Treffer 17 von 70
Inv.-Nr. 355: Ernst H. Kantorowicz an Carl Erdmann, 28.03.1931
Metadaten
Inventar-Nr.: | 355 |
Dateiname: | d19310328_kantorowicz_erdmann.xml |
Empfänger: |
|
Schreib-/Versandort: | Berlin |
Empfängerort: | - |
Datum des Schreibens: | 28.03.1931 |
Datum des Poststempels: | - |
Korrespondenzform: | Brief |
Typ: | Typoskript |
Umfang: | 1 Bl., 1 S. |
Aufbewahrung: | DHI Rom Archiv/R 2 Registratur 1924-1943 Nr. 12 |
Brieftext
Berlin, 28.3.31.
Wichmannstr.10.
Lieber Herr Erdmann !
Haben Sie vielen Dank für Ihren Brief und die in Aussicht gestellte Erledigung
der Bilderfrage [1] . Nachdem ich mich nunmehr überzeugt habe,
dass es mit der Fertigstellung resp. dem Erscheinen meines zweiten Bandes
Ernst H. Kantorowicz,
Kaiser Friedrich der Zweite.
Ergänzungsband. Quellennachweise und Exkurse, Berlin
1931.
so überstürzt schnell nicht gehen wird,
wie ich gedacht oder der VerlegerGeorg Bondi (1865-1935), dt. Verleger, bei dem
neben den Werken Stefan Georges auch Kantorowicz' "Kaiser Friedrich der Zweite"
erschien gehetzt
hat [2] , wäre ich Ihnen nunmehr doch sehr dankbar, wenn Sie den
Sizilienreisenden Herrn vom InstitutPreussisches Historisches Institut in Rom;
Rom
[3] bäten, auf der Rückreise in SalernoSalerno (Italien) Station zu machen und die Codex-Nummer,
Bezeichnung etc. festzustellen [4]
<und>Unsichere Lesung am besten, das Bild noch einmal zu
photographieren. Dass sich dadurch die Osterfahrt um einen Tag verlängert und
überdies auf Staatskosten, ist natürlich angesichts der Reichskassenfrage
unverantwortlich [5] - aber der Weg der Wissenschaft ist mit Opfern gepflastert,
warum also nicht auch mit diesem!
Ich bin mitten im Aufbruch, da ich in
zwei Tagen BerlinBerlin verlasse [6] . Meine
Adresse in FrankfurtFrankfurt am Main lautet ab 1.4. Bockenheimer Landstr. 72. Auf den M.G.MGH: Monumenta Germaniae Historica; Berlin (1875-1935) /
München (1946-) war ich in letzter Zeit wenig, weiss daher auch kaum, was in der
grossen Welt der Mittelhistorie vorgeht. Nur einen Mediaevisten-Abend besuchte
ich, auf dem LadnerGerhart B. Ladner (1905-1993), österr.-kanad.
Mediävist u. Kunsthistoriker. 1930-1931 Mitarbeiter der MGH (Abt. Diplomata u.
Epistolae) in Berlin, wo er mit Kantorowicz bekannt wurde und Freundschaft
schloss. 1938 Emigration nach Kanada, seit 1946 Professuren in den USA und
zweimalige Mitgliedschaft am Institute for Advanced Study in Princeton, an das
er auch Kantorowicz zu vermitteln half. einen Vortrag hielt, von
dem man leider durch die gleichzeitig ertönende Jazz-Musik wenig hören
konnte [7] . Immerhin hatte ich die Freude, dort zum ersten Mal seit
Jahren BrackmannAlbert Brackmann (1871-1952), dt. Historiker u.
Archivar. Seit 1922 ordentlicher Professor an der Berliner Universität und von
Ende 1929 an Generaldirektor der Preußischen Staatsarchive; Mitherausgeber der
Historischen Zeitschrift wiederzusehen [8] .
Im übrigen ist die gedrückte Stimmung des
Winters hier etwas gewichen - offenbar im Zusammenhang sowohl mit dem langsam
steigenden Thermometer wie mit der sich ebenso verhaltenden Börse und den
politischen Ueberraschungen der Regierung, die derzeit ja wirklich sehr mutig
ist [9] .
Haben Sie nochmals schönsten Dank. Für die Feiertage
(Ostern in RomRom (Italien)! ist ja Schlagwort) alles Gute.
Herzlichst stets
Ihr
Ernst Kantorowicz.
Abbildungen (1)
Das Copyright am Brieftext liegt bei: Ariane Phillips
Projektphase 1: Transkription (Lisa-Maria Speck/Janus Gudian) | Textauszeichnung (Lisa-Maria Speck) | Kommentar (Lisa-Maria Speck)
Projektphase 2: Textauszeichnung (Andreas Öffner) | Kommentar (Martina Hartmann/Andreas Öffner)
Zitierlink zu diesem Datensatz: https://data.mgh.de/databases/eka/eka0355
Link zur XML
1Verfasst von: Andreas Öffner. Für Kantorowicz' Anfrage an Erdmann bezüglich der Herrscherdarstellung im Exultet-RotulusSalerno, Museo Diocesano, Exultet-Rotulus aus Salerno, die er dem "Ergänzungsband" zu Friedrich II. beigeben wollte, vgl. Inv.-Nr. 354Inv.-Nr. 354: Ernst H. Kantorowicz an Carl Erdmann, 10.03.1931.
