Sammlung

From Clavis Canonum
Revision as of 12:36, 21 May 2024 by Christof Rolker (talk | contribs) (Versuch einer Definiton)
(diff) ← Older revision | Latest revision (diff) | Newer revision → (diff)

Eine Sammlung (egal ob kanonische Sammlung oder Briefsammlung) besteht aus einem oder mehr Texten in bestimmter Reihenfolge. Für das Akademieprojekt ist zu unterscheiden zwischen relevanten, vielleicht relvanten und irrelevanten Texten. Erstere sind alle päpstlichen Schreiben bzw. Fragmente solcher Schreiben. Die zweite Gruppe umfasst Texte, die vielleicht aus päpstlichen Schreiben stammen, z.B. Texte die in einer Handschrift als Papstbrief bezeichnet werden (das aber nicht sein müssen) oder umgekehrt Auszüge aus Papstbriefen, die unter einer anderen Bezeichnung in den Handschriften zu finden sind. Die dritte Gruppe sind Texte, die mit Sicherheit nicht auf päpstliche Schreiben zurückgehen, z.B. weil ihre tatsächliche Herkunft von einem Konzil, aus dem römischen Recht, aus der Bibel oder einer anderen fons materialis bekannt ist.

Abschriften

Wenn in der Forschung von Sammlungen die Rede ist, dann implizit meist von einer hypothetischen Urfassung, die mit der oder den erhaltenen Handschriften nicht identisch ist. Auch wenn es für die meisten praktischen Fragen keine Rolle spielt, ist es wichtig, dass die (Urfassung der) Sammlung und ihre diversen Handschriften nicht identisch sind. Beispiele für Grenzfälle:

  • Von der Sammlung des Deusdedit gibt es nur eine vollständige Abschrift, die noch im Mittelalter angefertigt wurde, und das offenbar kurz nach Fertigstellung der Sammlung. Obwohl fast alles, was wir über Inhalt, Aufbau und Wortlaut der Sammlung wissen, auf dieser einen Handschrift basiert, ist sich die Forschung einig, dass die (Urfassung der) Sammlung in bestimmten Punkten von dieser Sammlung abwich. Zum Beispiel finden sich mehrere Kommentare (getrennt von den Kanones), aber mitten in einem Kanon einmal ein Satz, der in keiner anderen Überlieferung des Kanon zu finden ist und verdächtig wie ein Kommentar aussieht. Die Forschung nimmt daher an, dass Deusdedit den Kanon kommentierte und in seiner (verlorenen) Handschrift der Kommentar auch vom kommentierten Text unterscheidbar war (z.B. am Seitenrand stand oder durch ein spezielles Zeichen als Kommentar markiert war), das aber spätestens bei Anfertigung der erhaltenen Handschrift der Kommentar in den Haupttext gerutscht ist.
  • Von der ca. 1095 (mitten im Pontifikat Urbans II.) entstandenen Collectio Britannica gibt es nur eine Handschrift, von der man lange glaubte, sie sei ebenfalls ca. 1095 oder nur wenige jahre später geschrieben worden. Obwohl die erhaltene Abschrift zeitnah und sehr gut ist, hat die Forschung lange spekuliert, ob die (Urfassung der) Britannica nicht von der erhaltenen Fassung abwich und noch nicht die "aktuellsten" Abschnitte mit Papstbriefen von Alexander II. und Urban II. enthielt. Der Grund dafür sind Parallelen zwischen der Britannica und etwas jüngeren Sammlungen, in denen große Teile der Britannica verwendet wurden, aber ausgerechnet die Abschnitte zu Urban II. und seinem Vorgänger Alexander II. nicht. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass die anderen Sammlungen eine Kurzfassung verwendeten und erst danach (vielleicht erst bei Anfertigung der erhaltenen Handschrift) eine Langfassung der Britannica angefertigt wurde, indem "aktuelle" Briefe des letzten und des regierenden Papstes engefügt wurden.

Eine Sammlung ist also den erhaltenen Abschriften ähnlich, aber meist nicht identisch mit diesen Handschriften, auch nicht mit dem "Konsens" dieser Handschriften.

Abgrenzung von Sammlungen

Sammlungen unterscheiden sich durch Auswahl, Anordnung und Wortlaut der enthaltenen Texte. Bei sehr großer Ähnlichkeit in allen drei Bereichen wird man Handschriften als Textzeugen einer Sammlung ansehen, v.a. wenn nur der Wortlaut abweicht. Bei größeren Abweichungen, v.a. in der Anordnung, spricht man meist von Versionen oder Fassungen einer Sammlung. Noch größere Abweichungen werden, auch wenn die Überlappungen groß sein können, als unterschiedliche Sammlungen bezeichnet. Beispiele für Grenzfälle:

  • Die Collectio II librorum/VIII partium trägt ihren sperrigen Titel, weil die einzigen beiden handschriften zwar das gleiche Material in der gleichen Reihenfolge und fast mit identischem Wortlaut überliefern, aber eine Sammlung die Texte in zwei Bücher (libri) einteilt, die andere in acht Teile (partes) eingeteilt ist. Sie werden als Abschriften einer Sammlung behandelt.
  • Die Collectio IV librorum hingegen gilt meist als eine von der Collectio LXXIV titulorum verschiedene Sammlung, obwohl der Hauptunterschied in der Einteilung der Kanones einmal in 74 Titel, einmal in vier Bücher besteht. Allerdings enthält die Collectio IV librorum ein paar Kanones, die in der anderen Sammlung nicht enthalten sind.