Original (ca. 46/47 b : 56,5/57,5 h) im Staatsarchiv zu Marburg (A);
Rückvermerk des 12. Jh.:
Preceptum Heinrici quarti [das
arti von späterer Hand verb.] imperatoris, datum Wolfhelmo abbati, darunter:
Longo; Ende des 14. Jh.:
no(ta) ad registr(andum); 15. Jh.:
Utile item, quod hoc conservetur privilegium; darunter von Hand des 16. Jh.:
totaliter (vgl. Stengel
in AfD 4,122 u. 139 mit Faks. des ältesten Indorsats auf Taf. 2;
a.a.O. 122 Anm. 7 denkt er bei
Longo an Beinamen des Abtes Wolfhelm).
Faks.: Kaiserurk. in Abb. Lief. 4 Taf. 25. – Kölzer, Studien Taf. 39a.
Drucke aus A: Schannat, Hist. Fuld. 2,168 no
52. – Dronke, CD Fuld. 374 no
770.
Reg.: Georgisch, Reg. chronol.-dipl. 1,493 no
21. – Böhmer-Will, Mainzer Reg. 1,244 no
12. – Wehlt, Reichsabtei 155 u. 365. – Böhmer
Reg. 2014. – Stumpf
Reg. 3082.
Wiederholung des DH.III.380 von 1056 September 23 (= VU.), das
seinerseits eine um die Bestimmung über die
milites erweiterte Wiederholung des DH.III.75 von 1041 April 21 gewesen war. –
D.98 bildet das letzte Glied einer langen Kette von Diplomen, mit
denen fast sämtliche Vorgänger Heinrichs III. das erstmals alle
Vergünstigungen zusammenfassende D. Ludwigs d. Frommen von 816 Mai 2 (2BM 613) erneuert hatten (DLo.I.60, DLD.15, DLJ.8, DKa.III.69, DArn.2,
DLK.3, DKo.I.6, DH.I.1, DO.I.2, DO.II.103, DH.II.429, DKo.II.172); bei
den DDLo.III.26 u. 129 (B.-Petke
Reg. †229 u. †418), denen unser Diplom als teilweise Vorlage diente,
sowie bei den von diesen weitgehend abhängigen DDKo.III.282 u. 295
handelt es sich um Fälschungen Eberhards von Fulda, weshalb sie als
Nachurkunden unberücksichtigt zu bleiben haben.
Die Niederschrift von D.98 erfolgte in einer auffälligen
Arbeitsteilung zwischen zwei Männern, für die beide unser D. den
frühesten Beleg ihrer Schreibertätigkeit darstellt: Schon Bresslau
in Textband zu KUiA 81 hatte festgestellt, dass die Schrift, mit
Ausnahme der die erste Hälfte des Kontextes umfassenden Zeilen 2–10
(s. Anm. d und w), von dem nur kurzfristig beschäftigten (von ihm noch
nicht so benannten) Notar Adalbert B herrührte, dem er noch DD.99 und
102 sowie Beteiligung an D.135 zusprach, was Pivec
in MÖIG 46, 305f. bestätigte (durch Druckfehler ist D.98 bei ihm als
St.3081 statt St.3082 gezählt), der dem von ihm als “X” bezeichneten
Notar zusätzlich noch die Schrift der echten Vorlage von D.†101 sowie
insgesamt das Diktat von DD.98–104 zuwies; Hausmann, Reichskanzlei 71f. no
1–10, der dem Notar das Diktat und die “Schrift bis auf einen
gewissen Teil des Kontextes” von D.98 zuerkennt (a.a.O. 71 no
1), kann Pivecs Kanon nur um die Beteiligung an D.†138 und – zu unrecht – an D.260
vermehren.
Während Pivec
den anonymen Notar mit dem Kaplan David identifizieren möchte, hält Hausmann
a.a.O. 73 und 317, unter ausdrücklicher Zurückweisung von Pivecs Ansicht, eine Identität mit dem Kaplan und späteren (seit 1112)
Aachener Propst Arnold für denkbar; dafür könnte immerhin sprechen,
dass die Zeit, in der Arnold in Vertretung des in D.98 noch selbst
rekognoszierenden Erzkanzlers Adalbert die Rekognition der Diplome
übernahm, in DD.100 … 108 von 1112 März-Oktober (s. Vorbemerkung zu
D.109), sich weitestgehend mit dem Zeitraum der Tätigkeit des Notars
Adalbert B in DD.98–104 von 1111 November 9 – 1112 Juli 16 deckt.
