Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde
<<49.>>

Heinrich restituiert dem Kloster Stablo aufgrund eines von Abt Poppo (II.) erwirkten Hofgerichtsurteils und in Erneuerung eines in Lüttich ergangenen und von Abt Folkmar erwirkten Hofgerichtsurteils seines Vaters, Ks. Heinrichs (IV.), das Dorf Villip, das sich Werner von Kerpen gewaltsam angeeignet hatte, nachdem Heinrich IV. unter der Vormundschaftsregierung EB. Annos von Köln auf dessen Verlangen hin die seit ihrer Gründung unter der Leitung eines Abtes vereinigten Klöster Stablo und Malmedy getrennt und den Kölner Erzbischöfen die Investitur des Abtes des in ihrer Diözese gelegenen Klosters Malmedy zugestanden hatte, woraufhin dessen Abt (Tegeno), nach dessen Einsetzung zwischen beiden Klöstern Zwistigkeiten ausbrachen, das dem Kloster Stablo gehörige Villip zu Lehen vergeben hatte, wogegen Heinrich IV. nach Erlangung seiner Volljährigkeit die beiden Klöster wieder vereinigt und durch das erwähnte Hofgerichtsurteil zugunsten des Abtes Folkmar das Kloster wieder in den Besitz eingesetzt hatte, der ihm aber schließlich während der Parteiungen zwischen Heinrich IV. und Heinrich V. wieder entrissen worden war.

Köln, 1110 (etwa Mitte April).

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Chartular von Stablo aus dem Anfang des 13. Jh., Abbaye de Stavelot no 316 f. 59v–60r no 121 im Staatsarchiv zu Lüttich (B). – Chartular aus dem Ende des 15. Jh., Abbaye de Stavelot no 317 f. 89v–90v ebenda (C).

Drucke: Aus B: Lünig, Reichsarchiv 18a, 788 no 10. – Aus C oder davon abhängiger Abschrift: Martene-Durand, Ampl. coll. 2,82. – Aus BC und weiteren Kopien: Halkin-Roland, Recueil des chartes de Stavelot-Malmedy 1,282 no 139 zu 1110 [April].

Reg.: Georgisch, Reg. chronol.-dipl. 1,490 no 18. – Wauters, Table chronol. 2,47. – Diestelkamp-Rotter, Urk.-Regesten 1,120 no 170 zu 1110 (April). – Böhmer Reg. 1993. – Stumpf Reg. 3037 zu 1110 (April) (vgl. Zusätze Fickers S. 538: “ob echt?”).

Der Text, dessen eigenartiges Eschatokoll (ohne Signumzeile) wohl kaum erst auf Veränderungen der Kopisten zurückzuführen ist, beruht auf einem von Notar Adalbert A überarbeiteten Empfängerentwurf. – Zu letzterem gehörten zunächst jedenfalls das Protokoll und die Datumzeile, beide in kanzleifremder Formulierung, wofür sich der Verfasser auf zwei Vorurkunden gestützt hatte: Die Intitulatio schöpfte er aus dem echten DH.IV.408 von 1089 Nov. 22 (= VU.I; zu dessen Benützung vgl. Oppermann, Rhein. Urk.-Studien 1,207; von Zatschek in MÖIG Erg.-Bd. 10,265 zu Unrecht in Frage gestellt), das im Kontext nur geringfügig herangezogen wurde (vgl. bei Anm. v, w, c’ und d’); die singuläre Devotionsformel divina gratia ist lediglich eine Abwandlung des dei gratia der dortigen (verkürzten, s. Anm. d) Intitulatio (s. Anm. c; man wird ausschließen können, dass das div. fav. gratia in DDL.D.147 u. 154 bzw. div. inspirante gratia in DH.I.40 Einfluss genommen hat), und nur sklavische Abhängigkeit von VU.I. erklärt die für Heinrich V. verfrühte Verwendung des imperator-Titels, was dann auch im Kontext (Z. ■) mit imperialis clementia nochmals aufgegriffen ist (vgl. auch das weniger gewichtige toto imperio von Z. ■).

