Heinrich gewährt der bischöflichen Kirche zu Rimini und ihrem Klerus für ihren Besitz Schutz und Immunität.
(wohl 1110).
Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010
Stumpf Reg. –.
In dem in der Biblioteca Gambalunga zu Rimini als ms. 175 (alt D.III.2) verwahrten Manuskript “De vetustate Arimini urbe et eius episcopis” des im Jahre 1679 zum Bischof von Cajazzo gewählten Giacomo Villani († 1690; vgl. zu ihm Tonini, La coltura letteraria e scientifica in Rimini 2,149ff.) heißt es f. 73r zum Jahre 1110: Anno 1110 contigit Henricum V. cęsarem numeroso exercitu in Italiam venire. N. episcopus tunc Arimini optimum factu ratus est eius patrocinium supplex sibi conciliare nummis vel muneribus ab eoque privilegium impetrandum curavit, cuius vigore s. ecclesia Ariminensis eiusque cleri bona et loca sub regali tutela suscepta omnem iniuriam propulsaretur. – Per éa enim tempora multis scismis ac seditionibus apostolica sedes exposita erat vitio regnantium ac superbia, dum sibi arrogabant Romani pontificis electionem ac pręterea conferendi episcopatus, quare contigit sępe, ut defuncto episcopo aliquo alius in eius locum à cęsare, alius [ms.: alium, wohl durch folgendes rursum beeinflußt] rursum a papa constitueretur et ab hoc excommunicaretur alter. Tandem in hanc catastrophen abiit hęc tragedia, quod cęsar à summo pontifice excommunicatus deponeretur cęsare altero designato. – Dominus Henricus ergò fecit privilegio apud archivium canonicorum iam corroso, cui desunt multa ac inter cętera nomen episcopi; inibi mentio habetur de sanctis Iuuentino, Facundino, Pelegrino et Felicitate martyribus, quorum corpora in ara maioris ecclesię requiescunt; ibidem etiam commemorantur nonnullę civitatis ecclesię, inter quas monasterium s. Innocentię et monasterium sanctorum Sauini et Martini.
Aus der Jahresangabe für den Beginn von Heinrichs Italienzug lässt sich zunächst nicht unmittelbar das Ausstellungsjahr des Deperditums entnehmen. Verfehlt ist jedoch die bei Tonini, Rimini dal principio all’ anno MCC 2,409 – nach dem übrigens damals (1856) das von Villani erwähnte beschädigte Original nicht mehr existierte – vertretene Meinung, das Diplom sei die Reaktion auf den von ihm im Anhang (a.a.O. App. 567 no 69) abgedruckten und auf ca. 1111 datierten (409: “non fu scritta avanti del 1111, non prima de quale anno Arrigo fu imperatore”) Paschal-Briefes des D.*82, welcher Meinung sich Schwartz, Besetzung 252 anschließt. Davon kann aber sicher keine Rede sein, da es in dem Diplom nicht um die Restitution von Gütern ging, wofür die von Paschal II. angeregte Initiative von Heinrich ausgegangen wäre, sondern um die auf bischöflicher Impetration beruhende Gewährung von Schutz und (so ist das … iniuriam propulsaretur wohl zu interpretieren) Immunität.
Nach dem Tenor der Schilderung Villanis hätte sich der Bischof deswegen bald nach Heinrichs Ankunft in Italien (vgl. das tunc) an diesen gewandt, also irgendwann im Herbst oder Frühwinter des Jahres 1110, bevor Heinrich nach Rom weiterzog – evtl. sogar während des längeren Aufenthaltes in Arezzo (s. DD. † 61 u. 62), was aber durch unsere Einreihung des eines Tagesdatums ermangelnden und daher zum Jahresende plazierten Stückes nicht suggeriert werden soll; die Verwendung des Titels cęsar durch Villani besagte jedenfalls nicht, wie Tonini anscheinend annimmt (s. oben), dass das Deperditum erst nach Heinrichs Kaiserkrönung anzusetzen sei.
Aus der Formulierung Villanis geht übrigens nicht klar hervor, ob der Bischof allein der Empfänger war oder Bischof und Domkapitel gemeinsam; aus der Überlieferung des Originals im Kapitelsarchiv kann andererseits nicht gefolgert werden, das Domkapitel allein sei der Empfänger gewesen, was schon dadurch ausgeschlossen ist, dass der Bischof – und zwar vermutlich als Petent – im Text genannt war. – Dass das Diplom tatsächlich für beide Seiten als Empfänger bestimmt war, beweist das ganz beliebige, auf die Nennung zweier Klöster sich beschränkende Zitat aus der vermutlich umfangreicheren Besitzliste: Das an erster Stelle genannte Kloster war bischöflich (vgl. das Privileg P. Lucius’ II. für B. Rainer II. [1143–1158] von 1144 Mai 21; Migne, PL 179,884 no 46; JL 8617; It. pont. 4,162 no 20: infra civitatem Ariminensem ecclesias … s. Innocentiae), das andere Kloster gehörte dem Domkapitel (vgl. das Privileg P. Innocenz’ II. für die ecclesie sancte Columbe Ariminensis canonici von 1135 Nov. 5; Pflugk-Harttung, Acta 3,33 no 39; JL 7729; It. pont. 4,164 no 1: in Ariminensi videlicet civitate … ecclesiam quoque sanctorum Martini et Savini cum capella sancti Ermetis ad eandem ecclesiam pertinente …). Zu den Patrozinien des Hauptaltars der Kathedralkirche, die der “Hl. Columba” (= S. Spiritus) geweiht war, vgl. It. pont. 4,163.
Für die Zeit zwischen dem bis 1102 belegten B. Opizo und dem nur einmal im Jahre 1122 genannten B. Rainer I. ist kein Name eines Bischofs überliefert (s. Schwartz a.a.O. 252f.); bei Tonini a.a.O. 409 und ihm folgend Schwartz ist der Versuch älterer Autoren, die von Villani verwendete Anonymus-Sigle N., in Widerspruch zu dessen Feststellung über die Zerstörung des Namens im Original, als Abkürzung für Nicolaus zu werten, zu Recht verworfen. – Villanis oben mitgeteilter Zwischentext soll übrigens wohl nicht andeuten, dass der damals amtierende Bischof durch unkanonische Einsetzung sein Amt erlangt hatte; Villani wusste über ihn nichts!