Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde

Abbildungsverzeichnis der europäischen Kaiser- und Königsurkunden

<<276.>>

Heinrich bestätigt dem Kloster St. Jakob zu Lüttich die von der edlen Guda geschenkten Allode zu Eira und Wittem-sur-Geul einschließlich eines von ihr zurückgekauften Zinses von 40 Schilling zu Eira, die Zweckbestimmung der Einkünfte und die Bestellung von Gudas Bruder Arnulf als Vogt der beiden Güter unter Festlegung seiner Rechte.

Lüttich, 1125 März 31.

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Original (ca. 51/51,5 b : 65/66,5 h) im Staatsarchiv zu Lüttich (A); Rückvermerk des 13. Jh.: De Ora [von anderer Hand auf Rasur, danach ein wohl von derselben Hand stammendes überflüsiges tiron. et expungiert] & Wetheham; 14. Jh.: Ora, das große und fette O auf Rasur, in dessen Rundung ein blasses m erkennbar, woraus zu schließen ist, dass ursprünglich mora oder eher meira geschrieben war (s. Anm. r); zu den Rückvermerken vgl. Demaret in Bull. de la Soc. d’art et d’hist. de Liège 4,41 Anm. 1 und Stiennon, Étude sur le Chartrier et le Domaine de l’Abbaye de Saint-Jacques de Liège 321.

Teilfaks.: Schubert, Eine Lütticher Schriftprovinz Taf. 1 no 5. – Stiennon a.a.O. planche XXV.

Druck aus A: Ernst, Hist. du Limbourg 6,124 no 37 = Sloet, OB Gelre en Zutfen 239 no 245 Auszug. – Muller-Bouman, OB sticht Utrecht 1,289 no 315 Auszug.

Reg.: Gachet in Compte-rendu de la Comm. royale d’hist. 1.9,27. – Wauters, Table chronol. 2,130. – Brom, Reg. sticht Utrecht 1,63 no 310 (mit falscher Stumpf-Nr. 3209). – Coenen, Limburg. oork. 1,129 no 278. – Genicot, Études sur les principautés lotharing. 117. – Stumpf Reg. 3208.

Unter jeweils geringer Verwendung der DDH.IV.398 von 1088 April 23 (= VU.I) und 470a von 1101 Juni 1 (= VU.II) sowie einer Urkunde des Abtes Stephan II. von St. Jakob von ca. 1107 (ed. Demaret a.a.O. 49ff. zu “avant 1112”; aus Or.: Winterfeld in Bull. de la Comm. royale d’hist. 83,229ff. = VU.III) verfasst und geschrieben von einem Schreiber aus St. Jakob; einige Formulierungen scheinen dem am selben Tage wie VU.II ausgestellten DH.IV.470b für das dem Hochstift Lüttich unterstellte Stift Andenne entnommen zu sein, das wir daher als VL.IV kennzeichnen. – Zur Echtheit des noch vom Herausgeber und von Hausmann in Vorbemerkung zu DKo.III.56 als gefälscht bezeichneten DH.IV.470a (VU.II) sowie des DH.IV.470b für Andenne vom selben Tage (VL.IV) vgl. Stiennon a.a.O. 45ff. (ebenso DDH.IV. Einl. S. XLVI Anm. 134 und B.-Petke Reg. †386; speziell zu DH.IV.470b vgl. Despy in Le Moyen Age 56,221ff. und 60,39ff. sowie DDH.IV. S. 747).