Für die Inskriptio (s. dazu schon Oppermann a.a.O. 206, Helleiner in MÖIG 44,28) und die Datumzeile muss eine Papsturkunde das Vorbild geliefert haben, wofür nur ein Privileg P. Leos IX. in Frage kommt, unter dem vereinzelt erste Nennungen des Ausstellortes in der Datierung begegnen (vgl. Zatschek a.a.O.), und konkretes Vorbild war nicht das für den Abt von Stablo ausgestellte Privileg von 1049 Sept. 3 (JL 4172; Halkin-Roland a.a.O. 227 no 110; ohne Ortsnamen und Inkarnationsjahr; die Fälschung gleichen Datums, JL 4171, Halkin-Roland a.a.O. 229 no 111, nennt den Ortsnamen), sondern das wenig jüngere, für den thesaurarius/edituus Geldulfus ausgestellte Privileg von 1049 Okt. 5 (JL 4180; Halkin-Roland a.a.O. 232 no 112 = VU.II). Wieweit sich Empfängerdiktator und Kanzleinotar in die Abfassung/Überarbeitung des Kontextes teilten, lässt sich nicht zur Gänze und mit absoluter Sicherheit entscheiden. Während die Korroboratio am ehesten zum Empfängerentwurf gehört haben dürfte, stammt mit Sicherheit die Arenga von Adalbert A; dies beweist neben dem ganzen Tenor die Verwendung des in älteren Diplomen selten, häufiger erst unter Barbarossa anzutreffenden (vgl. Verweise bei Hausmann-Gawlik 684 s.v. domesticus) Paulus-Zitats aus Gal. 6,10 (s. Anm. 1), das Adalbert A schon in seinem ältesten erhaltenen Original, D.9 von 1106 Okt. 17, herangezogen hatte; Zatschek a.a.O. 266 verwies zudem auf die ähnlich formulierte Gebetsverpflichtung in dem von Adalbert A verfaßten D.72 von 1111 Mai 2 (ut ipsi orent assidue pro nostra salute et pro imperii nostri stabilitate); die von ihm außerdem beigebrachten Parallelen für status regni bzw. imperii besagen nichts für das Diktat des Notars, da es sich bei DD.36 und 47 um Empfängerausfertigungen handelt, die außerdem an den betreffenden Stellen von Vorurkunden abhängig sind, und bei D.†88 um eine Fälschung des Abtes Berengoz von St. Maximin.

Das Grundgerüst der breiten Schilderung der Vorgänge und ihrer rund ein halbes Jahrhundert, in die Zeit nach dem Tode Heinrichs III. († 1056 Okt. 5; s. Anm. 4) zurückreichenden Vorgeschichte (vgl. deren Referat bei Meyer von Knonau, Jahrb. 1,287f. mit Anm. 100, 462 mit Anm. 125 und 5,181 Anm. 15, 6,119f. mit Anm. 14) geht sicher auf den Empfängerentwurf zurück, zu dem u.a. zweifellos die Charakterisierung des in Malmedy eingesetzten Abtes (Tegeno; vgl. Triumphus s. Remacli lib. 1 c. 10, MGH SS 11,442; für die von Oppermann a.a.O. 207 behauptete inhaltliche Abhängigkeit von dem zeitgenössischen Bericht des Triumphus über die von mirakulösen Ereignissen begleiteten Auseinandersetzungen mit EB. Anno in den Jahren 1065–68 u. 1071 [vgl. dazu das umfangreiche Kapitel “Die Affäre Malmedy” bei Jenal, EB. Anno II. von Köln 1,56ff.] bestehen im übrigen keine konkreten Anhaltspunkte) als intrusus et adulterinus (Z. ■) gehörte, wohl auch schon, wegen der Verwendung des Begriffes imperialis (s. oben), die von Oppermann der Kanzlei zugesprochene (s. unten) Publikatio; möglicherweise waren auch dort schon – ganz bewusst – die Anspielungen auf Heinrichs V. unmittelbare Kenntnis einzelner Vorgänge enthalten (vgl. bes. Z. ■: nos ipsi … audivimus; s.a. Z. ■ mit nobis … iam adultis). Einige allerpersönlichste Äußerungen Heinrichs in diesen Partien, z.B. das Attribut suavissime memorie für Heinrich III. (Z. ■), wird man hingegen wieder der Überarbeitung des Notars zurechnen müssen.

