Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde

Abbildungsverzeichnis der europäischen Kaiser- und Königsurkunden

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Heinrich bestätigt dem Kloster Pfäfers nach dem Vorbild der genannten früheren Herrscher den Königsschutz, die Immunität und das Recht der freien Abtwahl und sichert es vor Verlehnung und Übereignung.

Speyer – 1110 Mai 27.

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Original (ca. 69 b : 51 h) im Stiftsarchiv zu St. Gallen (A); Rückvermerk von ca. 1500: Privilegium Hainrici quinti Romanorum regis, ubi exemit bona et possessiones monasterii a cohercione omnium iudicum, eciam episcoporum.

Drucke: Tschudi, Chron. Helveticum ed. Iselin 1,48 Auszug; ed. Stadler-Stettler 1,176. – Aus A: Herrgott, Genealogia Habsburg. 2.1,130 no 192. – Eichhorn, Episcopatus Curiensis, Cod. prob. 44 no 38 Auszug. – Mohr, CD Cur-Rätiens 1,150 no 106 Auszug. – Meyer-Marthaler u. Perret, Bündner UB 1,178 no 231. – Perret, UB südl. St. Gallen 1,142 no 144.

Reg.: Georgisch, Reg. chronol.-dipl. 1,489 no 7. – Wegelin, Reg. Pfävers 6 no 31. – Hidber, Schweizer. Urk.-Register 1,438 no 1552. – Helbok, Reg. v. Vorarlberg 95 no 203. – Ehlers, Metropolis 277 no 42. – Böhmer Reg. 1994. – Stumpf Reg. 3038.

Als Wiederholung des DH.IV.194 von 1067 (= VU.), das seinerseits wörtlich das DH.III.56 von 1040 Juni 22 wiederholt hatte, verfasst und geschrieben von Notar Adalbert A, vgl. Hausmann, Reichskanzlei 64 no 17.

Innerhalb der Datierung sind aufgrund der mangelhaften Rechenkünste des Notars hier und, mit zeitweiser Ausnahme der Indiktion, auch in den folgenden Diplomen alle zusätzlichen Jahreskennzahlen falsch (s. Anm. 8–10): Die um 1 Einheit zu hohe 4. Indiktion korrigierte der Notar zwar gleich im nächsten von ihm stammenden D.54, um die dortige 3. Indiktion dann aber über den Jahreswechsel hinaus bis zu D.75 von 1111 Mai 19 unverändert, somit ab Beginn des Jahres 1111 wieder zu niedrig, beizubehalten; das 10. Ordinationsjahr ist deshalb um 2 Einheiten zu niedrig, weil er lediglich das – ebenfalls falsche – bis D.44 von 1109 August 1 verwendete 9. Ordinationsjahr schematisch um 1 Einheit erhöht hatte, um dann das falsche 10. Jahr auch in den folgenden Diplomen einzusetzen und es auch mit D.62 von 1111 Januar 19 unter Fortschreibung der alten Differenz lediglich auf 11 zu erhöhen; schließlich ist auch das noch in DD.54 und †57 verwendete, um 1 Einheit zu niedrige 4. Regierungsjahr anscheinend eine rein rechnerische Erhöhung des in D.44 von 1109 August 1 verwendeten falschen 3. Regierungsjahres, wohingegen er in dem vorangehenden D.43 von 1109 Juli 4 das richtige 4. Jahr eingesetzt hatte. Aus der Nachtragung des Handlungsortes Speyer (s. Anm. u’) muss übrigens geschlossen werden, dass die Ausfertigung am 27. Mai nicht mehr dort zustandekam, sondern erst während des anschließenden Wormser Aufenthaltes des Hofes (s. D.344).

Zu der eigenartigen Rekognition mit Angabe der archicancellatura der Maguntina ęcclesia vgl. Bresslau, Handb. 21,443 Anm. 4 und Hausmann a.a.O. 19f., der die Formulierung als absichtlichen Hinweis der Kanzlei – das heißt Adalberts – darauf erklärt, dass der Kanzler Adalbert, mehr als ein Jahr vor seiner am 15. August 1111 erfolgten Investitur in das vakante Erzbischofs- und damit das deutsche Erzkanzleramt, schon vor dem 27. Mai 1110, dem Datum unseres D., zum Erzbischof von Mainz gewählt worden war; mit D.54 kehrt der Notar wieder zurück zu der vorherigen einfachen Formulierung Albertus cancellarius recognovit (s. vorher zuletzt D.44).

