Original (ca. 51/51,5 b : 65/66,5 h) im Staatsarchiv zu Lüttich (A);
Rückvermerk des 13. Jh.:
De Ora [von anderer Hand auf Rasur, danach ein wohl von derselben Hand
stammendes überflüsiges tiron.
et expungiert] & Wetheham; 14. Jh.:
Ora, das große und fette
O auf Rasur, in dessen Rundung ein blasses
m erkennbar, woraus zu schließen ist, dass ursprünglich
mora oder eher
meira geschrieben war (s. Anm. r); zu den Rückvermerken vgl. Demaret
in Bull. de la Soc. d’art et d’hist. de Liège 4,41 Anm. 1 und Stiennon, Étude sur le Chartrier et le Domaine de l’Abbaye de Saint-Jacques de
Liège 321.
Teilfaks.: Schubert, Eine Lütticher Schriftprovinz Taf. 1 no
5. – Stiennon
a.a.O. planche XXV.
Druck aus A: Ernst, Hist. du Limbourg 6,124 no
37 = Sloet, OB Gelre en Zutfen 239 no
245 Auszug. – Muller-Bouman, OB sticht Utrecht 1,289 no
315 Auszug.
Reg.: Gachet
in Compte-rendu de la Comm. royale d’hist. 1.9,27. – Wauters, Table chronol. 2,130. – Brom, Reg. sticht Utrecht 1,63 no
310 (mit falscher Stumpf-Nr. 3209). – Coenen, Limburg. oork. 1,129 no
278. – Genicot, Études sur les principautés lotharing. 117. – Stumpf
Reg. 3208.
Unter jeweils geringer Verwendung der DDH.IV.398 von 1088 April 23 (=
VU.I) und 470a von 1101 Juni 1 (= VU.II) sowie einer Urkunde des Abtes
Stephan II. von St. Jakob von ca. 1107 (ed. Demaret
a.a.O. 49ff. zu “avant 1112”; aus Or.: Winterfeld
in Bull. de la Comm. royale d’hist. 83,229ff. = VU.III) verfasst und
geschrieben von einem Schreiber aus St. Jakob; einige Formulierungen
scheinen dem am selben Tage wie VU.II ausgestellten DH.IV.470b für das
dem Hochstift Lüttich unterstellte Stift Andenne entnommen zu sein,
das wir daher als VL.IV kennzeichnen. – Zur Echtheit des noch vom
Herausgeber und von Hausmann
in Vorbemerkung zu DKo.III.56 als gefälscht bezeichneten DH.IV.470a
(VU.II) sowie des DH.IV.470b für Andenne vom selben Tage (VL.IV) vgl. Stiennon
a.a.O. 45ff. (ebenso DDH.IV. Einl. S. XLVI Anm. 134 und B.-Petke
Reg. †386; speziell zu DH.IV.470b vgl. Despy
in Le Moyen Age 56,221ff. und 60,39ff. sowie DDH.IV. S. 747).
VU.III, die Urkunde des sich selbst als
provisor bezeichnenden Abtes Stephan II. (1095–1112; vgl. Berliere, Monasticon Belge 2,9f.) gehört nach Stiennon
(a.a.O. 324; s.a. 309 Anm. 2) vermutlich in das Jahr 1107, da in
einer Urkunde dieses Jahres (Stiennon
a.a.O. 437 no
2) Stephan gleichfalls den Titel
provisor führt; dazu passt, dass in VU.III., mit welcher der Kanoniker
Steppo von St. Lambert zu Lüttich († 1138 Juli 4, seit 1116 Archidiakon [als
solcher in der Zeugenliste genannt], seit 1131 Propst; vgl. de Theux, Le chapitre de Saint Lambert à Liége 1,99; Stiennon
a.a.O. 324 Anm. 1) die Schenkung eines Teils des Allods Masniel an
St. Jakob tätigte, gesagt ist, dass Steppo seinen 1105 oder 1106
verstorbenen (s. unten) Bruder Tiebald in St. Jakob hatte beisetzen
lassen (s. dazu NU.I Anm. n); zu beider Familie vgl. bes. Boeren, De Oorsprong van Limburg en Gelre 42ff., mit Stammtafeln S. 46 u.
