Angebliches Original (ca. 40 b : 54 h) zuletzt im Urkundenbestand des
Historischen Vereins für Niedersachsen im Staatsarchiv zu Hannover,
1943 durch Kriegseinwirkung vernichtet (A). – Original-Transsumpt Ks.
Karls IV. von 1360 April 20 (B.-Huber
Reg. 3105 zu April 21) im Hauptstaatsarchiv zu Hannover (B). –
Original-Transsumpt Ks. Maximilians II. von 1576 August 7, p. 3 aus A
(C1) und p. 7–8 aus B (C2) ebenda.
Faks.: Taf. ■. – Teilfaks.: Spier, Der Georgenberg 68 Taf. 8.
Drucke: Aus A: Heineccius, Antiqu. Goslar. 110 unvollständig und fehlerhaft = Calvör, Sax. inf. 475. – Aus B (nach Abschrift Bethmanns): Böhmer, Acta imp. 69 no
74. – Aus A: Bode, UB d. Stadt Goslar 1,194 no
151 zu Januar (6–31). – Janicke, UB d. Hochst. Hildesheim 1,149 no
164 zu Januar [6–31] (vgl. Ergänzung in Bd. 2 [ed. Hoogeweg] S. 591).
Reg.: Georgisch, Reg. chronol.-dipl. 485 no
3. – Hempel, Inv. dipl. hist. Sax. inf. 1,63 no
1. – Wauters, Table chronol. 2,796. – Böhmer
Reg. 1985. – Stumpf
Reg. 3025.
Die Überlieferung des für den Bischof von Hildesheim ausgestellten
D.†31 lässt sich nicht bis ins Mittelalter zurückverfolgen. Das
Original gehörte jedenfalls nach Ausweis eines Georgenberger
Repertoriums von ca. 1700 (Staatsarchiv Hannover, Hs. BB 23a; zitiert
bei Diestelkamp
in Nieders. Jahrb. 10,53f. Anm. 4) damals zum Fonds des Stifts
Georgenberg, war aber im Jahre 1830 bei dessen Überführung aus dem
Hildesheimer Landesarchiv ins Staatsarchiv Hannover nicht mit diesem
dorthin gelangt, sondern befand sich im Jahre 1858 noch im
Privatbesitz von H. A. Lüntzel
(vgl. dessen Gesch. Hildesheim 1,358 Anm. 5), aus dessen Hand es
später ins städt. Museum (Stadtarchiv) Hildesheim gelangte (als 1893
dort befindlich erwähnt von Bode, ebenso bei Janicke
und auch noch [1956] bei Hausmann, Reichskanzlei 64 no
10); im Jahre 1932 wurde es aufgrund eines Magistratsbeschlusses
seitens des Stadtarchivs, zusammen mit dem erst 1930 in Privathand
entdeckten DF.I.10 von 1152 (s. Diestelkamp
a.a.O. mit Vermutungen über den Weg der Entfremdung aus dem Fonds),
an das Archiv des Hist. Vereins für Niedersachsen (im Staatsarchiv
Hannover) abgegeben, dessen Bestände im Jahre 1943 vernichtet wurden
(vgl. auch Goetting
in MIÖG 78,136 Anm. 29). Uns stand glücklicherweise eine im
Stadtarchiv, demnach vor 1932 gefertigte Filmaufnahme der Vorderseite
aus dem Besitz F. Hausmanns zur Verfügung, die nunmehr unsererseits beim Staatsarchiv Hannover
hinterlegt wurde. – Aus den Transsumpten werden nur einige wenige
Varianten zitiert.
Die womöglich von Anfang an ausschließliche Überlieferung im Fonds von
Georgenberg erklärt sich am einfachsten durch die Annahme, dass das
echte Original entweder sogleich oder zumindest sehr früh in den
Besitz des Georgenberger Konvents gelangt war, von dem es dann etwa in
der Mitte des 12. Jh. dazu verwendet wurde, um auf seiner Grundlage in
Gestalt des D.†31 ein neues Diplom herzustellen, das bisher
uneingeschränkt als echt angesehen wurde, das sich jedoch inhaltlich
und äußerlich, namentlich durch seine Schrift, als Fälschung
erweisen lässt. – Bei deren Herstellung war vermutlich bei dem
Versuch, vom echten Original das heute verlorene Siegel auf das Falsum
zu übertragen, dieses gleich zerbrochen (vgl. Anm. 2) oder es hatte
keinen ausreichenden Halt gefunden, so dass es späterer
Nachbefestigungen bedurfte (s. Anm. a’).