Die in Heinrichs Diplomen hier erstmals anzutreffende – und für lange Zeit einmalige – Nennung seiner Braut Mathilde (mit der unpassenden Bezeichnung als coniux) ist vermutlich in erster Linie auf die offenbar gedankenlose (vgl. noch Anm. l) Übernahme der memoria-Formel der VU. zurückzuführen, in der dann zwangsläufig ihr Name an der Stelle des dortigen Berhthę (Heinrichs IV. Gemahlin) eingesetzt werden musste; immerhin könnte für den Notar, nachdem er schon die memoria-Formel aus der VU. so weit übernommen hatte und kaum noch tilgen konnte, ein Motiv für Mathildes Nennung die Tatsache gewesen sein, dass die am Osterfest (20. April) des Jahres 1110 erfolgte Verlobung erst wenige Wochen zurücklag. In der Folgezeit begegnet Mathilde in den Diplomen, jeweils als Intervenientin, erst wieder nach der Hochzeitsfeier vom 2. Januar 1114 (erstmals in D.119 von 1114 Januar 25: interventu dilecte coniugis nostre Mathildis regine. Göldel, Servitium regis 104, die den isolierten Charakter der Mathilde-Nennung in D.50 und vor allem die Abhängigkeit von der VU. nicht beachtete, möchte – in Zusammenhang mit ihrem Rettungsversuch (a.a.O. 103f.) für die Mathilde-Nennung in D.†88 (s. dortige Vorbemerkung) – das VU.-abhängige coniux mit “Braut” übersetzen, als hätte dafür nicht der geläufige Terminus sponsa zur Verfügung gestanden.

Übrigens ist die hier wie auch schon in VU. befremdliche Tatsache der Nennung einer lebenden Person in der memoria-Formel darauf zurückzuführen, dass die VU. eine entsprechende Formel ihrer eigenen Vorurkunde, des DH.III.56 von 1040, in der sie sich auf verstorbene Personen bezogen hatte (pro aeterna memoria patris [Konrad II., † 1039] coniugisque nostrę Chunigundis [Heinrichs III. 1. Gem. Gunhild, † 1038] simulque ob interventum dominę matris nostrę Gislae imperatricis) ungeschickt variiert hatte. D.50 fand fast wörtliche Erneuerung durch das DLo.III.5 von 1125 Dezember 28 (B.-Petke Reg. 108 = NU.I) sowie das DKo.III.20 von 1139 Mai 28 (= NU.II; seinerseits wiederholt in DF.I.204 von 1158 Februar 7), das ohne Berücksichtigung des Lothardiploms, das im Text auch nicht erwähnt wird (s. Anm. l), unmittelbar auf unser D. zurückgriff (vgl. die zahlreichen Abweichungen bei Anm. m–p, s, u, w–y, b’, d’, f’, i’, m’ und n’ in NU.I, wo NU.II jeweils mit D.50 übereinstimmt).

