Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde
<<†304.>>

Unecht.

Heinrich nimmt das von dem Grafen Megenhard von Sponheim gegründete und von Erzbischof Adalbert (I.) von Mainz bestätigte Kloster Sponheim in seinen Schutz, gewährt ihm die Freiheiten anderer Abteien des Reiches und verfügt, dass der Vogt auf Klage und mit Zustimmung des Klosters durch den Mainzer Erzbischof ausgewechselt werden kann.

Mainz, 1125 Februar 24.

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Autograph des Chronicon Sponheimense des Johannes Trithemius in M. ch. f. 126 f. 7v der Universitätsbibliothek zu Würzburg (B).

Drucke: Joh. Trithemius, Opera hist. (ed. Freher) 2,240 = Gallia Christiana 5,446 no 7 = Disselnkötter in Rhein. Vierteljahrsbl. 6,23 Auszug.

Reg.: Goerz, Mittelrhein. Reg. 1,484 no 1765. – Stimming, Mainzer UB 1,440 no 531. – Naumann-Humbeck, Grafen von Sponheim 65 no 47. – Stumpf Reg. 3207.

Während schon Stumpf das D.†304 als “wol interpoliert” bezeichnet hatte, ist es bei Meyer von Knonau, Jahrb. 7,315f. Anm. 2 unbeanstandet als Beleg für einen Mainzer Aufenthalt am angegebenen Tag verwendet und hat Stimming das Vorliegen zwingender Gründe für Stumpfs Interpolationsverdacht bestritten (er spricht versehentlich von “interpretiert” und zitiert fälschlich Stumpf mit der “Nr. 3204”). Demgegenüber gilt D.†304 schon seit längerem als Fälschung des Sponheimer Abtes Joh. Trithemius (Abt seit 1483, im Jahre 1506 an das Würzburger Schottenkloster St. Jakob transferiert, † 1516); vgl. dazu u.a. Disselnkötter a.a.O. 26 Anm. 12*, May in Nass. Ann. 60,34, Vogt, Unters. z. Gesch. d. Stadt Kreuznach 89 Anm. 34 u. 173 Anm. 105, Arnold, Joh. Trithemius 12f., Stüllein, Itinerar 107 mit Anm. 5, Hausmann in Jahrb. f. Landeskunde von Niederösterr. N.F. 43,162 Anm. 326.

Neben D.†304 und vermutlich gleichzeitig mit diesem hat Trithemius noch zwei weitere Urkunden zur “Aufhellung” der Frühgeschichte Sponheims gefälscht: Die in der Chronik dem D.†304 vorausgehende angebliche Stiftungsurkunde des Megenhardus dei gracia comes de Sponheim von 1125 August 21 (B f. 7r–v mit … MCXXV, indictione tercia [s. Anm. 3], XII. calend. septembris; Freher a.a.O. 240 mit MCV = May a.a.O. 42 Beilage I mit versehentlicher Angabe der Jahreszahl MCXV im Text [obwohl sowohl im Kopfregest – dieses mit dem richtigen Tagesdatum des 21. August – als auch in der dt. Übers. a.a.O. 27f. die Zahl 1105 verwendet ist]; gleichfalls aus Freher druckt Stimming a.a.O. 441 no 533, verwendet trotzdem die Jahreszahl MCXXV und bietet im Kopfregest das Datum 1125 März 26!); zum Fälschungscharakter vgl. Disselnkötter a.a.O. 23ff., May a.a.O. 26ff., Hucke, Grafen von Stade 213f.; vgl. auch Hausmann a.a.O. 144 Anm. 208 u. 162 Anm. 326. – Zum Nachweis der Fälschung des in der Chronik auf D.†304 folgenden (B f. 7v–8r), von Disselnkötter a.a.O. 26 Anm. 12* noch für echt gehaltenen Privilegs P. Honorius’ II. von 1127 März 23 (Freher a.a.O. 241; JL 7288; Jakobs, Germ. pont. 4.4,251 no †1) vgl. Büttner in ZGO 107,496ff. – Zu allen drei Fälschungen vgl. Mötsch in Archiv f. mittelrhein. Kirchengesch. 47,325f., mit Datierung der Megenhard-Urk. zu 1125 Aug. 31!