Im übrigen war Adalbert B offenbar ein geschulter Schreiber. Anders
als der zweite Schreiber (s. unten) hat er sich, falls überhaupt, nur
wenig an dem Schriftbild der VU. orientiert (einen leichten Vergleich
ermöglicht die Gegenüberstellung der Faksimilia von D.98 und von
DH.III.380 bei Kölzer
a.a.O. Taf. 39a u. 39b): An Gemeinsamkeiten mit der VU. kann vor
allem das
g mit einer Öse in der Unterlänge genannt werden, ferner u.a. die
Schreibung der Kürzungen für
p(er) und
q(uid) mit zackiger Durchkreuzung der
p- und
q-Unterlänge. Es überwiegen aber entschieden von der VU. abweichende und
stilsichere Schriftbesonderheiten: So verwendet Adalbert B, abgesehen
von oft anderen Kürzungsweisen (z.B.
qam statt
qua, meist keine Ausschreibung der Kürzungen von
con, per u.a.), regelmäßig ein völlig anders aussehendes dipl. Kürzungszeichen,
andere Gestaltung der
ct- und häufig auch der
st-Ligatur, kennt gegenüber der einheitlichen Schreibung der VU. für die
Oberlängen von
f und langem
s abwechselnd zwei verschiedene Formen der Verschleifung, versieht zumeist auch die
Zunge des
e mit einer dort fehlenden verschleiften Oberlänge, setzt am Wortende
immer nur langes
s mit Oberlängenverschleifung, wo VU. oft rundes
s verwendet, vermeidet immer die
vs-Ligatur am Wortende (vgl. dazu hingegen Anm. f). Angesichts dieser
Beweise für einen Schreiber mit offenbar lange eingeübter
Schreibpraxis fällt auch nicht ins Gewicht, dass dem Notar in D.98, im
Unterschied zu seinen anderen Diplomen, vielleicht weil er unter
Zeitdruck arbeitete, häufige Fehler bzw. Verschreibungen unterlaufen
sind (vgl. Anm. b, x, z, b’, d’, f’, h’, i’–l’, q’, t’).
Für den Schreiber der Zeilen 2–10, den Bresslau
noch nicht bestimmen konnte, gelang Kölzer
a.a.O. 160ff. mit Anm. 18 u. 29 (s. auch 168 Anm. 57, 191, 224, 228)
mit kriminalistischem Gespür die sichere Identifizierung: Es war der
aus dem Konvent von Fulda hervorgegangene Abt Berengoz von St.Maximin
bei Trier (amtierend seit Ende 1106/Anfang 1107, vgl. Kölzer
a.a.O. 164 mit Anm. 37), der sich nicht zu gut war, gelegentlich
eines Besuches in Fulda – entweder unabhängig vom Besuch Heinrichs V.
oder in dessen Gefolge –, an der Herstellung eines Diploms für sein
Heimatkloster mitzuwirken. Dabei hat er, was auch seine spätere
Fälschertätigkeit (vgl. dazu Kölzer
a.a.O. 158ff. und Vorbemerkung zu D.†16) kennzeichnet, das
Schriftbild des Originals der VU. bis in Einzelheiten nachgeahmt (s. Kölzer
a.a.O. 160 Anm. 18; vgl. aber Anm. m; zu Schwierigkeiten mit dem
Vorbild vgl. Anm. f und g).
Vermutlich geht auch auf Abt Berengoz die Form des Beizeichens zurück,
mit dem Adalbert B, als absolute Neuerung gegenüber dem Brauch des
Notars Adalbert A, anscheinend alle ihm zuzuweisenden Diplome
ausstattete (sein Fehlen in den nur kopial überlieferten DD.100 und
103 dürfte auf das Konto der Kopisten gehen): Pivec
a.a.O. 305 und Hausmann
a.a.O. 73 behaupten zwar, der Notar habe dieses aus der VU. zu D.98
übernommen. Dabei haben sie jedoch übersehen, dass das Zeichen des
Notars hier und sonst immer die erst unter Heinrich IV. eingeführte
symmetrische Gestalt aufweist, während DH.III.380, von dem allenfalls
die Anregung zur Aufnahme des Zeichens ausgehen konnte, die unter
Heinrich III. konstant begegnende asymmetrische Form zeigt (vgl.
