Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde
<<*280.>>

Heinrich gewährt den Einwohnern von Hösel wegen ihrer Verpflichtungen für die Stadtbefestigung von Duisburg ganzjährige Befreiung vom dortigen Zoll, ausgenommem während der nundine celebres.

(wohl 1125 Mai).

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Nachzeichnung einer verlorenen Inschrift bei Ambrosius Moer, Civitatis Duisburgensis … primordia rerumque eius testimonia von 1574 in Ms. Boruss. 2o 578 f. 5r der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz (B1), mit anschließender Transkription (B2). – Abschrift der Transkription nach B2 bei Georg Weymann, Antiquitates urbis Duisburgensis von 1580 in Hs. C III 14 f. 15v im Hauptstaatsarchiv zu Düsseldorf (C). – Abschrift des 17. Jh. nach C (von Anton van Dorth, † 1675) ebenda f. 5v (D).

Faks.: Clemen, Kunstdenkm. d. Rheinprov. II.2 (Duisburg …), 27. – Kraus, Christl. Inschr. d. Rheinlande 2,297 no 648. – Bergner, Hdb. d. Bürgerl. Kunstaltertümer 2,571 Abb. 729 (nur B1). – Müller, Urk.-Inschriften Taf. I (B1 u. B2). – Milz in Duisburg im Mittelalter, Begl.-Schrift zur Ausst. 1100 Jahre Duisburg 883–1983,123. – Ders. in Bl. f. dt. Landesgesch. 120 Abb. 9 (jeweils nur B1). Drucke: Withof, Duisburg. Chronik in Wöchentl. Duisburg. Adresse- u. Intelligentz-Zettel no XIX v. 10. Mai 1740 aus Joh. Phil. Geußauff, Hist. Duisburgensis politica … von 1649 (ehemals im Landfermanni-Gymn. Duisburg, heute nicht mehr auffindbar, s. Müller a.a.O. 49) (w). – Aus B2: Clemen und Kraus. – Aus D: Averdunk, Gesch. d. Stadt Duisburg 206 Anm. 1. – Bergner a.a.O. (nach CLEMEN). – Beyerle in Festschr. E. Mayer 58 Anm. 6 (nach Kraus). – Aus B2: Müller a.a.O. 49 no 3 (zu 1111–1125?) = Milz in Qu.-Schr. z. westdt. Vor- u. Frühgesch. 10,137 (mit falscher dt. Übers., zu 1111–1125) = Ders. in Bl. f. dt. Landesgesch. 120,148f. (zu ca. 1125 Mai 7) = J. Müller in Duisburger Forsch. 38,463 Anm. 3 = Lorenz, Kaiserswerth im MA 44 Anm. 168.

Reg.: Milz in Rhein. Städteatlas IV no 21,8 (zu 1111/25, jedoch mit Fragezeichen zu Heinrich V.!). – Stumpf Reg. –.

B1, worauf alle anderen Überlieferungen beruhen (vgl. bes. Anm. k’; Müller a.a.O. 49 ist sich hinsichtlich der Abhängigkeiten unsicher), nennt als Vorlage: Vetusta lapidis inscriptio Duisburgi iuxta fores extrinsecus parieti inserta; C erweitert die Angabe nach fores um meridionales templi Saluatoris und vermerkt in einem Randnachtrag eine spätere Verlegung ans Rathaus: nunc vero inde translata propter eius veram antiquitatem supra fores camere domus senatorie rursus calce inclusa anno: [ohne Fortführung] und fügt entsprechend im alten Text hinter Duisburgi über der Zeile olim ein (so vollständig in D übernommen).

Zur Inschrift vgl. grundlegend Müller a.a.O. 49ff., der lediglich an einigen Stellen zu korrigieren ist: Während er zunächst (a.a.O. 50), unter Berücksichtigung der epigraphischen Merkmale offen lässt, ob unter dem Heinricus imperator Heinrich IV. oder Heinrich V. zu verstehen sei, kommt er weiter unten zu dem Schluss, dass die Inschrift “wohl erst” in die Zeit Heinrichs V. zu setzen sei. Klarheit in dieser Frage schafft die Ordinalzahl von Anm. d’, zumal die von Müller aus Moer übernommene Deutung des Vo als Kürzel für vero an dieser Stelle keinen Sinn macht; Müller hält denn auch, mit unserer Datierung übereinstimmend, für möglich, dass der Rechtsakt in die Zeit von Heinrichs durch D.279 von 1125 Mai 7 belegten Duisburger Aufenthalt fiel, und verweist zu Recht auf eine inhaltliche (u. teilweise wörtliche) Parallele in dem Dispositio-Nachtrag des Utrechter D.238 von 1122 Juni 2 (Übereinstimmungen in Petit: Omnes etiam, qui Traiectensem civitatem munire debent vallo, ab omni* theloneo liberos esse concedimus …; Zitat bei Müller a.a.O. 51 Anm. 47 und Milz a.a.O. 149 Anm. 51).