Für die Herstellung des als Totalfälschung zu wertenden D.†304 hat Trithemius zunächst seine beiden genannten Fälschungen (Megenhard = VL.II; Honorius II. = VL.V) herangezogen, darüberhinaus aus dem Sponheimer Archiv nur noch die echte Urkunde EB. Adalberts von Mainz von 1124 Juni 7 (B f. 6r–v; Freher a.a.O. 239; Stimming a.a.O. 427 no 522; Reg.: Mötsch a.a.O. 333 no 1 = VL.IV), alle drei Texte jedoch jeweils nur in sehr geringem Umfang. – Seine Hauptvorlage, auch für den Gesamtaufbau (zur Stellung der “Arenga” vgl. Text bei Anm. l’), bildete jedoch ein fondsfremdes Stück, auf dessen Spur uns die Formulierung ad regni solium provexit (Z. ■) führte, nämlich das DH.V.†101 für Maria Laach (= VL.I); stellenweise (vgl. bes. Anm. f) verwendete er außerdem, in unmittelbarem Rückgriff, das dem D.†101 als VU.I dienende Laacher DKo.III.8 von 1138 (= VL.III), dem er wahrscheinlich auch den Handlungsort Mainz entnommen hat.

Trithemius hatte demnach offensichtlich Zugang zum Laacher Archiv, den ihm außer seinen persönlichen Beziehungen zum Laacher Prior Joh. Butzbach (vgl. Arnold a.a.O. 28 u. 137) vermutlich seine Tätigkeit als Visitator der Bursfelder Kongregation eröffnet haben dürfte, die er seit 1488 wiederholt ausgeübt hat (vgl. Arnold a.a.O. 26ff.); so dürfte sich auch die von May a.a.O. 36 u. 43 nachgewiesene Verwendung von Urkunden des Kl. Schönau für die Megenhard-Fälschung erklären (nach Arnold a.a.O. 27 zählte Schönau zu den in den Jahren 1494–1496 von Trithemius visitierten Klöstern). Es ist denkbar, dass Trithemius auch für einzelne Formulierungen von D.†304 noch weitere Urkunden fremder Fonds herangezogen hat; so muss ihm für das sub pena criminis lese maiestatis imperialis (Z. ■) ein Diplom frühestens des beginnenden 13. Jh. vorgelegen haben.

Daß dem Fälscherabt für D.†304 kein verlorenes Diplom Heinrichs V. für Sponheim zur Verfügung gestanden hat, ergibt sich aus der insgesamt sklavischen Abhängigkeit namentlich von VL.I, die sich insbesondere im Eschatokoll zeigt: Dadurch erklärt sich in der wörtlich, einschließlich der Formulierung der Apprekatio, aus VL.I übernommenen Datierung die in der Kanzlei längst aufgegebene Angabe von Ordinations- (fehlen seit 1112) und Regierungsjahren (fehlen seit der Rückkehr vom 2. Italienzug); in teilweise verunglückter Umrechnung stützte er sich auch auf die dortigen Zahlenangaben (s. Anm. 3–5); das Fehlen einer Signum- und Rekognitionszeile ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass sich Trithemius außerstande sah, die Unterfertigung von VL.I in einer zum Jahre 1125 passenden Weise zu ersetzen. – Die Abhängigkeit von VL.I ist offenbar auch die Ursache für die Erweiterung des eigentlichen Sponheimer Martinspatroziniums um das (Laacher) Marienpatrozinium.

Disselnkötter a.a.O. 23 hatte noch ein von Heinrich V. ausgestelltes “Schutzprivileg” als “echten Kern” des D.†304 angenommen und aus dessen Datum den Befund zu erklären versucht, dass die in VL.IV von 1124 Juni 7 genannten Mitstifter, Graf Rudolf von Stade und seine Gemahlin Richgard (s. Anm. e), hier weggelassen wurden, weil Rudolf am 7. Dezember 1124 gestorben war, was aber – abgesehen davon, dass die wesentlichen Formulierungen des Schutzpassus (Z. ■ff.) aus der (Disselnkötter unbekannten) VL.I stammen – nicht überzeugen kann, weil die Stifternennung Bestandteil der Narratio ist, in der auch der verstorbene Rudolf hätte genannt werden können, seine erst im Jahre 1151 gestorbene Gemahlin Richgard sogar hätte genannt werden müssen, da ein Teil der Dotation aus deren Erbgut stammte. Warum Trithemius die Namen der Mitstifter eliminierte, ist ebenso unerfindlich wie sein, angesichts der Kenntnis von VL.IV unerklärlicher Irrtum, in VL.II aus Rudolf einen Bruder Megenhards zu machen (vgl. Zitat in Anm. e).