2Verfasst von: Andreas Öffner. Für den Druck der 1928 begonnenen Arbeit hatte Kantorowicz - nach der Verzögerung durch die Brackmann-Kontroverse (s.u.) - Anfang des Monats noch den April bzw. Mai 1931 veranschlagt (vgl. Inv.-Nr. 254Inv.-Nr. 354: Ernst H. Kantorowicz an Carl Erdmann, 10.03.1931 bzw. Inv.-Nr. 16Inv.-Nr. 16: Ernst H. Kantorowicz an Karl Hampe, 06.03.1931; tatsächlich erschien sie im Mai/Juni (Grünewald, Kantorowicz und Stefan George (1982) Eckhart Grünewald, Ernst Kantorowicz und Stefan George. Beiträge zur Biographie des Historikers bis zum Jahre 1938 und seinem Jugendwerk "Kaiser Friedrich der Zweite" (Frankfurter historische Abhandlungen 25), Wiesbaden 1982. , S. 105). Zur Kantorowicz' Arbeit am Band vgl. auch Lerner, Kantorowicz (2020) Robert E. Lerner, Ernst Kantorowicz. Eine Biographie, Stuttgart 2020. , S. 152 f. und 168).
3Verfasst von: Andreas Öffner. Gemeint sein könnte der damalige Institutsmitarbeiter Hans-Walter KlewitzHans-Walter Klewitz (1907-1943), dt. Mediävist, ab 1940 Professor für mittelalterliche Geschichte in Freiburg; starb im Ausbildungslager der Waffen-SS, dem Kantorowicz, Kaiser Friedrich der Zweite. Ergänzungsband (1931) Ernst H. Kantorowicz, Kaiser Friedrich der Zweite. Ergänzungsband. Quellennachweise und Exkurse, Berlin 1931. , S. 307, Anm. 1 neben Erdmann für Auskünfte zum Exultet-Rotulus dankt und der 1932/33 in den "Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken" eine Arbeit zu Campanien und Apulien vorlegte (Klewitz, Zur Geschichte der Bistumsorganisation Campaniens und Apuliens im 10. und 11. Jahrhundert (1932/1933) Hans-Walter Klewitz, Zur Geschichte der Bistumsorganisation Campaniens und Apuliens im 10. und 11. Jahrhundert, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 24 (1932/1933), S. 1-61 ).
4Verfasst von: Andreas Öffner. Wie Kantorowicz dann erfuhr, war das bei Schlumberger, Byzance et croisades (1927) Gustave Schlumberger, Byzance et croisades. Pages médiévales, Paris 1927. , Abb. XIX (nach S. 350) abgebildete "Manuscrit de la Cathédrale de Salerne" ein Rotulus, der inzwischen "zerschnitten und in Albumform gebunden" worden war (Kantorowicz, Kaiser Friedrich der Zweite. Ergänzungsband (1931) Ernst H. Kantorowicz, Kaiser Friedrich der Zweite. Ergänzungsband. Quellennachweise und Exkurse, Berlin 1931. , S. 308, Anm. 1), ohne eine Signatur zu erhalten.
5Verfasst von: Andreas Öffner. Die deutsche Wirtschaftslage und die im Juli 1931 kulminierende Bankenkrise traf auch Kantorowicz persönlich; vgl. Lerner, Kantorowicz (2020) Robert E. Lerner, Ernst Kantorowicz. Eine Biographie, Stuttgart 2020. , S. 181 und 212.
6Verfasst von: Andreas Öffner. Zu Kantorowicz' Ruf nach Frankfrut vgl. Lerner, Kantorowicz (2020) Robert E. Lerner, Ernst Kantorowicz. Eine Biographie, Stuttgart 2020. , 174-177, für seine Übersiedelung zum 1. April ebd. S. 179.
7Verfasst von: Martina Hartmann. Der Vortrag von Gerhart Ladner (1905-1993), der in den 1920er Jahren Mitarbeiter der MGH in Berlin war, fand am 19. März 1931 statt, wie aus seinen Erinnerungen hervorgeht; vgl. Munscheck von Pölnitz, Gerhart Ladner (2023) Hedwig Munscheck von Pölnitz, Gerhart Ladner, in: Zwischen Vaterlandsliebe und Ausgrenzung. Die jüdischen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Monumenta Germaniae Historica, hg. v. ders./Annette Marquard-Mois/Maximilian Becker (Studien zur Geschichte der Mittelalterforschung 2), Wiesbaden 2023, S. 273–288., S. 280 mit Anm. 44.
8Verfasst von: Andreas Öffner. Angesichts der "Brackmann-Kontroverse" von 1929/30 (vgl. Lerner, Kantorowicz (2020) Robert E. Lerner, Ernst Kantorowicz. Eine Biographie, Stuttgart 2020. , S. 153-163) reiner Sarkasmus. In deren Zuge hatte Kantorowicz dem Kontrahenten am 15. September 1929 geschrieben: "[I]ch [kann] nicht glauben, dass ein persönliches Gespräch die sicherlich von beiden Seiten gewünschte Klärung herbeizuführen im Stande wäre" (Inv.-Nr. 3023Inv.-Nr. 3023: Ernst H. Kantorowicz an Albert Brackmann, 15.09.1929).
9Verfasst von: Andreas Öffner. In der Abendausgabe der "Vossischen Zeitung" vom 29. März (hier online) hätte Kantorowicz unter dem Titel "Schluß mit den Exzessen!" von der (durch Reichskanzler und Reichsinnenminister gegengezeichneten) "Notverordnung gegen politische Ausschreitungen" lesen können, in den Tagen vorher von den Regierungsplänen zum Abschluss einer deutsch-österreichischen Zollunion. Sie gehören in den Kontext einer Abkehr des Kabinetts Brüning von den Versöhnungsbemühungen Stresemanns und Hinwendung zu "territorialer deutscher Revisionspolitik" (Graml, Zwischen Stresemann und Hitler (2001) Hermann Graml, Zwischen Stresemann und Hitler. Die Außenpolitik der Präsidialkabinette Brüning, Papen und Schleicher ( Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 83), München 2001., S. 89-111, hier S. 89).