Angebliches Original (ca. 46 b : 82 h) des 12. Jh. im Stadtarchiv zu
Utrecht (A). – Abschrift des 13. Jh. in Diplomform (ohne Eschatokoll)
in Collectie Booth no
42 ebenda (B).
Faks. nach A: Struick, Utrecht door de eeuwen heen 44 (mit niederländ. Übers. S. 44–45). – van Vliet
in Jaarb. Oud-Utrecht 1995,39 Abb. 12. – Teilfaks.: Oppermann
in Westd. Zs. 27,Taf. 1 (oberes Viertel mit Z. 1–6 und unteres
Viertel ab Z. 19). – van Vliet
a.a.O. 42 Abb. 13a. – Faks. nach Transsumpt von 1651 Aug. 30: van der Gouw, Oud schrift in Nederland 2Taf. 108.
Drucke: Aus A: Water, Placaatb. van Utrecht 2,323 no
5. – Drakenborch, Aanhangsel op de kerk. oudh. van Nederland 1,294 no
5. – Mieris, Charterb. van Holland en Zeeland 1,86. – Nach Transsumpt von 1651
Aug. 30: Asch van Wyck, Handelsverkeer der stad Utrecht 4,225 Beil. 11. – Aus A: Waitz, Urk. z. dt. Verf.-Gesch. 128 no
11 – Höhlbaum, Hansisches UB 1,5 no
8. – Muller-Bouman, OB sticht Utrecht 1,283 no
309. – Weibull, Dipl. Dan. I.2,93 no
45. – Van de Kieft
in Elenchus font. hist. urb. 1,430 no
19 unvollständig. – van der Gouw
a.a.O., Anhang mit Transskr. zu Taf. 108. – van Vliet
a.a.O. 37 Bijlage 2 mit mittelnierderländ. Übers. von 1395.
Reg.: Erhard, Reg. Westf. 1,230 no
1471. – CD Neerland. 1,4 no
7. – Vermeulen, Inventaris der prov. Utrecht 1,5 no
14. – Colmjon, Register van oork. 6 no
29. – Philippi, Osnabrücker UB 1,202 no
240. – Reg. Danicae II.1.1,16 no
55. – Muller, Catalogus van het archief 1,6 no
38. – Ders., Reg. stad Utrecht 1 no
4. – Brom, Reg. sticht Utrecht 1,62 no
303. – Poelman, Bronnen tot de gesch. van den oostzeehandel 1,1 no
1. – Struick
in Jaarb. oud Utrecht 1972,21f. – Böhmer
Reg. 2075. – Stumpf
Reg. 3179.
Das sonst gut erhaltene Pergament weist neben Stockflecken einige mit
Papier hinterklebte Löcher auf. – Wie Oppermann
a.a.O. 202ff. nachgewiesen hat, handelt es sich bei D.†301 um eine
allein mit Hilfe von D.238 (= VL.) und ohne jede echte Grundlage
hergestellte Totalfälschung. Als völlig gescheitert zu bewerten ist
der jüngst durch van Vliet
in einem umfangreichen Beitrag unternommene Versuch (a.a.O. 5ff.,
bes. 40ff. Bijlage 3), die Echtheit des D.†301 zu retten.
Zum eindeutigen Nachweis der Abhängigkeit von D.238 genüge zunächst
der Hinweis auf die Verlesung
Mengod(i)um von Anm. z’ statt des
Mengozum der Vorlage, deren hohes
z den Fälscher irritierte, sodann auf die sklavische Nachzeichnung der
in D.238 verunglückten Gestalt des Monogramms (s. Anm. n”),
insbesondere aber auf das Siegel, das keine Oblatentechnik wie das
Siegel der Vorlage aufweist, sondern aus einer einheitlichen
Wachsmasse besteht, demnach im Abgussverfahren hergestellt wurde,
woraus sich auch die flache Ausprägung des Siegelbildes erklärt (s.
Anm. l”).