Gegenstand und Zweck der Verfälschung war innerhalb der zweiteiligen
Dispositio wohl eindeutig ihr von uns als Interpolation
gekennzeichneter, mit
Preterea angeschlossener ganzer Schluss. Dies ergibt sich in erster Linie
daraus, dass hier nicht mehr die Hildesheimer Kirche als
ursprünglicher Empfänger der Begünstigte war, sondern der
Georgenberger Konvent (ad utilitatem inibi deo servientium); abgesehen von einem Auslassungsfehler (s. Anm. t) erweist sich die
Interpolation auch durch den Tempuswechsel im dispositiven Verb (addimus gegenüber vorangehendem
tradidimus).
Am ursprünglichen Kontext, der demnach nur die Übertragung des
Klosters an Hildesheim beurkundet hatte, dürfte der im Georgenberger Konvent zu suchende Fälscher keine
Änderungen vorgenommen haben (lässt sich bei dem vom sonstigen
Ausstellerplural abweichenden
meo von Z. ■■ nicht entscheiden). Da in diesem auch kein Kanzleidiktat
erkennbar ist, hatte er wohl auf einem von einem Notar des
Hildesheimer Bischofs herrührenden Empfängerentwurf beruht, zumal die
enge Verbindung von Bann und Besiegelung in der hiesigen Korroboratio
(s. dazu Ficker, Beitr. 2,107f.), wie sie auch in NUU.I u. II beibehalten ist, eine
häufige Erscheinung in bischöflichen Urkunden darstellt (s. Bresslau, Handb. 21,711f.; vgl. z.B. die Urkunde B. Bernhards von Hildesheim von 1131
Juni 12, Janicke
a.a.O. 179 no
196); zum seltenen Vorkommen des Banns in den Diplomen Heinrichs V.
vgl. Studtmann
in AfU 12,318f.
Hausmann
a.a.O. hatte noch behauptet, das Original in der vorliegenden Gestalt
sei von Notar Adalbert A mundiert gewesen, dessen Diktat er zutreffend
lediglich “im Eschatokoll” konstatierte. Die einschränkende
Formulierung “im” Eschatokoll bezieht sich wohl darauf, dass in der
Datierung die bloße Nennung des Monatsnamens (zudem sprachlich
inkorrekt im Genitiv; zu richtiger Formulierung s. D.†27 mit
Data mense decembri) der Kanzlei gänzlich fremd ist und evtl. erst auf den Fälscher
zurückgeht; vgl. dazu weiter unten. – Im übrigen aber entspricht die
Formulierung des Eschatokolls in der Tat vollständig dem Diktat des
Notars: Die Signumzeile begegnet mit diesem Wortlaut seit dem D.9;
während in der Rekognitionszeile vor dem D.21 (bzw. D.20) das hiesige
et archicancellarii fehlte, ist diese Erweiterung seitdem häufiger anzutreffen (s. noch
DD.24, 35 u.ö.).
Insbesondere aber verrät sich das Diktat des Notars durch die
Jahreskennzahlen in der im übrigen seit D.9 in ihrer Formulierung
konstanten Datumzeile, in der hier neben dem falschen 9.
Ordinationsjahr (s. Anm. 3) die beiden anderen Zahlen richtig sind:
Dies gilt einerseits für die Indiktion, die der Notar während des
Jahres 1107 um eine Einheit zu niedrig berechnet hatte (XIIII, letztmals in D.†23, vgl. dazu Vorbemerkung zu D.19), für die er dann
seit Beginn des Jahres 1108, erstmals in unserem D., die richtige Zahl
I bietet, wozu er allerdings die Zahl des Jahres 1107 gleich um 2
Einheiten hatte erhöhen müssen. – Bei den beiden anderen Zahlen hatte
er jedoch gegenüber den Zahlen des Jahres 1107 keine Erhöhung
vorgenommen, sondern behielt sowohl das für 1107 richtige, jetzt aber
falsche 9. Ordinationsjahr (statt
X) bei als auch die für das Jahr 1108 richtige Zahl
III für die Regierungsjahre, zu der er schon verfrüht in der zweiten
Hälfte des Jahres 1107 gewechselt hatte (vgl. ebenfalls Vorbemerkung
zu D.19). – Bei den Zahlen des D.†31 ist der Notar dann konsequent in
allen Diplomen des Jahres 1108 geblieben (s. DD.32 … †40); er hat sie
sogar partiell in die beiden einzigen von ihm stammenden Diplome des
Jahres 1109, DD.43 und 44, hinübergeschleppt: D.43 mit unveränderter
Indiktion (I statt
II) und jetzt um 2 Einheiten zu niedriger Ordinationszahl (VIIII statt
XI), aber mit richtig um 1 Einheit erhöhtem 4. Regierungsjahr, umgekehrt
in D.44 mit zwar richtiger 2. Indiktion, aber wie hier mit seit 1107
unverändertem 9. Ordinations- und 3. Regierungsjahr.
