Autograph des Chronicon Sponheimense des Johannes Trithemius in M. ch.
f. 126 f. 7v der Universitätsbibliothek zu Würzburg (B).
Drucke: Joh. Trithemius, Opera hist. (ed. Freher) 2,240 = Gallia Christiana 5,446 no
7 = Disselnkötter
in Rhein. Vierteljahrsbl. 6,23 Auszug.
Reg.: Goerz, Mittelrhein. Reg. 1,484 no
1765. – Stimming, Mainzer UB 1,440 no
531. – Naumann-Humbeck, Grafen von Sponheim 65 no
47. – Stumpf
Reg. 3207.
Während schon Stumpf
das D.†304 als “wol interpoliert” bezeichnet hatte, ist es bei Meyer von Knonau, Jahrb. 7,315f. Anm. 2 unbeanstandet als Beleg für einen Mainzer
Aufenthalt am angegebenen Tag verwendet und hat Stimming
das Vorliegen zwingender Gründe für Stumpfs Interpolationsverdacht bestritten (er spricht versehentlich von
“interpretiert” und zitiert fälschlich Stumpf
mit der “Nr. 3204”). Demgegenüber gilt D.†304 schon seit längerem als
Fälschung des Sponheimer Abtes Joh. Trithemius (Abt seit 1483, im
Jahre 1506 an das Würzburger Schottenkloster St. Jakob transferiert, †
1516); vgl. dazu u.a. Disselnkötter
a.a.O. 26 Anm. 12*, May
in Nass. Ann. 60,34, Vogt, Unters. z. Gesch. d. Stadt Kreuznach 89 Anm. 34 u. 173 Anm. 105, Arnold, Joh. Trithemius 12f., Stüllein, Itinerar 107 mit Anm. 5, Hausmann
in Jahrb. f. Landeskunde von Niederösterr. N.F. 43,162 Anm. 326.
Neben D.†304 und vermutlich gleichzeitig mit diesem hat Trithemius
noch zwei weitere Urkunden zur “Aufhellung” der Frühgeschichte
Sponheims gefälscht: Die in der Chronik dem D.†304 vorausgehende
angebliche Stiftungsurkunde des
Megenhardus dei gracia comes de Sponheim von 1125 August 21 (B f. 7r–v mit
… MCXXV, indictione tercia [s. Anm. 3], XII. calend. septembris; Freher
a.a.O. 240 mit
MCV = May
a.a.O. 42 Beilage I mit versehentlicher Angabe der Jahreszahl
MCXV im Text [obwohl sowohl im Kopfregest – dieses mit dem richtigen
Tagesdatum des 21. August – als auch in der dt. Übers. a.a.O. 27f. die
Zahl 1105 verwendet ist]; gleichfalls aus Freher
druckt Stimming
a.a.O. 441 no
533, verwendet trotzdem die Jahreszahl
MCXXV und bietet im Kopfregest das Datum 1125 März 26!); zum
Fälschungscharakter vgl. Disselnkötter
a.a.O. 23ff., May
a.a.O. 26ff., Hucke, Grafen von Stade 213f.; vgl. auch Hausmann
a.a.O. 144 Anm. 208 u. 162 Anm. 326. – Zum Nachweis der Fälschung des
in der Chronik auf D.†304 folgenden (B f. 7v–8r), von Disselnkötter
a.a.O. 26 Anm. 12* noch für echt gehaltenen Privilegs P. Honorius’
II. von 1127 März 23 (Freher
a.a.O. 241; JL 7288; Jakobs, Germ. pont. 4.4,251 no
†1) vgl. Büttner
in ZGO 107,496ff. – Zu allen drei Fälschungen vgl. Mötsch
in Archiv f. mittelrhein. Kirchengesch. 47,325f., mit Datierung der
Megenhard-Urk. zu 1125 Aug. 31!
Für die Herstellung des als Totalfälschung zu wertenden D.†304 hat
Trithemius zunächst seine beiden genannten Fälschungen (Megenhard =
VL.II; Honorius II. = VL.V) herangezogen, darüberhinaus aus dem
Sponheimer Archiv nur noch die echte Urkunde EB. Adalberts von Mainz
von 1124 Juni 7 (B f. 6r–v; Freher
a.a.O. 239; Stimming
a.a.O. 427 no
522; Reg.: Mötsch
a.a.O. 333 no
1 = VL.IV), alle drei Texte jedoch jeweils nur in sehr geringem
Umfang. – Seine Hauptvorlage, auch für den Gesamtaufbau (zur Stellung
der “Arenga” vgl. Text bei Anm. l’), bildete jedoch ein fondsfremdes
Stück, auf dessen Spur uns die Formulierung
ad regni solium provexit (Z. ■) führte, nämlich das DH.V.†101 für Maria Laach (= VL.I);
stellenweise (vgl. bes. Anm. f) verwendete er außerdem, in
unmittelbarem Rückgriff, das dem D.†101 als VU.I dienende Laacher
DKo.III.8 von 1138 (= VL.III), dem er wahrscheinlich auch den
Handlungsort Mainz entnommen hat.