51, und Stiennon
a.a.O. 309ff., mit Skizze 313 Anm. 1; vgl. auch weiter unten. – Winterfeld, die von Demarets Druck und seiner am Ende der Regierung Abt Stephans II. orientierten
Datierung keine Kenntnis genommen hatte, meinte (a.a.O. 225) aufgrund
der Verwendung des Titels
provisor, aus dem sie herauslas, dass dieser als schon designierter Nachfolger
seines Vorgängers Robert mit der Gesamtverwaltung des Klosters betraut
gewesen sei, die Urkunde müsse “in oder kurz vor das Jahr 1095, das
Todesjahr des Abts Otbert [statt Robert, 1075–1095 Jan. 14] fallen”,
erklärt aber im Widerspruch dazu unmittelbar vorangehend (S. 224; s.a.
228 u. 229), die Urkunde gehöre “in die Jahre c. 1095–1116”, und wählt
im Titel (S. 223) sogar die Datierung “[c. 1100]”! De Theux
scheint die Schenkung Steppos erst kurz vor dessen Tod (1138)
ansetzen zu wollen.
D.276 diente seinerseits in großem Umfang dem nach ihm gefälschten und
mit demselben Datum versehenen D.†305 als Vorlage (= NU.I), ferner in
unterschiedlichem, jeweils geringen Maße dem DKo.III.56 von 1141 April
6–13 (= NU.II), den gefälschten DDLo.III.†57 von 1134 (B.-Petke
Reg. †386 = NU.III) und †80 von 1136 März 22 (B.-Petke
Reg. †473 = NU.IV) sowie der um 1140, zweifellos auf echter Grundlage
gefälschten Urkunde B. Heinrichs I. von Lüttich von 1084 (= NU.V; ed. Chestret de Haneffe
in Bull. de l’inst. archéol. Liégeois 38,114 no
1; Teilfaks. bei Schubert
a.a.O. Taf. I no
6; vgl. Niermeyer, Onderzoekingen over Luikse en Maastrichtse oorkonden 29 no
4).
Niermeyer, der dem D.276 zusammen mit D.†305 eine spezielle Untersuchung
widmete (a.a.O. 87ff.), hatte beide als spätere Fälschungen verworfen
und war dementsprechend von einer falschen Vorstellung über das
Verhältnis zu den Vor- und Nachurkunden ausgegangen: Er rechnete
(a.a.O. 89f.) das DKo.III.56 und die Urkunde B. Heinrichs, außerdem
u.a. auch das Privileg P. Innocenz’II. von 1137 Nov. 29 (ed. Ramackers, Papsturk, in den Niederlanden 2,126 no
31 zu 1134–38; zum dort fehlenden Eschatokoll mit Datierung vgl. Ders., Papsturk. in Frankreich N.F. 4,526 Anh. no
2) zu den von D.276 verwendeten Vorurkunden.
Unser D. ist, was sich schon aus der gegenüber VU.I geänderten
Formulierung der Arenga ergibt, nichts anders als die unter dem
kaiserlichen Siegel (sigilli astipulatione, s. Anm. k und m’) erfolgte Bestätigung einer als
traditionis testamentum (Z. ■) bezeichneten älteren Privaturkunde, die in einem einzigen
Rechtsakt (vgl. zweimaliges
in eadem traditione von Z. ■ und ■) die Schenkung zweier Güter, daraus zu bestreitende
Stiftungen und die Frage der Vogtei geregelt hatte und die mit ihren
Bürgen- und Zeugenlisten offensichtlich wörtlich inseriert wurde.
An der sachlich richtigen Wiedergabe dieser “Vorurkunde” kann, was
auch Niermeyer
(a.a.O. 89) einräumt, kein Zweifel bestehen. Allein schon aus dem
hohen Rang der drei Petenten erhellt jedenfalls die Bedeutung, die
sowohl der Schenkung als auch der Person der Schenkerin
Guda beigemessen wurde.