Abbildung von Monogramm und Beizeichen bei Rück, Bildberichte 143 Abb. 551; vgl. auch Vorbemerkung zu D.87).
Als Vorbild für die symmetrische Form stand auch kein D. Heinrichs IV.
für Fulda zur Verfügung (s. Anm. 7; gilt übrigens auch für Kl.
Hersfeld, den Empfänger von D.99). Wohl aber konnte Berengoz
wahrscheinlich mit entsprechender Kenntnis aufwarten; denn das Archiv
von St.Maximin, dessen Bestände Berengoz zweifellos schon lange vor
seiner womöglich schon 1113 einsetzenden und spätestens Mitte des
Jahres 1116 beendeten umfangreichen Fälschertätigkeit (s. Kölzer
a.a.O. 158 u. 228f.), also auch schon zum Zeitpunkt der Ausstellung
von D.98, gründlich gesichtet hatte, verwahrte mit den DDH.IV.369 und
465 zwei mit symmetrischem Beizeichen ausgestattete Diplome Heinrichs
IV. (D.369 ohne, D.465 mit
A-Balken; zu D.369 vgl. Wiedergabe von Monogramm und Beizeichen mit
Schluss von Signum- und Rekognitionszeile bei Rück
a.a.O. 145 Abb. 577; zu D.465 vgl. Faks. bei Kölzer
a.a.O. Taf. 31 und Wiedergabe von Monogramm und Beizeichen bei Rück
a.a.O. 148 Abb. 599) – Der Notar, dem Berengoz eine vielleicht nur
grobe Skizze geliefert haben könnte, änderte allerdings in all seinen
Diplomen den
A-Balken in der linken unteren Hälfte des Zeichens, der in der Kanzlei
Heinrichs IV. immer waagerecht war, in einen Schrägbalken (s. Anm.
p’).
Vielleicht empfing übrigens Berengoz seinerseits eine Anregung aus
D.98 bzw. dessen VU.; denn das
cęteris preminemus in den als sein Eigengut anzusehenden Arengen der DD.†16, †17, †113
und †237 (s. Hausmann-Gawlik
no
1255; vgl. Kölzer
a.a.O. 208) könnte eine Übernahme des
cęteris supereminere der hiesigen, aus Form. imp. no
17 geschöpften und innerhalb der VUU. erstmals in DLD.15 verwendeten
Arenga (s. Hausmann-Gawlik
no
260) darstellen. – Wegen der VU.-Abhängigkeit ist auch der Verweis
auf die Arenga von D.98 als Beleg für zeitgenössisches Gedankengut bei Koch, Sacrum imperium 60 Anm. 238 und 132 Anm. 195 verfehlt.
Adalbert B verwendete in DD.98–102 u. 104 und nochmals in D.135 (in
dem nur kopial überlieferten D.103 fehlt eine Nachzeichnung; in D.†138
stammt die Signumzeile mit dem M. von Adalbert A) ein neues Monogramm,
das sich von dem bis D.96 belegten des Adalbert A (M.7.) durch die –
auf eine andere Plazierung der Buchstaben
O und
q/Q hinauslaufende – abweichende Gestaltung der mittleren und rechten
Vertikalen unterscheidet: Die mittlere Vertikale, an der bei Adalbert
A oben ein Minuskel-q angelehnt war, erhält einen
T-Deckstrich und darunter ein
O; die bei Adalbert A mit
S (oben) und
O (unten) belegte rechte Vertikale erhält jetzt ein
Q (oben) und ein
S (unten). Es handelt sich dabei letztlich um die Übernahme der
Grundgestalt des in der Kaiserzeit Heinrichs IV., seit DH.IV.360 von
1084, überwiegend verwendeten Zeichens (vgl. dazu DDH.IV. Einl. S.
