Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde

Abbildungsverzeichnis der europäischen Kaiser- und Königsurkunden

<<†31.>>

Unecht.

Heinrich übereignet der bischöflichen Kirche von Hildesheim das von seinem Großvater (Heinrich III.) gegründete, aber unvollendet gebliebene Kloster Georgenberg zu Goslar <und gibt letzterem zur Nutzung durch die Insassen die Grafschaft im Harzgau und umliegendes, durch zwei Straßenzüge begrenztes Land mit dem Namen Al unter Einschluss eines Wäldchens>.

Aachen, 1108 Januar (erste Hälfte).

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Angebliches Original (ca. 40 b : 54 h) zuletzt im Urkundenbestand des Historischen Vereins für Niedersachsen im Staatsarchiv zu Hannover, 1943 durch Kriegseinwirkung vernichtet (A). – Original-Transsumpt Ks. Karls IV. von 1360 April 20 (B.-Huber Reg. 3105 zu April 21) im Hauptstaatsarchiv zu Hannover (B). – Original-Transsumpt Ks. Maximilians II. von 1576 August 7, p. 3 aus A (C1) und p. 7–8 aus B (C2) ebenda.

Faks.: Taf. ■. – Teilfaks.: Spier, Der Georgenberg 68 Taf. 8.

Drucke: Aus A: Heineccius, Antiqu. Goslar. 110 unvollständig und fehlerhaft = Calvör, Sax. inf. 475. – Aus B (nach Abschrift Bethmanns): Böhmer, Acta imp. 69 no 74. – Aus A: Bode, UB d. Stadt Goslar 1,194 no 151 zu Januar (6–31). – Janicke, UB d. Hochst. Hildesheim 1,149 no 164 zu Januar [6–31] (vgl. Ergänzung in Bd. 2 [ed. Hoogeweg] S. 591).

Reg.: Georgisch, Reg. chronol.-dipl. 485 no 3. – Hempel, Inv. dipl. hist. Sax. inf. 1,63 no 1. – Wauters, Table chronol. 2,796. – Böhmer Reg. 1985. – Stumpf Reg. 3025.

Die Überlieferung des für den Bischof von Hildesheim ausgestellten D.†31 lässt sich nicht bis ins Mittelalter zurückverfolgen. Das Original gehörte jedenfalls nach Ausweis eines Georgenberger Repertoriums von ca. 1700 (Staatsarchiv Hannover, Hs. BB 23a; zitiert bei Diestelkamp in Nieders. Jahrb. 10,53f. Anm. 4) damals zum Fonds des Stifts Georgenberg, war aber im Jahre 1830 bei dessen Überführung aus dem Hildesheimer Landesarchiv ins Staatsarchiv Hannover nicht mit diesem dorthin gelangt, sondern befand sich im Jahre 1858 noch im Privatbesitz von H. A. Lüntzel (vgl. dessen Gesch. Hildesheim 1,358 Anm. 5), aus dessen Hand es später ins städt. Museum (Stadtarchiv) Hildesheim gelangte (als 1893 dort befindlich erwähnt von Bode, ebenso bei Janicke und auch noch [1956] bei Hausmann, Reichskanzlei 64 no 10); im Jahre 1932 wurde es aufgrund eines Magistratsbeschlusses seitens des Stadtarchivs, zusammen mit dem erst 1930 in Privathand entdeckten DF.I.10 von 1152 (s. Diestelkamp a.a.O. mit Vermutungen über den Weg der Entfremdung aus dem Fonds), an das Archiv des Hist. Vereins für Niedersachsen (im Staatsarchiv Hannover) abgegeben, dessen Bestände im Jahre 1943 vernichtet wurden (vgl. auch Goetting in MIÖG 78,136 Anm. 29). Uns stand glücklicherweise eine im Stadtarchiv, demnach vor 1932 gefertigte Filmaufnahme der Vorderseite aus dem Besitz F. Hausmanns zur Verfügung, die nunmehr unsererseits beim Staatsarchiv Hannover hinterlegt wurde. – Aus den Transsumpten werden nur einige wenige Varianten zitiert.

Die womöglich von Anfang an ausschließliche Überlieferung im Fonds von Georgenberg erklärt sich am einfachsten durch die Annahme, dass das echte Original entweder sogleich oder zumindest sehr früh in den Besitz des Georgenberger Konvents gelangt war, von dem es dann etwa in der Mitte des 12. Jh. dazu verwendet wurde, um auf seiner Grundlage in Gestalt des D.†31 ein neues Diplom herzustellen, das bisher uneingeschränkt als echt angesehen wurde, das sich jedoch inhaltlich und äußerlich, namentlich durch seine Schrift, als Fälschung erweisen lässt. – Bei deren Herstellung war vermutlich bei dem Versuch, vom echten Original das heute verlorene Siegel auf das Falsum zu übertragen, dieses gleich zerbrochen (vgl. Anm. 2) oder es hatte keinen ausreichenden Halt gefunden, so dass es späterer Nachbefestigungen bedurfte (s. Anm. a’).