Welche Wertschätzung letztere als Wohltäterin im Kloster genoß, geht
aus zwei Tatsachen hervor: In den Annales s. Iacobi Leod., die sich
sonst auf die Mitteilung des Todes nur weniger hochgestellter Personen
beschränkten, bildet der auf sie zu beziehende Eintrag
obiit Guda zum Jahre 1125 (MGH SS 16,640, im Anschluss an die Nachricht des Todes
Heinrichs V. und der Wahl Lothars III.) eine absolute Ausnahme. Sodann
erinnert an sie, die vermutlich als Rekluse in der Nähe des Klosters
gelebt hatte, ein fragmentarisch erhaltenes, in die Turmmauer der
Klosterkirche eingemauertes feierliches Epitaph, das sie als
Gvda sanctimonialis bezeichnet (vgl. dazu Demaret
a.a.O. 42ff. und Berliere
a.a.O. 10 Anm. 2) und den 30. Juni 1125 als ihren Todestag mitteilt
(vgl. Abzeichnung der nach älteren Abschriften ergänzten Grabinschrift
bei Demaret
vor S. 37; Stiennon
a.a.O. 312 Anm. 3 möchte eine anderweitige
commemoratio Gude vidue zum 25. September auf sie beziehen).
Über die in D.276 erwähnten Eltern Gudas und ihres ebenfalls genannten
Bruders Arnulf, dem Guda die Vogtei über die beiden aus ihrem
väterlichen Erbe stammenden Güter übertrug, ist nichts bekannt. Wohl
aber ergibt sich aus NU.I der Name ihres – im Text des D.276 unter den
von Guda getätigten Gedächtnisstiftungen eigenartigerweise nicht
genannten (vgl. dazu Winterfeld
a.a.O. 226) – Gemahls: Es ist der in VU.III (s. oben) zusammen mit
seinem Bruder Steppo genannte Tiebald von
Fouron(-Valkenburg/Fauquemont-la Haye), beide Söhne des am 30. April
1106 gestorbenen (s. Boeren
a.a.O. 33) Grafen Kuno von Montaigu, der sowohl Tiebald als auch
dessen in VU.III und NU.I genannten weiteren Bruder Arnulf (mit
gleichnamigem Sohn; s. NU.I Anm. s) überlebt hatte und der hinter dem
die Zeugenliste des ersten Vorakts zu NU.I eröffnenden
comes Cuno zu vermuten ist. Zum Tode beider Söhne wohl im Jahre 1105, spätestens
vor 1106 April 30, vgl. Vorbemerkung zu D.†305 (NU.I).
Den Schenkungen von
Eira und Wittem war seitens Gudas nach NU.I. schon die am Beisetzungstag
Tiebalds, also vor dem Frühjahr 1106, erfolgte Schenkung eines Gutes
zu Strohn vorausgegangen, mit der sie eine Zusatzdotation zu der von
Tiebald selbst mit Gütern zu Colombier und Bilstain dotierten und von
ihr und Tiebalds Neffen Arnulf vollstreckten Seelgerätstiftung
vornahm. In VU.III über die Schenkung von Masniel durch Steppo ist,
unter Verschweigung ihrer unterschiedlichen Herkunft, über diese drei
Dotationsgüter neutral vermerkt:
pro cuius [scil. Tiebalds] anima habemus tria predia, scilicet Columbire, Bilesten et Struona (vgl. NU.I Anm. p). Erstaunlich ist jedoch, dass innerhalb der
Enumeratio des Innocenz-Privilegs von 1137 Guda gänzlich übergangen
ist und die Schenkung aller 6 Güter, die willkürlich gereiht sind,
allein auf die Brüder Tiebald und Steppo zurückgeführt ist:
predia etiam, que a nobilibus viris Steppone et Thebaldo fratre eius
vobis collata sunt, videlicet Massiuil, Columbir, Eyram, Wetehan,
Bilesten et Strunam (vgl. dazu Demaret
a.a.O. 48). – Zu den Besitzungen vgl. Stiennon
a.a.O. 313ff. Unter den verschiedenen Möglichkeiten der
Identifizierung für
Eira gibt Demaret
a.a.O. 41 Anm. 1 dem ca. 22 km nw. Lüttich gelegenen Heure-le-Tixhe
(Diets-Heur bzw. Dietsch-Heur) den Vorzug, während Stiennon
zunächst (320ff.) die Frage für nicht entscheidbar ansieht, im
Register (S. 462) jedoch eher an das ca. 10 km weiter östlich gelegene
Heure-le-Romain denkt.