Wenn übrigens Bode
und ihm folgend Janicke
das Januardatum – zu weit gefasst – auf den 6.–31. eingrenzen und
dabei für die untere Grenze offenbar vom Epochentag des
Regierungsjahres (6. Jan.) ausgehen, so ergibt sich aus der
dargelegten Beibehaltung der Zählungen des Jahres 1107 für dieses
sowie für das Ordinationsjahr (Epochentag: 5. Jan.), dass dafür die
rechnerische Grundlage fehlt; ausdrücklich auf den Epochentag des
Regierungsjahres bezieht sich auch Stüllein, Itinerar 38, der mit seiner engeren Eingrenzung auf Januar 6–20
berücksichtigt, dass Heinrich, der mit D.32 am 28. Januar in Mainz
urkundete, spätestens am 20. Januar in Aachen aufgebrochen sein
müsste. Geht man jedoch davon aus, dass zwar die Angabe des
ianuarii zutreffend ist, das unkanzleigemäße (s. oben)
mense jedoch auf einem Versehen (erst des Fälschers?) beruht und eigentlich
eine Datierung nach dem römischen Kalender intendiert – und evtl. auch
im ursprünglichen Original enthalten war (dafür könnte das
entsprechende Tagesdatum [XV. kal iulii] in der sonst von der Formulierung des D.†31 abhängigen Datumzeile
des DLo.III.22 [= NU.I] und schließlich, als Spur, auch der hiesige
Monats-Genitiv [s. oben] sprechen) –, dann kommt nur ein Tagesdatum
vor dem Wechsel zur Kalendenzählung (mit
febr.-Nennung, ab 14. Jan.) in Betracht, und zwar, nachdem Heinrich schon
das Weihnachtsfest 1107 in Aachen gefeiert hatte (s. Stüllein
a.a.O. 37; vgl. DD.†29/†281), nur ein Datum in der ersten
Monatshälfte (mit Nonen- oder Idenangabe; es geht wohl zu weit, das
m̄se des Originals – wegen der Oberlänge des langen
s – als Verlesung eines
id̄
anzusehen, womit sich, wenn keine Zahl ausfiel, der 13. Jan., oder bei
Ausfall von
II oder
III, an deren Stelle durch Verlesung das
m getreten wäre, der 12. oder 11. Jan. ergäbe) – eine Ansetzung noch in
die letzten Tage des Jahres 1107 (mit
kal. ian.) scheidet wegen der Erhöhung der Indiktion aus.
Eindeutig falsch ist Hausmanns Zuweisung auch der Schrift an Adalbert A. Was uns vorliegt, ist
vielmehr das Produkt eines Empfängerschreibers, der lediglich die
Schrift eines vom Notar geschriebenen Originals nachzuahmen suchte,
was er mit der dem Notar völlig fremden Vornahme von Kürzungen in der
Elongata der 1. Zeile (s. Anm. g) sowie bei der fehlerhaften Zeichnung des
Monogramms (s. Anm. z) zwar verfehlte, was ihm jedoch vermutlich beim
Chrismon (s. Anm. a), insbesondere aber bei der Elongata der 1. Zeile
sowie der Unterfertigungszeilen weitgehend gelang, wo fast alle bei
Adalbert A schon seit dem D.9 (vgl. Hausmann
a.a.O. Taf. 2a) nachweisbaren Elemente wiederkehren: Dies gilt u.a.
für die zittrige Schreibung der Schäfte von
c, e, o und
t sowie (bei Adalbert A seit D.12 nachweisbar) von
A, die Einkerbung der Rundung des
d, die hier nur in der Elongata verwendete Zeichnung des dipl.
Kürzungszeichens (einem senkrecht durchstrichen
S ähnelnd), schließlich für die bei Adalbert A seit D.19 begegnende
Schreibung des elongierten
t mit einem bogig am Schaft ansetzenden Deckstrich und einer
ausgeprägten Fußschleife.