Gegenstand und Zweck der Verfälschung war innerhalb der zweiteiligen Dispositio wohl eindeutig ihr von uns als Interpolation gekennzeichneter, mit Preterea angeschlossener ganzer Schluss. Dies ergibt sich in erster Linie daraus, dass hier nicht mehr die Hildesheimer Kirche als ursprünglicher Empfänger der Begünstigte war, sondern der Georgenberger Konvent (ad utilitatem inibi deo servientium); abgesehen von einem Auslassungsfehler (s. Anm. t) erweist sich die Interpolation auch durch den Tempuswechsel im dispositiven Verb (addimus gegenüber vorangehendem tradidimus).

Am ursprünglichen Kontext, der demnach nur die Übertragung des Klosters an Hildesheim beurkundet hatte, dürfte der im Georgenberger Konvent zu suchende Fälscher keine Änderungen vorgenommen haben (lässt sich bei dem vom sonstigen Ausstellerplural abweichenden meo von Z. ■■ nicht entscheiden). Da in diesem auch kein Kanzleidiktat erkennbar ist, hatte er wohl auf einem von einem Notar des Hildesheimer Bischofs herrührenden Empfängerentwurf beruht, zumal die enge Verbindung von Bann und Besiegelung in der hiesigen Korroboratio (s. dazu Ficker, Beitr. 2,107f.), wie sie auch in NUU.I u. II beibehalten ist, eine häufige Erscheinung in bischöflichen Urkunden darstellt (s. Bresslau, Handb. 21,711f.; vgl. z.B. die Urkunde B. Bernhards von Hildesheim von 1131 Juni 12, Janicke a.a.O. 179 no 196); zum seltenen Vorkommen des Banns in den Diplomen Heinrichs V. vgl. Studtmann in AfU 12,318f.

Hausmann a.a.O. hatte noch behauptet, das Original in der vorliegenden Gestalt sei von Notar Adalbert A mundiert gewesen, dessen Diktat er zutreffend lediglich “im Eschatokoll” konstatierte. Die einschränkende Formulierung “im” Eschatokoll bezieht sich wohl darauf, dass in der Datierung die bloße Nennung des Monatsnamens (zudem sprachlich inkorrekt im Genitiv; zu richtiger Formulierung s. D.†27 mit Data mense decembri) der Kanzlei gänzlich fremd ist und evtl. erst auf den Fälscher zurückgeht; vgl. dazu weiter unten. – Im übrigen aber entspricht die Formulierung des Eschatokolls in der Tat vollständig dem Diktat des Notars: Die Signumzeile begegnet mit diesem Wortlaut seit dem D.9; während in der Rekognitionszeile vor dem D.21 (bzw. D.20) das hiesige et archicancellarii fehlte, ist diese Erweiterung seitdem häufiger anzutreffen (s. noch DD.24, 35 u.ö.).

Insbesondere aber verrät sich das Diktat des Notars durch die Jahreskennzahlen in der im übrigen seit D.9 in ihrer Formulierung konstanten Datumzeile, in der hier neben dem falschen 9. Ordinationsjahr (s. Anm. 3) die beiden anderen Zahlen richtig sind: Dies gilt einerseits für die Indiktion, die der Notar während des Jahres 1107 um eine Einheit zu niedrig berechnet hatte (XIIII, letztmals in D.†23, vgl. dazu Vorbemerkung zu D.19), für die er dann seit Beginn des Jahres 1108, erstmals in unserem D., die richtige Zahl I bietet, wozu er allerdings die Zahl des Jahres 1107 gleich um 2 Einheiten hatte erhöhen müssen. – Bei den beiden anderen Zahlen hatte er jedoch gegenüber den Zahlen des Jahres 1107 keine Erhöhung vorgenommen, sondern behielt sowohl das für 1107 richtige, jetzt aber falsche 9. Ordinationsjahr (statt X) bei als auch die für das Jahr 1108 richtige Zahl III für die Regierungsjahre, zu der er schon verfrüht in der zweiten Hälfte des Jahres 1107 gewechselt hatte (vgl. ebenfalls Vorbemerkung zu D.19). – Bei den Zahlen des D.†31 ist der Notar dann konsequent in allen Diplomen des Jahres 1108 geblieben (s. DD.32 … †40); er hat sie sogar partiell in die beiden einzigen von ihm stammenden Diplome des Jahres 1109, DD.43 und 44, hinübergeschleppt: D.43 mit unveränderter Indiktion (I statt II) und jetzt um 2 Einheiten zu niedriger Ordinationszahl (VIIII statt XI), aber mit richtig um 1 Einheit erhöhtem 4. Regierungsjahr, umgekehrt in D.44 mit zwar richtiger 2. Indiktion, aber wie hier mit seit 1107 unverändertem 9. Ordinations- und 3. Regierungsjahr.

