Der Übersichtlichkeit halber werden die Handschriften jeweils mit
neuem Zeilenbeginn und mit Voranstellung der Siglen sowie nach Gruppen
aufgegliedert verzeichnet; die von uns (außer bei P und B; zu den
P-Siglen vgl. Vorbemerkung zu D.65) durch andere ersetzten Siglen Weilands (MGH Const. 1,134–137) werden in eckigen Klammern nachgesetzt:
I.
Fassungen mit Zwischentexten (= “Manifest”):
a) Mit Insert I–III, VIa, VII (d.h. ohne IV u. Vb):
V1
[RII.1]: Codex Udalrici in Cod. 398 f. 111va–112rb der
Österreichischen Nationalbibliothek zu Wien.
Z
[RII.2]: Codex Udalrici in Hs. 283 p. 241–243 der Stiftsbibliothek zu
Zwettl.
Pr
[RII.3]: Ms. lat. 10.402 f. 68v–70v der Nationalbibliothek zu Paris.
Vd: Cod. 61 (alt 82) f. 1r–2r der Stadtbibliothek zu Verdun (bricht
gegen Ende von VII ab, s. Anm. mu).
b) Mit Insert II–IV, Vb, VIa, VII (d.h. ohne I, aber mit IV u. Vb):
W
[M]: Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum lib. 5 c. 421–424
(ed. Mynors
1,767–770).
II.
Nur die Inserte bietend (= “Collectio”):
a) Mit allen Inserten (Reihenfolge: IV, Vb, I–III, VII, VIb):
O
[C.1]: Cod. 194 f. 129r der Stadtbibliothek zu St. Omer.
G
[C.2]: Autograph des “Liber Floridus” des Domherrn Lambert von St.
Omer in Ms. 92 (alt 16) f. 106r–107r der Universitätsbibliothek zu
Gent; Weiland
benützte nur den Druck Jurets von 1585.
S
[C.5]: Chronik des Sigebert von Gembloux in Hs. 18.239 f. 55r–v der
Staatsbibliothek zu Brüssel (= ohne I; IV, Vb und III stark gekürzt
oder nur in Paraphrase).
b) Mit Insert IV, Vb, I–III, VII (d.h. ohne VIb):
H: Ms. P.I.3 f. Ir–IIr der Kathedralbibliothek zu Hereford.
F
[C.4]: Chronik des Florenz von Worcester (ed. Thorpe
2,60–64) (daraus
Fs,
vgl. S. ■■■).
L
[C.3]: Hs. Cotton, Faustina B VI f. 95r–v der British Library zu
London (mit Anfangsstellung des Inserts VII; s.a. Weiland
a.a.O. 136 Z. 24ff.).
c) Mit Insert I, II, IV, Va:
P5
p. 397a–b, lib. 4 c.40.
d) Mit Insert II, IV, Va:
P1
f. 195r–v. – Separat in derselben Handschrift (Vat. lat. 1984) f. 193v
= PI
[V]: zusätzlich I u. VII.
P2
f. 137rb (IV u. Va) und f. 159vb (II); vgl. Anm. cb.
P4
f. 123ra–va (alt 146ra–va) in no
CXXXVIIII.
e) Nur mit Insert VII:
B: Msc. Bibl. 87 f. 82v der Staatsbibliothek zu Bamberg.
V3
[W]: Cod. 2213 f. 14v der Österreichischen Nationalbibliothek zu Wien.
Drucke: Aus P5: Sigonius, Hist. de regno Italiae lib. 10 (ed.II, Basel 1575), 406 (Paraphrase
mit Auszügen bzw. Versatzstücken aus II, IV, V). – Aus O: Ivonis ep.
Carnotensis epistolae (Paris 1585) 252v–253v, Interpret. ad epist. 238
= Ivonis Carnotensis operum pars altera, quae continet epistolas, cum
notis … Iureti canonici Lingonensis et Soucheti canonici Carnotensis (Paris 1647) 194 = Migne, PL 162,405. – Binius, Concilia 3,1312 (aus P5
und W, daher die Inserte IV u. V zweimal). – Baronius, Annales ecclesiastici 12 (Rom 1607), 79 (“Ex Paschalis papae vitae
actis” = entspricht O, wohl nach Juret; Inserte I–IV, V u. VII, davon II gekürzt mit Rückverweis auf
vollständigen Text auf S. 78 nach P5); S. 80 das Insert VIb mit der Angabe: “in notis … Massoni ad Ivonis epistolas haec ita scripta ex antiquo codice leguntur”
(vgl. dazu Const. 1,135 Anm. 3) = ed. Theiner
18 (1869),211 c. 18–23. – Aus W: Goldast, Const. imp., Rationale 58. – Conc. coll. regia 26,784 (aus Binius). – Labbé, Conc. 10,778 (aus Binius) – Aus G(?): Goldast, Collectio const. imp. ed. II.III.1,253. – Bernard, Recueil des traitez 1,16 no
20–22 (aus Goldast). – Hardouin, Acta conc. 6.2,1908 (aus Labbé). – Lünig, Reichsarchiv 15,151 no
62 (aus Goldast). – Aus V1: Eccard, Corp. hist. 2,271 no
264 u. 265. – Dumont, Corps diplomatique 1.1,63 no
111 (aus Goldast, Labbé
u.a.). – Lünig, Corp. iur. feud. 1,21 no
9 (aus Reichsarchiv). – Hartzheim, Conc. Germaniae 3,262 (aus Dumont). – Mansi, Conc. 21 (Venedig 1776), 43 (I–III, VI, aus Eccard). – Muletti, Memorie di Saluzzo 1,411 (IV u. V aus Baronius). – Aus P1: MGH LL 2.1,71 = SS 5,476 = Doeberl, Mon. Germ. Sel. 3,58 no
XXb (nur VII). – Aus F: SS 5,565. – Aus S: SS 6,374. – Aus P5: SS 7,781. – Aus F: Florentii Wigorniensis monachi Chronicon ed. Thorpe
2,60 = (aus Florentius) Symeonis monachi opera omnia ed. Arnold
2,242. – Aus W: SS 10,479. – Watterich, Vitae pont. 2,64 (aus P1, L, Eccard
und SS 6). – Aus V1Z: Jaffé, Mon. Bamberg. 274 no
150. – Aus P4: Fabre-Duchesne, Lib. cens. 1,412. – Aus P1: Duchesne, Lib. pont. 2,342. – Aus fast allen Hss.: Wieland
in MGH Const. 1,151 no
101 (die Inserte separat no
91–97). – Aus G: Delisle
in Notices et extraits 38,671f. no
179 (Auszüge). – Bernheim, Wormser Konkordat 8 no
IIa–d (Auszüge aus I, II, IV u. VII, aus Const.) = Bernheim, Qu. z. Gesch. d. Investiturstreites ed. 1.22,36 no
16 (die Inserte separat 27ff. no
12 u. 13) = Fritz, Qu. z. Wormser Konk. 45 no
25 (die Inserte separat 35ff. no
20 u. 21). – Aus G: Lamberti Liber Floridus ed. Derolez
215. – Aus P5: SS 34,508.
