Original (ca. 37,5/38 b : 35,5 h) im Staatsarchiv zu Marburg (A.)
Drucke aus A: Wenck, Hess. Landesgesch. 3, UB 64 no
64 = Heinemann, CD Anhalt. 1,139 no
173 Auszug. – Schmidt, UB d. Hochst. Halberstadt 1,94 no
132. – Posse, CD Sax. regiae 1.2,21 no
24 Auszug, alle zu 1107–1109.
Reg.: Schultes, Dir. dipl. 1,222 no
13. – Worbs, Inv. dipl. Lusat. inf. 1,23 no
58, beide zu 1107–1109. – Raumer, Reg. Brandenburg. 1,126 no
699 zu um 1107. – Erhard, Reg. Westf. 1,218 no
1354. – Meiller, Salzburger Reg. 2 no
6*. – Reitzenstein, Reg. Orlamuende 23. – Böhmer-Will, Mainzer Reg. 1,242 no
97. – Ficker
in Wilmans. Add. z. Westf. UB 91 no
116/12. – Goerz, Mittelrhein. Reg. 2,611 no
2201. – Gradl, Mon. Egrana 1,9 no
20. – Janicke, UB d. Hochst. Hildesheim 1,148 no
161, alle zu 1107–1109. – Dobenecker, Reg. Thur. 1,220 no
1040. – Rosenfeld, UB d. Hochst. Naumburg 92 no
107, beide zu 1108 Ende Mai. – Stimming, Mainzer UB 1,349 no
442 zu 1107–1109. – Heidingsfelder, Eichstätter Reg. 95 no
288 zu 1108 Ende Mai. – Vogt, Herzogtum Lothars 150 no
8. – Schlesinger
in Dt. Königspfalzen 1,178, beide zu 1108 Mai 30. – Diestelkamp-Rotter, Urk.-Reg. 119 no
169 zu 1108 Ende Mai. – B.-Petke
Reg. 11 zu 1108 Mai 30. – Stumpf
Reg. 3213 (zu 1107 Mai – 1109 April) = 3029a (zu 1108 Ende Mai).
Schrift und Diktat stammen von Empfängerseite, was für das Diktat
schon in der Vorbemerkung zu DKar. † 229 festgestellt ist, wohingegen Hölk, Zehnten und Zehntkämpfe 17ff. beides der Kanzlei zusprechen wollte.
Für den Text wurden in jeweils geringem Umfang und in sehr
ungeschickter Weise mehrere Diplome des Klosterarchivs verwendet (vgl. Hölk
a.a.O): Von den beiden im Text genannten Stücken (s. Anm. 1/2) ist
allein das offensichtlich erst kurz zuvor und für die Erwirkung von
D.36 gefälschte Diplom Karls des Großen von angeblich 777, DKar. † 229
(= VU.II), benützt, und zwar außer für die Arenga (zum dortigen
status regni vgl. Koch, Sacrum Imperium 143 mit Anm. 260) nur für die kanzleiwidrige
Erweiterung der Intitulatio (vgl. dazu Ficker, Beitr. 1,326; Bresslau, Handb. 22,298; Erben, Urk.-Lehre 310 Anm. 2; Koch
a.a.O. 103; Merta
in Intitulatio III,197 mit Anm. 164; Wolf
in AfD 35,227). Statt dann für die in die Petitio eingebauten
konkreten Sachangaben ebenfalls dieses Falsum heranzuziehen, griff man
zunächst nach dem DH.IV.217 von 1069 (Wiederholung des DH.III.63) (=
VU.I), das aber nur die über Otto I. auf Karl den Großen
zurückgeführte Exemtion usw. bestätigte.
Das verlorene Original dieses nur durch Wencks Druck bekannten DH.IV.217 hat aber noch weitergehende Verwendung
gefunden: Es diente einerseits für den Formularrahmen, indem die nicht
dem Kanzleistil entsprechenden Formulierungen der Intitulatio und der
Signumzeile (einschließlich des dortigen Monogramms Heinrichs IV., s.
