Urkunde in Diplomform (ca. 34,5 b : 35,5/37 h) aus dem 1. Viertel des
13. Jh. (nach 1210, vgl. unten) im Staatsarchiv zu Mailand, Pergamene,
Monastero di S. Ambrogio cart. 312 (früher tav. 4, cart 1 no
20) (B). – Notarielle Abschrift aus der Mitte des 13. Jh. ebenda
(früher a.a.O. no
21) (C); Rückvermerk des 13. Jh.:
Exemplum privilegii autentici Henrici imperatoris; andere Hand:
Hoc [2 cm Rasur] privilegii Enrici regis de fodro et districto de loco Lemonta et
Ciuenna.
Drucke: Aus B: Puricelli, Ambros. basilicae ac monasterii monumenta 1,534 c. 311 (p); (ed.
II.) in Graevius, Thes. antiqu. Italiae 4.1,243 c. 311 = Aresius, Abbatum ser. s. Ambrosii, Priv. et dipl. 64. – Aus Bp: Morbio, Storie dei municipi Italiani 3,167 no
12 zu 1106 (im Text:
millesimo nonagesimo sexto, s. Anm. o”).
Reg.: Aresius
a.a.O. 19. – Georgisch, Reg. chronol.-dipl. 1,489 no
14. – Menant
in Mél. de l’école franç. de Rome 88,484 no
9. – Böhmer
Reg. 1996. – Stumpf
Reg. 3043.
Die in diplomgemäßer Gestalt geschriebene Überlieferung B war nie
besiegelt, obwohl rechts neben Rekognitionszeile und Monogramm
ausreichend Platz vorhanden gewesen wäre; ob es sich dabei um einen
ersten Entwurf für das Falsum handelt oder um dessen Nachzeichnung,
als was Hausmann, Reichskanzlei 65 no
20 das Stück bezeichnet, wagen wir nicht zu entscheiden. – Der
Überlieferung C lag jedenfalls ein besiegeltes Exemplar zugrunde: Zwar
ist in der Schlussunterfertigung des kopierenden Notars,
Stephanus tabularius sacri palatii, die entsprechende Bemerkung (et erat illud autenticum sigillatum regio sigillo) erst mit anderer Tinte nachgetragen, doch steht in den vorangehenden
Unterfertigungen der beiden letzten von 6 weiteren Notaren die
Bemerkung
sigillo regio signatum bzw.
sigillatum jeweils mitten im Unterfertigungstext.
Der Falsum-Text ist verfasst unter Verwendung des im Original
erhaltenen DH.II.95 von 1005 Mai 2 (= VU.I) und des auf ein (in seinem
Kern in D. † 57 bewahrtes) verlorenes Diplom Heinrichs V.
zurückgehenden (s. unten) Diploms Ottos IV. von 1210 April 23 (B.-Ficker
Reg. 384; Or. im Staatsarchiv Mailand a.a.O. cart. 340 no
1; geschrieben von dem Kanzleinotar OF, vgl. Zinsmaier, Urk. Philipps von Schwaben u. Ottos IV. 97ff.; Druck: Aresius
a.a.O. 81 und Morbio
a.a.O. 179 = VU.II).
In der Bewertung des D. † 57 und seines Verhältnisses zu den
Vorurkunden ist die Literatur bis heute unsicher: Giesebrecht, Gesch. d. dt. Kaiserzeit 53.2,1210 erklärt es im Ganzen als Fälschung, welcher Bewertung sich Stumpf
(a.a.O. unter bloßer Erwähnung der Zweifel Giesebrechts, in den Zusätzen S. 538 jedoch mit der Feststellung [Fickers]: “Fälschung nach Arndt”) und Meyer von Knonau, Jahrb. 6,132 Anm. 41/Schluss anschließen; Hausmann
a.a.O. 54 und 65 no
20 sieht hingegen keinen Grund zur Beanstandung, und ebenso erwähnt Zinsmaier
a.a.O. 98 das D. † 57 ohne Einschränkung als VU. des D. Ottos IV. Ambrosioni
in Il monastero di S. Ambrogio 61ff. (mit Anm. 32 u. 33) lässt
wiederum die Frage nach Echtheit oder Fälschung unentschieden, während Tagliabue
ebenda 310f. lediglich (verkürzend) unsere brieflich mitgeteilte
Bewertung als “falso” zitiert. – Das in der vorliegenden Gestalt
jedenfalls unkanzleigemäße Stück, mit einer Reihe von
Merkwürdigkeiten, war offensichtlich mehreren, zu verschiedenen Zeiten
vorgenommenen Manipulationen ausgesetzt, die sich angesichts der
Überlieferungslage wohl kaum vollständig klären lassen.