Wenn übrigens Bode und ihm folgend Janicke das Januardatum – zu weit gefasst – auf den 6.–31. eingrenzen und dabei für die untere Grenze offenbar vom Epochentag des Regierungsjahres (6. Jan.) ausgehen, so ergibt sich aus der dargelegten Beibehaltung der Zählungen des Jahres 1107 für dieses sowie für das Ordinationsjahr (Epochentag: 5. Jan.), dass dafür die rechnerische Grundlage fehlt; ausdrücklich auf den Epochentag des Regierungsjahres bezieht sich auch Stüllein, Itinerar 38, der mit seiner engeren Eingrenzung auf Januar 6–20 berücksichtigt, dass Heinrich, der mit D.32 am 28. Januar in Mainz urkundete, spätestens am 20. Januar in Aachen aufgebrochen sein müsste. Geht man jedoch davon aus, dass zwar die Angabe des ianuarii zutreffend ist, das unkanzleigemäße (s. oben) mense jedoch auf einem Versehen (erst des Fälschers?) beruht und eigentlich eine Datierung nach dem römischen Kalender intendiert – und evtl. auch im ursprünglichen Original enthalten war (dafür könnte das entsprechende Tagesdatum [XV. kal iulii] in der sonst von der Formulierung des D.†31 abhängigen Datumzeile des DLo.III.22 [= NU.I] und schließlich, als Spur, auch der hiesige Monats-Genitiv [s. oben] sprechen) –, dann kommt nur ein Tagesdatum vor dem Wechsel zur Kalendenzählung (mit febr.-Nennung, ab 14. Jan.) in Betracht, und zwar, nachdem Heinrich schon das Weihnachtsfest 1107 in Aachen gefeiert hatte (s. Stüllein a.a.O. 37; vgl. DD.†29/†281), nur ein Datum in der ersten Monatshälfte (mit Nonen- oder Idenangabe; es geht wohl zu weit, das m̄se des Originals – wegen der Oberlänge des langen s – als Verlesung eines id̄ anzusehen, womit sich, wenn keine Zahl ausfiel, der 13. Jan., oder bei Ausfall von II oder III, an deren Stelle durch Verlesung das m getreten wäre, der 12. oder 11. Jan. ergäbe) – eine Ansetzung noch in die letzten Tage des Jahres 1107 (mit kal. ian.) scheidet wegen der Erhöhung der Indiktion aus.

Eindeutig falsch ist Hausmanns Zuweisung auch der Schrift an Adalbert A. Was uns vorliegt, ist vielmehr das Produkt eines Empfängerschreibers, der lediglich die Schrift eines vom Notar geschriebenen Originals nachzuahmen suchte, was er mit der dem Notar völlig fremden Vornahme von Kürzungen in der Elongata der 1. Zeile (s. Anm. g) sowie bei der fehlerhaften Zeichnung des Monogramms (s. Anm. z) zwar verfehlte, was ihm jedoch vermutlich beim Chrismon (s. Anm. a), insbesondere aber bei der Elongata der 1. Zeile sowie der Unterfertigungszeilen weitgehend gelang, wo fast alle bei Adalbert A schon seit dem D.9 (vgl. Hausmann a.a.O. Taf. 2a) nachweisbaren Elemente wiederkehren: Dies gilt u.a. für die zittrige Schreibung der Schäfte von c, e, o und t sowie (bei Adalbert A seit D.12 nachweisbar) von A, die Einkerbung der Rundung des d, die hier nur in der Elongata verwendete Zeichnung des dipl. Kürzungszeichens (einem senkrecht durchstrichen S ähnelnd), schließlich für die bei Adalbert A seit D.19 begegnende Schreibung des elongierten t mit einem bogig am Schaft ansetzenden Deckstrich und einer ausgeprägten Fußschleife.

Offenbar dem Vorbild des Adalbert A folgte der Schreiber auch darin, dass er die Oberlängenverschleifungen im Kontext völlig anders als in der Elongata gestaltete: Während Adalbert A die, durch Beschädigung des oberen Blattrandes (s. Anm. b) hier nur in den Unterfertigungszeilen deutlich erkennbare, Form der Umschlängelung der Oberlänge zunächst (vgl. DD.9 u. 19) einheitlich sowohl in der Elongata als auch im Kontext praktiziert hatte, war er später, wie die von ihm geschriebene Vorlage des D.37 (s. Hausmann a.a.O. Taf. 1) zeigt (s.a. die Diplome seit D.44), dazu übergegangen, im Kontext – wie der Schreiber unseres D. – die Oberlängen von links her mit 2–3 Doppelschleifen zu eröffnen – doch verrät sich gerade hier der Nachahmer: Nicht nur ist in D.†31 die Zahl der Doppelschleifen (bis zu fünf) ganz ungleichmäßig, sondern sind mit Oberlängenverschleifungen auch (unvollständig) die Buchstaben b, d, h und l und sogar der linke Arm von V ausgestattet, während sich Adalbert A im Kontext, von Ausnahmen abgesehen, durchwegs auf entsprechende Ausstattung von f und langem s beschränkte.