Trithemius hatte demnach offensichtlich Zugang zum Laacher Archiv, den
ihm außer seinen persönlichen Beziehungen zum Laacher Prior Joh.
Butzbach (vgl. Arnold
a.a.O. 28 u. 137) vermutlich seine Tätigkeit als Visitator der
Bursfelder Kongregation eröffnet haben dürfte, die er seit 1488
wiederholt ausgeübt hat (vgl. Arnold
a.a.O. 26ff.); so dürfte sich auch die von May
a.a.O. 36 u. 43 nachgewiesene Verwendung von Urkunden des Kl. Schönau
für die Megenhard-Fälschung erklären (nach Arnold
a.a.O. 27 zählte Schönau zu den in den Jahren 1494–1496 von
Trithemius visitierten Klöstern). Es ist denkbar, dass Trithemius auch
für einzelne Formulierungen von D.†304 noch weitere Urkunden fremder
Fonds herangezogen hat; so muss ihm für das
sub pena criminis lese maiestatis imperialis (Z. ■) ein Diplom frühestens des beginnenden 13. Jh. vorgelegen haben.
Daß dem Fälscherabt für D.†304 kein verlorenes Diplom Heinrichs V. für
Sponheim zur Verfügung gestanden hat, ergibt sich aus der insgesamt
sklavischen Abhängigkeit namentlich von VL.I, die sich insbesondere im
Eschatokoll zeigt: Dadurch erklärt sich in der wörtlich,
einschließlich der Formulierung der Apprekatio, aus VL.I übernommenen
Datierung die in der Kanzlei längst aufgegebene Angabe von
Ordinations- (fehlen seit 1112) und Regierungsjahren (fehlen seit der
Rückkehr vom 2. Italienzug); in teilweise verunglückter Umrechnung
stützte er sich auch auf die dortigen Zahlenangaben (s. Anm. 3–5); das
Fehlen einer Signum- und Rekognitionszeile ist vermutlich darauf
zurückzuführen, dass sich Trithemius außerstande sah, die
Unterfertigung von VL.I in einer zum Jahre 1125 passenden Weise zu
ersetzen. – Die Abhängigkeit von VL.I ist offenbar auch die Ursache
für die Erweiterung des eigentlichen Sponheimer Martinspatroziniums um
das (Laacher) Marienpatrozinium.
Disselnkötter
a.a.O. 23 hatte noch ein von Heinrich V. ausgestelltes
“Schutzprivileg” als “echten Kern” des D.†304 angenommen und aus
dessen Datum den Befund zu erklären versucht, dass die in VL.IV von
1124 Juni 7 genannten Mitstifter, Graf Rudolf von Stade und seine
Gemahlin Richgard (s. Anm. e), hier weggelassen wurden, weil Rudolf am
7. Dezember 1124 gestorben war, was aber – abgesehen davon, dass die
wesentlichen Formulierungen des Schutzpassus (Z. ■ff.) aus der (Disselnkötter
unbekannten) VL.I stammen – nicht überzeugen kann, weil die
Stifternennung Bestandteil der Narratio ist, in der auch der
verstorbene Rudolf hätte genannt werden können, seine erst im Jahre
1151 gestorbene Gemahlin Richgard sogar hätte genannt werden müssen,
da ein Teil der Dotation aus deren Erbgut stammte. Warum Trithemius
die Namen der Mitstifter eliminierte, ist ebenso unerfindlich wie
sein, angesichts der Kenntnis von VL.IV unerklärlicher Irrtum, in
VL.II aus Rudolf einen Bruder Megenhards zu machen (vgl. Zitat in Anm.
e).
Zu den genealogischen Fragen vgl. zuletzt Mötsch
in Jahrb. f. westd. Landesgesch. 13,63ff., bes. 68 u. 76f.;
Stammtafel der verschiedenen Sponheimer Linien bei Hausmann
a.a.O. nach S. 168 (ebenda 165 Anm. 343 Belege für die
unterschiedlichen Bezeichnungen Megenhards als
dominus [so VL.II], comes [so D.†304 u. VL.II] oder ohne Prädikat). – Mit der Sigle “f” haben
wir die Varianten Frehers notiert, da sein Druck nicht auf B basiert (vgl. z.B. Anm. f, i”,
o”), sondern auf einer anderen Handschrift der Chronik (vgl.
Auflistung bei Arnold
a.a.O. 241f.); Zitate aus VLL.II, IV und V werden nach ihrer
Überlieferung in B, nicht nach den Drucken wiedergegeben.