Klarer Beweis für die Unechtheit des D. † 57 in der von BC
überlieferten Fassung ist das – als Rest einer sicher ursprünglich
vorhanden gewesenen Signumzeile übriggebliebene – Monogramm (s. Anm.
l”): Es handelt sich dabei nämlich nicht um das Monogramm Heinrichs V.
aus dem verlorenen Original, sondern dasjenige Heinrichs IV. in der
Gestalt, wie sie gegen Ende seines 2. Königsjahres von dem Notar
Gebehard A eingeführt und dann bis zur Kaiserkrönung (1084 März 31)
verwendet worden war (erstmals in DH.IV.40 von 1058 Okt. 1; durch
neues Zeichen des Adalbero C ersetzt seit DH.IV.360 von 1084 Mai 23),
vgl. DDH.IV. Einl. S. XCf., Beispiele bei Rück, Bildberichte 144f. Abb. 561–568 (= DD.44 … 163). Nachdem kein D.
Heinrichs IV. für S. Ambrogio überliefert ist und ein solches wohl
auch nie existiert hat, kann kaum bezweifelt werden, dass man das
Vorbild für das falsche Monogramm des D. † 57 dem verlorenen Original
des DH.IV.330 von 1081 April 14 für das dem Kloster S. Ambrogio
gehörige, verschwundene Mailänder Kloster Orona entnommen hatte; in dessen
Abschrift aus dem 18. Jh. fehlt zwar auch die Signumzeile (samt
Monogramm), doch ist die in der dortigen Vorbemerkung geäußerte
Vermutung, dass die Signumzeile auch dem Original gefehlt habe, weil
dies angeblich in “minder feierlicher Form ausgefertigt” worden sei,
verfehlt, was auch für den begründenden Hinweis gilt, dass “die
eigenhändige Vollziehung auch in der Corroboratio nicht angekündigt”
sei, was das DH.IV.330 übrigens mit unserem D. gemeinsam hat (s. Anm.
e”). Zur möglichen Erklärung des Ersatzes des ursprünglichen
Monogramms Heinrichs V. vgl. weiter unten.
Andererseits steht außer Zweifel, dass ein verlorenes echtes D.
Heinrichs V. mit dem überlieferten Datum existiert hat, das in den
wenigen VU.-unabhängigen Partien, Protokoll und (verstümmeltem, s.
oben) Eschatokoll, von Notar Adalbert A verfasst war, vgl. Hausmann
a.a.O. 65 no
20, der die Diktatzuweisung auf das Eschatokoll beschränkt:
Insbesondere die Datierung stimmt wörtlich mit derjenigen des D.54
überein, mit denselben für den Notar charakteristischen Fehlern bei
Ordinations- und Regierungsjahr (s. Anm. 1 u. 2), aber auch mit der
richtigen Indiktionszahl
III gegenüber der in D.50 noch falschen Zahl
IIII (vgl. dortige Vorbemerkung); die in B ganz fehlende, in C erst
nachgetragene
actum-Formel (s. Anm. t”) muss gleichfalls auf die Vorlage zurückgehen, wie
namentlich die mit DD.50 u. 54 übereinstimmende Apprekatio beweist.
Außerdem ist die knappe Rekognitionszeile mit der alleinigen Nennung
des Kanzlers Adalbert absolut kanzleigemäß (zur Rekognition durch den
eigentlich nicht zuständigen deutschen Kanzler vgl. Vorbemerkung zu D.
† 61): Zwar hat sie ihre Entsprechung zunächst nur in D.44 von 1109
Aug. 1, dem ersten nach dem Tode des bisherigen deutschen Erzkanzlers,
EB. Ruthards von Mainz († 1109 Mai 2), ausgestellten Diplom, sowie in
D.54 von 1110 Aug. 16 – in der Zwischenzeit fehlen Parallelen (DD.47
u. 49 sind ohne Rekognitionszeile; D.50 von 1110 Mai 27 ist ein
Sonderfall), und in der Folge rekognoszierte die für italienische
Empfänger ausgestellten DD. † 61 … 80 der als italienischer Kanzler
eingesetze B. Burkhard von Münster –, doch wird nach der Rückkehr nach
Deutschland ab D.84 (1111 Juni 24) durch Adalbert als deutschen
Kanzler wieder regelmäßig die Kurzform von DD.44, 54 und † 57
verwendet, ehe dieser nach seiner Investitur auf den Mainzer Erzstuhl
(1111 Aug. 15) ab D.92 von 1111 Sept. 4 mit der Titulatur als
Erzbischof und Erzkanzler rekognoszierte.