Während wiederum die gezielten Hinweise auf die übergreifenden Auswirkungen des Konflikts schon im Entwurf gestanden haben mögen (z.B. Z. ■ cum totius regni scandalo, Z. ■ iure regni confuso und evtl. sogar das vorangehende factis in regno partibus … pro nobis … pro patre …), gehörte die Formulierung der Schluss-Entscheidung Qua tempestate … sicher erst zur Endredaktion des Notars, was erst recht für die abschließende Nachricht über die Beauftragung Ludwigs von Hammerstein gilt (auf dessen Burg hatte Heinrich im Januar des Jahres 1110 den Böhmenherzog Boriwoi und Wiprecht d. J. von Groitzsch inhaftiert, s. Meyer von Knonau a.a.O. 6,112f.).

Bei den offenbaren, wenn auch in ihrem Umfang nicht klar erkennbaren Eingriffen des Notars muss es verwundern, dass er das kanzleiwidrige Protokoll und die kanzleifremde Datierung unbeanstandet passieren ließ; immerhin entspricht die Art der Nennung des Kanzlers Adalbert der seit dem D.44 von 1109 Aug. 1 konstant vereinfachten Formulierung der Rekognitionszeile mit Albertus cancellarius recognovit (vgl. dortige Vorbemerkung). – Aus dem Gesamtbild von Protokoll und Eschatokoll ergibt sich sodann der wohl sichere Schluss, dass die Reinschrift des überarbeiteten, wahrscheinlich schon nach Köln mitgebrachten Entwurfs nicht von Adalbert A stammte, sondern dem Empfänger überlassen worden war.

Weniger weitgehend als in seinem Zusatz zu Stumpf (s. oben) hatte Ficker, Beitr. 2,222 für D.49, in dem ihm die Data … per manus-Formel und der Kaisertitel “höchst bedenklich” erschienen, trotz der “ungewöhnlichen Formen” für den Fall, dass es sich um eine Empfängerausfertigung handle, Echtheit nicht absprechen wollen. – Erst Oppermann a.a.O. 204ff. beschäftigte sich eingehender mit D.49: Einerseits nahm er (a.a.O. 207) als Vorlage ein echtes D. Heinrichs V. an, dem u.a. neben der Publikatio (s. oben) ausgerechnet “das Eschatokoll” entstammt habe, verwarf aber das D. in seiner vorliegenden Gestalt als Ganzes als spätere Fälschung, weil er der irrigen Auffassung war, es sei nebst einigen weiteren Fälschungen das Produkt des 1110 erst 12 Jahre alten Stabloer Mönches Wibald (*1098; seit 1130 Abt von Stablo und Malmedy; zu ihm vgl. Hausmann, Reichskanzlei 167ff., zu seiner Vita 180ff.), der nach ihm erst seit dem Jahre 1128 mit einer seiner Vermutung nach von diesem verfassten (s. dazu Zatschek a.a.O. 267 Anm. 2) Urkunde EB. Friedrichs von Köln (Halkin-Roland a.a.O. 297 no 147) als seinem ersten Produkt für sein Kloster tätig war (a.a.O. 205) – Hausmann a.a.O. 182 (s.a. 173 no 89) lässt seine Tätigkeit bereits mit einer Urkunde von 1124 (Halkin-Roland a.a.O. 289 no 143) beginnen –, gehöre daher in die Zeit zwischen 1128 und 1131, in welchem Jahr das D.49 dem DLo.III.35 zur Bestätigung vorgelegen habe (vgl. weiter unten). – An seinem Fälschungsverdikt hielt Oppermann auch noch im Jahre 1929 in Der fränk. Staatsgedanke 110 fest (ebenso noch Rotthof, Reichsgut 126 Anm. 748), obwohl 1 Jahr zuvor Zatschek a.a.O. 263ff. (s.a. Ders. in MÖIG 44,362) ausführlich die Echtheit des D.49 als Empfängerausfertigung (Beteiligung des Kanzleinotars ist ihm entgangen) dargetan und jede von Oppermann behauptete Verwandtschaft mit dem Diktat Wibalds widerlegt hatte, vgl. ebenso Hausmann a.a.O. 175 und Wehlt, Reichsabtei 225.

Das DLo.III.35 von 1131 April 13 (B.-Petke Reg. 273 = NU.), das primär eine umfassende Bestätigung der herkömmlichen Rechte des Klosters mit ausführlicher Regelung der Abtwahl und der Vogteirechte enthält, bietet gegen Ende (S. 59 Z. 27–33) knappe Bestätigungen einiger Urkunden Heinrichs V. (zu Deperdita vgl. D.*328; s. dort auch zu Werner von Kerpen), darunter als letztes, unter ausdrücklicher Berufung auf D.49 (S. 59 Z. 32: iuxta privilegium eiusdem imperatoris; s. Oppermann a.a.O. 207), in gebotener Kürze auch die Restitution von Villip (s. Anm. r u. t).