Anm. 3) von dort übernommen wurden. Andererseits hat es dem Schreiber
offenbar auch das graphische Vorbild für die Schrift der ganzen
Urkunde geliefert; einzelne Merkmale, z.B. die Gestaltung der Elongata
der ersten Zeile (einschließlich des Chrismon; zu
rex s. Anm. a) und der Unterfertigungszeilen, im Text das Aussehen des
dipl. Kürzungszeichens und die Unterlänge des
g, lassen den sicheren Schluss zu, dass das Original des DH.IV.217 von
dem einzigen unter dem Kanzler Pibo tätigen Notar Pibo A geschrieben
war, von dem alle Urkunden von Mai bis Oktober 1068 (DDH.IV.203, 204,
207–213; zu DH.IV.203 vgl. D.35) stammen und der von Pibo
wahrscheinlich bis zum Ende seiner Kanzlerschaft (Rekognoszent bis
DH.IV.219 von 1069 August 15) beschäftigt wurde (zu D.217 vgl.
Einleitung zu DDH.IV. S. XXXV).
Das im Text angesprochene D.215 Ottos I. fand überhaupt keine
Verwendung, stattdessen benützte der Verfasser für die
Objektbezeichnung das als Vorlage denkbar ungeeignete DO.II.191 von
979 (= VU.III; allerdings ist die Ortsnamenschreibung in zwei Fällen,
s. Anm. m und q, eher von VU.I beeinflußt), mit dem Otto II. die
genannten Kapellen und Zehnten, die er durch Tausch von Hersfeld
erworben hatte, dem Kloster Memleben schenkte (mit DH.II.330 von 1015
wurde der Tausch rückgängig gemacht, gleichzeitig wurde Memleben mit D.331 an Hersfeld geschenkt).
Den kompositorischen Schwächen, zu denen auch die zweifache Publikatio
zu rechnen ist, entspricht das unzulängliche äußere Erscheinungsbild:
Zunächst war, in einem Zug geschrieben, nur der Kontext bis
servientes (s. Anm. x) und, in angemessenem Abstand von etwa 3 cm, die aus VU.I
entnommene Signumzeile mit dem in der Mittelachse plazierten Monogramm
zu Pergament gebracht worden; da sich der Schreiber für die
Formulierung der Rekognitionszeile nicht auf seine Vorlagen stützen
konnte, hat er deren kanzleigemäße Fassung (s. DD.21, † 31, 35, † 40)
erst bei dem Notar erfragen müssen, weshalb sie mit anderer Tinte und
erstaunlicherweise auch größerer Schrift als die “ranghöhere”
Signumzeile nachgetragen ist (s. Anm. c’); eine Datierung, für die
ausreichend Platz vorhanden gewesen wäre (ca. 4 cm Abstand zwischen
Rekognitionszeile und unterem Blattrand), fehlt aus unerfindlichen
Gründen überhaupt, desgleichen eine Korroboratio.
Trotzdem erfuhr das mangelhafte, daher früher für unecht gehaltene
(vgl. z.B. Bernhardi, Jahrb. Lothars 557 Anm. 28) Produkt seine Anerkennung durch die
Kanzlei, die anscheinend keine Bedenken trug, dem Stück durch die
Anbringung des einwandfrei befestigten Siegels Gültigkeit zu
verleihen. – Ob der von anderer Hand in den Raum zwischen Kontext und
Signumzeile eingezwängte etwa zweizeilige Zusatz (s. Anm. x) vor der
Besiegelung erfolgte, also durch die Kanzlei sanktioniert wurde, oder
erst etwas später, lässt sich nicht sicher entscheiden; er war
jedenfalls schon vorhanden, als Heinrichs D.99 von 1112 (= NU.)
ausgestellt wurde, und klingt auch in DLo.III.68 von 1134 (S. 106 Z.
36) an, dem D.36 in geringem Umfang als Vorurkunde diente.
