Fest Mariä Geburt (= 8. September).

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