XCI): Soweit an Abbildungen überprüfbar, findet sich ein mit DD.98ff.
absolut identisches Zeichen nur relativ selten, so in DH.IV.389 von
1086 (vgl. Rück
a.a.O. 146 Abb. 585) und in DH.IV.426 von 1091 (vgl. Kaiserurk. in
Abb. Lief. 2 Taf. 27; beide Beispiele ohne den in D.98 sowie den
anderen Monogrammen Heinrichs IV. [und Heinrichs V.] zumeist
vorhandenen
A-Balken zwischen den unteren Schenkeln der Diagonalen); in den meisten
anderen Monogrammen Heinrichs IV. dieses Typs ist die mittlere
Vertikale mit zusätzlichen Buchstaben belegt, mit
I oder
P oder mit
I und
P (vgl. Rück
a.a.O. 145ff. Abb. 577, 579–584, 586, 587, 591, 593, 595, 598, 601,
602, 604, 605), bzw. besitzt unterhalb des
O einen kurzen Kreuzbalken (vgl. a.a.O. 147 Abb. 589 u. 590).
Zur Datumzeile vermerkt Bresslau
unerklärlicherweise als beachtenswert, dass in den von Adalbert B
geschriebenen Diplomen “Heinrich stets nur als König bezeichnet wird”;
das gilt aber nun auch schon für alle vorherigen und folgenden Diplome
des Adalbert A; das Besondere an D.98 – und nur an diesem – ist
vielmehr, dass hier das
Romanorum hinter
regis fehlt, das Adalbert A immer, aber auch Adalbert B selbst in seinen
übrigen Diplomen stets bietet.
Wirklich auffallend an den Datierungen des Adalbert B ist hingegen,
dass er – vielleicht durch die VU. angeregt – die von Adalbert A seit
dem D.80 vom 1111 Mai 24 weggelassene Angabe der Ordinationsjahre
wieder aufnimmt, wobei er in D.98 eigenartigerweise die von diesem
zuletzt für die ganze erste Jahreshälfte 1111 (s. D.62) verwendete, um
2 Einheiten zu niedrige, falsche Zahl
XI beibehält (auch noch in D.100), die er erst in D.99 von 1112 Januar
11, sie gleich um 2 Einheiten erhöhend, wegen Vernachlässigung des
inzwischen eingetretenen Jahreswechsels aber um 1 Einheit hinter der
richtigen
XIIII zurückbleibend, durch
XIII ersetzte, die er bis D.104 beibehielt. – Bei der Zählung der
Regierungsjahre, für die er in D.98 – wie Adalbert A seit D.87 – die
richtige Zahl
VI einsetzte, vernachlässigte er in DD.99 und †101–104 (zu D.100,
gleichfalls mit
VI, vgl. dortige Vorbemerkung) durch Beibehaltung dieser dort wieder um 1
Einheit zu niedrigen Zahl gleichfalls den Jahreswechsel.
Im übrigen ist die Formulierung der Datumzeile des Adalbert B
(diejenige von D.135 stammt übrigens von Adalbert A) recht
uneinheitlich: Die in D.98 ganz am Schluss der Jahresangaben stehende
Indiktion, die in D.99 zudem ganz fehlt, bringt er in D.100 vor, in
DD.†101, 102/A2, 103, 104 und †138 hinter dem Inkarnationsjahr, nur in D.102/A1
in derselben Stellung und in ähnlich absonderlicher Formulierung (indictione V. eodem anno) wie in D.98. Die Formulierung der Apprekatio von D.98, in der vor
allem das Fehlen des
feliciter vor
amen auffällt, begegnet so noch in DD.99, †101, 102 und 104, mit
feliciter in D.†138; nur in D.100 trifft man mit
in Christo feliciter amen auf die stereotype Formulierung des Adalbert A, ähnlich in D.103 mit
feliciter in Christo amen.
Aufgrund der unmittelbaren Benützung des Originals der VU. ist
übrigens anzunehmen, dass Ort der eigentlichen Handlung, entgegen dem
wohl auf das Datum zu beziehenden
actum est Herisfelt (vgl. entsprechende Vermutung in der Vorbemerkung zur VU. trotz des
dortigen
actum Botvelt), das eine Tagesreise von Hersfeld entfernte Fulda selbst war, wo
Heinrich auf seinem Weg von Mainz über Frankfurt nach Sachsen (s. Meyer von Knonau, Jahrb. 6,218f. und Stüllein, Itinerar 50) sicher Station machte, zumal er dieses nach dem
Frankfurter Reichstag vom Januar 1109, auf dem von ihm Abt Wolfhelm
anstelle des damals abgesetzten Abtes Godefried (1096–1109) eingesetzt
worden war (vgl. dazu u.a. Wehlt
a.a.O. 296 und Franke
in AfD 33,178f.), nicht mehr aufgesucht hatte.