Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde
<<†302.>>

Unecht.

Heinrich bestätigt auf Bitten des Abtes Erlolf dem Kloster Fulda für seine Besitzungen den königlichen Schutz, die Immunität und den in die Zuständigkeit des Abtes fallenden Zehntbezug, überträgt dem Kloster mögliche fiskalische Ansprüche auf die Besitzungen, verleiht dem Abt das Recht auf Zoll, Münze und Steuer für Zwecke des Kirchenbaus und der Armen- und Gastpflege und gewährt dem Konvent das Recht der freien Abtwahl.

(1113/4 – 1122 Oktober).

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Codex Eberhardi aus der Mitte des 12. Jh. Bd. 1 (K425) f. 127r–v no 45 im Staatsarchiv zu Marburg (B). – Copiarium III (K 427) aus dem Ende des 13. Jh.f. 83v–84r no 45 ebenda (C).

Drucke: Stumpf, Acta imp. 102 no 91 aus dem “Diplomatarium eccl. Fuld.” des 18. Jh. in der Niedersächsischen Landesbibliothek zu Hannover, zu (1114 – 1122 October). – Aus BC: Meyer zu Ermgassen, Cod. Eberhardi 1,198 c. 45.

Reg: Roller in Zs. f. hess. Gesch. N.F. Suppl. 13, Beil. 20 no 106 (“Echte Vorlage nicht unmöglich, wenn auch nicht sehr wahrscheinlich”). – Stumpf Reg. 3224.

D. † 302 zählt, zusammen mit dem zweiten auf den Namen Heinrichs V. lautenden Falsum D. † 303, zu den zahlreichen frei erfundenen Fälschungen Eberhards von Fulda in seinem im Auftrage Abt Marquards I. (1150–65) angelegten zweibändigen Kopialbuch; vgl. zu diesem Roller a.a.O. 1ff., zu den ingesamt 10 gefälschten Immunitätsdiplomen ebenda 57ff. sowie, mit teilweisen Modifikationen, die Vorbemerkungen zu den späteren Editionen der einzelnen Diplome, besonders ausführlich in Vorbemerkung zu DLo.III. † 26 (= B.-Petke Reg. † 229, wo ebenso wie in Reg. † 418 irrigerweise die Zeit zwischen 1150 und 1165 [= Amtszeit Abt Marquards I.] als Entstehungszeit der Fälschungen angegeben ist; da diese aber auch zwei falsche Diplome Konrads III., davon das zweite für Abt Marquard I., einschlossen [s. unten], fällt die Fälschungszeit frühestens in die Anfänge Barbarossas).

Beide Falsa, entgegen der zurückhaltenden Formulierung Rollers ohne echten Kern, sind zudem zweifellos in einer einheitlichen Aktion entstanden. Sie haben nämlich nicht nur dieselben Vorlagen benützt, außer dem echten DH.V.98 von 1111 (= VL.I) noch die beiden Fälschungen Eberhards auf den Namen Heinrichs IV., DH.IV † 368 für Abt Widerat (1060–75 = VL.III) und DH.IV. † 406 für Abt Ruothard (1075–96 = VL.II), sondern haben außerdem, was nur durch absolut gleichzeitige Entstehung erklärbar ist, einander gegenseitig beeinflusst; neben der Verwendung von Petitdruck für die VLL.-Abhängigkeiten haben wir daher zusätzlich die Übereinstimmungen zwischen DD. † 302 und † 303 in beiden Texten durch Kursivsatz gekennzeichnet.

Beide Stücke haben noch etwas gemeinsam: Sie lagen bis zum Jahre 1955 durch den bis dahin einzigen Druck Stumpfs nur in unvollständiger und entstellter Gestalt vor; da Stumpfs Vorlage, der Hannoveraner Cod. 1018, beide Texte nur in starker Verkürzung enthält (auf p. 526–528 das D. † 302, vgl. Anm. g’; anschließend auf p. 529–532 das D. † 303, vgl. dortige Anm. z), hatte Stumpf die Auslassungen in beiden Fällen durch den entsprechenden Text des DH.IV. † 406 ersetzt! – Die orthographischen Varianten von C (ci statt ti und e statt ę) werden in den Anmerkungen nicht verzeichnet.

