Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde
<<*331.>>

Heinrich erwirkt die Restitution zweier Güter an das Kloster Zwiefalten, welches dasjenige zu Ebersheim unverzüglich an ihn verkauft.

(wohl vor 1115).

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Stumpf Reg. –.

In c. 9 der von dem Mönch Berthold (Abt des Klosters in den Jahren 1139–1141, 1146/47–1152 und 1158–1169, † nach 1169) im Jahre 1137 begonnenen Chronik von Zwiefalten (jüngste, hinsichtlich Kapitelzählung und Orthographie zugrundegelegte Edition von Wallach in Traditio 13,198; vorher MGH SS 10,102 [c. 10] und König-Müller in Schwäb. Chron. d. Stauferzeit 2 [1 1941; 21978],168 Z. 20ff. [c. 8]) heißt es: Post hunc [scil. Heinrich IV.] regnavit filius eius Heinricus V., qui fuit noster adiutor et defensor in omnibus [zu dieser positiven Beurteilung vgl. Meyer von Knonau, Jahrb. 6,120 Anm. 14 und 7,342 Anm. 31]. Duo enim restituit nobis praedia a raptoribus diu ablata, quae, ut praefati sumus, pro CXXX libris argenti sunt vendita … (folgen Angaben über die Verwendung des Geldes für verschiedene angegebene Zwecke).

Der Rückbezug (ut praefati sumus) ist hinsichtlich eines der beiden praedia eindeutig: In c. 3 (Wallach a.a.O. 193; SS a.a.O. 99 Z. 45ff. [c. 4]; König-Müller a.a.O. 152 Z. 17ff.) heißt es im Rahmen der Aufzählung der Schenkungen des Grafen Liutold von Achalm († 1098): Hic ipse dedit quoddam [Wallach: quodam] praedium a fratre suo Eginone [† 1061] sibi in Alsatia inter cetera relictum, Ebirishaim vocatum [König-Müller: vocitatum], in confinio Rapoldistein situm, quod a raptoribus diu ablatum, sed auxilio Werinheri comitis de Grouningin [Werner IV. von (Mark-)Gröningen, s. D.*335] per Heinricum imperatorem restitutum, paucis interiectis diebus eidem imperatori acceptis LX libris argenti [SS: arg. lib.] est datum.

Dass es sich bei dem zweiten Gut um von Liutolds Bruder Kuno († 1092) geschenkten Besitz zu Dietinchovin (Dietikon, ca. 10 km w. Zürich) handelte, geht aus zwei getrennten Stellen hervor: in c. 52 (Wallach a.a.O. 232; SS a.a.O. 123 Z. 30f.; König-Müller a.a.O. 284 Z. 6ff. [c. 45]) heißt es: duo praedia Dietinchovin et Ebirishaim ipsius Liutoldi consilio pro centum triginta libris sunt vendita et ad usus necessarios distracta; in c. 2 (Wallach a.a.O. 190f.; SS a.a.O. 98 Z. 33ff.; König-Müller a.a.O. 146 Z. 9ff.) ist gesagt: In pago etiam Durichgouwe appellato …; item apud Dietinchovin duodecim mansus et quarta pars ecclesiae a praefato Counone traduntur et quarta pars copiosae piscationis in fluvio, qui Lindimacus appellatur; … post obitum eiusdem Counonis quibusdam existentibus causis … consilio Liutoldi comitis sunt vendita et in usus varios distracta …).

Genauere Auskunft gewinnt man – zusammen mit Angabe der die obige Summe von 130 Pfd. ergebenden Teilbeträge – aus der wenig älteren, zwischen 1135 und 1137 verfassten Chronik des Mönches Ortlieb (seit 1140 Abt von Neresheim, † 1163), wo es zunächst in lib. 1 c. 5 (König-Müller a.a.O. 28 Z. 19ff.; SS a.a.O. 74 Z. 44ff.) über das Gut zu Ebersheim heißt: Isdem [SS: Idem] Christi cultor Liutoldus quoddam in Alsatia cum fratribus suis habebat praedium, cui Ebirsheim erat vocabulum …; cum longe a monasterio fuisset remotum et iccirco quorundam hominum violentia nobis esset ablatum, Wernhero comite de Grouningin, filio scilicet sororis eius [Liutolds u. Kunos Schwester Willibirg, Gemahlin des 1065/67 gestorbenen (s. D.*335) Werner III. von Gröningen] operam dante – licet hoc hereditario iure sibi posset vendicare –, per Heinricum V. imperatorem in usum nostrum taliter est redactum: Praenominato Wernhero comite, sicut diximus, omnimodis annitente atque favente per manum ipsius Wernheri praefato hoc dedimus caesari pro LX marchis argenti … (zur Rolle Werners von Gröningen vgl. noch c. 7, bes. König-Müller a.a.O. 40 Z. 10ff. und SS a.a.O. 76 Z. 51f.: et, sicut alibi retulimus, LX marchas argenti per Heinricum imperatorem nobis acquisivit).