Offenbar dem Vorbild des Adalbert A folgte der Schreiber auch darin,
dass er die Oberlängenverschleifungen im Kontext völlig anders als in
der Elongata gestaltete: Während Adalbert A die, durch Beschädigung
des oberen Blattrandes (s. Anm. b) hier nur in den
Unterfertigungszeilen deutlich erkennbare, Form der Umschlängelung der
Oberlänge zunächst (vgl. DD.9 u. 19) einheitlich sowohl in der
Elongata als auch im Kontext praktiziert hatte, war er später, wie die
von ihm geschriebene Vorlage des D.37 (s. Hausmann
a.a.O. Taf. 1) zeigt (s.a. die Diplome seit D.44), dazu übergegangen,
im Kontext – wie der Schreiber unseres D. – die Oberlängen von links
her mit 2–3 Doppelschleifen zu eröffnen – doch verrät sich gerade hier
der Nachahmer: Nicht nur ist in D.†31 die Zahl der Doppelschleifen
(bis zu fünf) ganz ungleichmäßig, sondern sind mit
Oberlängenverschleifungen auch (unvollständig) die Buchstaben
b, d, h und
l und sogar der linke Arm von
V ausgestattet, während sich Adalbert A im Kontext, von Ausnahmen
abgesehen, durchwegs auf entsprechende Ausstattung von
f und langem
s beschränkte.
In der Kontextschrift orientierte sich der Schreiber nur ganz
allgemein an einer Diplomschrift; dem Adalbert A fremd ist z.B. die
hier häufige Schreibung des
a mit überhöhtem Schaft (vgl. z.B. Anm. k). Das im Kontext des D.†31
konstant verwendete dipl. Kürzungszeichen einer “liegenden Acht” (s.
Anm. i) ist keineswegs, wie von Petke
in Festschr. Jakobs
270 erklärt, das “von Heinrich (I) [= Adalbert A] damals verwendete”;
es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass der Empfängerschreiber auch
hier seinem Vorbild zu folgen trachtete, da das zumindest auf einem
von Adalbert A geschriebenen Original basierende D.37, das an die fünf
verschiedene Formen eines Kürzungszeichens aufweist, auch einigemale
(s. Hausmann
a.a.O. Taf. 1 Z. 2, 3, 5, 6) mit einem einer liegenden 8 zumindest
ähnelnden Zeichen aufwartet, das aber jeweils, anders als hier, unten
einen mittigen An- bzw. Abstrich besitzt; der Hinweis Petkes auf das (angeblich) “kleeblattförmige” Zeichen in D.†40 (s. Hausmann
a.a.O. Taf. 2b), das seiner Meinung nach “vielleicht auch bereits im
Original” von D.†31 verwendet war und in dem er (a.a.O. 269f. u. 275)
das denkbare Vorbild für das auf einem
v aufgebaute dipl. Kürzungszeichen seines Schreibers “Riechenberg A”
sehen möchte, ist unbrauchbar, da Adalbert A nicht der Schreiber des
erhaltenen Originals von D.†40 war (vgl. dortige Vorbemerkung).
Vermutlich in noch unveränderter Gestalt, also ohne die Interpolation,
hatte das Original dem DLo.III.22 für Kl. Riechenberg von 1129 Juni 17
(B.-Petke
Reg. 198 = NU.I) vorgelegen, für das D.†31 auch das graphische
Vorbild der Elongata in der 1. Zeile und in den Unterfertigungszeilen
lieferte (nicht für das Chrismon, wie in der Vorbemerkung zu
DLo.III.22, wiederholt bei Petke, Grafen von Wöltingerode-Wohldenberg 269 Anm. 95 u. 288 Anm. 104, und
von Koch, Schrift der Reichskanzlei 317 Anm. 2 behauptet), außerdem auch dem
echten Kern des um 1180 verfälschten DKo.III.17 für die Missionskirche
zu Segeberg von 1139 Jan. 5 (= NU.II); während NU.I sich in Arenga und
Korroboratio nur in verkürzter und abgewandelter Form, stärker in der
Formulierung der Rekognitionszeile und der Datierung (s. oben) an
D.†31 anlehnte (vgl. Klinkenborg
in Zs. d. Hist. Ver. f. Nieders. 1899 104f. [mit Spaltdruck] und Goetting
a.a.O. 140), hat NU.II neben etwas stärkeren Übernahmen in der
Korroboratio die Arenga fast wörtlich übernommen.