Reg.: Georgisch, Reg. chronol.-dipl. 1,492 no
10. – Erhard, Reg. Westf. 1,219 no
1368. – Valentinelli
in Abh. d. k. bayer. Akad. d. Wiss., Hist. Cl. 9.2,415 no
121 (Ins. IV). – Dobenecker, Reg. Thur. 1,226 no
1064 (Ins. V). – Knipping, Kölner Reg. 2,12 no
77 (Ins. V). – Tallone, Reg. dei marchesi di Saluzzo 3 no
7 (Ins. V). – Stumpf
Reg. 3054 (nur Ins. IV [u. V = Erwähnung des Kanzlers Adalbert]).
Weilands sorgfältige Edition in Const. 1 benützte fast alle erhaltenen
Handschriften (vgl. Verzeichnis a.a.O. 136f.); unberücksichtigt ließ
er die handschriftlichen Überlieferungen von Vd, S und G (zu Vd und G
vgl. a.a.O. 136 Z. 36ff.), noch unbekannt war ihm die wichtige
Handschrift H. Wir selbst haben uns für die in jeweils mehreren
Handschriften überlieferten Chroniken W und F nur auf die Drucke
gestützt (gilt auch für Fs); zur Verfasserfrage der unter dem Namen
des Florenz von Worcester verbreiteten Chronik vgl. Holtzmann
in NA 50,294 Anm. 1 (Nachdruck: Ders., Beitr. z. Reichs- u. Papstgesch. 116 Anm. 4) und Lex. d. MA 4,553f.
Zur Überlieferung der Inserte II, IV und Va in den Handschriften P1.2.4
der päpstlichen “Relatio” und der dortigen Weglassung der Inserte I
(dieses nur in P5
und PI), III, VI und VII (letzteres nur in PI) vgl. Vorbemerkung zu D.65. – Von kaiserlicher Seite wurde für die
Verbreitung der in D.70 enthaltenen Aktenstücke in zweifacher Weise
Sorge getragen, einerseits in Gestalt einer bloßen Zusammenstellung
der nur mit Rubra versehenen Aktenstücke, andererseits durch einen
darstellenden Bericht, der die Aktenstücke mit Zwischentexten versah,
die allerdings zwischen den – alle dem 11. April angehörenden –
Inserten I–V (das nur in P am Schluss von V überlieferte Datum bezieht
sich auf alle 5 Stücke) kaum den Umfang von Rubra überschreiten.
Wir übernehmen im Folgenden für den durch die Handschriften der Gruppe
I überlieferten darstellenden Text, den Weiland
a.a.O. 136 u. 151 als “Relatio caesarea posterior/altera” (Sigle:
RII) bezeichnete, die von Hausmann, Reichskanzlei 85f. (neben dem wegen Fehlens von Aussteller und
Adresse unpassenden Begriff “Rundschreiben”) gewählte Bezeichnung “Manifest”, zur Unterscheidung von der subjektiv formulierten “Enzyklika” des