Als Zeitpunkt der Fälschung vermutet Oppermann
(a.a.O. 202, 223 und Untersuchungen 2,101) die Zeit kurz vor oder
nach der Wahl B. Balduins (1178 Juli 4), da er den Schreiber von
D.†301 zunächst (Westd. Zs. 27,202) mit demjenigen der echten Urkunde
des Grafen Gerhard von Geldern für die Stadt Utrecht von 1177 (Sloet, OB Gelre en Zutfen 338 no
344; Muller-Bouman
a.a.O. 440 no
494; Faks. bei Sloet
a.a.O. nach S. 338, Teilfaks. bei Struick
a.a.O. 19 und van Vliet
a.a.O. 43 Abb. 13c) identifizierte, dem er später (Untersuchungen
2,97ff.) auch noch die echte Urkunde B. Gottfrieds von 1178 (Sloet
a.a.O. 340 no
346; Muller-Bouman
a.a.O. 442 no
496; Teilfaks. bei Oppermann, Untersuchungen 3, Facs. 12 und van Vliet
a.a.O. 43 Abb. 13d) und andererseits die Fälschung der von ihm zuvor
(Westd. Zs. 27,206ff.) noch als echt angesehenen Urkunde B. Godebalds
von 1127 Oktober 2 (Bergh, OB van Holland en Zeeland I.1,73 no
113; Muller-Bouman
a.a.O. 294 no
322; Teilfaks. bei Oppermann
a.a.O. Facs. 6) zusprach.
Die anhand der für jede der von Oppermann
genannten Urkunden vorliegenden Faksimilia leicht vergleichbaren
graphischen Gemeinsamkeiten beziehen sich vor allem auf die sehr
eigenwillige Gestaltung des im Erscheinungsbild äußerst variablen
Kürzungszeichens (nicht in Urk. von 1127, vgl. weiter unten), zu
dessen – sich einer Beschreibung letztlich entziehenden –
Besonderheiten insbesondere zählt, dass alle Strichelemente in kleinen
Ringeln enden, die außerdem häufig auch am Abstrich von Oberlängenverschleifungen und sonstigen, oft büschelweise
gezeichneten Zierstrichen begegnen. Nach Oppermann, Untersuchungen 1,122ff. wären auch in der nach ihm in den 70er
Jahren gefälschten Urkunde B. Hartberts von angeblich 1143 Oktober 7 (Bergh
a.a.O. no
124; Muller-Bouman
a.a.O. no
383; Teilfaks. bei Oppermann, Untersuchungen 3, Facs. 8) die entsprechenden Kürzungszeichen von
diesem Schreiber eingezeichnet, während die Textschrift selbst unter
Auslassung der Kürzungszeichen von einem anderen Schreiber stamme. –
Von Oppermanns Zuweisungen an diese eine Hand ist zunächst die der gefälschten
Godebald-Urkunde von 1127 sicherlich nicht haltbar. Insbesondere aber
stammt D.†301 bei aller Schulverwandtschaft ebenfalls nicht
von dem Schreiber der beiden echten Originale von 1177 und 1178.
Vor der Prüfung der Schrift bedarf es eines Blickes auf die im
Vergleich mit D.238 misslungene äußere Gestaltung. Obwohl ein extrem
hohes Pergamentblatt gewählt wurde und obwohl die Zeilen ohne jeden
Randabstand beiderseits bis hart an die Seitenränder gefüllt sind, kam
der Schreiber im unteren Viertel in extreme Raumnot: Ab der 18. Zeile
(s. Anm. o’) ist der zuvor durchschnittlich 3,5 cm große Zeilenabstand
auf fast die Hälfte (zwischen 1,6 – 2 cm) vermindert; die
Unterfertigungszeilen sind, unter Reduktion der Höhe der Elongata auf
ca. 1,5 – 1,8 cm gegenüber ca. 3,5 cm in der 1. Zeile, mit minimalem
Abstand nach oben und unten sowie untereinander (s. Anm. m”) zwischen
Zeugenliste und Datumzeile eingezwängt; um in der rechten unteren
Blattecke in ca. 12 cm Breite und ca. 16 cm Höhe Platz für das Siegel
freizuhalten, wurde ab der 19. Zeile die Schrift nur bis zur letzten
der drei senkrechten Falten geführt, und der Schluss der etwas
verkürzten vorletzten (23.) Zeile orientierte sich am vorweg
eingezeichneten Monogramm (s. Anm. n”), dem sie unmittelbar aufsitzt
(s. Anm. g”; das
S von
Sigeboldum berührt die mittlere Vertikale, die
g-Unterlänge reicht in den Binnenraum hinein).