In der Kontextschrift orientierte sich der Schreiber nur ganz allgemein an einer Diplomschrift; dem Adalbert A fremd ist z.B. die hier häufige Schreibung des a mit überhöhtem Schaft (vgl. z.B. Anm. k). Das im Kontext des D.†31 konstant verwendete dipl. Kürzungszeichen einer “liegenden Acht” (s. Anm. i) ist keineswegs, wie von Petke in Festschr. Jakobs 270 erklärt, das “von Heinrich (I) [= Adalbert A] damals verwendete”; es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass der Empfängerschreiber auch hier seinem Vorbild zu folgen trachtete, da das zumindest auf einem von Adalbert A geschriebenen Original basierende D.37, das an die fünf verschiedene Formen eines Kürzungszeichens aufweist, auch einigemale (s. Hausmann a.a.O. Taf. 1 Z. 2, 3, 5, 6) mit einem einer liegenden 8 zumindest ähnelnden Zeichen aufwartet, das aber jeweils, anders als hier, unten einen mittigen An- bzw. Abstrich besitzt; der Hinweis Petkes auf das (angeblich) “kleeblattförmige” Zeichen in D.†40 (s. Hausmann a.a.O. Taf. 2b), das seiner Meinung nach “vielleicht auch bereits im Original” von D.†31 verwendet war und in dem er (a.a.O. 269f. u. 275) das denkbare Vorbild für das auf einem v aufgebaute dipl. Kürzungszeichen seines Schreibers “Riechenberg A” sehen möchte, ist unbrauchbar, da Adalbert A nicht der Schreiber des erhaltenen Originals von D.†40 war (vgl. dortige Vorbemerkung).

Vermutlich in noch unveränderter Gestalt, also ohne die Interpolation, hatte das Original dem DLo.III.22 für Kl. Riechenberg von 1129 Juni 17 (B.-Petke Reg. 198 = NU.I) vorgelegen, für das D.†31 auch das graphische Vorbild der Elongata in der 1. Zeile und in den Unterfertigungszeilen lieferte (nicht für das Chrismon, wie in der Vorbemerkung zu DLo.III.22, wiederholt bei Petke, Grafen von Wöltingerode-Wohldenberg 269 Anm. 95 u. 288 Anm. 104, und von Koch, Schrift der Reichskanzlei 317 Anm. 2 behauptet), außerdem auch dem echten Kern des um 1180 verfälschten DKo.III.17 für die Missionskirche zu Segeberg von 1139 Jan. 5 (= NU.II); während NU.I sich in Arenga und Korroboratio nur in verkürzter und abgewandelter Form, stärker in der Formulierung der Rekognitionszeile und der Datierung (s. oben) an D.†31 anlehnte (vgl. Klinkenborg in Zs. d. Hist. Ver. f. Nieders. 1899 104f. [mit Spaltdruck] und Goetting a.a.O. 140), hat NU.II neben etwas stärkeren Übernahmen in der Korroboratio die Arenga fast wörtlich übernommen.

Bei den in den Drucken beider Nachurkunden durch Petitsatz als Übernahmen aus D.†31 gekennzeichneten Stellen in der Pertinenzformel (NU.I S. 33 Z. 27f.; NU.II S. 31 Z. 4) dürfte D.†31 als Vorlage wohl ausscheiden. Zur Erklärung der Entlehnungen in diesen, beide in Goslar ausgestellten und Empfängerausfertigungen darstellenden Nachurkunden vgl. die dortigen Vorbemerkungen, Helleiner in MÖIG 44,23 Anm. 6 und B.-Petke Reg. 198. – Die Kennzeichnung des Preterea und insbesondere des munificentia in NU.I (S. 33 Z. 36f.) durch Petitsatz könnte den falschen Eindruck erwecken, beides sei von der interpolierten Stelle des D.†31 abhängig, in welchem Falle die Interpolation schon damals hätte erfolgt sein müssen; das dortige munificentia geht jedoch höchstwahrscheinlich auf den (auf Gott bezogenen) Begriff in dem in NU.I nicht übernommenen Teil der hiesigen Arenga (Z. ■) zurück, den der Fälscher seinerseits, jetzt auf den König angewandt, in seiner Interpolation wiederaufgegriffen hatte; das Preterea am Beginn der Interpolation war umgekehrt zweifellos durch NU.I angeregt, und für die parallele Eröffnung der späten Interpolation der NU.II gleichfalls mit Preterea (S. 31 Z. 9) könnte sowohl NU.I als auch D.†31 das Vorbild geliefert haben, falls ein solches überhaupt erforderlich war.