VU.III, die Urkunde des sich selbst als provisor bezeichnenden Abtes Stephan II. (1095–1112; vgl. Berliere, Monasticon Belge 2,9f.) gehört nach Stiennon (a.a.O. 324; s.a. 309 Anm. 2) vermutlich in das Jahr 1107, da in einer Urkunde dieses Jahres (Stiennon a.a.O. 437 no 2) Stephan gleichfalls den Titel provisor führt; dazu passt, dass in VU.III., mit welcher der Kanoniker Steppo von St. Lambert zu Lüttich († 1138 Juli 4, seit 1116 Archidiakon [als solcher in der Zeugenliste genannt], seit 1131 Propst; vgl. de Theux, Le chapitre de Saint Lambert à Liége 1,99; Stiennon a.a.O. 324 Anm. 1) die Schenkung eines Teils des Allods Masniel an St. Jakob tätigte, gesagt ist, dass Steppo seinen 1105 oder 1106 verstorbenen (s. unten) Bruder Tiebald in St. Jakob hatte beisetzen lassen (s. dazu NU.I Anm. n); zu beider Familie vgl. bes. Boeren, De Oorsprong van Limburg en Gelre 42ff., mit Stammtafeln S. 46 u. 51, und Stiennon a.a.O. 309ff., mit Skizze 313 Anm. 1; vgl. auch weiter unten. – Winterfeld, die von Demarets Druck und seiner am Ende der Regierung Abt Stephans II. orientierten Datierung keine Kenntnis genommen hatte, meinte (a.a.O. 225) aufgrund der Verwendung des Titels provisor, aus dem sie herauslas, dass dieser als schon designierter Nachfolger seines Vorgängers Robert mit der Gesamtverwaltung des Klosters betraut gewesen sei, die Urkunde müsse “in oder kurz vor das Jahr 1095, das Todesjahr des Abts Otbert [statt Robert, 1075–1095 Jan. 14] fallen”, erklärt aber im Widerspruch dazu unmittelbar vorangehend (S. 224; s.a. 228 u. 229), die Urkunde gehöre “in die Jahre c. 1095–1116”, und wählt im Titel (S. 223) sogar die Datierung “[c. 1100]”! De Theux scheint die Schenkung Steppos erst kurz vor dessen Tod (1138) ansetzen zu wollen.

D.276 diente seinerseits in großem Umfang dem nach ihm gefälschten und mit demselben Datum versehenen D.†305 als Vorlage (= NU.I), ferner in unterschiedlichem, jeweils geringen Maße dem DKo.III.56 von 1141 April 6–13 (= NU.II), den gefälschten DDLo.III.†57 von 1134 (B.-Petke Reg. †386 = NU.III) und †80 von 1136 März 22 (B.-Petke Reg. †473 = NU.IV) sowie der um 1140, zweifellos auf echter Grundlage gefälschten Urkunde B. Heinrichs I. von Lüttich von 1084 (= NU.V; ed. Chestret de Haneffe in Bull. de l’inst. archéol. Liégeois 38,114 no 1; Teilfaks. bei Schubert a.a.O. Taf. I no 6; vgl. Niermeyer, Onderzoekingen over Luikse en Maastrichtse oorkonden 29 no 4).

Niermeyer, der dem D.276 zusammen mit D.†305 eine spezielle Untersuchung widmete (a.a.O. 87ff.), hatte beide als spätere Fälschungen verworfen und war dementsprechend von einer falschen Vorstellung über das Verhältnis zu den Vor- und Nachurkunden ausgegangen: Er rechnete (a.a.O. 89f.) das DKo.III.56 und die Urkunde B. Heinrichs, außerdem u.a. auch das Privileg P. Innocenz’II. von 1137 Nov. 29 (ed. Ramackers, Papsturk, in den Niederlanden 2,126 no 31 zu 1134–38; zum dort fehlenden Eschatokoll mit Datierung vgl. Ders., Papsturk. in Frankreich N.F. 4,526 Anh. no 2) zu den von D.276 verwendeten Vorurkunden.

Unser D. ist, was sich schon aus der gegenüber VU.I geänderten Formulierung der Arenga ergibt, nichts anders als die unter dem kaiserlichen Siegel (sigilli astipulatione, s. Anm. k und m’) erfolgte Bestätigung einer als traditionis testamentum (Z. ■) bezeichneten älteren Privaturkunde, die in einem einzigen Rechtsakt (vgl. zweimaliges in eadem traditione von Z. ■ und ■) die Schenkung zweier Güter, daraus zu bestreitende Stiftungen und die Frage der Vogtei geregelt hatte und die mit ihren Bürgen- und Zeugenlisten offensichtlich wörtlich inseriert wurde.