Das Pergament ist etwas derber als dasjenige von D.238, es ist
außerdem auf beiden Seitenrändern mit einem dort fehlenden Punktorium
für die blinde Liniierung versehen; vermutlich absichtlich ist eine im
Ton derjenigen von D.238 ähnliche Tinte verwendet.
Während nun die Schrift der beiden Originale von 1177/1178 eine große
Stilsicherheit verrät, ist die Schrift des D.†301 einerseits von
Uneinheitlichkeit und andererseits von Übertreibungen in den
Zierelementen gekennzeichnet, was nur zum Teil daher rührt, dass der
Schreiber sowohl Elemente des D.238 als auch der beiden anderen
Urkunden nachzuahmen trachtete: Aus letzteren übernahm er im Grunde
nur das Kürzungszeichen, variierte aber dessen dort schon bizarre
Gestalt ins Groteske und übertrug die Zierelemente auch auf die
Ausgestaltungen von Ober- und Unterlängen. An D.238 orientierte er
sich nur gelegentlich in belanglosen Kleinigkeiten (vgl. Anm. b, d, e,
i), übernahm von dort jedoch auch die beerenförmige Gestalt der
g-Unterlänge, die er aber oft wieder übertrieben ausgestaltete, um
schließlich umgekehrt im engzeiligen Schlussteil eine einfache
geschlossene Unterlängenrundung zu schreiben.
Während D.238 Oberlängenverschleifung nur bei
f und langem
s kennt, bietet der Fälscher solche, in wiederum grotesker
Überzeichnung, auch bei
b, d, h und
l (dies übrigens auch vereinzelt in der Urkunde von 1178 anzutreffen),
lässt aber andererseits in der zweiten Hälfte (erstmals in der 6.
Zeile, vgl. Anm. s) auch bei
f und
s in zunehmendem Maße die Verschleifung weg. – Dieselbe Inkonsequenz ist
bei der Schreibung des
r anzutreffen, das bald mit Unterlänge, wie in D.238, bald ohne, wie in
den Urkunden von 1177/78 regelmäßig, anzutreffen ist (s. Anm. e); nie
weist die
r-Unterlänge die zackige Umschlängelung von D.238 auf. – Völlig ohne
Vorbild ist die Ausgestaltung auch der Unterlängen von
f, p, q, r und langem
s mit einer Verschleifung, zumeist in Gestalt einer liegenden kleinen
Doppelschleife. – Als letzte Absonderlichkeit sei angeführt, dass im
Wort durch andere Buchstaben getrennte Oberlängen nach Art einer
ct- oder
st-Ligatur miteinander verbunden sind, vgl. Anm. k, p, r, t (hier ganz
besonders auffällig, weil außer besonders starker Verzierung der erste
und letzte Buchstabe verbunden sind), y, c’, r’, s’, x’; zu ähnlichen
Verbindungen zumeist unter Verwendung von Oberlängenverschleifungen
vgl. auch Anm. g, o, q, w, s’, w’.
Nachdem der Schreiber nicht mit demjenigen der Urkunden von 1177/1178
identisch ist, vielmehr nur deren Schrift nachahmte, muss man für die
Datierung andere Anhaltspunkte finden: Während in dem von D.238
abhängigen Text, unter Weglassung der Muidener, das farblose
Traiectenses beibehalten ist, erscheinen im Neutext die neuen Begriffe
(honestiores) cives und
scabini, die sonst erst sehr viel später belegt sind: Von
cives Traiectenses ist erstmals im DF.I.626 von 1174 die Rede (danach wieder in der
Grafenurkunde von 1177), während Barbarossa in DF.I.499 von 1165 noch
(neben
civitas) von
burgenses gesprochen hatte;
scabini vollends begegnen erstmals in einer Urkunde von 1196 (Muller-Bouman
a.a.O. 468 no
529), einem Vergleich zwischen dem Kapitel von St. Marien und den
cives Traiectenses, wo in der Zeugenliste, nach Pröpsten, Dekanen, Kanonikern und
Minsterialen, zunächst 12
scabini (die Zwölfzahl erreicht man, wenn man zwischen
Ambrosius und
Romarus ein im Druck fehlendes Komma setzt) und zuletzt 12
consules civitatis aufgezählt werden.