D.68, während Holtzmann
a.a.O. 282 (107) von DD.68 und 70 als den “zwei Enzykliken” Heinrichs
V. spricht; der proklamatorische Charakter eines Manifests verrät sich
auch durch die, nur in Vd und Pr überlieferte (s. Anm. a) Eröffnung
mit einer Invokatio. – Für die Aktenzusammenstellung behalten wir die
von Weiland
a.a.O. eingeführte Bezeichnung “Collectio
(monumentorum)” (Sigle: C) bei; zu dieser sowie zu W vgl. auch Holtzmann
a.a.O. 282ff. (107ff.). Das “Manifest” war in die verlorene
Geschichte des 1. Romzuges eingebaut gewesen, die der Iroschotte
David, Würzburger Scholastikus und Kaplan der Hofkapelle, seit 1120
Bischof des nordwalisischen Bangor, in Heinrichs Auftrag verfasst
hatte, vgl. dazu die Anonyme Kaiserchronik (lib. III, ed. Schmale-Ott
254 Z. 7ff.) und die Chronik Ekkehards (rec. III, a.a.O. 300 Z.
6ff.):
Providerat autem rex … se non solum armatis, sed etiam literatis
viris necessario muniri, paratis scilicet ad rationem omni poscenti
reddendam. Inter quos claruit quidam Scotigena nomine David, quem
dudum scolas Wirciburg regentem … rex sibi capellanum assumpsit. Hic
itaque iussus a rege totam huius expeditionis seriem … tribus libris
digessit …; die Darstellung
iuxta iamdicti relationem hystoriographi setzt mit der Ankunft in Ivrea ein). – Zu David vgl. Hausmann
a.a.O. 83ff., der, unter Zurückweisung weitestgehender sonstiger Diktatzuweisungen an David durch Pivec
(vgl. Exkurs a.a.O. 310ff.), immerhin für möglich hält, dass David
(“höchstens”) der Verfasser des “kaiserlichen Manifestes über die
Ereignisse des Aprils 1111” (= D.70) gewesen ist, wofür jedoch alle
Anhaltspunkte fehlen; vielmehr dürfte David, was Hausmann
a.a.O. 85 als andere Möglichkeit in Betracht zieht, das ohne seine
Mitwirkung verfasste “Manifest” lediglich seinem Geschichtswerk
einverleibt haben.
Die einzige und – hinsichtlich der Texte des D.70 evtl. über David
hinausgehende (s. weiter unten) – komplette Übernahme des “Manifests”
aus dem Werk des von ihm schon als
Bancornensis episcopus bezeichneten
David Scottus bietet Wilhelm von Malmesbury in lib. 5 c. 421–425 seiner Gesta regum
Anglorum (= W), der lediglich das Insert I wegließ, offensichtlich aus
der Überlegung heraus, dass dieses inhaltlich nur das “Pravileg” (VII)
vorwegnahm und daher überflüssig sei (s. Anm. m u. p’).
Die von Wilhelm dem David angelastete Parteilichkeit (ed. Mynors
1,764:
magis in regis gratiam quam historicum deceret acclinis; s. auch Anm. p’), von der – zusätzliches Indiz gegen seine
Verfasserschaft – in D.70 freilich nicht die geringste Spur zu finden
ist, kann sich demnach nur in anderen Teilen seines verlorenen Werkes
ausgedrückt haben, wofür Wilhelm lediglich zwei Beispiele anführen
kann, den auch von der Anonymen Kaiserchronik und Ekkehard (a.a.O. 258
Z. 2f. bzw. 302 Z. 26f.) übernommenen Hinweis auf Jakobs Kampf mit dem
Engel (Gen. 32,26) als Entschuldigung (laudi ducit) für die Gefangennahme des Papstes und den Versuch einer
Rechtfertigung für Heinrichs Anspruch auf das
hominium bei der Investitur (quia non sit seculare negotium, si clericus laico fecerit homininium; vgl. dazu Minninger, Von Clermont zum Wormser Konkordat 168f.). – Übrigens bieten
Kaiserchronik und Ekkehard in ihrem sonst äußerst knappen Bericht nur
an einer Stelle (a.a.O. 258 Z. 16ff. bzw.304 Z. 4ff.) auf der
Benützung des David’schen Textes beruhende wörtliche Entlehnungen aus
dem Schluss des berichtenden Textes vor Insert VII (cum nimio … tripudio, … sub testimonio astantis ęcclesię …, sub
anathemate confirmabat).
Nicht
der aus David geschöpfte W-Text war jedoch das “Manifest”, das nach Hausmanns Meinung (a.a.O. 84 u. 86) “weite Verbreitung gefunden hat” (s. auch Weiland
a.a.O. 136 Z. 13f.), sondern eine – im übrigen mit W übereinstimmende
– Fassung, die aus propagandistischen Gründen die in W enthaltenen
Inserte IV und Vb, d.h. Heinrichs ganzen Part an den Abmachungen,
ausgelassen hatte und damit u.a. auch das in IV erwähnte Faktum der
Gefangennahme des Papstes verschwieg. – Wir haben deshalb diese
Partien in Text und Kopfregest in eckige Klammern gesetzt, da sie eben
nicht zum “Manifest” gehörten. Aus einem bestimmten Exemplar fand
dieses (verkürzte) “Manifest” Eingang in den Codex Udalrici (V1Z). – Ein anderes Exemplar war womöglich in gleicher Weise wie die
“Enzyklika” (D.68, vgl. dortige Vorbemerkung) an EB. Bruno von Trier
gelangt, woraus sich die Überlieferung Vd aus dem Gebiet des Trierer
Suffraganbistums Verdun erklären könnte. Vd und das mit ihm eng
verwandte Pr, beide nicht voneinander abhängig, sondern auf eine
gemeinsame Vorlage zurückgehend, bieten übrigens öfters gegenüber dem
Codex Udalrici die besseren Lesungen (vgl. z.B. Anm. g, k, x, i’ und
öfter) und enthalten insbesondere den sonst nur von W (d.h. David) und
der separaten Überlieferung des “Pravilegs” in V3
gebotenen bedeutsamen Zusatz von Anm. li (s. Weiland
a.a.O 136 Z. 43f.; vgl. weiter unten).
Neben dem “Manifest” steht die zweifellos am Hof entstandene anonyme
und nur die Vertragstexte bietende “Collectio”, welche die im “Manifest” unterschlagenen Inserte IV und Vb noch
enthielt, mit diesen sogar die Textsammlung eröffnete.