Seinen formal an falschen Vorstellungen über benützte Vorlagen
orientierten (s. oben) Fälschungsverdacht gegen D.276 gründete Niermeyer
(a.a.O. 90ff.) inhaltlich allein auf die Art der hier getroffenen
Regelung der Vogteirechte, wobei er D.276 als von der um 1140
gefälschten Urkunde B. Heinrichs (NU.V) abhängig ansah. Diese
Begründung hat Stiennon
(a.a.O. 123) zu Recht zurückgewiesen, und auch die spätere Literatur hat durchwegs an der Echtheit unseres D. keinen Zweifel
mehr gehegt (vgl. z.B. B.-Petke
Reg. †386 und †473); lediglich Hausmann
(Reichskanzlei 75 no
37) hat es, wohl gestützt auf Niermeyer
(obwohl er in Anm. 2 für das Teilfaks. auch Stiennon
erwähnt), nochmals als “angebliches Original” bzw. (in Vorbemerkung
zu DKo.III.56) als “verunechtet” bezeichnet.
Die Annahme der Echtheit des durch die Formulierung des ganzen
Schlusses, der eigentlichen Dispositio (ab Anm. k’) und des
Eschatokolls, auffälligen D.276 kann sich auf einigermaßen sichere
Kriterien stützen: In erster Linie auf die Tatsache der erfolgten
Besiegelung; die Größe des verlorenen Siegels entsprach jedenfalls
offenbar derjenigen des echten 2. Kaisersiegels, und es war auch
kanzleigemäß mittels Kreuzschnitts befestigt (vgl. Anm. m”). –
Weiteres Indiz ist die vermutliche Zeitgemäßheit der Schrift: Der
Hand, die Schubert
(a.a.O. 10ff.) dem Kloster St. Jakob zuweist und mit der Sigle E
versieht, kann zwar keine weitere Urkunde zugesprochen werden, doch
sowohl Schubert, der a.a.O. 17 feststellt, sie stehe “ziemlich allein”, als auch Stiennon
(a.a.O. 63ff.) sprechen ihr starke Ähnlichkeit mit der Hand E’ zu,
von der eine Urkunde des Abtes Olbert II. von 1112–1134 stammt (Roland
in Ann. de la société archéol. de Namur 27,277 no
15; Schriftproben bei Stiennon
a.a.O. planche XXVII, Ders., L’écriture de Liège 85 Fig. 57 u. 58); zu den von Schubert
und Stiennon
sowie von Niermeyer
(a.a.O. 87) beschriebenen Besonderheiten der sehr uneinheitlichen
Schrift zählt u.a. der Wechsel zwischen – überwiegend gebrauchtem –
offenen
a und Minuskel-a mit unterschiedlich hohem Aufstrich (zu einer dritten Form vgl. Anm.
g”); insbesondere aber begegnen hier eigenwillige Interpunktionen im
Bereich der Elongata (vgl. Anm. f; s.a. Anm. n”) sowie im Kontext
(vgl. Anm. u’ und w’).
Weitere Sicherheit in der Frage der Echtheit verschafft die genauere
Prüfung des in einem Zug mit dem Kontext geschriebenen (s. Anm. h”)
Eschatokolls, dessen Formulierung durch seine weitestgehende
Abhängigkeit von VU.I zwar in ihrem Gesamttenor nicht kanzleigemäß
ist, aber dennoch eine Mitwirkung der Kanzlei erkennen lässt. – Völlig
verfehlt ist es jedoch, wenn Hausmann, der davon ausgeht, dass dem nach seiner Ansicht “angeblichen
Original” (s. oben) eine verlorene echte Urkunde zugrundegelegen
hatte, behauptet, vom Kanzleinotar habe “nur Schrift der Signum- und
Rekognitionszeile der echten Vorlage” gestammt; diese Behauptung ist
hinsichtlich der Schrift(vorlage) schlicht falsch, und vom Diktat ist
gar nicht erst die Rede, so als hätte nach Hausmanns Ansicht der Kanzleinotar sich bei der Niederschrift der
Unterfertigungszeilen nicht an sein eigenes, sondern an fremdes Diktat
gehalten haben können, was völlig singulär wäre.