Bei den in den Drucken beider Nachurkunden durch Petitsatz als
Übernahmen aus D.†31 gekennzeichneten Stellen in der Pertinenzformel
(NU.I S. 33 Z. 27f.; NU.II S. 31 Z. 4) dürfte D.†31 als Vorlage wohl
ausscheiden. Zur Erklärung der Entlehnungen in diesen, beide in Goslar
ausgestellten und Empfängerausfertigungen darstellenden Nachurkunden
vgl. die dortigen Vorbemerkungen, Helleiner
in MÖIG 44,23 Anm. 6 und B.-Petke
Reg. 198. – Die Kennzeichnung des
Preterea und insbesondere des
munificentia in NU.I (S. 33 Z. 36f.) durch Petitsatz könnte den falschen Eindruck
erwecken, beides sei von der interpolierten Stelle des D.†31 abhängig,
in welchem Falle die Interpolation schon damals hätte erfolgt sein
müssen; das dortige
munificentia geht jedoch höchstwahrscheinlich auf den (auf Gott bezogenen) Begriff
in dem in NU.I nicht übernommenen Teil der hiesigen Arenga (Z. ■)
zurück, den der Fälscher seinerseits, jetzt auf den König angewandt,
in seiner Interpolation wiederaufgegriffen hatte; das
Preterea am Beginn der Interpolation war umgekehrt zweifellos durch NU.I
angeregt, und für die parallele Eröffnung der späten Interpolation der NU.II gleichfalls mit
Preterea (S. 31 Z. 9) könnte sowohl NU.I als auch D.†31 das Vorbild geliefert
haben, falls ein solches überhaupt erforderlich war.
Den absoluten Terminus ad quem der Fälschung bildet die große
Schiedsurkunde B. Bernhards I. von Hildesheim von 1151 März 14 (Janicke
a.a.O. 251 no
272), wo es über ein durch Georgenberg käuflich erworbenes
predium/novale in
Thiedwardigerode, unter auffälliger und eigentlich überflüssiger Betonung der Herleitung
von Heinrich V., heißt (Übereinstimmungen mit D.†31 in Petit), dass
idem predium contiguum erat silve, quę Al dicitur, quam liberalitas Heinrici regis quinti prefatę ęcclesię contulerat. Direkte Benützung unseres D. in seiner interpolierten Gestalt, ohne
die Nennung Heinrichs, einerseits für Arenga und Publikatio und
andererseits für die Stelle über die
silva, quę Al dicitur, zeigt dann erstmals das DF.I.10 von 1152 Mai 9 (= NU.III; enthält auch
eine Bestätigung von
Thiedwardingerothe), wo es mitten in der Besitzliste heißt (Übereinstimmungen mit D.†31
in Petit):
item silvam, quę Al dicitur, civitati Goslarie contiguam, cum universis agris cultis et incultis, inter duas publicas vias
et antiquas, unam, que Beningeroth, alteram, que Immeneroth ducit.
Diese letzte Stelle ist dann in einer wohl wenig jüngeren –
ursprünglich undatierten und erst zu Ende des 13. Jh. mit einer
Datumzeile mit dem wohl aus der anderen Urkunde B. Bernhards für
Georgenberg, Janicke
a.a.O. 179 no
196, entliehenen Datum 1131 Juni 12 versehenen – Urkunde Bernhards
wiederholt (Janicke
a.a.O. 180 no
197 = NU.IV; zur Datierung zu “frühestens nach 1150” bzw. “nicht vor
dem Jahre 1150” vgl. Petke, Grafen 25f. Anm. 22 und in Festschr. Jakobs
270 Anm. 49; in den Vorbemerkungen zu DF.I.10 und DW.196 noch zu 1131
datiert; Goetting, Hildesheimer Bischöfe 369 möchte schlicht das Datum “12. Juni 1151”
einsetzen), und zwar jetzt an die Spitze der Georgenberger Besitzungen
gerückt (Übereinstimmungen mit D.†31 in Petit):
universas possessiones ęcclesię beati Georgii iuxta Goslariam sitę,
videlicet silvam, quęAl dicitur
cum universis agris cultis sive incultis, inter duas publicas
et antiquas vias, unam, quę Beniggeroth, alteram, quę Immenroth ducit; weiter unten erscheint dann noch eine gewichtige Erweiterung über
die Schenkung der
decima super agros, qui Al dicuntur, durch B. Berthold I. (1119–1130), vgl. D.224.
Teils von dem DF.I.10 (= kursiver Petitsatz), teils aber unmittelbar
von D.†31 (= Petitsatz) abhängig ist sodann die betreffende, dort
ebenfalls die Besitzliste eröffnende Stelle im Privileg P. Cölestins
III. von 1196 März 7 (JL 17341; Janicke
a.a.O. 495 no
520 = NU.V):
silvam, que dicitur Al, Goslarie contiguam, cum universis agris cultis et incultis,
quicquid
est inter duas publicas et antiquas
vias, unam, que
in Imenroth, et alteram, que Beningeroth ducit
(S. 496 Z. 16–19). – Abgesetzt davon folgt dann (Z. 29–32), auf der
Grundlage von D.†31 (= Petitsatz), wobei unorganisch die dort auf das
monasterium bezogene Pertinenzliste hierher gezogen wurde, die erstmalige
Bestätigung der Harzgau-Grafschaft:
comitatum
etiam situm in pago, qui Hertega dicitur, ab Henrico quinto imperatore ecclesie vestre collatum, cum omnibus
prediis ad
ipsam[!] pertinentibus, villis
videlicet, mancipiis, pratis, aquis aquarumque discursibus; unmittelbar anschließend (Z. 32–36) wird dann noch der Inhalt von
D.224, verquickt mit obiger Zehntschenkung B. Bertholds, bestätigt (s.