Insbesondere aber ist dort (ebenso in der Wiederholung durch DLo.III.93 von 1136 Aug. 17 = B.-Petke Reg. 498) die nur geringfügig variierte (s. Anm. b, c, f, k–q) Arenga des D.49 übernommen. Da durch die NU. nicht nur, zumindest partiell, das Vorliegen des Textes in seiner überlieferten Gestalt, sondern vor allem der dispositive Kern, die Restitution von Villip, gesichert ist, kann an der Echtheit des D.49 trotz seiner befremdlichen Gestalt nicht gezweifelt werden; an der durch die NU. nicht abgedeckten Richtigkeit der in der Narratio enthaltenen Fakten, bei denen fälschende Eingriffe keinen Sinn ergeben hätten, sind dann ebenfalls keine Zweifel gerechtfertigt.

Damit erledigt sich von selbst ein Teil des von Oppermann a.a.O. 207 geäußerten Verdachts, der die Restitution von Villip als “den Gegenstand der Fälschung St. 3037” wertete. Zu beachten ist auch, dass DKo.III.5 von 1138 April 11, das neben dem DLo.III.119 von 1137 Sept. 22 (= B.-Petke Reg. 634) auch die DDLo.III.35 u. 93 als Vorlagen verwendete, nochmals – ohne Bezug auf die Lothar-Diplome DD.35 u. 93, sondern anscheinend in direktem Rückgriff auf unser D.49 – die Restitution von Villip erneuerte (S. 11 Z. 10–12): Villam quoque Uilippam, temporę avunculi nostri pię recordationis imperatoris Heinrici iniuste ablatam, supradicto monasterio reddimus; Villip wird zwar in dem wenig jüngeren DKo.III.40 von 1140 Febr. 9 nicht wieder erwähnt, aber in wörtlicher Entlehung aus DKo.III.5 (unter Weglassung des dortigen avunculi nostri) begegnet der Passus nochmals in Barbarossas erstem Diplom, DF.I.1 von 1152 März 9 (S. 3 Z.13f.).

Einen weiteren Fälschungsgrund sah Oppermann in dem Passus nos ipsos proprium et singularem advocatum ipsius ville Vilippe esse probatum est (Z. ■) und erklärte, der Fälscher vertrete damit “denselben Standpunkt wie das unechte Privileg [P. Leos IX.] HR 111 [= Halkin-Roland a.a.O. 229 no 111; zu diesem s. oben], wo betont ist, dass der Klostervogt den Bann vom Kaiser haben müsse”. Abgesehen davon, dass Oppermann den Inhalt (a.a.O. 231 Z. 3–5: Nullum habeant advocatum nisi unum et alterum ab ipso, qui uterque bannum advocatię ab imperatore accipiat, s. dazu Zatschek a.a.O. 267f.; vgl. die Variation in DLo.III.35 S. 59 Z. 16–18 [Übereinstimmungen in Petit]: Statuimus etiam, ut unum tantum advocatum habeant, qui si secundum a se instituere voluerit, bannum a nobis accipere debebit) unvollständig wiedergibt, hätte der Passus nicht die königliche Bannleihe konterkariert, sondern allenfalls das Recht des Hauptvogtes, selbst einen Untervogt (alterum ab ipso/secundum a se) einzusetzen.

Angesichts der langjährigen Gravamina um das für Stablo offensichtlich wichtige Villip fand Heinrich mit der einzigartigen, aber gerade deswegen unverdächtigen Bestimmung die – von den Fürsten anerkannte (probatum) – souveräne Lösung, selbst unmittelbar den vogteilichen Schutz zu übernehmen; ob als ständige Regelung oder als probates momentanes Mittel, bleibt offen; später ist davon nirgendwo mehr die Rede, und die Frage erledigte sich ohnedies damit, dass sich Abt Wibald mit dem DF.I.44 von 1153 Jan. 10 selbst die Obervogtei von Stablo (S. 74 Z. 29f.: eam partem advocatię eiusdem cenobii, quam quondam comes Heinricus de Rupe [Laroche] tenebat) verleihen ließ. – Völlig verfehlt ist übrigens die Deutung des Passus bei Linck, Sozialer Wandel 78, Heinrich habe sich als “Lokalvogt” etabliert.