Die Überlieferung der “Collectio” spaltet sich in zwei, durch jeweils
drei Repräsentanten vertretene Zweige (s. auch Holtzmann
a.a.O. 283f./107f.): Eine in Flandern verbreitete Fassung (OG), die
auch Sigebert von Gembloux in seiner Chronik verwertete (= S), umfasst
alle sieben Vertragstexte, wobei die Kommunionformel VIb ganz am
Schluss hinter VII eingeordnet ist. Die beiden aus St. Omer stammenden
Überlieferungen O und G gehen eindeutig auf eine gemeinsame Vorlage
zurück (vgl. z.B. Anm. w”, cp, ge, gv und öfter); jedoch ist O
keineswegs eine Kopie von G, wie Delisle
a.a.O. 671 Anm. 2 behauptet (s. Holtzmann
a.a.O. 283/108); das beweisen u.a. der ständige Ersatz von
rex u.ä. durch
imperator in G (s. Anm. r mit Verweisen), zahlreiche Auslassungen gegenüber O
(vgl. z.B. Anm. bc, dm, ko, na), die Umstellungen von Anm. fk und fn
und andere Varianten oder Fehler (vgl. z.B. Anm. t, ax, cs, da, ks,
np); andererseits war aber auch O nicht die Vorlage von G, wie
verschiedene Auslassungen in O (vgl. z.B. Anm. bx, gf, my) und
besonders das dortige Fehlen der von G gebotenen unsinnigen Datierung
von Anm. gy zeigen.
Eine andere, ausschließlich in England verbreitete Fassung (HFL) ließ
demgegenüber das Insert VI aus; in der aus Canterbury stammenden
Londoner Handschrift (L) ist sogar, bei sonst mit HF (und OGS)
übereinstimmender Abfolge, das dort nur mit seinem Schluss erhaltene
(s. Anm. ii und lc), die Krönung des Vertragswerkes darstellende
“Pravileg” (VII) an die Spitze der Texte gestellt.
Über den Zeitpunkt der Entstehung der “Collectio” sind wir genauestens
unterrichtet, durch den auf dem vorderen Vorsatz der Hereforder Handschrift (H) überlieferten, die
“Collectio” als Insert den Adressaten übermittelnden Brief (Holtzmann
a.a.O. 300/122) mit der Adresse
Dominis et amicis suis R. filio R. et G. cap(ellano) B. servus eorum; Holtzmann
hat a.a.O. 286ff. (111ff.) überzeugend nachgewiesen, dass es sich bei
dem Absender um den Kanoniker des Aachener Marienstiftes und
kaiserlichen Kaplan Burchard, seit 1114 Bischof von Cambrai (s.
D.*131), und bei den Adressaten um den mit dem englischen König
Heinrich I. verwandten Roger FitzRichard aus der Familie Clare
(dieser, wie Burchard, im Jahre 1110 einer der Brautführer der
Königstochter Mathilde, s. Meyer von Knonau, Jahrb. 6,117 mit Anm. 11) und den königlichen Kaplan Gilbert
handelte.
Die Empfänger sollten nach Burchards Wunsch das
privilegium (als wichtigster Inhalt stellvertretend für die “Collectio”) u.a. dem
Bischof (Robert I.) von Chester (seit 1102 Sitz in Coventry) zeigen –
auf diesem Wege sollte die “Collectio” zweifellos an König Heinrich I.
als den eigentlich gemeinten Adressaten gelangen (s. Holtzmann
a.a.O. 300/121f.), zumal es sich nach Aussage des Briefes offenbar um
die erste Abschrift der “Collectio” gehandelt hat (et hoc sit vobis notum: nullus nisi rex [Heinrich V.] adhuc habet istud privilegium). – Ebenfalls nach Aussage des Briefes ist die “Collectio”
unmittelbar nach den Ereignissen, am Ort der Abfassung des Briefes,
in campo zusammengestellt worden, d.h. im Feldlager, in das Heinrich noch am
Krönungstag des 13. April zurückgekehrt war (vgl. Anm. ii:
statim ad castra in campum egreditur), und noch vor dem alsbald angetretenen Rückmarsch, auf dem wir den
Hof schon am 22. April in Sutri finden (s. D.71).
Die Empfänger sorgten offenbar umgehend (neben der Weiterleitung an
König Heinrich) für die Verbreitung der “Collectio” – u. zw. zusammen
mit dem Begleitbrief, den nach Holtzmanns Feststellung a.a.O. 294f. (116ff.) jedenfalls Florenz von Worcester
gekannt haben muss (s. auch Schluss der Anm. nr); aus dessen Werk fand
der “Collectio”-Text wörtlich Eingang in die dem Simeon von Durham
zugesprochene Historia Regum aus der 2. Hälfte des 12. Jh. (ed. Arnold, Symeonis monachi opera omnia 2,242–245; vgl. dazu Gransden, Historical Writings in England 148ff.), deren wenigen Varianten wir
mit der Sigle “Fs” notiert haben (s. Anm. o, x, ao, bq, dc, ef’, iz,
kh, lx, lz, nr).
Die “Collectio” mit ihrer fast naiv anmutenden Voranstellung der
Inserte IV und Vb war demnach die erste Stufe der kaiserlichen
Dokumentation über die Ereignisse des April 1111. Das “Manifest” kann
auf dieser Grundlage erst nachträglich, wenn auch sicher nicht viel
später, verfasst worden sein. Es verwundert gleichwohl, dass die
Kanzlei in kurzer Zeit zwei so unterschiedliche, beide zur
Propagierung bestimmte (vgl. oben:
ad rationem … reddendam) Dokumentationen hinausgehen ließ. Auf jeden Fall wird man davon
ausgehen können, dass nach Abfassung des “Manifests” mit seiner
Eliminierung der Inserte IV und Vb die weitere Verbreitung der
“Collectio” gestoppt wurde. – Umso mehr irritiert, dass W (David) als
Vertreter des “Manifest”-Typus die beiden Inserte enthielt. Daher ist
wenigstens vermutungsweise in Betracht zu ziehen, dass Wilhelm in
Davids Bericht tatsächlich nur die Standardform des “Manifests”
vorgefunden hatte und in dieses selbständig, aus einem ihm
zugänglichen Exemplar der “Collectio”, die beiden Inserte einfügte;
dass Wilhelm die “Collectio” gekannt hat, ergibt sich mit Sicherheit
aus den starken Übereinstimmungen innerhalb der Vertragstexte zwischen
ihm und den “Collectio”-Handschriften OGSHFL (vgl. z.B. Anm. ab, ai,
ak, an, cg, ck, cm, cw, da, ds, dt). Die Frage lässt sich letztlich
nicht entscheiden; jedenfalls hatte ja David nach Wilhelms und
Ekkehards Darstellung (s. oben) die in Insert IV enthaltene Nachricht
über die Gefangennahme des Papstes nicht unterschlagen gehabt.