Die Fälschung gehört also, mit einigem zeitlichen Abstand zu den
Urkunden von 1177/1178, wohl frühestens ins letzte Jahrzehnt des 12.
Jh. – Auf die Existenz einer echten Grundlage kann übrigens auch nicht
aus der namentlichen Anführung dreier Petenten zu Beginn des Neutextes
geschlossen werden, die alle drei durchaus zeitgenössisch wären: Der
letzte,
Arnoldus castellanus, wird erstmals in einer Urkunde von 1118 (Muller-Bouman
no
288, dort letzter Zeuge) und dann wiederholt zwischen 1125 und 1135
(a.a.O. no
313 … 355) genannt, einmal mit der Bezeichnung
prefectus (a.a.O. no
320 von 1126; vgl. dazu Oppermann
in Westd. Zs. 27,197 u. 207); nachdem sich aber aus Anm. s eindeutig
ergibt, dass die beiden ersten, Giselbert und der Schultheiß Galo, aus
der Zeugenliste von D.238, nicht etwa einem gleichzeitigen Deperditum,
geschöpft sind, wird der Fälscher auch den Kastellan aus einer anderen
Quelle entnommen haben; es ist übrigens keine Urkunde erhalten, die
den Kastellan Arnold zusammen mit dem Schultheißen Galo nennt, wohl
aber sehr häufig mit dessen Nachfolger, dem Schultheißen
Alferus/Alfardus/ Alfridus, der, abgesehen von einer ersten Nennung in der gefälschten
Godebald-Urkunde von 1127 (dort auch Kastellan Arnold), in einer Reihe
von Urkunden zwischen 1131 und 1135 (a.a.O. no
331 … 355) begegnet. Innerhalb der wörtlich aus D.238 übernommenen
Zeugenliste unterblieb die dortige Untergliederung: Zunächst wurde das
Mutenses quoque (zusammen mit dem diese eröffnenden Meier
Giselbertus) weggelassen (s. Anm. f”); während dies eine absichtliche Parallele
zur Weglassung der
Mudenses im Kontext (s. Anm. k) darstellen dürfte, was aber auch die Weglassung
der Namen hätte nach sich ziehen müssen, hatte der Fälscher auf die
Übernahme der
Ierosolimitani zunächst vielleicht deshalb ganz verzichtet, weil er mit ihnen nichts
anfangen konnte, oder aber auch nur aus Platzgründen, nachdem die
letzte Halbzeile direkt über der Signumzeile (s. Anm. m”) schon durch
Hermannum, Wiltetum teilweise gefüllt war; als er sich erst später zur Aufnahme der Namen
entschloss (s. Anm. i”), ließ er einerseits das eröffnende
Ierosolimitani weg, andererseits die zwei letzten Namen wohl nur aus dem Grunde, weil
er für sie nicht den einzigen Platz, der unterhalb der Zeile, aber
zwischen Signumzeile und Monogramm, noch verfügbar gewesen wäre,
heranzuziehen wagte (s. Anm. k”). – An die Übernahme des in D.238
nachgetragenen Textzusatzes (s. dortige Anm. u) war vermutlich von
Anfang an nicht gedacht, da er schon teilweise für die Formulierung
des Kontextes verwendet worden war (s. Petitsatz bei Anm. p’/q’).
Unter der in der Datierung, über die Vorlage hinausgehend, erstmals
genannten Kaiserpfalz, an deren Existenz nicht gezweifelt werden kann,
ist nach Rotthoff, Reichsgut 134 wegen der Bezeichnung als
lofen (= Laube) eine Jagdpfalz zu verstehen, deren Benutzung Opll, Itinerar 153 auch noch für die Zeit Barbarossas annimmt; zur
Lokalisierung vgl. van Vliet
a.a.O. 43f.