Ohne Mitwirkung des Kanzleinotars ist jedenfalls das vom
Empfängerschreiber eingezeichnete Monogramm nicht erkärlich, dessen
Aufbau genau den Monogrammen des Notars Heinrich entspricht; dies gilt
insbesondere auch für den im Grunde sinnlosen Fußbalken (hier mit
deutlichen Seitenserifen) der mittleren Vertikalen, da Notar Heinrich
selbst seit Anfang des Jahres 1123 (erstmals in D.247) ebenfalls die
einfache Fußserife vielfach durch einen Fußbalken, mit oder ohne
unterschiedlich große Seitenserifen, ersetzt hatte, und dies in seinen
dem D.276 unmittelbar vorangehenden Diplomen des Jahres 1125
(DD.273–275) und dem auf D.276 als nächstes und letztes von seiner
Hand stammenden D.279 ausnahmslos! Man muss daher davon ausgehen, dass
der Notar dem Schreiber eine Skizze zur Verfügung gestellt hatte, die
dieser getreulich nachzeichnete; vielleicht hatte der Notar sogar, wie
in seiner Skizze für das Monogramm des D.261 (s. dortige Anm. x),
bewusst die sonst nie fehlende Verlängerung des Vollziehungsstriches
weggelassen (s. Anm. l”).
Offensichtlich hat der Notar den Empfängerschreiber aber auch bei der
Formulierung des Eschatokoll-Textes beraten, wodurch es zu einer
eigenartigen Durchmischung von Formulierungen der VU. mit solchen kam,
die dem Kanzleidiktat entsprechen (vgl. die von Niermeyer
a.a.O. 88f. gebotenen Textparallelen). Teilweise erfolglos wäre
dieser Rat des Notars bei der Signumzeile geblieben, da der Schreiber
das
domni vor dem Namen aus VU.I beibehielt, während Notar Heinrich diesen
Titel, der bei ihm selbst nur in seiner Anfangszeit vereinzelt
anzutreffen war (vgl. DD.223, 232, †234, 236), seit dem D.238
konsequent und für immer weggelassen hatte (fehlte vorher schon in
DD.225, 229, 233).
Anders steht es jedoch mit dem doppelten Schlussattribut
augusti invictissimi: Das aus VU.I übernommene einfache
invictissimi (ebenso in VU.II und NUU.III.IV) hatte gleichfalls zum ständigen
Diktat des Notars Heinrich (seit D.223) gehört; vgl.dazu Vorbemerkung
zu D.278. Da kaum anzunehmen ist, dass das hier selbst ausgelassene
(s. Anm. c”)
augusti der Datumzeile von VU.I die Anregung lieferte, bietet sich eine andere
Lösungsmöglichkeit: Es ist vorstellbar, dass zu Ostern 1125 in Lüttich
schon der Empfängerentwurf für das erwähnte, zwei Wochen später am 14.