Zur Deutung der Wendung abbatia illius monasterii libera in dem zuerst im mehrfach erwähnten DH.III.56 von 1040 neu eingefügten – überdies auch wörtlich in das (unten als NU.III bezeichnete) Privileg P. Paschals II. von 1116 Jan. 29 (JL 6504; Druck: Pflugk-Harttung, Acta 1,111 no 127; s. dazu unten Anm. c’ und Vorbemerkung zu D.*128) eingegangenen – Satz Sit vero … in proprietatem donare (s. Anm. c’) vgl. Blume, Abbatia 80f. und Meyer, Fürsten und Staat 45. – Im Widerspruch zu der dort ausgesprochenen und über das DH.IV.194 in unser D. übernommenen Zusicherung der Unveräußerlichkeit hatte schon Heinrich IV. mit dem fast 30 Jahre nach seinem D.194 ausgestellten D.443 vom März 1095 die Fabariensis abbatia der bischöflichen Kirche zu Basel überlassen (iure perhempni ex integro concedimus), was Heinrich V., diesmal sogar in einem zeitlichen Abstand von weniger als 4 Jahren zu D.50, allerdings verbunden mit einem Tauschgeschäft, durch sein D.126 von 1114 März 10 bestätigte (collaudamus). Aber schon bevor das Kloster von Lothar III., an den sich das Kloster offenbar sofort nach seinem Regierungsanstritt gewandt hatte, mit DLo.III.5 die erneute Bestätigung seiner Freiheit erhielt, hatte noch im Jahre 1114, in unmittelbarem Anschluss an D.126, sowohl Heinrich V. selbst als auch, 1115/1116, P. Paschal II. die Übertragung an Basel rückgängig gemacht, vgl. D.*128.

(C.) In nomine sanctae et individuę trinitatis. Heinricus divina favente clmentia (!) quintus Romanorum rex. Si res ęcclesiis dei pertinentes auctoritatis nostrę potentia stabilimus earumque commoda in omnibus providę perpensamus, in hac et in ęterna vita premia nobis permansura speramus. Quapropter omnium Christi nostrique fidelium tam futurorum quam presentium noverit industria, qualiter fidelis noster Geroldvs abbas venerabilis Fabariensis monasterii, quod est constructum in honore sanctę dei genitricis Marię, situm in pago Retia Cvriensi, in comitatu Rodvlfi, cum monachis sibi subiectis celsitudinis nostrę clementiam adiit humiliter postulans et obsecrans, ut eosdem monachos atque res predicti monasterii propter quorumdam hominum perversorum tergiversationes in nostrum mundiburdium et tuitionem susciperemus atque illorum precepta ac privilegia, quę ab antecessoribus nostris regibus vel imperatoribus acceperunt, nostrę auctoritatis munimine renovando confirmaremus electionemque illis concederemus. Insuper etiam ostendit nobis precepta ac privilegia antecessorum nostrorum regum vel imperatorum, Karoli, Lvdowici, trium Ottonvm, Heinrici secundi, Cvonradi necnon et beatę memorię Heinrici patris nostri imperatoris augusti, in quibus continebatur, ut prefati monachi regię vel imperialis defensionem tuitionis super res ad idem monasterium pertinentes habere debuissent. Quorum nos petitioni pro ęterna memoria patris coniugisque nostrę Mathilde ipsos monachos et res ad prefatum monasterium pertinentes per hoc regale preceptum in nostrum mundiburdium et tuitionem suscepimus, eo quoque tenore, ut nullus publicus iudex, dux, comes vel episcopus aut quilibet iudiciaria potestate constitutus aliquam super eos in rebus vel in familiis eorum exerceat potestatem intus vel foris, sed eiusdem monasterii abbas prenominatus eiusque successores ad monachorum usus necessarios potestative teneant atque possideant. Sit vero abbatia illius monasterii libera et ab omni extranea et iniqua potestate secura, nec alicui successorum nostrorum regum vel imperatorum liceat eum (!) vel res suas alteri monasterio aut personę inbeneficiare aut in proprietatem donare. Concessimus namque eis electionem et potestatem firmissimam, quemcumque inter eos abbatem voluerint eligere, quatinus eos pro nobis libentius deum delectet exorare. Et ut hęc presentis auctoritas precepti firmior stabiliorque nostris fidelibus credatur, hanc cartam inscribi et sigilli nostri impressione sigillari iussimus propriaque manu subtus firmavimus.

Signum domni Heinrici quinti Romanorum regis invictissimi. (M.6.)

Albertus cancellarius vice Maguntine ęcclesię, que nunc archicancellaturam optinet, recognovit. (SI.2.)

Data VI. kl. iunii, indictione IIII, anno dominice incarnationis millesimo CX, regnante Heinrico quinto rege Romanorum anno IIII, ordinationis eius X; actum est Spire; in Christo feliciter amen.