An der sachlich richtigen Wiedergabe dieser “Vorurkunde” kann, was auch Niermeyer (a.a.O. 89) einräumt, kein Zweifel bestehen. Allein schon aus dem hohen Rang der drei Petenten erhellt jedenfalls die Bedeutung, die sowohl der Schenkung als auch der Person der Schenkerin Guda beigemessen wurde.

Welche Wertschätzung letztere als Wohltäterin im Kloster genoß, geht aus zwei Tatsachen hervor: In den Annales s. Iacobi Leod., die sich sonst auf die Mitteilung des Todes nur weniger hochgestellter Personen beschränkten, bildet der auf sie zu beziehende Eintrag obiit Guda zum Jahre 1125 (MGH SS 16,640, im Anschluss an die Nachricht des Todes Heinrichs V. und der Wahl Lothars III.) eine absolute Ausnahme. Sodann erinnert an sie, die vermutlich als Rekluse in der Nähe des Klosters gelebt hatte, ein fragmentarisch erhaltenes, in die Turmmauer der Klosterkirche eingemauertes feierliches Epitaph, das sie als Gvda sanctimonialis bezeichnet (vgl. dazu Demaret a.a.O. 42ff. und Berliere a.a.O. 10 Anm. 2) und den 30. Juni 1125 als ihren Todestag mitteilt (vgl. Abzeichnung der nach älteren Abschriften ergänzten Grabinschrift bei Demaret vor S. 37; Stiennon a.a.O. 312 Anm. 3 möchte eine anderweitige commemoratio Gude vidue zum 25. September auf sie beziehen).

Über die in D.276 erwähnten Eltern Gudas und ihres ebenfalls genannten Bruders Arnulf, dem Guda die Vogtei über die beiden aus ihrem väterlichen Erbe stammenden Güter übertrug, ist nichts bekannt. Wohl aber ergibt sich aus NU.I der Name ihres – im Text des D.276 unter den von Guda getätigten Gedächtnisstiftungen eigenartigerweise nicht genannten (vgl. dazu Winterfeld a.a.O. 226) – Gemahls: Es ist der in VU.III (s. oben) zusammen mit seinem Bruder Steppo genannte Tiebald von Fouron(-Valkenburg/Fauquemont-la Haye), beide Söhne des am 30. April 1106 gestorbenen (s. Boeren a.a.O. 33) Grafen Kuno von Montaigu, der sowohl Tiebald als auch dessen in VU.III und NU.I genannten weiteren Bruder Arnulf (mit gleichnamigem Sohn; s. NU.I Anm. s) überlebt hatte und der hinter dem die Zeugenliste des ersten Vorakts zu NU.I eröffnenden comes Cuno zu vermuten ist. Zum Tode beider Söhne wohl im Jahre 1105, spätestens vor 1106 April 30, vgl. Vorbemerkung zu D.†305 (NU.I).