Sicher ist gleichfalls, dass mindestens einer der Gegenstände des
verlorenen Heinricianum das
fotrum de castellis war. Das D. Ottos, das primär das D. Heinrichs VI. von 1196 August 12
(Stumpf
Reg. 5025; B.-Baaken
Reg. 540) wiederholt, beruft sich nämlich für die seine
Pertinenzliste abschließende – nicht auf das Diplom Heinrichs VI.
zurückgehende
– foderum-Liste auf ein
privilegium Heinrichs V. (folgendes Zitat nach dem Original):
… cum omnibus ad se pertinentibus, cum servis, ancillis, capellis,
castris, districtis, theleonariis [vgl. dazu weiter unten], vineis … piscationibus et fodero de castellis dicti monasterii,
videlicet de Antiziago, Colonia, Oleoducto, Capiate, Pasiliano, Monte
seu Leomonte atque
Ciuenna … concedimus, sicut rationabiliter habent et eis ab
antecessore nostro Heinrico quinto Romanorum rege semper augusto fuit
indultum, ut in autentico privilegio suo continetur).
Die Vorlage Ottos IV. kann aber nun für diesen Passus nicht die
überlieferte Textgestalt unseres D. gehabt haben; denn das hier an die
vorangehende Liste, die mit der starken Copula
atque endet, mit neuer Copula anschließende
et Cauanago verrät sich damit als nachträgliche Zufügung, was bedeutet, dass
unsere Fassung erst nach
dem D. Ottos IV. entstanden ist, weshalb wir für den Passus
insgesamt, ungeachtet dessen, dass wir hier unbezweifelbare Reste des
verlorenen D. Heinrichs besitzen, die Kennzeichnung des Ottonianum als
VU.II wählten. Es bleibt aber die Möglichkeit, dass die Erweiterung um
et Cauenago gegenüber der Otto-Liste auf einem direkten Rückgriff auf das echte
Heinricianum beruht.
Dies gilt jedenfalls wohl mit Sicherheit für den anderen in der
Otto-Liste fehlenden Namen
Carusco (= Calusco d’Adda w. Bergamo); denn dieser im Jahre 1110 noch sicher
dem Kloster S. Ambrogio gehörige Besitz gelangte wenig später,
successive bis zum Jahre 1130, an das Kollegiatstift S. Alessandro zu
Bergamo, musste daher zwangsläufig im D. Ottos IV. fehlen; vgl. dazu Ambrosioni
a.a.O. 61 Anm. 33 (die Verfasserin zieht daraus den falschen Schluß,
dass für den Fall, dass D. † 57 eine Fälschung sei, diese vor 1130
hergestellt sein müsse);
Calusco eröffnet übrigens die Besitzliste des DF.I.256 von 1159 für S.
Alessandro.
Es könnten sich allerdings Zweifel einstellen, ob die Fodrum-Liste
überhaupt zum Textbestand des echten Originals von D. † 57 – des
ersten (von Brühl, Fodrum übersehenen) Diploms Heinrichs V. mit Erwähnung des Fodrum –
gehört hatte: In den älteren Diplomen für S. Ambrogio ist nämlich
nirgendwo vom Fodrum die Rede; erst im DF.I.903 von 1185 Mai 4
erscheint in den jeweils unterschiedlichen Pertinenzlisten einzelner
Orte der Zusatz
cum fodro, und zwar für 6 der 9 bzw. 10 Orte der vorliegenden Liste; der Zusatz
fehlt bei Capiate; Civenna begegnet im Barbarossa-Diplom nicht, was
auch für die beiden in D. † 57 über das D. Ottos IV. hinausgehenden Orte Calusco
und Cavenago gilt.
Diese Zweifel an der Ursprünglichkeit sind aber mit Sicherheit
unberechtigt: Das nach der Datierung der Herausgeber zu Anfang des 12.