Das “Manifest” wird, obwohl es sich bei dessen Inserten ausschließlich
um von päpstlicher Seite verfasste Texte handelt, von uns als Ganzes
ediert, weil es eine, der “Enzyklika” D.68 vergleichbare, auf
kaiserlicher Initiative beruhende und als offiziell zu bewertende
Verlautbarung darstellt. Bei der Einfügung der nicht zu ihm gehörigen
(zum Klammereinschluss s. oben), nur in der “Collectio” und der
päpstlichen “Relatio”, aber auch in W überlieferten Inserte IV und Vb,
zugleich der einzigen Texte der kaiserlichen Seite, wird die auch
durch die Aufeinanderfolge von IV und Va in der “Relatio” (s. Anm. ei)
gestützte Plazierung in W beibehalten. – Für Insert VI und dessen
Voraustext ist in Spaltdruck zusätzlich die abweichende Fassung der
“Collectio”-Handschriften OGS aufgenommen. Für Insert V haben wir dem
Text von WOGHFL (= Vb) in Spaltdruck den ausführlicheren Text der
“Relatio” vorangestellt, da dieser auch die Datierung (11. April) für
die Inserte I–V bietet. – Der als Const. no
95 gedruckte entsprechende Text ist übrigens so in keiner Handschrift
überliefert, sondern bildet eine, in der dortigen Vorbemerkung nicht
überzeugend begründete Kombination aus Vb und dem Schluss des
“Relatio”-Textes von Va ab
Sic dominus rex (vgl. Anm. ei und fd).
Im textkritischen Apparat sind, ausgenommen die nur nach Drucken
verwendeten Überlieferungen W und F, auch rein orthographische
Varianten der zahlreichen Handschriften vollständig erfasst. Eine
Sonderbehandlung erfährt die e-caudata: Das in fast allen
Handschriften (besonders regelmäßig in V1ZPrVdGOHL, seltener in V3, fast nie in P5
und in P2
überhaupt nicht) begegnende Flexions-ę am Wortende (außerdem in
hęc) ist, auch bei Vorkommen nur in einzelnen Handschriften, immer
beibehalten, ohne dass an den fraglichen Stellen das Fehlen in anderen
Handschriften angemerkt wird; andererseits werden die jeweils nur in
wenigen Handschriften anzutreffenden und zumeist sinnwidrigen
ę-Schreibungen im Anlaut (öfters bei
ęccl-, besonders in V3), im Wortinnern oder im Auslaut, wie sie besonders massiert in L
begegnen (vgl. beiläufige Erfassungen in Anm. p’, z’, cb, da, dd, ea
und öfter), grundsätzlich und ohne entsprechende Anmerkungen
vernachlässigt.
Zum zeitlichen Ablauf der Ereignisse des April vgl. die hauptsächlich
auf der “Relatio” (s. dazu die Auszüge in Anm. p’ und ii) beruhenden
Darstellungen u.a. bei Meyer von Knonau
a.a.O. 167ff., Holtzmann
a.a.O. 296ff. (118ff.) und Servatius, Paschalis II. 244ff. Wir beschränken uns im Folgenden auf die zum
Verständnis des in D.70 allzu knappen und nur die Schlussphase
berücksichtigenden Berichts nötigen Angaben sowie auf erforderlich
erscheinende Berichtigungen bzw. Präzisierungen:
Während des Osterfestes am 2. April befand sich Heinrichs Lager in
geringer Entfernung nördlich von Rom am Ponte Salario (Übergang der
auf der linken Tiberseite von Norden kommenden Via Salaria über den
Aniene nahe seiner Mündung in den Tiber; vgl. Ekkehard a.a.O. 258 Z.
14:
pascha non longe ab Urbe in castris celebravit, s. JL S. 743; Schmale-Ott
a.a.O. 258 Anm. 79 sprechen fälschlich von dem weit östlich gelegenen
Aniene-Übergang der Via Tiburtina[!] von Ponte Lucano b. Tivoli; s.
weiter unten), wohin er den bis dahin im farfensischen Kastell Tribuco
(an der Mündung der Farfa in den Tiber; s. JL S. 743; von Meyer von Knonau
a.a.O. 164 u. 168 Anm. 66 und noch von Schmale-Ott
a.a.O. fälschlich mit dem ca. 15 km sö. Subiaco am Oberlauf des
Aniene gelegenen Trevi nel Lazio identifiziert) zusammen mit 6
Kardinälen gefangen gehaltenen Papst hatte herbeibringen lassen.
