Heinrich nimmt die Klöster San Benedetto zu Piacenza und San Gervaso e Protaso (bei Brescia) in seinen Schutz und bestätigt ihre Besitzungen.
Piacenza, (1109) 1110 November 1/(Oktober 30?).
Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010
Stumpf Reg. –.
Das “Registro delle scritture dell’ archivio de’ canonici Lateranensi di S. Agostino di Piacenza” aus dem 18. Jh. in Ms. Pallastrelli 120 der Stadtbibliothek zu Piacenza enthält f. 29v, mit Voranstellung des Datums 1109 [die 0 auf Rasur von 9] in kalis 9bris (danach die Auflösung 1. 9bre; dahinter Nennung des Notars, der in der Vorlage [s. unten] die zugrundeliegende Urkunde kopiert hatte: rogito di Reginoldo), folgendes Regest:
Privilegio d’Enrico Vo ré de Romani, in data di Piacenza, con cui alle preci di Enrico vescovo di Frisingia [das ri womöglich aus is verb.] riceve sotto la regia sua protezione li due chiostri di monastica professione, l’uno consecrato a s. Benedetto nella città di Piacenza, l’altro dedicato in onore de’ ssti. Gervaso e Protaso nel contado del Tirolo in vicinanza di Brixen, confirmandoli il possesso de’ beni tanto acquistati che d’acquistarsi. – Unterhalb des Regests steht die Quellenangabe: In vol. 3 no 36; bezieht sich auf den verlorenen 3. Bd. der in dem “Registro” regestierten Urkunden der mehrbändigen “Scritture dell’ archivio …” (s. oben), vgl. Kehr in Gött. Nachr. 1900,18 und in It. pont. 5,507.
Das Regest, auf das Kehr in Gött. Nachr. 1900,18 Anm. 1 und Bloch in NA 26,277 auferksam machten, enthält eine Reihe nur teilweise klärbarer Unstimmigkeiten: Das ohnedies wohl schon in der Vorlage fehlerhafte Inkarnationsjahr 1109 (die nachträgliche Korrektur beruht auf einem Randvermerk von anderer Hand: “questo documento dovessi collocare sotto il 1109”) lässt sich in Verbindung mit der Angabe des Ausstellortes problemlos in 1110 ändern; auch das Tagesdatum passt zu dem mehrwöchigen, sich von der zweiten Oktoberhälfte bis in die erste Woche des November 1110 erstreckenden Aufenthalt in Piacenza (vgl. Thiel, Beiträge ■); vermutlich ist übrigens das in klis eine Verlesung von III. kl. (= Oktober 30) der Vorlage.
Der Grund für die auffällige Privilegierung zweier verschiedener Klöster durch ein einziges Diplom (vgl. als entfernte Parallele D.177) muss darin gesucht werden, dass zwischen beiden eine konkrete Verbindung bestand. In der Tat handelte es sich offensichtlich um zwei zur Kongregation von Vallombrosa gehörige Klöster, die in der umfangreichen Liste des Privilegs P. Paschals II. für Vallombosa von 1115 Febr. 9 (Pflugk-Harttung, Acta pont. 2,209 no 253; JL 6447 zu Febr. 8; It. pont. 3,89 no 10) genannt werden: … sancti Gervaxii de Brixiana diocesi, … sancti Marci de Placentie; in den Erneuerungen des Paschal-Privilegs fehlen zunächst die Patrozinien-Angaben, vgl. das Privileg P. Anastasius’ IV. von 1153 Nov. 22 (JL 9757; It. pont. 3,92 no 18) und P. Alexanders III. von 1169 Febr. 14 (JL 11241; It. pont. 3,92 no 21) mit monasterium Placentinum und monasterium Brixiense; im Privileg P. Alexanders III. von 1176 April 20 (JL 12695; It. pont. 3,93 no 26) ist das Piacentiner Kloster, wie 1115, als monasterium sancti Marci de Placentia aufgeführt, im Privileg P. Urbans III. von 1186 Mai 12 (JL 15604; It. pont. 3,94 no 29) jedoch als monasterium sancti Benedicti de Placentia.