Den Schenkungen von Eira und Wittem war seitens Gudas nach NU.I. schon die am Beisetzungstag Tiebalds, also vor dem Frühjahr 1106, erfolgte Schenkung eines Gutes zu Strohn vorausgegangen, mit der sie eine Zusatzdotation zu der von Tiebald selbst mit Gütern zu Colombier und Bilstain dotierten und von ihr und Tiebalds Neffen Arnulf vollstreckten Seelgerätstiftung vornahm. In VU.III über die Schenkung von Masniel durch Steppo ist, unter Verschweigung ihrer unterschiedlichen Herkunft, über diese drei Dotationsgüter neutral vermerkt: pro cuius [scil. Tiebalds] anima habemus tria predia, scilicet Columbire, Bilesten et Struona (vgl. NU.I Anm. p). Erstaunlich ist jedoch, dass innerhalb der Enumeratio des Innocenz-Privilegs von 1137 Guda gänzlich übergangen ist und die Schenkung aller 6 Güter, die willkürlich gereiht sind, allein auf die Brüder Tiebald und Steppo zurückgeführt ist: predia etiam, que a nobilibus viris Steppone et Thebaldo fratre eius vobis collata sunt, videlicet Massiuil, Columbir, Eyram, Wetehan, Bilesten et Strunam (vgl. dazu Demaret a.a.O. 48). – Zu den Besitzungen vgl. Stiennon a.a.O. 313ff. Unter den verschiedenen Möglichkeiten der Identifizierung für Eira gibt Demaret a.a.O. 41 Anm. 1 dem ca. 22 km nw. Lüttich gelegenen Heure-le-Tixhe (Diets-Heur bzw. Dietsch-Heur) den Vorzug, während Stiennon zunächst (320ff.) die Frage für nicht entscheidbar ansieht, im Register (S. 462) jedoch eher an das ca. 10 km weiter östlich gelegene Heure-le-Romain denkt.

Seinen formal an falschen Vorstellungen über benützte Vorlagen orientierten (s. oben) Fälschungsverdacht gegen D.276 gründete Niermeyer (a.a.O. 90ff.) inhaltlich allein auf die Art der hier getroffenen Regelung der Vogteirechte, wobei er D.276 als von der um 1140 gefälschten Urkunde B. Heinrichs (NU.V) abhängig ansah. Diese Begründung hat Stiennon (a.a.O. 123) zu Recht zurückgewiesen, und auch die spätere Literatur hat durchwegs an der Echtheit unseres D. keinen Zweifel mehr gehegt (vgl. z.B. B.-Petke Reg. †386 und †473); lediglich Hausmann (Reichskanzlei 75 no 37) hat es, wohl gestützt auf Niermeyer (obwohl er in Anm. 2 für das Teilfaks. auch Stiennon erwähnt), nochmals als “angebliches Original” bzw. (in Vorbemerkung zu DKo.III.56) als “verunechtet” bezeichnet.

Die Annahme der Echtheit des durch die Formulierung des ganzen Schlusses, der eigentlichen Dispositio (ab Anm. k’) und des Eschatokolls, auffälligen D.276 kann sich auf einigermaßen sichere Kriterien stützen: In erster Linie auf die Tatsache der erfolgten Besiegelung; die Größe des verlorenen Siegels entsprach jedenfalls offenbar derjenigen des echten 2. Kaisersiegels, und es war auch kanzleigemäß mittels Kreuzschnitts befestigt (vgl. Anm. m”). – Weiteres Indiz ist die vermutliche Zeitgemäßheit der Schrift: Der Hand, die Schubert (a.a.O. 10ff.) dem Kloster St. Jakob zuweist und mit der Sigle E versieht, kann zwar keine weitere Urkunde zugesprochen werden, doch sowohl Schubert, der a.a.O. 17 feststellt, sie stehe “ziemlich allein”, als auch Stiennon (a.a.O. 63ff.) sprechen ihr starke Ähnlichkeit mit der Hand E’ zu, von der eine Urkunde des Abtes Olbert II. von 1112–1134 stammt (Roland in Ann. de la société archéol. de Namur 27,277 no 15; Schriftproben bei Stiennon a.a.O. planche XXVII, Ders., L’écriture de Liège 85 Fig. 57 u. 58); zu den von Schubert und Stiennon sowie von Niermeyer (a.a.O. 87) beschriebenen Besonderheiten der sehr uneinheitlichen Schrift zählt u.a. der Wechsel zwischen – überwiegend gebrauchtem – offenen a und Minuskel-a mit unterschiedlich hohem Aufstrich (zu einer dritten Form vgl. Anm. g”); insbesondere aber begegnen hier eigenwillige Interpunktionen im Bereich der Elongata (vgl. Anm. f; s.a. Anm. n”) sowie im Kontext (vgl. Anm. u’ und w’).