Vorbemerkung zu D.224). Durch die Bewertung des Dispositio-Nachtrages
ab
Preterea als Interpolation wird zumindest die Zeitgemäßheit seines mit einer
Ausnahme bislang unangezweifelten Inhalts in Frage gestellt. – Im
Sinne unseres Interpolationsverdachts hatte bisher lediglich Berges
in Dt. Königspfalzen 1,145 Anm. 92 den Passus über die Grafschaft im
Harzgau als “unecht” verworfen und dies damit begründet, dass der – in
NU.IV (von ihm zu 1131 datiert) noch unerwähnte (gilt ebenso für
NU.III) – Passus nur in NU.V von 1196 wiederkehre. Petke, Grafen 269 Anm. 95 verwirft diese These mit dem alleinigen, jetzt
nicht mehr zutreffenden Argument der Echtheit des D.†31 und erklärt
das Fehlen des Grafschaftspassus – in Widerspruch zum Wortlaut des
D.†31 (a.a.O. 268 ist auch unrichtig als dessen Inhalt wiedergegeben,
dass Heinrich “dem Bistum Hildesheim das Stift Georgenberg vor Goslar nebst
dem Alwald und einem Komitat … übertrug”) – damit, “daß der Komitat
kein durch das Stift selbst nutzbares Recht darstellte”; da Hildesheim
nicht der Empfänger des D.†31 in seiner vorliegenden Gestalt war,
relativieren sich auch Petkes Argumente für die in der Literatur strittige (vgl. a.a.O. 264ff.,
bes. 268ff. mit Anm. 95–98) Identität des hiesigen
comitatus mit dem von Heinrich IV. mit D.218 von 1069 Aug. 15 an Hildesheim
übertragenen
comitatus in pag(o) … Hardegan, und jedenfalls entfällt die Grundlage für die Annahme (a.a.O. 269), es
handele sich hier um eine, gegen die befürchtete Entfremdung durch den
seit 1106 amtierenden Herzog Lothar gerichtete (und von Hildesheim
erwirkte) “Bestätigung” der Tradition von 1069. – Der interpolierte
Passus drückte vermutlich sogar eine seitens des Stifts gegen
Hildesheimer Ansprüche auf gräfliche Rechte gerichtete Tendenz aus!
Die behauptete Übereignung der
terra … Al erweist sich allein dadurch als Interpolation, dass diese nach D.224
von 1120 damals noch Reichsgut war und vermutlich auch erst damals ins
Eigentum von Georgenberg gelangte, vgl. dortige Vorbemerkung; zum
Reichsgutcharakter s. Wilke, Das Goslarer Reichsgebiet 22; Petke, Grafen 259f. wertet demgegenüber Heinrichs Rodungsauftrag an
Goslarer Einwohner von D.224 als Eingriff in den Güterbestand des
Stifts Georgenberg, da er die dortige
silva, quę vocatur Al, fälschlich als (bereits) “diesem gehörend” bezeichnet. – Zur Lage
nördlich von Goslar vgl. Berges
a.a.O. 133.
Wie in D.224 ist in allen anderen Texten (vgl. Zitate oben und in
Vorbemerkung zu D.224 sowie bei Grundner-Culemann, Flurnamen des Stadtkreises Goslar 3,138f.) der Name
Al immer nur für eine
silva
verwendet; nach D.†31 wäre dies jedoch der Name eines Landgebietes (
terra
) gewesen, das einerseits die ganze Umgebung des Stifts (nur auf
dieses kann das
circumiacentem von Anm. s bezogen werden) eingeschlossen hätte und von dem
andererseits die
silvula einen Bestandteil gebildet hätte; in
circumiacentem ein Versehen des Schreibers für ein zu
silvula gehöriges
circumiacente annehmen zu wollen (vgl. die Varianten von Anm. s), worauf sich dann
der den Namen
Al enthaltende Relativsatz beziehen könnte, scheitert sprachlich daran,
dass die
silvula, die wegen der Wortwahl nur eine bescheidene Größe gehabt haben kann,
nicht ihrerseits eine (gerodete?)