Den absoluten Terminus ad quem der Fälschung bildet die große Schiedsurkunde B. Bernhards I. von Hildesheim von 1151 März 14 (Janicke a.a.O. 251 no 272), wo es über ein durch Georgenberg käuflich erworbenes predium/novale in Thiedwardigerode, unter auffälliger und eigentlich überflüssiger Betonung der Herleitung von Heinrich V., heißt (Übereinstimmungen mit D.†31 in Petit), dass idem predium contiguum erat silve, quę Al dicitur, quam liberalitas Heinrici regis quinti prefatę ęcclesię contulerat. Direkte Benützung unseres D. in seiner interpolierten Gestalt, ohne die Nennung Heinrichs, einerseits für Arenga und Publikatio und andererseits für die Stelle über die silva, quę Al dicitur, zeigt dann erstmals das DF.I.10 von 1152 Mai 9 (= NU.III; enthält auch eine Bestätigung von Thiedwardingerothe), wo es mitten in der Besitzliste heißt (Übereinstimmungen mit D.†31 in Petit): item silvam, quę Al dicitur, civitati Goslarie contiguam, cum universis agris cultis et incultis, inter duas publicas vias et antiquas, unam, que Beningeroth, alteram, que Immeneroth ducit.

Diese letzte Stelle ist dann in einer wohl wenig jüngeren – ursprünglich undatierten und erst zu Ende des 13. Jh. mit einer Datumzeile mit dem wohl aus der anderen Urkunde B. Bernhards für Georgenberg, Janicke a.a.O. 179 no 196, entliehenen Datum 1131 Juni 12 versehenen – Urkunde Bernhards wiederholt (Janicke a.a.O. 180 no 197 = NU.IV; zur Datierung zu “frühestens nach 1150” bzw. “nicht vor dem Jahre 1150” vgl. Petke, Grafen 25f. Anm. 22 und in Festschr. Jakobs 270 Anm. 49; in den Vorbemerkungen zu DF.I.10 und DW.196 noch zu 1131 datiert; Goetting, Hildesheimer Bischöfe 369 möchte schlicht das Datum “12. Juni 1151” einsetzen), und zwar jetzt an die Spitze der Georgenberger Besitzungen gerückt (Übereinstimmungen mit D.†31 in Petit): universas possessiones ęcclesię beati Georgii iuxta Goslariam sitę, videlicet silvam, quęAl dicitur cum universis agris cultis sive incultis, inter duas publicas et antiquas vias, unam, quę Beniggeroth, alteram, quę Immenroth ducit; weiter unten erscheint dann noch eine gewichtige Erweiterung über die Schenkung der decima super agros, qui Al dicuntur, durch B. Berthold I. (1119–1130), vgl. D.224.