Weitere Sicherheit in der Frage der Echtheit verschafft die genauere Prüfung des in einem Zug mit dem Kontext geschriebenen (s. Anm. h”) Eschatokolls, dessen Formulierung durch seine weitestgehende Abhängigkeit von VU.I zwar in ihrem Gesamttenor nicht kanzleigemäß ist, aber dennoch eine Mitwirkung der Kanzlei erkennen lässt. – Völlig verfehlt ist es jedoch, wenn Hausmann, der davon ausgeht, dass dem nach seiner Ansicht “angeblichen Original” (s. oben) eine verlorene echte Urkunde zugrundegelegen hatte, behauptet, vom Kanzleinotar habe “nur Schrift der Signum- und Rekognitionszeile der echten Vorlage” gestammt; diese Behauptung ist hinsichtlich der Schrift(vorlage) schlicht falsch, und vom Diktat ist gar nicht erst die Rede, so als hätte nach Hausmanns Ansicht der Kanzleinotar sich bei der Niederschrift der Unterfertigungszeilen nicht an sein eigenes, sondern an fremdes Diktat gehalten haben können, was völlig singulär wäre.

Ohne Mitwirkung des Kanzleinotars ist jedenfalls das vom Empfängerschreiber eingezeichnete Monogramm nicht erkärlich, dessen Aufbau genau den Monogrammen des Notars Heinrich entspricht; dies gilt insbesondere auch für den im Grunde sinnlosen Fußbalken (hier mit deutlichen Seitenserifen) der mittleren Vertikalen, da Notar Heinrich selbst seit Anfang des Jahres 1123 (erstmals in D.247) ebenfalls die einfache Fußserife vielfach durch einen Fußbalken, mit oder ohne unterschiedlich große Seitenserifen, ersetzt hatte, und dies in seinen dem D.276 unmittelbar vorangehenden Diplomen des Jahres 1125 (DD.273–275) und dem auf D.276 als nächstes und letztes von seiner Hand stammenden D.279 ausnahmslos! Man muss daher davon ausgehen, dass der Notar dem Schreiber eine Skizze zur Verfügung gestellt hatte, die dieser getreulich nachzeichnete; vielleicht hatte der Notar sogar, wie in seiner Skizze für das Monogramm des D.261 (s. dortige Anm. x), bewusst die sonst nie fehlende Verlängerung des Vollziehungsstriches weggelassen (s. Anm. l”).

Offensichtlich hat der Notar den Empfängerschreiber aber auch bei der Formulierung des Eschatokoll-Textes beraten, wodurch es zu einer eigenartigen Durchmischung von Formulierungen der VU. mit solchen kam, die dem Kanzleidiktat entsprechen (vgl. die von Niermeyer a.a.O. 88f. gebotenen Textparallelen). Teilweise erfolglos wäre dieser Rat des Notars bei der Signumzeile geblieben, da der Schreiber das domni vor dem Namen aus VU.I beibehielt, während Notar Heinrich diesen Titel, der bei ihm selbst nur in seiner Anfangszeit vereinzelt anzutreffen war (vgl. DD.223, 232, †234, 236), seit dem D.238 konsequent und für immer weggelassen hatte (fehlte vorher schon in DD.225, 229, 233).

