Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde
<<*93.>>

Heinrich unterrichtet Papst Paschal II. brieflich von seiner überstandenen schweren Erkrankung und führt Klage über den Episkopat.

(wohl Neuhausen, 1111 Mitte September).

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Stumpf Reg. –.

In dem im Codex Udalrici überlieferten, im Anschluss an die drei Paschal-Briefe von DD.*81–*83 eingetragenen Brief des Papstes an den Kaiser (dilecto in Christo filio H. Romanorum imperatori augusto) ddto. Lateran (1111) Oktober 26 (cod. Vind. 398 f. 112vb–113ra; cod. Zwetl. 283 p. 244–245; ed. Eccard, Corp. hist. 2,273 no 271; Jaffé, Mon. Bamberg. 283 no 158; JL 6305) heißt es einleitend: In litteris, quas a tua dilectione suscepimus, diu te graviter infirmatum fuisse cognovimus. Sed, sicut nos infirmitatis rumor affecerat, ita rursus sospitatis exhilaravit [Zwetl.: -hyl-] auditio. De prosperitate, quam nobis significasti, deo gratias agimus, qui providentia inestimabili omnia disponit. Quod autem de episcopis conquereris, cor nostrum vehementer angustat.

Nach des Papstes anschließender Klage darüber, dass auch er selbst sogar in seiner engeren Umgebung auf Widerstände gegen die mit Heinrich geschlossene pactio stoße (Ex quo enim vobiscum illam, quam nostis, pactionem fecimus, non solum longius positi, sed ipsi etiam, qui circa nos sunt, cervicem adversum nos erexerunt …), über das vertragswidrige Verhalten eines Parteigängers Heinrichs (… miramur, quod N. vester tantas ecclesiis oppressiones inferat, quas hostiliter occupat atque depopulatur, et mutuę pactionis inmemor, que nostri iuris sunt, suę vendicat usurpationi) und über die unangemessene Behandlung der von ihm gestellten Geiseln (Miramur etiam, quod dati a nobis obsides dure, ut audivimus, turpiter tyranniceque tractantur [Vind.: tractentur]; que profecto non parum ad vestrę sublimitatis iniuriam spectant) bringt er im Schlussabschnitt ein wörtliches Zitat aus Heinrichs Brief: (In omnibus tamen his te, precipuum ecclesię filium, commonemus, ut dei iudicia semper verearis, illius temporis memor, quod in tuis litteris significasti dicens): “In ipso tempore gravissimę nostrę egritudinis, cum vita nostra esset in dubio, cum dissolutionis nostrę tantum haberetur expectatio”, (et sic ei placere studeas …).

Heinrich selbst nennt in seinem Manifest gegen Adalbert von Mainz vom Dezember des Jahres 1112 (D.110) Worms als Ort der Erkrankung; die genauere Ortsangabe findet sich bei Landulfi Historia Mediolanensium c. 27 (MGH SS 20,31; s. Meyer von Knonau, Jahrb. 6,214 Anm. 169; Stüllein, Itinerar 49 Anm. 8): cum in promuntorio, quod secus Guarmatiam continet abatiam, ipse imperator torqueretur acutissimis febribus …; zur Identifizierung mit dem n. Worms gelegenen Stift Neuhausen vgl. Meyer von Knonau a.a.O., ebenda (kürzer auch bei Stüllein a.a.O.) die Wiedergabe von Landulfs Bericht über den bei dieser Gelegenheit unternommenen Überfall der Wormser (Guarmatini), dessen Zurückschlagung unter persönlicher Führung des todkranken (quasi moriens) Kaisers und die anschließende “Zerstörung” der Stadt Worms.

Die einen längeren Zwischenhalt in Neuhausen notwendig machende Erkrankung muss den Kaiser auf seinem Zug von Mainz (s. D.92 von Sept. 4) nach Straßburg (s. DD.94/95 von Sept. 24 – Okt. 2) ereilt haben, vgl. Meyer von Knonau a.a.O. 213f. und Stüllein a.a.O. 49f., der den Zeitraum des Aufenthalts wohl zutreffend mit ca. Sept. 10–20 angibt; der Brief Heinrichs dürfte unmittelbar nach der Genesung noch in Neuhausen geschrieben worden sein (s. Stüllein a.a.O. 50 Anm. 9: “wohl im September”). Von der Erkrankung hatte der Papst offenbar schon vor Heinrichs brieflicher Mitteilung durch rumor Kenntnis erhalten.

Die in Paschals Brief zweimal angesprochene pactio meint einerseits insgesamt die Abmachungen von Februar-April, in deren Rahmen sowohl Restitutionen an den Hl. Stuhl (hier: que nostri iuris sunt; vgl. dazu Vorbemerkung zu D. *81) zugesagt als auch päpstliche Geiseln gestellt worden waren (vgl. DD.68/II und 70/IV). An der ersten Stelle ist unter der pactio jedoch konkret wohl in erster Linie das “Pravileg” (D.70/VII) zu verstehen, das Paschal sehr rasch (Ex quo …) den Widerstand seiner eigenen Parteigänger inner- und außerhalb der Kurie eintrug; zu einigen der vom Papst möglicherweise gemeinten, ungenannt gelassenen und auch weitgehend unbekannt bleibenden eigenen Opponenten vgl. Servatius, Paschalis II. 297 mit Anm. 2 sowie 344 Anhang no 7 (mit falschem Rückbezug “Zu S. 747” statt 297). Aufgrund des engen textlichen Zusammenhangs – der Hinweis des Papstes auf die eigene Opposition wirkt wie eine Art Trost – sind die unmittelbar vorher genannten episcopi, über die Heinrich sich beklagte, natürlich nicht mit dieser päpstlichen Opposition identisch, sie bleiben daher ebenso unbekannt wie der Gegenstand der Beschwerden Heinrichs gegen sie.