In c. 8 wird über die weit unter Wert (König-Müller a.a.O. 44 Z. 3ff; SS a.a.O. 77 Z. 31f.: nec amplius quam XX marchas argenti … voluit persolere, … licet decuplum tanti valeret) betriebene Aneignung des allodium, quod vocatur Dietinchovin, durch den Klostervogt, Herzog Welf I. von Bayern (1096–1101), berichtet sowie über weitere Pressionen durch dessen Sohn Welf II. (1101–1120), (König-Müller a.a.O. Z. 17ff.; SS a.a.O. Z. 40ff.) …, donec per Heinricum V. imperatorem post multas admonitiones ad ultimum regali potentia convictus sua recipiens fratribus sua reliquit invitus; domnus autem Oudalricus abbas [1095–1139] … cuidam comitissae, coniugi videlicet Ottonis comitis de Habechisburc [Otto II. von Habsburg, † 1111 Nov. 8], pro LXX marchis argenti dedit illud …

Zur Geschichte des im Jahre 1089 von den Brüdern Kuno und Liutold von Achalm, Söhnen des Grafen Rudolf von Achalm aus der kinderreichen Ehe mit Adelheid von Mömpelgard und Wülflingen, gegründeten Klosters Zwiefalten vgl. knapp Germ. pont. 2.1,218ff. sowie Setzler in Germ. Bened. 5,680ff., zur Stifterfamilie Pretsch in 900 Jahre Benediktinerabtei Zwiefalten 45ff. (mit Stammtafel); zu den Chroniken Ortliebs und Bertholds vgl. Wattenbach-Schmale 1,312ff.

Ob für die Bemühungen Heinrichs um die Restitution beider Besitzungen Gleichzeitigkeit anzunehmen ist und sie wegen der wiederholten Verwendung des imperator-Titels auch beide nach 1111 anzusetzen sind, bleibt ungewiss. Sehr genau lässt sich aber vermutlich der Zeitpunkt der Restitution Ebersheims und dessen unverzüglichen (paucis interiectis diebus) Verkaufs an Heinrich eingrenzen: Den Terminus post quem bildet höchstwahrscheinlich das Datum des mit D.126 von 1114 März 10 beurkundeten Erwerbs der Burg Rappoltstein. Dass deren Besitz offensichtlich für Heinrich das Motiv für den Erwerb Ebersheims war, darf man daraus schließen, dass das relativ weit entfernte, ca. 17 km nö. Rappoltstein gelegene Ebersheim zu dessen confinium gerechnet wurde.

Die Erwähnung der Beteiligung Werners IV. von Gröningen, der am 22. Februar 1121 in seiner Stiftung Breitenau starb (s. D.*335), legt andererseits zwingend nahe, dass der Rückerwerb bald nach 1114 erfolgte, evtl. noch im selben Jahre und jedenfalls wohl vor dem Ende des Jahres 1115, da Werner, der u.a. die Wormser Hochstiftsvogtei innehatte (vgl. Werle in Bl. f. Pfälz. Kirchengesch. 21,80ff.; Metz in Die Salier u. das Reich 1,348; Krey, Bischöfl. Herrschaft 45 mit Anm. 193 u. 195), gleich nach der Haftentlassung EB. Adalberts von Mainz im November 1115 auf dessen Seite wechselte und an der Jahreswende 1115/16 maßgeblich an der Erhebung des antikaiserlichen B. Buggo von Worms (vgl. dazu Anhang no 4) beteiligt war, vgl. Seibert in ZGO 143,104f. mit Anm. 44.

Zur Veräußerung von Dietikon vgl. Steinacker, Reg. Habsburgica 1,11 no 26 (zu nach 1106); die chronologischen Bedenken Steinackers gegen die Identifizierung des Otto comes mit dem Habsburger Otto II. lassen sich ausräumen, wenn man annimmt, dass das coniugi für viduae steht, wofür ja auch spricht, dass nicht der Gemahl als Erwerber angegeben ist; der Name der ungenannten Gemahlin Ottos II. ist nicht bekannt (vgl. Steinacker a.a.O. 12 no 31).

Die zweimalige (c. 2 und 52) Behauptung der Berthold-Chronik, die Veräußerungen seien consilio des 1098 gestorbenen Grafen Liutold erfolgt, kann so natürlich nicht stimmen, allenfalls gab es zwischen 1092 und 1098 erste Restitutionsbemühungen von seiner Seite.