Anders steht es jedoch mit dem doppelten Schlussattribut augusti invictissimi: Das aus VU.I übernommene einfache invictissimi (ebenso in VU.II und NUU.III.IV) hatte gleichfalls zum ständigen Diktat des Notars Heinrich (seit D.223) gehört; vgl.dazu Vorbemerkung zu D.278. Da kaum anzunehmen ist, dass das hier selbst ausgelassene (s. Anm. c”) augusti der Datumzeile von VU.I die Anregung lieferte, bietet sich eine andere Lösungsmöglichkeit: Es ist vorstellbar, dass zu Ostern 1125 in Lüttich schon der Empfängerentwurf für das erwähnte, zwei Wochen später am 14. April in Aachen ausgefertigte D.278 der Kanzlei vorlag, dessen auf einer Vorurkunde Konrads II. beruhende Signumzeile gleichfalls, unter anderer Reihenfolge der beiden Wörter, mit invictissimi augusti endet; die Kenntnis dieser Formulierung könnte nur durch den Kanzleinotar an den Empfängerschreiber des D.276 gelangt sein, wobei das Motiv des Notars unerklärlich bliebe, da er selbst in seinem letzten D.279 die Signumzeile wieder mit einfachem invictissimi beschließt. Die Rekognitionszeile übernimmt zwar einerseits aus VU.I das kanzleiwidrige eröffnende Ego (ebenso in VU.II und NUU.III.IV), jedoch entspricht die Erweiterung um Moguntini, das übrigens in NUU.III.IV wieder fehlt, wiederum der seit D.247 stereotypen Formulierung des Notars Heinrich (zunächst mit Stellung des recognovi hinter cancellarius, ab D.265 wie hier am Schluss; vgl. Vorbemerkung zu D.278). Die Eröffnung der vollständig auf VU.I. beruhenden, dieser gegenüber vor allem durch Auslassungen veränderten (s. Anm. x’, a”–e”) Datierung mit Anno dom. inc. …, die in VU.I dem Stil eines zeitweilig in der Kanzlei Heinrichs IV. beschäftigten Lütticher Notars entsprochen hatte (vgl. dazu Vorbemerkungen zu DD.H.IV.398 und 470; s.a. Vorbemerkung zu DLo.III.†57), begegnet ebenso in VU.II sowie in NUU.I–IV, darüberhinaus auch in dem Lütticher DH.V.†26; außerdem sei als Beispiel für diesen Brauch in der Lütticher bischöflichen Kanzlei auf die Urkunde B. Oberts von 1107 (vgl. Anm. l’) verwiesen.

Mit Ausnahme des DKo.III.56 (NU.II), das nach gleicher Eröffnung eine andere Fortführung bietet, ist all diesen Urkunden eigentümlich, dass die Datierung abschließt mit data (D.†26: datum) und folgender Tagesangabe (fehlt in beiden Lothar-Diplomen NUU.III.IV), actum mit Ortsangabe und gleichlautender Apprekatio (in der Urk. B. Oberts nur feliciter). – Dass in D.276 (u. †305), in Abweichung von den anderen Beispielen, das data … an dem ihm zukommenden Platz fehlt, beruht offensichtlich auf einem Versehen, das sofort durch Nachtragung des Tagesdatums, jedoch unter Auslassung des vorgeschalteten data, wettgemacht wurde (s. Anm. e” und g”).

Der gravierendste Unterschied namentlich zu VUU.I.II ist jedoch, dass hier die zusätzliche Angabe der Ordinations- und Königsjahre weggelassen wurde; in NUU.III.IV fehlen diese wegen der Abhängigkeit von DD.276/†305 naturgemäß ebenfalls; D.†26 aus der Königszeit nennt (unter Weglassung der Ordinationsjahre) nur die Königsjahre; aber selbst die Datierung der Urkunde B. Oberts ist ausführlicher, indem sie die Königsjahre Heinrichs V. und die eigenen Amtsjahre angibt. – Es kann nun, wie schon Niermeyer a.a.O. 88 richtig vermutete, kein Zweifel daran bestehen, dass die Reduzierung der Angabe der Herrscherjahre auf den Einfluss des Notars Heinrich zurückgeht, der seit Beginn seiner Tätigkeit in radikaler Reduktion grundsätzlich auf die Angabe sämtlicher Herrscherjahre verzichtet hatte; dass der Schreiber unseres D. entgegen der “Empfehlung” des Notars dann doch die (falsch berechneten, s. Anm. 2) Kaiserjahre einsetzte, erklärt sich leicht durch die Abhängigkeit seiner Eröffnung der Datierung von VU.I. – Auf die Formulierung der Datumzeile selbst hat Notar Heinrich jedenfalls keinen Einfluss genommen; die bis zu D.†262 stereotype Fassung seiner eigenen Datumzeile (Eröffnung mit Data; ohne Apprekatio) erfuhr zwar in den Jahren 1124/25 einige Änderungen, darunter auch einigemale die Eröffnung mit Anno dom. inc. … (DD.269, 270, 273), ging jedoch nie über die Angaben von Inkarnationsjahr, Indiktion, Tag und Ort (in wechselnder Folge) hinaus.

