Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde
<<277.>>

Heinrich unterrichtet (den Erzbischof Gottfried von Trier) von dem während des Osterhoftages (zu Lüttich) aufgerichteten Frieden und ermahnt ihn zu dessen Einhaltung in seiner Diözese und insbesondere zum Widerstand gegen den (rheinischen) Pfalzgrafen Wilhelm, der dem Vernehmen nach einen bewaffneten Einfall in das Gebiet der Diözese vorbereite.

(1125 Anfang April).

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Handschriftliche Überlieferung fehlt.

Drucke: Brower-Masen, Antiqu. Trevir. 2,21 = Crollius, Erläuterte Reihe der Pfaltzgraven 317 (Auszug) = MGH LL 2,77 = Heinemann, CD Anhalt. 1.1,156 no 196 = MGH Const. 1,164 no 111, die drei letzten zu 1125 Anfang April.

Reg.: Wauters, Table chronol. 2,713 zu 1125 April. – Reitzenstein, Reg. Orlamünde 31 zu 1125. – Goerz, Mittelrhein. Reg. 1,484 no 1767 zu 1125 April. – Stumpf Reg. 3210 zu 1125 Apr. Anfg.

Bei Brower-Masen heißt es, dem ohne Inskriptio mitgeteilten Schreiben vorausgehend, zunächst: Sub id tempus Godefridus Trevirorum archiepiscopus iniurias a clericis nonnullis vitiosam eius electionem criminantibus [zum Vorwurf der simonistischen Wahl vgl. Meyer von Knonau, Jahrb. 7,263f. mit Anm. 8] haud sane leves pertulit, quare etiam … de reddendo pontificatu cogitavit, quod … pacis atque tranquillitatis publicæ caussa distulit; anschließend: Inter hæc Henricus imperator paschalibus [29. März] Leodii peractis Aquas iter intendit atque ex itinere has ad Godefridum literas Trevirim misit.

Ob Notar Heinrich als Verfasser des Briefes in Betracht kommt, lässt sich nicht entscheiden; Weiland in Vorbemerkung zu Const. no 111 geht von Veränderungen des ursprünglichen Textes durch Brower “in verbis et enuntiatis” aus. Auffällig ist, dass von dem im ersten Satz verwendeten Aussteller-Plural im Folgenden durchgängig zum Singular gewechselt ist, mit Ausnahme des nostra in Z. ■, das dort wegen der gemeinsamen Nennung mit P. Calixt II. wohl nicht zu vermeiden war; eine ähnliche Erklärung dürfte für das eigenartige pluralische vestratem (Z. ■) gelten – das folgende agrum ließ sich schlecht mit einem tuum verbinden –, während EB. Gottfried sonst immer im Singular angesprochen ist. Aus der Eröffnung kann aufgrund der Verwendung des Verbs omittere wohl geschlossen werden, dass ein weiterer Inhalt vorausging, dass Brower-Masen demnach nur einen Auszug mitteilten, was außer dem Fehlen einer Inskriptio auch das Fehlen eines Schlussgrußes erklären würde.