Dort kam es zwischen beiden schon zu einer vorläufigen Regelung, vgl.
dazu Ekkehard a.a.O. 258 Z. 14ff. (ibique sedatis inter ipsum et apostolicum … dissensionibus inveteratis) sowie Anm. b und nr nach F: Das dortige
ad pontem viæ Salariæ, ubi paschalem festivitatem in campo
celebraverunt, pacem cum eo fecit und
in paschali festivitate facta est concordia ist eine das Datum einengende Umformulierung des Burchard-Briefes (s.
oben; vgl. Spaltdruck bei Holtzmann
a.a.O. 294f./117):
Ad pontem vie Salarie fuimus in pascha, et ibi festivitatem in campo
celebravimus, et ibi
facta est concordia inter papam et regem; d.h. die
concordia mit dem Papst, der seit seiner Herbeiholung zweifellos ständig in
Heinrichs Lager gehalten wurde, muss bei einem womöglich mehrtägigen
Aufenthalt am Ponte Salario nicht unbedingt am 2. April selbst erfolgt
sein.
Erst nachdem die in ihrer Mehrheit in Corcolle (ca. 6 km ssw. Tivoli)
in Haft gehaltenen Kardinäle hinzugezogen worden waren, kam es am 11.
April, nach erneuter Verlegung des Feldlagers, zum sog. “Vorvertrag
von Ponte Mammolo” (= Inserte I–V; s. JL S. 743). Die Ortsangabe
in agro iuxta Pontem Mammeum am Schluss von Va (s. auch Anm. p’) variiert die “Relatio” wenige
Zeilen später in einem Rückbezug darauf (s. Anm. ii):
in eodem campo, qui Septem Fratrum dicitur; zur ungefähren räumlichen Deckung der beiden Angaben vgl. Holtzmann
a.a.O. 297f. (119f.). Mit dem Argument, mit der Wahl des neuen
Lagerortes sei man den in Corcolle festgehaltenen Kardinälen
“entgegen” gezogen (s. auch Servatius
a.a.O. 246), möchte Holtzmann
den Ponte Mammolo mit dem w. Tivoli bei Ponte Lucano gelegenen
Übergang der Via Tiburtina über den Aniene gleichsetzen, wo nach der
“Relatio” Heinrich schon im Februar Station gemacht hatte (s. Meyer von Knonau
a.a.O. 164); abgesehen davon, dass sich Heinrich zuletzt immer in der
unmittelbaren Umgebung Roms bewegt hatte (vgl. schon D.69 vom 23.
März:
actum est iuxta Romam), und es daher nicht einleuchtet, wieso er unmittelbar vor seinem
eigentlichen Ziel kurzfristig sein Lager mehr als 25 km nach Osten
verlegt haben sollte, scheint diese Lokalisierung schon angesichts der
knappen verfügbaren Zeit – wenigstens am Morgen des 12. April war das
Lager noch am Ponte Mammolo und am Abend desselben Tages schon am
neuen Lagerplatz (s. unten) – äußerst fraglich; demgegenüber spricht
mehr für die von Holtzmann
(a.a.O. 297/120) ausdrücklich zurückgewiesene Ansicht Meyers von Knonau
a.a.O. 168 mit Anm. 66, der die Brücke “nahe vor Rom” suchte, wo die
Via Tiburtina nochmals den Aniene quert, und eine Lokalisierung “zu
weit vor Rom hinaus” ablehnte. Für eine relative Nähe zu Rom spricht
ja auch die Nachricht, dass auf der anderen Fluss-Seite die Römer
Stellung bezogen hatten (s. Anm. p’:
in agro iuxta pontem Mammeum, qui Romanos a Teutonicis dirimebat). Hier am Ponte Mammolo wurde dann noch, während man schon das Lager
abbrach, am 12. April das “Pravileg” konzipiert (s. Anm. ii).
Hinsichtlich der mit dem “Vorvertrag” verbundenen Vorgänge divergiert
übrigens die Darstellung des “Manifests” (s. linke Spalte des
Voraustextes zu Insert VI) von dem nur in OGS überlieferten
“Collectio”-Text (rechte Spalte): Dem “Manifest” zufolge hatte, nach
der am 11. April erfolgten eidlichen Anerkennung der
conventio expleta durch die Kardinäle, am folgenden 12. April (Mittwoch) der Papst im
Rahmen einer feierlichen Messe – mit dem Officium des vorangegangenen
Sonntags “Quasimodogeniti” (9. April) – eine Kommunionformel mit der
Bekräftigung von
pax et vera amicicia (s. auch Anm. gh) bzw.
vera concordia et pax (= VIa; VIb:
vera pax et concordia) gesprochen, was die “Collectio” in die Krönungsmesse des 13. April
verlegt (ebenso Meyer von Knonau
a.a.O. 174, jedoch mit Verwendung der Kommunionformel des
“Manifests”!), für die aber einerseits nach dem “Manifest” das
Osterofficium verwendet wurde (S.■ Z.■) und andererseits nach P5
(s. Anm. gh und ii) dabei auch eine völlig andere Kommunionformel
gesprochen wurde. Die Umdatierung war zweifellos der Grund dafür, dass
in OGS das Insert VIb erst hinter dem “Pravileg” (VII) eingeordnet
wurde (s. Anm. ge); verfehlt ist der Lösungsvorschlag Meyers von Knonau
a.a.O. 173 Anm. 75, beim Verfasser des “Manifests” einen Irrtum zu
vermuten und dessen Bericht über die Handlung vom 12. April ganz
auszuschalten.
An dem nach Überquerung des Tiber
iuxta pontem Salarium (Anm. ii, vgl. oben; s. JL S. 743) wieder nördlich von Rom errichteten
neuen Lagerplatz
apud Octavum (scil.
milenarium an der rechts des Tiber von Norden kommenden Via Flaminia; zur
Lokalisierung bei Prima Porta, ca. 5 km nördlich der Aniene-Mündung,
s. Holtzmann
a.a.O. 298/120) wurde schließlich in der Nacht vom 12. auf den 13.