Man wird davon ausgehen müssen, dass das Regest bei der Bezeichnung der beiden Klöster nicht den genauen Wortlaut der Vorlage wiedergibt, sondern diese zu präzisieren versuchte: Dies liegt bei dem Gervasius-Kloster auf der Hand, da das nel contado del Tirolo eine Zutat ist, die sich allein aus der Verwechslung Brescias mit Brixen erklärt (vielleicht war in der Vorlage statt der üblicheren Brixiensis-Adjektivbildung die, eine Verwechslung mit Brixen leichter erklärende, Schreibung Brixiana des Paschal-Privilegs verwendet); das Gervasius-Kloster lag übrigens nicht in der Stadt Brescia, sondern nach dem Kirchenverzeichnis der Diözese Brescia von 1797 (ediert von G uerrini in Brixia sacra 2 no 6,328) ultra flumen Mellae in clausuris Brixiae, also jenseits der westlich an Brescia vorbeifließenden Mella. – Die Verwendung des anachronistischen Patroziniums S. Benedetto für das Kloster in Piacenza statt des mindestens bis 1176 gültigen Marcus-Patroziniums erklärt sich wohl aus der Kenntnis über den Patrozinienwechsel bei dem Regesto-Schreiber, der das zu seiner Zeit gebräuchliche Patrozinium eingesetzt hätte.
Zunächst problematisch, aber letztlich die entscheidende Stütze für die Echtheit des D.*58 ist die Nennung B. Heinrichs von Freising (1098–1137) als Petent (alle preci). Dabei ist einerseits ein Lesefehler wohl mit Sicherheit auszuschließen; andererseits wird man davon ausgehen dürfen, dass sein Name nicht wegen besonderer Nähe zu den Empfängern Aufnahme fand, sondern vermutlich dadurch, weil er zufällig an der Spitze einer umfänglicheren Intervenientenliste (nicht Petenten-) gestanden hatte. Dass unser Deperditum den einzigen urkundlichen Beleg für die Teilnahme des Freisingers an Heinrichs 1. Italienzug darstellt (bei Mass, Das Bistum Freising im MA. 149 findet sich die Nachricht über Zugehörigkeit des Bischofs zum Herrscherhof in den Jahren 1110/1111 als bloße Behauptung ohne jeden Beleg; demgegenüber hatte Meichelbeck, Hist. Frising. 1.1,298 lapidar erklärt: “De Henrico episcopo nostro in his turbis nulla occurrit mentio”!), besagt nichts gegen die Zuverlässigkeit seiner Nennung; der sehr viel häufiger am Hofe Heinrichs genannte B. Eberhard von Eichstätt ist gleichfalls nur ein einziges Mal, durch das in Sutri am 22. April 1111 ausgestellte D.71, als Teilnehmer des Italienzuges nachgewiesen.
Es gibt nun noch eine indirekte Bestätigung für die Anwesenheit B. Heinrichs: In D.70/Va wird als einer der Eidhelfer Heinrichs V. für den “Vorvertrag von Ponte Mammolo” von 1111 April 12 Fridericus comes Frisingensis (in Spalte b nur Fridericus comes) genannt. Einen “Grafen von Freising” hat es jedoch nie gegeben (vgl. Riezler, Gesch. Baierns 21.2,196 Anm. 3); Tyroller, Genealogie Taf. 5 no 32 identifiziert nun ohne weiteres und höchstwahrscheinlich zutreffend den Grafen von D.70 mit dem auch in D. † 39 als Teilnehmer an Heinrichs Ungarnfeldzug genannten Grafen Friedrich II. von Tengling († ca. 1120), – einem Bruder B. Heinrichs von Freising. Trifft diese Identifizierung zu, hätte der Verfasser den ihm nicht näher bekannten Grafen, ähnlich wie den in Fassung b von D.70/V mit bloßem comes-Titel versehenen Fridericus Saxo, vielleicht deshalb mit der unterscheidenden Zubenennung versehen, weil er damals sicher häufig in der Umgebung seines bischöflichen Bruders zu sehen gewesen war. Man wird daher das – ins Itinerar passende – Deperditum als unverdächtig gelten lassen müssen.