Jh., demnach etwa gleichzeitig mit der Ausstellung des Originals von
D. † 57 gefälschte DKa.III. † 177 von angeblich 880 März 21 bietet –
in über das D. Barbarossas hinausgehendem Umfang – ebenfalls in den
Pertinenzen einer Reihe von Orten den Zusatz
cum fotro, darunter auch bei 6 Orten unserer Liste: Der Zusatz fehlt bei den
beiden auch bei Barbarossa genannten Orten
Colonia und Basiano, der nur in unserem D. genannte Ort Cavenago fehlt dort
überhaupt; aber das dort mit
cum fotro-Zusatz versehene
Claueso (B:
Clauexo, s. S. 291 Anm. a) ist sicher mit dem obigen Calusco identisch (im
Register zu DDKa.III. S. 354 sowie bei Zimmermann, Papsturkunden 3,1383 ist es fälschlich auf Chiavazza bei Biella nw.
Vercelli gedeutet), so dass die Feststellung Ambrosionis a.a.O., Calusco werde in anderen Urkunden des Klosters nicht
genannt, unzutreffend ist.
Zu Beginn des 12. Jh. bestand demnach in S. Ambrogio großes Interesse
an der Fodrum-Frage. Und man wird schließlich feststellen müssen, dass
es in unserem D. insgesamt sicher nicht um die Sicherung des
Grundbesitzes an den in der Fodrum-Liste genannten Orten (drei davon
schon in dem auf VU.I zurückgehenden ersten Teil unseres D.) an sich
ging, da man für diesen schon in älteren Diplomen bzw.
Papstprivilegien einen Rechtstitel besaß: Zur Schenkung von Felizzano,
Basiano und
Mons vgl. das D. Hugos u. Lothars von 942 August 15 (ed. Schiaparelli
D.64); das Diplom über die in DKa.III.21 erwähnte Schenkung von
Limonta durch Kg. Lothar von 947–950 ist verloren (vgl. Schiaparelli
S. 377 no
4); zu Capiate vgl. erstmals DKa.III.21, zu Civenna (Zubehör des ca.
2 km nördlicher gelegenen Limonta) DO.I.138, zu Cavenago DO.III.266;
zu Inzago,
Colonia und
Oleoducto vgl. das Privileg P. Gregors V. von 998 April 28 (JL 3882; It. pont.
6.1,89 no
1; Zimmermann
a.a.O. 2,687 no
353); zur Mehrzahl der Orte vgl. auch das Privileg P. Paschals II.
von 1102 Febr. 14 (JL 5890, It. pont. 6.1,89 no
4); über den Besitz von Legnano fehlt ein Erwerbstitel.
Bei dem
Oleoductum, das im Register zu DDF.I. sicher unrichtig mit Origgio (com. Saronno
prov. Varese) identifiziert ist, dürfte es sich um das ca. 27 km w.
Brescia, an einem Übergang über den Oglio gelegene Pontoglio handeln,
in welchem Falle auch unter dem in der Liste vorangehenden
Colonia (nach dem Register zu DDKa.III. sowie Zimmermann
a.a.O. 3,1386 Cologna bei Oggiono ö. Como, nach dem Register zu
DDF.I. Colnago prov. Mailand) das ca. 9 km w. Pontoglio gelegene
Cologno al Sério oder (eher) das ca. 7 km onö. Pontoglio gelegene
Cologne vermutet werden darf. Für
Mons (vgl. noch unten) bieten die Register zu DDKa.III., H.II. und F.I.
jeweils abweichende Identifizierungsvorschläge.
Es stellt sich nunmehr zwangsläufig die nicht mit letzter Gewissheit
zu beantwortende Frage, ob auch die Übernahmen aus VU.I schon zum
verlorenen Original des D. † 57 gehörten oder erst im Zuge der
Verfälschung eines ursprünglichen reinen Fodrum-Diploms Eingang
fanden. Daß Otto IV. sich nur für die Fodrum-Liste auf das
Heinricianum berief, genügt nicht als Argument gegen dessen
weitergehenden Inhalt. Schwerer wiegen die Ungereimtheiten, die Giesebrecht
zum Totalverdikt unseres D. bewogen. Dazu zählt die Übernahme des
Namens des damaligen Abtes
Iohannes, indem man lediglich das dortige
abbatem durch
monachum ersetzte; vor allem aber wurde der dortige Handlungsort
Dorinburg (Dornburg a. d. Saale), wo sich Heinrich V. nie aufgehalten hat,
beibehalten, woneben aber, in seltsamer Plazierung, unter Vorwegnahme
der Angabe der Datierung, noch ein zweiter Handlungsort
aput Uercellem eingeführt wurde; für Aresius
(a.a.O. 19), für den die Unmöglichkeit der Dornburg-Nennung nicht
erkennbar war, vereinbaren sich die Angaben in der Weise, dass der
damalige Abt (Wilhelm) den Mönch Johannes zu Heinrich V. nach Dornburg
geschickt habe, dessen Impetration dann bei Heinrichs Aufenthalt in
Vercelli die Ausstellung unseres D. zur Folge gehabt habe, und S. 20
spricht er die Vermutung aus, dass es sich bei diesem Mönch um den
gleichnamigen Nachfolger Abt Wilhelms gehandelt habe; zu den Äbten
Wilhelm (…1099–1113) und Johannes II. (1113–1129…) vgl. Tagliabue
a.a.O. 308ff.