Anhaltspunkte dafür, welche Datierung der beiden Fälschungen ihm vorschwebte, bietet Eberhard weder für das datumlose D. † 302 noch auch für D. † 303 (vgl. dortige Vorbemerkung). Jedenfalls wollte er zwei verschiedene Fuldaer Äbte der Zeit Heinrichs V. (nicht alle; es fehlt, was auch Roller a.a.O. 57 Anm. 3 als auffallend vermerkt, der von Heinrich auf dem Frankfurter Reichstag vom Januar 1109 als Nachfolger des von ihm damals abgesetzten Abtes Godefried [1096–1109] eingesetzte Abt Wolfhelm [1109–1113/14], vgl. dazu Franke in AfD 33,178f.) als Empfänger weitgehend gleicher Diplome in Anspruch nehmen. – Denkbar ist immerhin, dass er DD. † 302 u. † 303 jeweils dem Regierungsbeginn der beiden Äbte Erlolf und Udalrich zuweisen wollte, so wie er die Ausstellung seiner jeweils zwei Fälschungen auf die Namen Lothars III. (DLo.III. † 26 für Abt Heinrich I., DLo.III. † 129 für Abt Konrad I.) und Konrads III.

(DKo.III. † 282 für Abt Aleholf, DKo.III. † 295 für Abt Marquard I.) in unmittelbaren Zusammenhang mit der Einsetzung der genannten vier Äbte brachte (s. Roller a.a.O. 59 mit Anm. 6). Während Stumpf bei seiner Datierung des D. † 302 von einem Regierungsbeginn Erlolfs im Jahre 111@ ausging, kann dieser (erstmals belegt in D.136 von 1114 Aug. 30; † 1122 Okt. 11) nach Franke a.a.O. 181f. sein Amt auch schon im Jahre 1113 erhalten haben.

In nomine sancte et individue trinitatis. Heinricus dei gratia Romanorum imperator augustus omnibus Christi fidelibus gratiam. Notum sit omnibus christianę fidei cultoribus tam futuris quam presentibus, qualiter venerabilis vir et fidelis noster Erlolfus sanctę Fuldensis ęcclesię abbas adiit serenitatis nostrę excellentiam obsecrans, ut ex more antecessorum nostrorum, preclarissimorum scilicet principum Pippini, Karoli, Ludewici, Lotharii, Cunradi, Ottonis, Arnolfi, Heinrici, Fuldense monasterium, cui ipse donante deo presidet, cum hominibus et rebus, quę ab ipsis preclarissimis principibus aliisque religiosis illuc collata sunt ad laudem et gloriam dei sanctique Bonifacii martyris, qui illic corporaliter requiescit, per auctoritatem nostri imperii tueremur et in nostrum mundiburdium susciperemus res et facultates ac familias illuc collatas in munitatibus, in reditibus, in hubis, in villis, in territoriis, in decimis, in molendinis, in forestis, in theloneis, in vineis, in novalibus et in omni districtu et omni utilitate. Cuius peticionem complentes ob divinum amorem predictum Fuldense monasterium cum supranominatis bonis in nostram tutelam et defensionem suscipimus et omni protectionis munimune solidamus, ea ratione ut nullus iudex vel quilibet ex iudiciaria potestate in possessiones, villas aut loca, quas moderno tempore infra regnum nostrum idem possidet monasterium, vel quę deinceps divina pietas adauxerit ad causas iudiciario more audiendas aut freda exigenda vel mansiones faciendas vel servos vel colonos distringendos nec ullas redibitiones vel illicitas occasiones requirendas nostris futurisque temporibus ingredi audeat vel ea, quę supra memorata sunt, exigere presumat, sed abbati eiusdem monasterii liceat totum sibi subiectum populum cum omnibus eiusdem ęcclesię rebus sub nostra defensione possidere et decimas sibi apostolica auctoritate collatas accipere in usus ęcclesię suę nec laicis in beneficium contra canonum decreta prestare. Et quidquid de supradictis rebus ius fisci nostri exigere poterat, pro ęterna remuneratione prefato monasterio et fratribus deo ibidem famulantibus conferimus firmissime precipientes, ut in bonis et locis, et familiis eorum nullus eos contristare presumat. Habeat ergo abbas prefati monasterii potestatem thelonea accipere et monetas ponere, vectigalia et reditus prediorum simul cum decimatione tollere et in sue ditionis utilitatem redigere propter ędificia ęcclesię facienda pauperesque et hospites recreandos. Quodsi abbas monasterii obierit, habeant fratres liberam electionis potestatem. Quicumque autem hoc preceptum violaverit, apostolica sententia excommunicandus erit.