Vielleicht lag es an einer gewissen Desorganisation der Kanzlei in den letzten Wochen des todkranken Kaisers, dass man einerseits an den kanzleifremden Elementen des Eschatokolls keinen Anstoß nahm, insbesondere aber auch den dispositiven Schluss ohne Beanstandung hinnahm, der durch seine Eröffnung der Intitulatio-Wiederholung mit Ego und die Verwendung der Devotionsformel gratia dei sowie den durchgängigen Aussteller-Singular jeglichem Kanzleigebrauch widersprach. – Es ist jedenfalls völlig verfehlt, wenn Niermeyer (a.a.O. 88) gerade diesen ganz ohne Zweifel vom Empfänger formulierten Teil als “een echt, uit de kanselarij afkomstig bestanddeel” bezeichnet: Bei allen Diplomen aus der Zeit der Tätigkeit des Notars Heinrich, in denen der Kaiser ein Ego verwendet, handelt es sich um Empfängerausferigungen (DD.†235, 260, 261, 265).

Zu dem domini sui Arnulfi des Textes (Z. ■) behauptet Winterfeld (a.a.O. 226), gestützt auf den Sprachgebrauch der Kölner Schreinsurkunden, damit sei Gudas “Schwiegervater” gemeint, der aber Kuno hieß (s. oben); Stiennon (a.a.O. 323 Anm. 3) hingegen möchte dies auf Gudas Bruder Arnulf beziehen, der wegen ihres Witwenstandes ihr Muntwart gewesen sei.

Von den die Zeugenliste beschließenden 4 Ministerialen Heinrichs ist Ludouicus sonst nicht nachweisbar; zum (Marschall; s. D.257) Heinrich Houvth/Haupt vgl. Vorbemerkung zu D.135, zum (Truchsessen) Volkmar Vorbemerkung zu D.24; ein mit dem hiesigen wohl identischer Richardus begegnet in der durch den Truchsessen Volkmar eröffneten, weit über 20 Namen nennenden Ministerialenliste des DLo.III.14 für den Ministerialen Konrad von Hagen von 1128 Dez. 27 (B.-Petke Reg. 178); da auf ihn dort Theodericus de Aquis folgt, gehörte womöglich auch Richard nach Aachen.