Bei dem ca. 14 km sö. Duisburg und ca. 11 km nö. Düsseldorf gelegenen Hösel, hinsichtlich dessen Identität mit Husel Müller a.a.O. 51 unberechtigte Zweifel äußert (noch Milz, Duisburg 123, der Vollzug des Rechtsaktes “wahrscheinlich am 7. Mai des Jahres 1125” [s. oben] annimmt, versieht den Namen Hösel, wie schon in Qu.-Schr., mit Fragezeichen), handelte es sich nicht um irgendeinen beliebigen “entfernteren Ort” (so Milz, Duisburg 124 sowie in Bl. S. 149), sondern offenbar um den Zentralort des im Dreieck zwischen Rhein, Ruhr und Düssel gelegenen (vgl. dazu DH.IV.172 von 1065 Okt. 16), nach dem DLo.III.17 von 1129 März 8 (B.-Petke Reg. 184) als Pertinenz zur regia villa Duisburg gehörigen Reichsforstes (… in prefato foresto, cuius fundus ad ipsam villam pertinet).

In diesem Zusammenhang ist nun von Bedeutung, dass statt des von Müller gelesenen curtium (s. Anm. b) richtig curtis zu lesen ist; diese (befestigte?) curtis war vermutlich der Amtssitz des magister foresti, als welcher im Lothar-Diplom Hz. Walram von Niederlothringen genannt wird (vgl. dazu Wadle, Reichsgut u. Königsherrschaft 265f., Milz in Bl. S. 149, Opll, Stadt u. Reich 66 u. LORENZ a.a.O. 44f. mit Anm. 171).

Das antiquitus (fehlt in Müllers Druck wohl nur aus Versehen, da der Begriff mit dem “von alters her” a.a.O. 51 Anm. 46 berücksichtigt ist) besagt, dass die Inschrift erst nachträglich, womöglich Jahrzehnte später entstanden ist; von dem Zeitpunkt hängt es ab, ob das nundine celebres singularisch oder pluralisch zu verstehen ist: Von den durch das DF.I.602 von 1173 Mai 29 belegten zwei je vierzehntägigen Duisburger Jahrmärkten (duo fora) entstand der zweite – neben demjenigen am Kirchweihtag der älteren, in der ersten Hälfte des 12. Jh. als Nachfolgerin der früheren Pfalzkapelle erbauten Salvatorkirche – sicher erst nach der zwischen 1153 und 1156 (vgl. u.a. Verheyen, Bau- u. Kunstdenkm. in Duisburg 23 u. Müller a.a.O. 50) außerhalb der Stadtmauern erfolgten Errichtung der Marienkirche (zu den Markttagen vgl. Averdunk a.a.O. 204 ff.).

Noch später ist die zur Zeit des sonst nicht belegten villicus Christian erfolgte (durch wen?) Erneuerung der gratia anzusetzen; jedenfalls verbietet sich die von Milz in Städteatlas S. 7 und von Opll a.a.O. mit Anm. 7 gebotene Datierung der Erwähnung des Christianus villicus auf 1111/25 (zu dieser – älteren – Datierung des D.*280 durch Milz vgl. oben “Reg.”)! – Man wird auch zumindest fragen müssen, ob der bei Müller (a.a.O. 50), Milz und Opll ohne weiteres auf Duisburg bezogene villicus Christian nicht etwa derjenige der curtis Hösel mit ihren zugehörigen Hufen war.

Die Anbringung der Inschrift an der Duisburger Salvatorkirche – nicht in Hösel – bedeutet im übrigen, dass dies nicht um der Zollbefreiung der Höseler willen geschah, sondern um deren fortbestehenden Verpflichtungen öffentlich festzuhalten. Vielleicht aus Platzgründen begnügte man sich auch darauf, das Recht bis in die Zeit Heinrichs V. zurückzuführen und auf seine Nennung als Verleiher zu verzichten. Dass nur er als solcher in Frage kommt, versteht sich von selbst, da das mit DH.IV.172 von 1065 an den Erzbischof von Bremen vergebene Duisburg sicher erst zu seiner Zeit wieder Reichsgut geworden war (vgl. Wadle a.a.O. 265 und Opll a.a.O.); ein früherer Zeitpunkt als 1125 kommt für die Rechtsverleihung auch kaum in Frage, da der noch in Gang befindliche Mauerbau, den die Literatur bisher nicht genau zu datieren vermag (vgl. zuletzt Müller in Duisb. Forsch. 38,463) vermutlich nicht viel früher begonnen hatte. – Zur Pfalz Duisburg vgl. zuletzt Binding, Dt. Königspfalzen 150ff.

Incole curtis et mansorum attinentium Husel non dant theloneum Dispergii per anni circulum preter nundinas celebres, obsequuntur enim ad munimen civitatis in muro et vallo. Est quidem antiquitus eis hec gratia concessa temporibus Vo Heinrici imperatoris et Christiani villici renovata.