Teils von dem DF.I.10 (= kursiver Petitsatz), teils aber unmittelbar von D.†31 (= Petitsatz) abhängig ist sodann die betreffende, dort ebenfalls die Besitzliste eröffnende Stelle im Privileg P. Cölestins III. von 1196 März 7 (JL 17341; Janicke a.a.O. 495 no 520 = NU.V): silvam, que dicitur Al, Goslarie contiguam, cum universis agris cultis et incultis, quicquid est inter duas publicas et antiquas vias, unam, que in Imenroth, et alteram, que Beningeroth ducit (S. 496 Z. 16–19). – Abgesetzt davon folgt dann (Z. 29–32), auf der Grundlage von D.†31 (= Petitsatz), wobei unorganisch die dort auf das monasterium bezogene Pertinenzliste hierher gezogen wurde, die erstmalige Bestätigung der Harzgau-Grafschaft: comitatum etiam situm in pago, qui Hertega dicitur, ab Henrico quinto imperatore ecclesie vestre collatum, cum omnibus prediis ad ipsam[!] pertinentibus, villis videlicet, mancipiis, pratis, aquis aquarumque discursibus; unmittelbar anschließend (Z. 32–36) wird dann noch der Inhalt von D.224, verquickt mit obiger Zehntschenkung B. Bertholds, bestätigt (s. Vorbemerkung zu D.224). Durch die Bewertung des Dispositio-Nachtrages ab Preterea als Interpolation wird zumindest die Zeitgemäßheit seines mit einer Ausnahme bislang unangezweifelten Inhalts in Frage gestellt. – Im Sinne unseres Interpolationsverdachts hatte bisher lediglich Berges in Dt. Königspfalzen 1,145 Anm. 92 den Passus über die Grafschaft im Harzgau als “unecht” verworfen und dies damit begründet, dass der – in NU.IV (von ihm zu 1131 datiert) noch unerwähnte (gilt ebenso für NU.III) – Passus nur in NU.V von 1196 wiederkehre. Petke, Grafen 269 Anm. 95 verwirft diese These mit dem alleinigen, jetzt nicht mehr zutreffenden Argument der Echtheit des D.†31 und erklärt das Fehlen des Grafschaftspassus – in Widerspruch zum Wortlaut des D.†31 (a.a.O. 268 ist auch unrichtig als dessen Inhalt wiedergegeben, dass Heinrich “dem Bistum Hildesheim das Stift Georgenberg vor Goslar nebst dem Alwald und einem Komitat … übertrug”) – damit, “daß der Komitat kein durch das Stift selbst nutzbares Recht darstellte”; da Hildesheim nicht der Empfänger des D.†31 in seiner vorliegenden Gestalt war, relativieren sich auch Petkes Argumente für die in der Literatur strittige (vgl. a.a.O. 264ff., bes. 268ff. mit Anm. 95–98) Identität des hiesigen comitatus mit dem von Heinrich IV. mit D.218 von 1069 Aug. 15 an Hildesheim übertragenen comitatus in pag(o) … Hardegan, und jedenfalls entfällt die Grundlage für die Annahme (a.a.O. 269), es handele sich hier um eine, gegen die befürchtete Entfremdung durch den seit 1106 amtierenden Herzog Lothar gerichtete (und von Hildesheim erwirkte) “Bestätigung” der Tradition von 1069. – Der interpolierte Passus drückte vermutlich sogar eine seitens des Stifts gegen Hildesheimer Ansprüche auf gräfliche Rechte gerichtete Tendenz aus!

Die behauptete Übereignung der terra … Al erweist sich allein dadurch als Interpolation, dass diese nach D.224 von 1120 damals noch Reichsgut war und vermutlich auch erst damals ins Eigentum von Georgenberg gelangte, vgl. dortige Vorbemerkung; zum Reichsgutcharakter s. Wilke, Das Goslarer Reichsgebiet 22; Petke, Grafen 259f. wertet demgegenüber Heinrichs Rodungsauftrag an Goslarer Einwohner von D.224 als Eingriff in den Güterbestand des Stifts Georgenberg, da er die dortige silva, quę vocatur Al, fälschlich als (bereits) “diesem gehörend” bezeichnet. – Zur Lage nördlich von Goslar vgl. Berges a.a.O. 133.

Wie in D.224 ist in allen anderen Texten (vgl. Zitate oben und in Vorbemerkung zu D.224 sowie bei Grundner-Culemann, Flurnamen des Stadtkreises Goslar 3,138f.) der Name Al immer nur für eine silva verwendet; nach D.†31 wäre dies jedoch der Name eines Landgebietes ( terra ) gewesen, das einerseits die ganze Umgebung des Stifts (nur auf dieses kann das circumiacentem von Anm. s bezogen werden) eingeschlossen hätte und von dem andererseits die silvula einen Bestandteil gebildet hätte; in circumiacentem ein Versehen des Schreibers für ein zu silvula gehöriges circumiacente annehmen zu wollen (vgl. die Varianten von Anm. s), worauf sich dann der den Namen Al enthaltende Relativsatz beziehen könnte, scheitert sprachlich daran, dass die silvula, die wegen der Wortwahl nur eine bescheidene Größe gehabt haben kann, nicht ihrerseits eine (gerodete?) terra einschließen konnte; der Text besagt jedenfalls eindeutig, dass die durch die genannten zwei Wege begrenzte terra das Traditionsobjekt bildete. – Offenbar gehörte übrigens auch nach 1120 noch nicht das ganze fragliche Gebiet dem Kloster, da B. Bernhard mit seiner erwähnten Urkunde von 1131 Juni 12 (Janicke a.a.O. 179 no 196) agros quosdam sitos ad orientalem partem silvulę illius, quę Al dicitur, in loco villę desolatę, que Bardenhusen appellatur, die ihm von einem damit belehnten Ministerialen resigniert worden waren, zusammen mit der decima eiusdem possessionis dem Kloster schenkte.