Zu den genealogischen Fragen vgl. zuletzt Mötsch in Jahrb. f. westd. Landesgesch. 13,63ff., bes. 68 u. 76f.; Stammtafel der verschiedenen Sponheimer Linien bei Hausmann a.a.O. nach S. 168 (ebenda 165 Anm. 343 Belege für die unterschiedlichen Bezeichnungen Megenhards als dominus [so VL.II], comes [so D.†304 u. VL.II] oder ohne Prädikat). – Mit der Sigle “f” haben wir die Varianten Frehers notiert, da sein Druck nicht auf B basiert (vgl. z.B. Anm. f, i”, o”), sondern auf einer anderen Handschrift der Chronik (vgl. Auflistung bei Arnold a.a.O. 241f.); Zitate aus VLL.II, IV und V werden nach ihrer Überlieferung in B, nicht nach den Drucken wiedergegeben.

In nomine sancte et individue trinitatis. Heinricus divina favente clemencia Romanorum imperator augustus. Omnibus Christi et nostri fidelibus tam futuris quam presentibus notum esse volumus, qualiter Megenhardus comes de Spanheim assenciente et cooperante Mechtilde uxore sua superna illustracione motus pro sua suorumque salute et incolumitate monasterium in suo comitatu fundavit in honore beate Marie semper virginis et sancti Martini episcopi, quod de suo patrimonio legitime dotavit, instituens in eo viros religiosos, qui sub regula beati Benedicti et abbate omnipotentem deum perpetuis futuris (!) temporibus collaudarent et pro ipso ac progenitoribus suis preces funderent devotas. Ius eciam advocati, quo eos post mortem suam voluit esse liberos ab omni servicio, exactione, precaria et quibuslibet aliis oneribus et gravaminibus, fecit conscribi et suo sigillo communiri tradiditque abbati et fratribus eiusdem monasterii, quod eciam dicitur Spanheim. Que omnia Adelbertus archiepiscopus Maguntinus, in cuius parochia monasterium ipsum constructum est, banno suo confirmavit. Unde prefatus comes Megenhardus ad maioris stabilitatis augmentum a nobis postulavit opus tam sanctum et pium nostra imperiali auctoritate confirmari, ne qua malivolencia posterorum queat infirmari, eo quod sepe benefacta maiorum mutantur succedentium iuniorum pravitate, si non fuerint imperiali maiestate confirmata. Et quia nos divina miseracio ad regni solium provexit, ut ecclesiis et monasteriis in regno nostro constitutis regali provisione consulamus eorumque iura et possessiones ab omni iniuria tueamur, eandem ecclesiam seu monasterium in Spanheim cum omnibus rebus, possessionibus, iuribus et proprietatibus sub tutela et protectione regie defensionis nostre et Romani imperii perpetuo suscipimus disctricte inhibentes omnibus tam futuris quam presentibus sub pena criminis lese maiestatis imperialis, ne quis molestiam, iniuriam vel damnum aliquod inferat dicte abbacie de Spanheim, quam omni libertate gaudere volumus, qua et cetere abbacie in regno nostro libere gaudere noscuntur, in rebus, personis, familia, proprietate, donacionibus factis seu in futurum rite faciendis. Advocatus autem, qui pro tempore fuerit, si legem sibi a sepedicto comite Megenhardo constitutam temere transgressus fuerit, usque tercio admonitus per archiepiscopum Maguntinum abbate querelam contra eum faciente, si non emendaverit, tali honore privetur et alius, qui utilis sit ecclesie, de consilio et assensu abbatis et fratrum subrogetur in locum eius. Ut autem hec cartha perpetuo inconvulsa permaneat et ne cuiusquam temeritas labefactare presumat, imperiali auctoritate et banno nostro eam roboravimus manuque nostra notatam sigilli nostri impressione munivimus.

Data VI. calendas marcii, anno dominice incarnacionis MCXXV, indictione tercia, anno XXVI. ordinacionis domini Heinrici quinti regis Romanorum, regni autem eius XIX, imperii vero eius XV; actum est Maguncie; in nomine domini amen.