Gegen die Annahme eines späteren Einbaus der VU.I in das Heinricianum
spricht aber primär, dass bei dieser Manipulation der gesamte
Textrahmen des ursprünglichen Originals, unter Beibehaltung nur
geringer Reste, preisgegeben und durch denjenigen der VU.I ersetzt
worden wäre, ein Vorgang ohne Beispiel. Von daher liegt die Annahme
näher, dass von einem Empfängerdiktator für die Abfassung des Entwurfs
für das verlorene echte Diplom tatsächlich das DH.II.95 – auch
gegenständlich – als Vorurkunde verwendet wurde, das sich schließlich
auch dadurch anbot, dass in ihm einige der in der Fodrum-Liste
genannten Besitzungen bestätigt worden waren; formal erlaubte es
ferner durch die Zweiteilung der Dispositio (zum Beginn des 2. Teiles
s. Z. ■:
Insuper concedendo confirmamus …), in deren zweiten Satz, unter Austausch gegen dessen ursprünglichen
Inhalt (s. Anm. e’), die Fodrum-Liste einzubauen; dabei wäre dem
Diktator das stilistische Versehen unterlaufen, neben der im ersten
Teil aus VU.I übernommenen Seelgerätformel (Z. ■), über den Text von
VU.I hinausgehend eine fast gleichlautende zweite Seelgerätformel einzufügen (Z. ■). – Der Aufmerksamkeit des
Kanzleinotars müsste allerdings die erwähnte Unmöglichkeit der
Dornburg-Nennung entgangen sein (aber detaillierte Kontrolle
vorgelegter Vorurkunden dürfte ohnedies die Ausnahme gewesen sein)!
Zum ursprünglichen Wortlaut müsste dann auch die wiederum über die
Petitionsformel der VU.I hinausgehende Nennung der
sapientes Mediolanenses (Z. ■) gehört haben. Dies steht zwar in Widerspruch zu dem Bericht
Donizos, dass die Mailänder als einzige dem König Huldigung und
finanzielle Unterstützung verweigert hatten (vgl. Meyer von Knonau
a.a.O. 131 Anm. 41); doch macht Ambrosioni
a.a.O. (in Anm. 33) darauf aufmerksam, dass diese offizielle Haltung
nicht die Einstellung der ganzen Stadtbevölkerung gespiegelt habe, und
verweist (a.a.O. 58 Anm. 21) als Beispiel für Anhänger Heinrichs V.
auf den Mailänder Otto Visconti, der nach dem Bericht der Chronik von
Montecassino lib. 4 c. 39 (MGH SS 34, 505) bei den römischen Kämpfen
vom 13. Febr. 1111 dem Kaiser durch Überlassung des eigenen Pferdes
das Leben rettete (vgl. Meyer von Knonau
a.a.O. 161f. u. 374f.), sowie auf kaiserfreundliche Gesinnung des
Abtes Wilhelm (a.a.O. 58 u. 63).