terra einschließen konnte; der Text besagt jedenfalls eindeutig, dass die
durch die genannten zwei Wege begrenzte
terra das Traditionsobjekt bildete. – Offenbar gehörte übrigens auch nach
1120 noch nicht das ganze fragliche Gebiet dem Kloster, da B. Bernhard
mit seiner erwähnten Urkunde von 1131 Juni 12 (Janicke
a.a.O. 179 no
196)
agros quosdam sitos ad orientalem partem silvulę illius, quę Al
dicitur, in loco villę desolatę, que Bardenhusen appellatur, die ihm von einem damit belehnten Ministerialen resigniert worden
waren, zusammen mit der
decima eiusdem possessionis dem Kloster schenkte.
Die Feststellung der Nichtoriginalität des D.†31 ermöglicht aber nun
auch eher die Lösung der gerade in jüngster Zeit wiederholt und
äußerst kontrovers diskutierten Frage der Deutung des
ab ab avo von Anm. k, in der insbesondere zwei im Jahre 1991 erschienene
Untersuchungen entgegengesetzte Positionen beziehen, der Beitrag von Dahlhaus
in Die Salier u. das Reich 2,373ff., bes. 387ff. u. 395ff., und die
als Antwort darauf gedachte Monographie von Spier
a.a.O., bes. 33ff.; vgl. dazu die Sammelbesprechung von Streich
in Hildesheimer Jahrb. 64,191ff.:
Mit der gesamten älteren Literatur, die einhellig, aber ohne
gesicherte Grundlage, Heinrichs V. Urgroßvater, Konrad II.,
als Gründer des Stifts Georgenberg ansah (von älteren Autoren vgl.
z.B. Lüntzel
a.a.O. 1,271 u. 358; Bresslau, Jahrb. Ko.II. 2,382; Meyer von Knonau, Jahrb. 6,75 Anm. 1; in jüngerer Zeit z.B. noch Petke, Grafen 258; Goetting, Hildesheimer Bischöfe 306), sieht sich Spier
a.a.O. 35f. im Einklang, indem er an der betreffenden Stelle
ab abavo liest, sich aber für seine Deutung auf Konrad II. genötigt sieht, die
klassische Bedeutung von
abavus = “Ururgroßvater” durch “Urgroßvater”, wofür das Lateinische den
eindeutigen Begriff
proavus kennt, zu ersetzen, wobei ihn offenbar nicht stört, dass er sich für
die Deutung als “Urgroßvater” nur auf eine einzige Stelle bei Thietmar
berufen kann (Chron. 1,10; dies der einzige im Mittellat. Wörterb. 1,8
dafür zitierte Beleg; s.a. Dahlhaus
a.a.O. 396 mit Anm. 187, dort auch Zitat aus Heineccius
a.a.O. 34, der unter Berufung auf Thietmar vorschlägt: “abavus pro
proavo sumitur”); unklar ist, ob die eigenmächtige Änderung im Druck Böhmers zu
ab atavo (s. Anm. k; diese Lesung auch von Meyer von Knonau
a.a.O. in seinem Zitat zugrundegelegt) ein bloßer Druckfehler ist
oder gleichfalls eine Umdeutung zu “Urgroßvater” intendierte, da
atavus im strengen Sinne zwar den “Großvater der Urgroßeltern” bezeichnet, in
seiner weiteren Bedeutung aber, neben allgemeinem “Urahn”, zwischen
“Ururgroßvater”, “Urgroßvater” und “Großvater” schwanken kann (s.
Mittellat. Wörterb. 1,1122); Bode, der im Druck kommentarlos
ab avo liest, hatte aufgrund seines am Schluss beigegebenen Zitats aus dem
Georgenberger Mortuarium (… invictissimi principis Conradi II. Romanorum imperatoris, fundatoris
primi …; zum in den Jahren 1693–95 begonnenen Mortuarium vgl. Dahlhaus
a.a.O. 396f. mit Zitaten in Anm. 190), trotz des unpassenden
avus, wohl gleichfalls an Konrad II. gedacht; Janicke
hatte in Anm. a zu seiner Textlesung
ab avo lediglich das (von ihm demnach verworfene) doppelte
ab des Originals notiert, wozu Hoogeweg
in seiner Ergänzung in Bd. 2 des UB S. 591 vermerkt: “ist mit dem Or.
ab abavo im Sinn von
a proavo, Urgroßvater zu lesen” (s. Dahlhaus
a.a.O. 395 Anm. 184).