Das DLo.III.68 (B.-Petke
Reg. 416) erlaubt nun auch die exakte Datierung unseres Diploms:
Lothar vermochte damals aus der Erinnerung an seine 24 Jahre
zurückliegende Teilnahme am Fürstengericht zu sagen, dass es in
Merseburg stattgefunden und B. Otto von Bamberg den Vorsitz geführt
hatte (iudicio Ottonis). Damit rückt das Stück zeitlich in die Nähe des in Merseburg
ausgestellten D.37 von 1108 Mai 30 für das Hochstift Meißen, woraus
sich auch die Nennung B. Herwichs in D.36 erklärt, der sonst,
abgesehen von dem späteren D.135 für Paulinzella von 1114, in
Heinrichs Diplomen immer nur als Petent für sein Hochstift erscheint
(außer D.37 noch D. † 282). Dieser Zusammenhang war schon 1883 in den
Zusätzen (Fickers) zu Stumpf (S. 540 zu Reg. 3213) gesehen worden; demzufolge bietet
die Literatur seit Dobenecker
(1896) überwiegend das auch von uns gewählte Datum zu 1108 Ende Mai
mit dem Ausstellort Merseburg; das von der älteren Literatur (bis zu Janicke
von 1896, aber auch noch 1932 von Stimming) angegebene Datum 1107 (Mai) – 1109 (April) basierte auf den
Grenzdaten der 1107 um Pfingsten (Juni 2) in Straßburg durch Heinrich
erfolgten Investitur des Erzbischofs Adalgoz von Magdeburg (s. Meyer von Knonau, Jahrb. 6,59; Claude, Erzbistum Magdeburg 1,390) und des Todes Erzbischof Ruthards von
Mainz am 2. Mai 1109. – Wie Vogt, Schlesinger
und Petke
unser Diplom schlicht mit dem Datum von D.37 zu versehen, ist nicht
angängig; da Heinrichs mit einem Hoftag verbundener Merseburger
Aufenthalt höchstwahrscheinlich auch die Feier des Pfingsfestes (Mai
24) einschloss, kann D.36 schon einige Tage vor, aber auch noch nach
dem 30. Mai ausgestellt sein.
Zu den schon im 9. Jh. ausgebrochenen und im 11. Jh. wieder
aufgenommenen Zehntstreitigkeiten Hersfelds mit Halberstadt vgl. außer Hölk
a.a.O. 13ff. und 69ff. noch Lübeck
in Archiv f. kath. Kirchenrecht 122,296ff., dort S. 303ff. auch betr.
Memleben (s. oben). Zum erneuten Ausbruch von Streitigkeiten vgl.
D.99. – Die drei Kapellen werden – ohne Namensangabe – schon im sog.
“Breviarium s. Lulli” aus dem 9. Jh. unter den Schenkungen Karls d.
Großen, ganz am Schluss des Verzeichnisses, aufgeführt, vgl. Weirich, UB Hersfeld 1,68 no
38 [1] (S. 72 Z. 14f.):
In Hohsegowe capellas III, hůbas X, mansus X; die Namen begegnen jedoch im Verzeichnis der Hersfelder Zehnten im
Friesenfeld (decimatio … in Frisonoveld) von 880–899, vgl. Weirich
a.a.O. 65 no
37 [1]:
Reotstat (S. 66 Z. 13),
Osterhusa (zweimal, Z. 16 u. 18),
Altstedi (Z. 20); zur Kapelle (Wipertikirche) in Allstedt vgl. Gockel
in Dt. Königspfalzen 2.1,26f.; zu Riestedt und Osterhausen vgl. Hölk
a.a.O. 73f. und Erbe, Niederkirchenwesen 29; nach letzterem a.a.O. 174f. (ebenso Gockel
a.a.O.) erfasste die vom Breviarium angegebene Dreizahl von Kapellen
nicht Riestedt, sondern Wormsleben (vgl. dazu D.99 Anm. 1). Zur Lage
des Hassegaus (Hosgau) und des seine südliche Hälfte bildenden
Friesenfeldes vgl. Hessler, Mitteldeutsche Gaue 63ff. u. 80ff.