Die Feststellung der Nichtoriginalität des D.†31 ermöglicht aber nun auch eher die Lösung der gerade in jüngster Zeit wiederholt und äußerst kontrovers diskutierten Frage der Deutung des ab ab avo von Anm. k, in der insbesondere zwei im Jahre 1991 erschienene Untersuchungen entgegengesetzte Positionen beziehen, der Beitrag von Dahlhaus in Die Salier u. das Reich 2,373ff., bes. 387ff. u. 395ff., und die als Antwort darauf gedachte Monographie von Spier a.a.O., bes. 33ff.; vgl. dazu die Sammelbesprechung von Streich in Hildesheimer Jahrb. 64,191ff.:

Mit der gesamten älteren Literatur, die einhellig, aber ohne gesicherte Grundlage, Heinrichs V. Urgroßvater, Konrad II., als Gründer des Stifts Georgenberg ansah (von älteren Autoren vgl. z.B. Lüntzel a.a.O. 1,271 u. 358; Bresslau, Jahrb. Ko.II. 2,382; Meyer von Knonau, Jahrb. 6,75 Anm. 1; in jüngerer Zeit z.B. noch Petke, Grafen 258; Goetting, Hildesheimer Bischöfe 306), sieht sich Spier a.a.O. 35f. im Einklang, indem er an der betreffenden Stelle ab abavo liest, sich aber für seine Deutung auf Konrad II. genötigt sieht, die klassische Bedeutung von abavus = “Ururgroßvater” durch “Urgroßvater”, wofür das Lateinische den eindeutigen Begriff proavus kennt, zu ersetzen, wobei ihn offenbar nicht stört, dass er sich für die Deutung als “Urgroßvater” nur auf eine einzige Stelle bei Thietmar berufen kann (Chron. 1,10; dies der einzige im Mittellat. Wörterb. 1,8 dafür zitierte Beleg; s.a. Dahlhaus a.a.O. 396 mit Anm. 187, dort auch Zitat aus Heineccius a.a.O. 34, der unter Berufung auf Thietmar vorschlägt: “abavus pro proavo sumitur”); unklar ist, ob die eigenmächtige Änderung im Druck Böhmers zu ab atavo (s. Anm. k; diese Lesung auch von Meyer von Knonau a.a.O. in seinem Zitat zugrundegelegt) ein bloßer Druckfehler ist oder gleichfalls eine Umdeutung zu “Urgroßvater” intendierte, da atavus im strengen Sinne zwar den “Großvater der Urgroßeltern” bezeichnet, in seiner weiteren Bedeutung aber, neben allgemeinem “Urahn”, zwischen “Ururgroßvater”, “Urgroßvater” und “Großvater” schwanken kann (s. Mittellat. Wörterb. 1,1122); Bode, der im Druck kommentarlos ab avo liest, hatte aufgrund seines am Schluss beigegebenen Zitats aus dem Georgenberger Mortuarium (… invictissimi principis Conradi II. Romanorum imperatoris, fundatoris primi …; zum in den Jahren 1693–95 begonnenen Mortuarium vgl. Dahlhaus a.a.O. 396f. mit Zitaten in Anm. 190), trotz des unpassenden avus, wohl gleichfalls an Konrad II. gedacht; Janicke hatte in Anm. a zu seiner Textlesung ab avo lediglich das (von ihm demnach verworfene) doppelte ab des Originals notiert, wozu Hoogeweg in seiner Ergänzung in Bd. 2 des UB S. 591 vermerkt: “ist mit dem Or. ab abavo im Sinn von a proavo, Urgroßvater zu lesen” (s. Dahlhaus a.a.O. 395 Anm. 184).

Dahlhaus a.a.O. 395 hingegen hatte – ungeachtet dessen, dass ihm D.†31 als “unzweifelhaftes Produkt der Kanzlei Heinrichs V.” gilt – als erster die Stelle auf Heinrichs V. Großvater, Heinrich III., bezogen, indem er das erste der beiden ab (als Fehler des Notars) eliminierte. Wir haben uns, ohne hier auf die Erörterung auch der sachlichen Gründe eingehen zu können, in unserem Kopfregest dieser überzeugenderen Lösung angeschlossen, da uns insbesondere der Versuch Spiers a.a.O. 35, die deutliche Wortfuge vor avo wegzudiskutieren, verfehlt erscheint. Geht man von der Lesung ab avo im verlorenen Original aus, lässt sich die fehlerhafte Doppellesung des ab durch den auch sonst nicht fehlerfreien Fälscher (vgl. Anm. p. und t) evtl. so erklären, dass im Original zwischen situm und ab avo Zeilenwechsel erfolgt war; der Fälscher hätte bei seiner etwas anderen Zeilenaufteilung nach situm zur Füllung der Zeile noch das ab eingesetzt und dann versehentlich seine neue Zeile statt nur noch mit avo – genauso wie seine Vorlage – mit ab avo eröffnet.