An dem kasuistischen Charakter der 1110 gefundenen, offensichtlich der festen Sicherung des Besitzes von Villip dienenden Lösung der Vogteifrage scheitert schließlich auch Oppermanns Fehlinterpretation des D.49 (a.a.O. 208), dort sei wie in anderen angegebenen Urkunden “stark betont, dass die Vogtei über Stablo dem Reiche und nur ihm zustehe”, und die daraus gezogene Folgerung: “Das richtet sich gegen die lothringische Herzogsgewalt Gottfrieds von Löwen (†1142)” (= Gottfried VII. von Niederlothringen, II. von Brabant).

Zu der komplexen Frage der nur zeitweisen direkten Zugehörigkeit der Stabloer Obervogtei zum Herzogsamt Niederlothringen und deren Übergang als erbliches Lehen an die Grafen von Namur unter Graf Adalbert III. († 1102) vgl. zuletzt Werner in Die Salier u. das Reich 1,412f. mit Anm. 263 (vorher Wehlt a.a.O. 229f., Linck a.a.O. 75 und Pettt in Publ. de la sect. hist. de l’Inst. de Luxembourg 98,129ff., bes. 142ff.); im Jahre 1110 besaß sie Adalberts III. jüngerer Sohn und Begründer der Nebenlinie Laroche, Graf Heinrich I. von Laroche, seit 1124, noch zu dessen Lebzeiten, seine beiden Söhne Gottfried und Heinrich II. (vgl. Rousseau, Actes des comtes de Namur CXXIXff; zu Heinrich II. vgl. oben das DF.I.44). – Oppermann bezog seine Deutung zwar auf den Zeitpunkt der Entstehung der vermeintlichen Fälschung (nach ihm 1128–31), aber auch für 1110/April ist eine Frontstellung gegen den Niederlothringer unwahrscheinlich, weil es gerade im März des Jahres, auf Verwendung Mathildes hin, in Lüttich (s. unten) zu einer Aussöhnung mit dem von Heinrich eingesetzten Hz. Gottfried (VI., I. von Brabant, 1106–39) gekommen war.

Weil Stüllein, Itinerar 45 Anm. 5 sich Oppermanns Verdikt des D.49 als Fälschung anschloss, ließ er es als Beleg für den Kölner Aufenthalt im April ganz außer acht, zugleich damit auch die unbezweifelbare dortige curia, der doch wegen der Bemerkung agente nobiscum toto imperio besondere Bedeutung zugekommen sein muss: Im Anschluss an die Erwähnung des Tages von Regensburg im Januar/Februar 1110, auf dem Heinrich nach Ekkehard (rec. III, ed. Schmale-Ott 252 Z. 20ff.; s. Meyer von Knonau a.a.O. 114 mit Anm. 2 u. 4; Stüllein a.a.O. 44 Anm. 4) von den dort versammelten (wohl bayerischen u. süddeutschen) Fürsten die eidliche Zusage zur Teilnahme an dem geplanten Romzug erhalten hatte, ist berichtet (a.a.O. 252 Z. 30 – 254 Z. 2): … rex alacer de huiusmodi expeditione per singulas Germanię provincias instanter tractare non cessat … (254 Z. 4) datis ubique inestimabilis pecunię stipendiis.

Ausdrücklich wissen wir nur von einer vergleichbaren Tagung in einer provincia, die am 10. April (Ostern) in Utrecht für die westlichen Reichsteile stattfand, sicher ausgelöst dadurch, dass im März in Lüttich, wo Heinrich seine Braut Mathilde empfangen hatte, die vorbereitende Gesandtschaft nach Rom, der auch EB. Friedrich von Köln angehört hatte (s. Knipping, Kölner Reg. 2,10 no 66 u. 67), an den Hof zurückgekehrt war (s. Meyer von Knonau a.a.O. 115ff., Stüllein a.a.O. 45 mit Anm. 6); über den Utrechter Tag vom 10. April heißt es in den Ann. Patherbrunn. (ed. Scheffer-Boichorst 122; s. Meyer von Knonau a.a.O. 119 Anm. 13): Expeditio in Italiam ab universis occidentis principibus Traiecti collaudatur; da dieser Utrechter Aufenthalt aber auch durch die Verlobungsfeier beansprucht gewesen war (s. Meyer von Knonau a.a.O. 119, Stüllein a.a.O. 45f. mit Anm. 8), liegt nichts näher als die Annahme, dass anschließend, etwa Mitte April und sich evtl. noch in die zweite Monatshälfte hinziehend, bevor Heinrich an den Mittelrhein zog, in Köln auf einem Reichstag die in Utrecht begonnenen Beratungen fortgeführt wurden und man hier vermutlich auch die Zusage der norddeutschen und sächsischen Fürsten einholte.