April durch einen aus Rom herbeigerufenen Skriniar das “Pravileg”
mundiert (s. Anm. ii); während in D.70 vereinfachend (und
beschönigend) gesagt ist, dass der Papst das “Pravileg” am 13. April
nach der Kaiserkrönung an Heinrich übergab (S.■ Z.■ :
domino H. imperatori propria manu dedit), hatte es der Papst nach Aussage der “Relatio” gleich nach der
Reinschrift an Heinrich aushändigen müssen, der es in einer
theatralischen Szene (s. Anm. ii:
contra omnem consuetudinem) erst während der Krönungsmesse wieder an Paschal zurückgab, um es
dann wiederum aus dessen Hand entgegenzunehmen. – Zu einer von W
gebotenen ausführlicheren Darstellung der Vorgänge am Krönungstag bis
zum Zeitpunkt der Krönung vgl. Anm. gz.
Servatius, der a.a.O. 246 von der selbstverständlichen Tatsache ausgeht, dass
die Vertragstexte unter maßgeblicher Beeinflussung der kaiserlichen
Kanzlei erarbeitet wurden, nimmt andererseits an, dass der unter den
gefangenen Kardinälen befindliche päpstliche Kanzler Johannes von
Gaeta, Kardinaldiakon von S. Maria in Cosmedin (s. Ins. III:
Iohannes diaconus sanctę Marię in Scola Greca; zu dieser alternativen Bezeichnung der Kirche vgl. Gnoli, Topogr. e toponom. di Roma 294), “den päpstlichen Vertragsteil von
der stilistischen Seite her mitgestalten durfte”. Insbesondere meint
er a.a.O. 248ff. hinsichtlich des “Pravilegs”, dessen Inhalt
festgelegt gewesen sei, dass sein “Diktat getrost dem päpstlichen
Kanzler überlassen werden” konnte. Zu den Elementen, die es der
päpstlichen Partei “durch scharfsinnige Textgestaltung” in den Text
einzubauen gelungen sei, rechnet er u.a. das
Teutonicorum regi der Inskriptio. Dabei ist Servatius
ein ganz anderer, zweifellos auf den päpstlichen Kanzler
zurückgehender bedeutsamer Aspekt der Inskriptio entgangen, auf den
schon Bernheim, Wormser Konk. 15ff. und Hofmeister, Wormser Konk. 14ff., sodann Hoffmann
in DA 15,423ff. aufmerksam gemacht haben: Während Heinrich mit D.68/V
(… dilecto filio Heinrico regi eiusque successoribus in perpetuum) ein förmliches “Privileg” hatte entgegennehmen können, erhielt er
mit D.70/VII (… karissimo in Christo filio Heinrico glorioso Teutonicorum regi et …
imperatori augusto salutem et apostolicam benedictionem) der Form nach eine bloße “Littera”, und zwar für sich persönlich,
wie es die (das “Pravileg” ja textlich ausklammernde) “Relatio” auch
zutreffend wertete (vgl. das
personaliter in dem Schlusspassus
Restabat … in Anm. ii). Dass die “persönliche Fassung” ein Einvernehmen Heinrichs
und Paschals ausdrücke, wie Hoffmann
a.a.O. 424 Anm. 136 meint, scheint ausgeschlossen; Heinrich selbst
und auch seiner Kanzlei dürfte die mit Titel-Geklingel überdeckte
Finesse überhaupt nicht aufgefallen sein!
Für den Passus über das Investiturrecht in VII (ebenso in I) wurden
nach Märtl, Die falschen Investiturprivilegien 69f. mit Anm. 219, diese zwischen
der Mitte der 80er Jahre des 11. Jh. und den ersten Jahren des 12. Jh.
und vermutlich in kaisertreuen Kreisen Italiens gefälschten (vgl.
a.a.O. 75f. und 90ff., bes. 95) sog. “Investiturprivilegien” als
“Formulierungshilfe” verwendet. Während Pivec
in MÖIG 46,282 lediglich Benützung des auf den Namen P. Hadrians I.
gefälschten “Hadrianum” vermutete, ergibt sich aus dem Zusatz von Anm.
li Heranziehung auch des auf den Namen P. Leos VIII. gefälschten
“Minus” und aus der Erwähnung der Investitursymbole
anulus und
virga zusätzlich die des “Maius”; mit dem “Hadrianum” deckt sich die
Formulierung
a nemine consecretur. Es ist also eine alle drei Texte berücksichtigende (eigens für VII
überarbeitete?) Fassung als Vorlage zu vermuten. – Wir haben im Text
auf eine Kennzeichnung dieser Abhängigkeit durch Petitsatz verzichtet,
da wir diesen für die Markierung der Übereinstimmungen zwischen I und
VII benötigten (s. Anm. m und ii); stattdessen haben wir die
relevanten Stellen in Anm. 1 zitiert.
Wenn Servatius
a.a.O. 246 Anm. 207 offenbar der Ansicht ist, dass die Verwendung der
“falschen Investiturprivilegien” auf die Kurie zurückgehe (so muss
wohl die Bemerkung “deren Authentizität die Kurie damals wohl nicht
bezweifelte” verstanden werden), wird man dies bezweifeln müssen.
Diese Annahme könnte allenfalls für den die Interessen des Papstes
berücksichtigenden, aus dem “Minus” stammenden Zusatz von Anm. li
gelten, der aber gerade in der “Vulgata”-Fassung des “Pravilegs” (auch in der päpstlichen Überlieferung PI!) fehlt, im übrigen aber auch in der päpstlichen Urkunde des Wormser
Konkordats eine partielle Entsprechung hat (vgl. Const. 1,161 Z. 25f.:
Exceptis omnibus, quae ad Romanam ecclesiam pertinere noscuntur = fehlt im Cod. Udalrici!).