Dahlhaus
a.a.O. 395 hingegen hatte – ungeachtet dessen, dass ihm D.†31 als
“unzweifelhaftes Produkt der Kanzlei Heinrichs V.” gilt – als erster
die Stelle auf Heinrichs V. Großvater, Heinrich III., bezogen, indem er das erste der beiden
ab (als Fehler des Notars) eliminierte. Wir haben uns, ohne hier auf die
Erörterung auch der sachlichen Gründe eingehen zu können, in unserem
Kopfregest dieser überzeugenderen Lösung angeschlossen, da uns
insbesondere der Versuch Spiers a.a.O. 35, die deutliche Wortfuge vor
avo wegzudiskutieren, verfehlt erscheint. Geht man von der Lesung
ab avo im verlorenen Original aus, lässt sich die fehlerhafte Doppellesung
des
ab durch den auch sonst nicht fehlerfreien Fälscher (vgl. Anm. p. und t)
evtl. so erklären, dass im Original zwischen
situm und
ab avo Zeilenwechsel erfolgt war; der Fälscher hätte bei seiner etwas anderen
Zeilenaufteilung nach
situm zur Füllung der Zeile noch das
ab eingesetzt und dann versehentlich seine neue Zeile statt nur noch mit
avo – genauso wie seine Vorlage – mit
ab avo eröffnet.
Uneins sind beide Autoren auch in der schon vorher vieldiskutierten
Frage, ob das
monasterium … ab avo meo fundatum auf Vorgängerbauten und, wenn ja, auf welche, zurückgreifen konnte:
Während Spier
(a.a.O. passim, 20ff., 39, 43f.) nachzuweisen versucht, hier auf dem
Georgenberg im Norden von Goslar habe die älteste, quellenmäßig seit
Heinrich II. fassbare ottonisch-salische Kaiserpfalz gestanden und sei
erst unter Heinrich III. durch die neue Kaiserpfalz an ihrem heutigen
Platz am Liebfrauenberg südlich der Altstadt abgelöst worden, geht Dahlhaus
(a.a.O. 391ff., 399) von der Kontinuität des Pfalzplatzes am
Liebfrauenberg aus. – Die Entscheidung dieser Frage ist allenfalls von
eingehenderen archäologischen Untersuchungen zu erwarten – berührt
aber letztlich nicht die diplomatische Interpretation unseres Textes,
in dem wegen des Begriffes
fundatum mit dem
monasterium ganz eindeutig das geistliche Stift gemeint ist; insofern ist es
jedenfalls absolut verfehlt, wenn Spier
(a.a.O. 34) zu dieser Textstelle erklärt: “Der Bezug auf [scil. den
avus Heinrich III., nach ihm der
abavus] Konrad II. gilt natürlich nicht
der Gründung des Chorherrenstifts, sondern speziell der Baulegung …
als Pfalzkapelle”. Und schließlich war aus unserer Sicht, wenn es auf
dem Georgenberg tatsächlich eine ältere Vorgängerpfalz gegeben haben
sollte, für deren Umwandlung in ein
monasterium erst mit dem Pfalzneubau Heinrichs III. die Voraussetzung gegeben, was
wiederum für Heinrich III. als
fundator des
monasterium spricht.
Klarheit in beiden Fragen fehlt auch in der jüngsten seither
erschienenen Literatur: Streich
(a.a.O.) neigt, namentlich hinsichtlich der Verlegung der Pfalz, den
Ansichten Spiers zu, wohingegen Zotz
in Dt. Königspfalzen 4,264ff. und zuletzt in einer ausführlichen
Untersuchung Ehlers
in Nieders. Jahrb. 70,128ff. zwar Spiers Lesung
ab abavo (auf Konrad II. bezogen) verteidigen (Zotz
a.a.O. 268 u. 271, Ehlers
a.a.O. 141ff.), sich jedoch Dahlhaus
in der Ablehnung des Georgenbergs als früheren Pfalzortes anschließen
(Zotz
a.a.O. 269f., Ehlers
a.a.O. 164). Gegenüber der entschiedenen Ablehnung Heinrichs III. als
Gründer des Stifts Georgenberg durch Zotz
(a.a.O. 267: “Da somit Heinrich III. als Gründer … ausscheidet”; S.
271: “Gründung … durch Konrad II.”) und Ehlers
(a.a.O. 142: “kommt … Heinrich III. nicht in Frage”) hatte sich Schneidmüller
in Festschr. H. Schmidt
32 mit Anm. 19 in beiden Fragen den Ansichten von Dahlhaus
angeschlossen, und bei Wendehorst-Benz, Verz. der Säkularkanonikerstifte 273 (Nachdr. aus Jahrb. f. fränk. Landesf. 54,61) ist Heinrich III.
ohne Einschränkung als Gründer bezeichnet.