Wenn der Inhalt der VU.I von Anfang an zum echten Text gehört hatte,
kann das Fälschungsmotiv nur in den relativ geringen Eingriffen in den
VU.-Text gesucht werden: Die Erweiterung um
et castella (Z. ■) diente wohl lediglich der Angleichung an das
fotrum de castellis. Der entscheidende Eingriff war offensichtlich der Zusatz
districtis atque theloneariis (Z. ■), der wegen seiner Formulierung (theloneariis statt
theloneis) zweifellos von dem D. Ottos IV. von 1210 (vgl. obiges Zitat, mit
theleonariis) beeinflusst war, womit sich nochmals die Annahme der Entstehung des
Falsum nach 1210 bestätigt (s. oben): Ein
theloneum ist überhaupt erstmals im D. Friedrichs I. von 1185 und dort allein
als Zubehör von Basiano erwähnt. Und von
districtus ist erstmals im Privileg P. Gregors V. von 998 die Rede, wobei aber
unklar bleibt, ob der Begriff auf alle dort genannten Orte zu beziehen
ist (cum ecclesiis, oraculis, cortibus … districtis ad ipsam
respicientibus, scilicet Paxiliano, Monte …); innerhalb der Herrscherdiplome begegnet es wiederum erstmals bei
Barbarossa, und zwar außer für 3 Orte der auf VU.I zurückgehenden
curtes et castella-Liste (ohne Felizzano) noch für 4 Orte der Fodrum-Liste (Anziago,
Colonia, Oleoducto und Capiate); das, wie oben erwähnt, zu Anfang des 12. Jh. gefälschte
DKa.III.177 nennt allerdings den
districtus schon für dieselben Orte wie das Fridericianum (ohne Limonta; dafür
einen anderen Ort,
Uite alba, nennend, für den das Privileg P. Gregors V. von 998
Uilla Alba verzeichnet, nach Zimmermann
a.a.O. 3,1353 das dicht sö. Como gelegene Albate); und ein Hinweis
auf das Interesse an der
districtus-Pertinenz im 12. Jh. ist, dass in dem Hugo/Lothar-Diplom von 942 der
Begriff für die 3 dort genannten Orte (s. oben), der noch in der
ältesten Kopie aus dem 11. Jh. fehlt, erst als Interpolation in der
nächstjüngeren, aus dem Jahre 1322 stammenden Kopie enthalten ist (Schiaparelli
S. 192 Z. 23/24:
et cum tota districta omnium hominum in eisdem cortibus habitantium).
Das Interesse an diesen Fragen war es denn wohl auch, das den Fälscher
nach dem erwähnten, im Archiv von S. Ambrogio verwahrten DH.IV.330 für
Orona greifen ließ, in dem auch das
fodrum von einem
castrum und daneben u.a. (neben
herbergaria) auch jede
districtio verboten wurde; er hatte dieses Diplom offenbar sogar bei der
Herstellung der Fälschung vor sich liegen, was nicht nur die Übernahme
seines Monogramms (s. oben) erklärt, sondern vermutlich auch die
zweite Seelgerätformel (s. oben) in Verbindung mit dem
pro regni nostri augmento beeinflusste (vgl. dort Z. 8:
ad remedium animęnostrę ad provectumque nostri regni); und diese Vorlage war vermutlich auch die Ursache dafür, dass das
mille der Pönformel der VU.I durch
centum ersetzt wurde (s. Anm. a”), nachdem es nicht gerade zu den Anliegen
von Fälschern zählte, die Höhe von Strafen herabzusetzen. Der
Vollständigkeit halber sei noch auf den wohl auf den Fälscher
zurückzuführenden Ersatz des richtigen
reges (Hugo u. Lothar) der VU. durch
imperatores hingewiesen (s. Anm. w).
Dass an dem – nach obigen Ausführungen womöglich im wesentlichen
zuverlässigen(!) – Text des D. † 57 offenbar wiederholt manipuliert
wurde, zeigen die zwei unterschiedlichen (und falschen)
Alternativ-Bezeichnungen für
Mons: Das
Montem seu Ledegnanum in der
curtes et castella-Liste dürfte auf das Barbarossa-Diplom von 1185 zurückzuführen sein,
wo aufeinanderfolgen:
… item possessiones de Turigla cum ecclesia et tertia parte decime;
et quicquid iuris habet in villa de Ledegniano; curtem de Monte
cum duabus ecclesiis … Ob das
Monte seu Lemonte in der Fodrum-Liste auf das D. Ottos IV. zurückgeht, oder ob umgekehrt
Otto IV. dies schon in einer früher verfälschten Fassung des
verlorenen Heinricianum vorfand, bleibt unklar; jedenfalls sind
Mons und das am nördlichen Westufer des Lago di Lecco gelegene Limonta
(com. Oliveto Lario prov. Como), schon wegen ihrer verschiedenen
Herkunft (s. oben), nicht identisch; im Privileg P. Gregors V. von 998
stehen beide Orte auch getrennt voneinander,
Monte (nach Zimmermann
a.a.O. 3,1438 ein Ort w. Lodi) an 2. Stelle (s. oben),
Lemmonte an 6. Stelle.