Zum Stabloer Besitz von Villip (ca. 10 km s. Bonn, im Drachenfelser Land) vgl. Corsten in Bonner Gesch.- Bl. 24,38ff. und van Rey in Ann. Niederrhein 186,38ff.

In nomine sancte et individue trinitatis. Heinricus divina gratia Romanorum imperator augustus Poppon[i] Stabulensis ecclesie abbati cunctisque eius successoribus. Cum universis Christi Iesu ecclesiis imperialis providentie cura deesse non debeat, tamen secundum apostolicam institutionem, qua domesticis fidei maxime iubemur bonum impendere, eis ecclesiis auxilii nostri suffragium impensius exibere debemus, que sub nostre provisionis tuitione consistunt et pro nostro et totius imperii statu speciali quodam studio orare non desinunt. Noverit itaque tam presentium quam omnis posteritatis nostre sollertia, quod Poppo Stabulensis ecclesie abbas imperialem nostram clementiam frequenti querimonia sollicitavit, eo quod villam unam Wilippe ad prebendam Stabulensium fratrum pertinentem Warnerus de Kerpene violenter invaderet. Cuius rei proclamationem, quam nos ipsi temporibus progenitoris nostri per abbatem Folcmarum in curia Leodii ventilari audivimus, quid a domino patre nostro responsum diffinitumve sit, integra veritate subterminabimus. Defuncto suavissime memorie avo nostro imperatore Heinrico pupillus pater noster cum totius regni amministratione in tutelam domni Annonis Coloniensis archiepiscopi commendatus est, qui utpote a parvulo facile impetravit, ut Stabulensem et Malmundariensem ecclesiam, que a principio constructionis sue sub unius abbatis regimine fuerunt, disiungeret, Malmundariensis ecclesie prelatum Coloniensibus archiepiscopis investiendum inviolabili decreto sanciret. Que res hoc solum rationis habere videbatur, quod ecclesiarum altera, idest Malmundariensis, intra terminum diocesis sue inveniebatur, altera vero Leodiensis episcopatus fines limitabat. Posito itaque Malmundarii abbate cepit utraque ecclesia cum totius regni scandalo pro sue partis firmamento vehementer agere, utrobique perturbatis et multis distractis rebus ecclesie. Ita factum est, ut Vilippe, que in episcopatu Coloniensi erat ad ecclesiam Stabulensem pertinens, ab illo intruso et adulterino Malmundariensi abbate in benefitium daretur. Quod discidium cotidianis incrementis validius eo usque progressum est, ut et patris nostri etas maturior et apertissima miracula, que per beatum Remaclum ius suum reposcentem in oculis totius imperii divina maiestas operata est, placato domno Annone archiepiscopo in antiquum statum ecclesias revocarent. Nec longe post nobis, ut predictum est, iam adultis fratres cum abbate suo Fulmaro de villa Vilippe proclamantes iuditio totius curie eam receperunt, ut, quam sine ulla infirmatione legitime possederunt, donec – factis in regno partibus, et quibusdam pro nobis agentibus, pro patre nostro quibusdam – iure regni confuso rursus per vim prenominata possessione privarentur. Qua tempestate per dei misericordiam sedata et agente nobiscum toto imperio habita Colonie curia spoliati fratres rursus proclamabant et, quia nos ipsos proprium et singularem advocatum ipsius ville Vilippe esse probatum est, iuxta formam iuditii a patre nostro promulgati redintegr[at]o iuditio universorum principum fratres in predium suum per legatum nostrum Lvdouuicum de Hamrestein introduximus. Et ne qua[m]quam deinceps inquietudinem pro iure suo patiantur, rei geste ordinem testamento nostro comprehendimus et ad perpetuam firmitatem sigillo nostro insigniri mandavimus.

Data Colonie anno ab incarnatione domini MoCoXo, indictione IIIa, per manum Alberti cancellarii.