Uneins sind beide Autoren auch in der schon vorher vieldiskutierten Frage, ob das monasterium … ab avo meo fundatum auf Vorgängerbauten und, wenn ja, auf welche, zurückgreifen konnte: Während Spier (a.a.O. passim, 20ff., 39, 43f.) nachzuweisen versucht, hier auf dem Georgenberg im Norden von Goslar habe die älteste, quellenmäßig seit Heinrich II. fassbare ottonisch-salische Kaiserpfalz gestanden und sei erst unter Heinrich III. durch die neue Kaiserpfalz an ihrem heutigen Platz am Liebfrauenberg südlich der Altstadt abgelöst worden, geht Dahlhaus (a.a.O. 391ff., 399) von der Kontinuität des Pfalzplatzes am Liebfrauenberg aus. – Die Entscheidung dieser Frage ist allenfalls von eingehenderen archäologischen Untersuchungen zu erwarten – berührt aber letztlich nicht die diplomatische Interpretation unseres Textes, in dem wegen des Begriffes fundatum mit dem monasterium ganz eindeutig das geistliche Stift gemeint ist; insofern ist es jedenfalls absolut verfehlt, wenn Spier (a.a.O. 34) zu dieser Textstelle erklärt: “Der Bezug auf [scil. den avus Heinrich III., nach ihm der abavus] Konrad II. gilt natürlich nicht der Gründung des Chorherrenstifts, sondern speziell der Baulegung … als Pfalzkapelle”. Und schließlich war aus unserer Sicht, wenn es auf dem Georgenberg tatsächlich eine ältere Vorgängerpfalz gegeben haben sollte, für deren Umwandlung in ein monasterium erst mit dem Pfalzneubau Heinrichs III. die Voraussetzung gegeben, was wiederum für Heinrich III. als fundator des monasterium spricht.

Klarheit in beiden Fragen fehlt auch in der jüngsten seither erschienenen Literatur: Streich (a.a.O.) neigt, namentlich hinsichtlich der Verlegung der Pfalz, den Ansichten Spiers zu, wohingegen Zotz in Dt. Königspfalzen 4,264ff. und zuletzt in einer ausführlichen Untersuchung Ehlers in Nieders. Jahrb. 70,128ff. zwar Spiers Lesung ab abavo (auf Konrad II. bezogen) verteidigen (Zotz a.a.O. 268 u. 271, Ehlers a.a.O. 141ff.), sich jedoch Dahlhaus in der Ablehnung des Georgenbergs als früheren Pfalzortes anschließen (Zotz a.a.O. 269f., Ehlers a.a.O. 164). Gegenüber der entschiedenen Ablehnung Heinrichs III. als Gründer des Stifts Georgenberg durch Zotz (a.a.O. 267: “Da somit Heinrich III. als Gründer … ausscheidet”; S. 271: “Gründung … durch Konrad II.”) und Ehlers (a.a.O. 142: “kommt … Heinrich III. nicht in Frage”) hatte sich Schneidmüller in Festschr. H. Schmidt 32 mit Anm. 19 in beiden Fragen den Ansichten von Dahlhaus angeschlossen, und bei Wendehorst-Benz, Verz. der Säkularkanonikerstifte 273 (Nachdr. aus Jahrb. f. fränk. Landesf. 54,61) ist Heinrich III. ohne Einschränkung als Gründer bezeichnet.

(C.) In nomine sanctae et individuae trinitatis. Heinricvs divina favente clementia V. Romanorum rex. Quia regni nostri administrationem divina gubernatione dispensari cupimus, dignum est, ut eius munificentiam, qui de humili nos exaltavit, sumptis ab eius largitate muneribus honoremus. Sic enim humilitatem nostram scuto suę protectionis speramus obumbrari, si et ex eo regnare et regiminis nostri successum eius gratię satagamus asscribere. Unde tam presentibus quam futuris notum esse volumus, quia monasterium sancti Georgii in Goslaria situm, ab ab (!) avo meo fundatum quidem, sed inperfectum, cum pro animę nostrę remedio tum pro devoto fidelis nostri Vdonis episcopi servicio sancte Marię in Hildenesheim cum omnibus ad id pertinentibus, vineis scilicet, villis, mancipiis, pratis, pascuis, aquis aquarumve decursibus, molendinis, acquisitis ac quirendis, in proprium tradidimus. <Preterea ex regali nostra munificentia comitatum situm in pago, qui dicitur Herthega, terram quoque cum silvula circumiacentem, quę Al dicitur, quicquid inter duas publicas vias, unam, quę Beningerothe, alteram, quę Immerothe ducit, ad utilitatem inibi deo servientium addimus.> Quam traditionem, ne ab ullo futurorum regum irritetur, et sigilli inpressione et regalis banni auctoritate communivimus.

Signum domni Heinrici quinti Romanorum regis invictissimi. (M.4.) (SI.D.)

Albertvs cancellarius vice Rothardi Maguntini archiepiscopi et archicancellarii recognovit.

Data mense ianuarii, indictione I, anno dominice incarnationis millesimo CVIII, regnante Heinrico V. rege Romanorum anno III, ordinationis eius VIIII; actum est Aquisgrani; in Christi nomine feliciter amen.