Heinrichs Aufbruch aus Lüttich erfolgte wohl bald nach dem 31. März, an dem er dort noch urkundete (D.276). Angesichts der geringen, nur zwei Tagereisen beanspruchenden Entfernung zwischen Lüttich und Aachen müsste der Brief, wenn das ex itinere einen Sinn haben soll, noch am Tage des Aufbruchs abgesandt worden sein, da man andernfalls bis zur Ankunft in Aachen hätte zuwarten können; dafür spricht auch, dass der Brief nach eigener Aussage bezweckte, Gottfried überhaupt erst über den kurz zuvor in Lüttich verkündeten, nur durch D.277 bekannten Landfrieden zu informieren. – Eine genaue Datierung der Ankunft in Aachen ist nicht möglich, da wir nicht wissen, in welchem Stadium des wegen Heinrichs schwerer Erkrankung länger dauernden (vgl. Meyer von Knonau a.a.O. 321 mit Anm. 13; Stüllein, Itinerar 108 mit Anm. 9) Aachener Aufenthaltes (Stüllein denkt an dessen Dauer “wohl bis Ende April”) dort am 14. April das D.278 ausgestellt wurde. – Die bei Brower-Masen anschließenden Nachrichten über Heinrichs weiteren Aufenthalte in Nijmegen und Utrecht (es fehlt die nach Aachen folgende Zwischenstation in Duisburg am 7. Mai von D.279, s.a. D.*280), insbesondere über den Ausbruch des morbus dracunculi, quem a pueritia experiebatur, in Aachen, beruhen auf Anselms von Gembloux Continuatio zur Chronik Sigeberts von Gembloux (MGH SS 6,380; vgl. Meyer von Knonau a.a.O. 321f. Anm. 13, 16 u. 17 und Stüllein a.a.O. 108f. Anm. 9, 12 u. 13); beide nennen auch gemeinsam statt des 23. Juni den 21. Juni als Heinrichs Utrechter Sterbetag (Ans.: feria quinta in pentecoste; Brower-Masen: XII. kalend. iunii; vgl. Meyer von Knonau a.a.O. 323 Anm. 19 und Stüllein a.a.O. 109 Anm. 13). Meyer von Knonau a.a.O. 320f. mit Anm. 11 sieht den Brief zu Recht in Zusammenhang mit der zuletzt im Jahre 1121 behandelten Frage der hereditas des 1113 gefallenen Pfalzgrafen Siegfried I. von Orlamünde-Ballenstedt (s. Vorbemerkung zu D.230), um welche Siegfrieds nicht zum Verzicht bereiten Söhne, Siegfried II. († 1124) und Wilhelm († 1140), mit dem 1113 von Heinrich als Pfalzgraf eingesetzten Grafen Gottfried von Calw konkurrierten, vgl. dazu u.a. Gerstner, Pfalzgrafschaft 58ff. und Werle in Trier. Jahrb. 1957, 6ff.

Offenbar hatte der im Brief genannte Wilhelm nach dem Tode seines Bruders Siegfried II. die Anstrengungen um das Erbe verstärkt, und aus seiner Bezeichnung als palatinus durch Heinrich selbst muss geschlossen werden, dass es ihm gelungen war, neben Gottfried von Calw als Pfalzgraf eingesetzt zu werden (s. Werle a.a.O. 9). – Wilhelms geplante irruptio galt denn auch sicher nicht der Verfechtung der Ansprüche auf die von Siegfrieds I. Stiefvater, Pfalzgraf Heinrich von Laach, sich herleitende, keine Pertinenz der Pfalzgrafschaft bildende Obervogtei über das Erzstift Trier, die überhaupt nicht strittig gewesen zu sein scheint (vgl. Werle a.a.O. 6ff.; s.a. Engels in Secundum regulam vivere, Festschr. Backmund 96, der a.a.O. 94 übrigens fälschlich annimmt, dass Wilhelm “wohl eigenmächtig” den Pfalzgrafentitel führte) – die auch kaum Heinrichs Interesse hervorgerufen hätte –, sondern zielte wohl auf im Trierer Gebiet (ager) gelegene Besitzungen, auf die Wilhelm als “pfalzgräfliche Reichslehen” (Gerstner a.a.O. 63) Anspruch erhob – wiederum offenbar in Konkurrenz mit Gottfried von Calw, der sich dabei auch Übergriffe auf Besitzungen des Trierer Klosters St. Maximin zuschulden kommen ließ, was Heinrich in seinen letzten Tagen noch dazu nötigte, mit D.279 zahlreiche Besitzungen des Klosters gegen Gottfried, einen seiner treuesten Anhänger (D.279 bezeichnet ihn ausdrücklich als quidam fidelis noster), in Schutz zu nehmen (vgl. Gerstner a.a.O. 63f.).

Non omittendum fuit, ut de pace, quam in paschali curia nostra instauravimus firmavimusque, te quidquam celaremus. Quare, ut eam tota diœcesi provinciaque tua, uti quidem cępisti, melius excolere in posterum queas, te graviter etiam et serio moneo atque adhortor. Nemo igitur, sive in ministeriis sive in servitiis agat, in episcopatu tuo audeat prædas agere, grassari incendiis aut in villas prædiaque violenter irrumpere, aut eorum omnino quidquam designare, quæ iam pridem nostra et apostolici Calisti sanctione fuere vetita. Rumore etiam nuntiisque ad me perlatum est, Wilhelmum palatinum, Sigefridi filium, armatorum globo septum, istuc in vestratem agrum parare iam irruptionem. Eius, volo, conatibus, pro illa, quam hucusque mihi probasti fide, contractis fidissimorum hominum tuorum auxiliis, quamprimum obviam eas et illius vim a tuorum cervicibus depellas.