Woher die “Manifest”-Fassungen PrVdW sowie die isolierte Abschrift V3
die “Pravileg”-Fassung mit diesem Zusatz bezogen, bleibt gänzlich
ungewiss; aus der Einleitung
Ex decretis Paschasii pape … in V3
(s. Anm. ii) darf aber jedenfalls nicht etwa auf Verwendung des
verlorenen Registers Paschals II. als Vorlage geschlossen werden: In V3
(zur Handschrift vgl. zuletzt Märtl
a.a.O. 109ff.) steht das “Pravileg” unmittelbar hinter den Texten des
“Hadrianum”, des “Minus” und der gleichfalls zu den falschen
Investiturprivilegien gehörigen “Cessio” (f. 12r–14v); obige
Einleitung von V3
entspricht nun genau den Überschriften, die “Hadrianum” und “Minus”
in einigen Handschriften aufweisen (s. Märtl
a.a.O. 137 u. 148, jeweils mit Anm. a), allerdings nicht in der
Wiener Handschrift selbst (bei Märtl: W); daher ist anzunehmen, dass die aus der Pfalz stammende
Handschrift des 12./13. Jh. mit einer vermutlich in
antigregorianischen Kreisen Italiens entstandenen (s. Märtl
a.a.O. 111) Sammlung von Texten zum Investiturstreit zwar bei den
beiden anderen Texten die in ihrer Vorlage vorgefundenen Überschriften
variiert, die des “Pravilegs” jedoch unverändert von dort übernommen
hatte. – Sollte der fragliche Zusatz etwa in einem ersten päpstlichen
Entwurf enthalten gewesen und aus diesem auf Heinrichs Veranlassung
vor der Reinschrift entfernt worden sein, bliebe rätselhaft, wie
dieser verworfene Entwurf Verbreitung gefunden und so auch in einige
“Manifest”-Exemplare gelangt sein könnte.
Die in dem, im “Manifest” fehlenden, Insert IV vom 11. April
(Dienstag) von Heinrich für den nächsten und übernächsten Tag (quarta vel quinta feria proxima = Mittwoch/Donnerstag 12./13. April) versprochene Rückgabe der
päpstlichen Geiseln kann übrigens zum vorgesehenen Termin allenfalls
unvollständig erfolgt sein, wie der Klage des Papstes in seinem Brief
von 1111 Oktober 26 (JL 6305; vgl. Vorbemerkung zu D.*93) über
schlechte Behandlung der Geiseln zu entnehmen ist; eine dieser damals
noch in Heinrichs Hand befindlichen, demnach von ihm nach Deutschland
mitgenommenen Geiseln war Paschals II. Neffe Galfred, den Heinrich
sogar für seinen Hofdienst herangezogen hatte (vgl. Vorbemerkung zu
D.126); ein Sohn des
Petrus Leonis, vermutlich der
Gracianus von D.68/II, hatte sich nach dem Bericht des Ordericus Vitalis über
das Reimser Konzil von 1119 (lib. 12 c. 21, ed. Chibnall
6,266) sogar in der Hand EB. Friedrichs von Köln befunden, der ihn
damals an P. Calixt II. zurückgab (filium quoque Petri Leonis, quem obsidem habebat, ob amoris specimen
gratis reddidit), s. Meyer von Knonau, Jahrb. 7,133 Anm. 41.
Es ist im übrigen wohl mit Sicherheit davon auszugehen, dass es sich
im April noch um dieselben Geiseln handelte (darunter die in D.68/II
genannten Verwandten Pierleonis), deren Rückgabe Heinrich am 4.
Februar im Vorvertrag von S. Maria in Turri für den Krönungstag
zugesagt hatte (s. DD.65b und 68/IV; nicht in D 66, dem zu Sutri am 9.
Februar geleisteten Eid, wiederholt!): Die hinsichtlich des genauen
Zeitpunkts ohnedies widersprüchlichen chronikalischen Nachrichten über
einen im Februar vorgenommenen Geiselaustausch (vgl. Meyer von Knonau
a.a.O. 6,149 mit Anm. 18; Servatius
a.a.O. 233f.) verdienen u.E. keinerlei Glauben, einerseits weil es ja
damals nicht zur Kaiserkrönung kam, mit der die Freigabe terminiert
war, und auch die kriegerischen Ereignisse des 12.–15. Februar eine
Freigabe kaum zuließen, und weil andererseits von der Stellung neuer
Geiseln im April nirgendwo die Rede ist; auch Meyer von Knonau
(a.a.O., Schlus von Anm. 18) hält für möglich, dass sich die
päpstliche Klage vom 26. Oktober auf die Geiseln des Februar bezog. –
Zu den
ordo-Zitaten in I und im Voraustext zu VII vgl. D.*67.
Von den in Insert V genannten 14 Eidhelfern Heinrichs haben die drei
Italiener, die Markgrafen Bonifatius (del Vasto) und Werner (von
Ancona?, in Va:
comes) sowie Graf Albert (I.) von Biandrate, den Rückmarsch des Heeres
offenbar bis zum Ende von Heinrichs Italienaufenthalt mitgemacht, da
sie alle in dem am 19. Mai in Verona ausgestellten D.75 als
Intervenienten erscheinen; zu dem auch in D.71 vom 22. April
begegnenden Grafen Albert, der eigenartigerweise in der “Relatio” (s.
Anm. p’) als einziger der
regis latęralęs namentlich erwähnt wird, vgl. Raggi, I conti di Biandrate 27ff., ebenda 31 Anm. 51 der Hinweis auf
Alberts Erwähnung in DF.I.257 von 1159 für seinen Sohn Wido (patre eius [ohne Namensnennung] in servicio imperii defuncto); zur Identifizierung des
Fridericus comes Frisingensis vgl. D.*58.