(C.) In nomine sancte et individue trinitatis. Heinricus divina favente clementia qvartus Romanorum imperator augustus. Iustum esse iudicamus et acceptum coram deo et hominibus esse credimus ecclesiasticas facultates oblatione fidelium divinis usibus traditas iure et auctoritate imperiali confirmare et tueri atque regalis sigilli astipulatione contra omnem in perpetuum controversiam communire. Quapropter noverint omnes Christi fideles tam qui futuri sunt tam qui presentes viderunt, quod Guda mulier nobilis et vidua honorabilis, secundum voluntatem dei privata fructu ventris sui, elegit sibi successorem et rerum suarum heredem beatum Iacobvm fratrem domini, cuius ecclesia sita est in insula Leodii. Igitur tradidit eidem ecclesię duo allodia, unum quod est in Eira, alterum quod dicitur Witham, utraque cum appendiciis suis, eadem libertate, eodem iure, quo pater suus possedit in ultimo suo fine, per servos et per ancillas, per beneficia, per aquas, per prata, per silvas. Confirmavit etiam in eadem traditione illos XLa solidos de censu Eirę, quos redemit de manu Wederici, hoc ordine debere distribui: septem solidos in anniversario patris sui, VII in anniversario matris suę, V in anniversario domini sui Arnulfi, XI in suo, ex quibus duo solidi distribuantur ad elemosinam pauperum, VIIII reliqui ad refectionem fratrum; itemque decem solidos ad unam candelam singulis noctibus comparandam haberi decrevit. Constituit quoque in eadem traditione memoriam sancti Seruatii in eadem ecclesia perpetuo celebrari debere fratribusque in ipsa sollemnitate ex allodio de Witham VII solidos provenire, reliquum, quicquid superest, ad vinum fratrum pertinere. Advocatum autem utriusque allodii Arnulfum fratrem suum constituit, ea conditione firmiter interposita, ut ipsa vivente nullomodo de eadem advocatione absque eius consensu se intromittat, nullum inde servitium recipiat; ea vero defuncta si eum abbas sibi necessarium iudicaverit, accedat et absque rogatu abbatis se numquam debere accedere pro certo sciat, tamen, sive veniat sive non veniat, de tribus generalibus placitis in Eira habebit III solidos, de unoquoque eorum XII denarios, sed apud Witham nonnisi sextarium vini trium denariorum; certus autem esse debet, quia nullum umquam sibi secundum supponet advocatum, nec post eum aliquis heres eius in ęternum. Facta est hęc traditio per manum eiusdem Gudę et per manum Arnulfi fratris sui, suscipiente eam Arnulfo comite de Los, advocato sancti Iacobi. Testes traditionis de Eira fuerunt, quorum nomina subscripta sunt: Teodericus frater comitis Arnulfi, Cuno de Hers, Gerordus de Hers, Gerardus de Horpala; fideiussores vero de Witham: Iulianus de Wahart, Arnulfus de Streis, Cuno de Uerinis, testes vero: Walterus de Bullione, Hugo de Daulas. Ego igitur Heinricus gratia dei Romanorum imperator augustus, cum essem in diebus paschę Leodii, rogatu venerabilis Adelberonis Leodiensis episcopi et Olberti eiusdem ecclesię sancti Iacobi abbatis ac fidelis mei Arnulfi comitis de Los, eius advocati, supradictę traditionis testamentum, ut ratum maneat et inconvulsum, signi sigillique mei astipulatione confirmavi, ac tot tantorumque virorum testimonio comprobatum est, quorum nomina subscripta sunt: Adelbero episcopus Leodiensis, Godeboldus episcopus Ultraiectensis, Heinricus episcopus Uirdunensis; Andreas prepositus sancti Lamberti, Philippus prepositus Traiectensis; Alexander et Steppo, archidiaconi; Reinzo, Arnulfus, Reinbaldus, Wido, canonici; Tiebaldus marchio, Godefridus comes Namucensis, Berengerus comes de Sozbach, Arnulfus comes de Los, Gerardus comes de Wassenbergh, Wilelmus comes, Lambertus comes, Gerardus frater Gozuini, Wigerus advocatus sancti Lamberti, Arnulfus de Rode, Wenricus de Caluo Monte, Otto filius Gileberti de Duraco, Arnulfus de Erscloh, Lambertus frater Wenrici; de familia imperatoris: Henricus Houvth, Folmarus, Richardus, Ludouicus et alii multi.

Anno dominicę incarnationis MCXXV, indictione IIIa, anno autem imperii domni Heinrici Romanorum imperatoris XV; actum Leodii; feliciter in nomine domini; pridie kl. aprilis.

Signum domni Heinrici quarti Romanorum imperatoris augusti invictissimi. (M.9.) (SI.D.)

Ego Philippus cancellarius vice Alberti Moguntini archicancellarii recognovi.