April in Aachen ausgefertigte D.278 der Kanzlei vorlag, dessen auf
einer Vorurkunde Konrads II. beruhende Signumzeile gleichfalls, unter
anderer Reihenfolge der beiden Wörter, mit
invictissimi augusti endet; die Kenntnis dieser Formulierung könnte nur durch den
Kanzleinotar an den Empfängerschreiber des D.276 gelangt sein, wobei
das Motiv des Notars unerklärlich bliebe, da er selbst in seinem letzten D.279 die Signumzeile wieder
mit einfachem
invictissimi beschließt. Die Rekognitionszeile übernimmt zwar einerseits aus VU.I
das kanzleiwidrige eröffnende
Ego (ebenso in VU.II und NUU.III.IV), jedoch entspricht die Erweiterung um
Moguntini, das übrigens in NUU.III.IV wieder fehlt, wiederum der seit D.247
stereotypen Formulierung des Notars Heinrich (zunächst mit Stellung
des
recognovi hinter
cancellarius, ab D.265 wie hier am Schluss; vgl. Vorbemerkung zu D.278). Die
Eröffnung der vollständig auf VU.I. beruhenden, dieser gegenüber vor
allem durch Auslassungen veränderten (s. Anm. x’, a”–e”) Datierung mit
Anno dom. inc. …, die in VU.I dem Stil eines zeitweilig in der Kanzlei Heinrichs IV.
beschäftigten Lütticher Notars entsprochen hatte (vgl. dazu
Vorbemerkungen zu DD.H.IV.398 und 470; s.a. Vorbemerkung zu
DLo.III.†57), begegnet ebenso in VU.II sowie in NUU.I–IV,
darüberhinaus auch in dem Lütticher DH.V.†26; außerdem sei als
Beispiel für diesen Brauch in der Lütticher bischöflichen Kanzlei auf
die Urkunde B. Oberts von 1107 (vgl. Anm. l’) verwiesen.
Mit Ausnahme des DKo.III.56 (NU.II), das nach gleicher Eröffnung eine
andere Fortführung bietet, ist all diesen Urkunden eigentümlich, dass
die Datierung abschließt mit
data (D.†26:
datum) und folgender Tagesangabe (fehlt in beiden Lothar-Diplomen
NUU.III.IV),
actum mit Ortsangabe und gleichlautender Apprekatio (in der Urk. B. Oberts
nur
feliciter). – Dass in D.276 (u. †305), in Abweichung von den anderen
Beispielen, das
data … an dem ihm zukommenden Platz fehlt, beruht offensichtlich auf einem
Versehen, das sofort durch Nachtragung des Tagesdatums, jedoch unter
Auslassung des vorgeschalteten
data, wettgemacht wurde (s. Anm. e” und g”).
Der gravierendste Unterschied namentlich zu VUU.I.II ist jedoch, dass
hier die zusätzliche Angabe der Ordinations- und Königsjahre
weggelassen wurde; in NUU.III.IV fehlen diese wegen der Abhängigkeit
von DD.276/†305 naturgemäß ebenfalls; D.†26 aus der Königszeit nennt
(unter Weglassung der Ordinationsjahre) nur die Königsjahre; aber
selbst die Datierung der Urkunde B. Oberts ist ausführlicher, indem
sie die Königsjahre Heinrichs V. und die eigenen Amtsjahre angibt. –
Es kann nun, wie schon Niermeyer
a.a.O. 88 richtig vermutete, kein Zweifel daran bestehen, dass die
Reduzierung der Angabe der Herrscherjahre auf den Einfluss des Notars
Heinrich zurückgeht, der seit Beginn seiner Tätigkeit in radikaler
Reduktion grundsätzlich auf die Angabe sämtlicher Herrscherjahre
verzichtet hatte; dass der Schreiber unseres D. entgegen der
“Empfehlung” des Notars dann doch die (falsch berechneten, s. Anm. 2)
Kaiserjahre einsetzte, erklärt sich leicht durch die Abhängigkeit
seiner Eröffnung der Datierung von VU.I. – Auf die Formulierung der
Datumzeile selbst hat Notar Heinrich jedenfalls keinen Einfluss
genommen; die bis zu D.†262 stereotype Fassung seiner eigenen
Datumzeile (Eröffnung mit
Data; ohne Apprekatio) erfuhr zwar in den Jahren 1124/25 einige
Änderungen, darunter auch einigemale die Eröffnung mit
Anno dom. inc. … (DD.269, 270, 273), ging jedoch nie über die Angaben von
Inkarnationsjahr, Indiktion, Tag und Ort (in wechselnder Folge)
hinaus.
Vielleicht lag es an einer gewissen Desorganisation der Kanzlei in den
letzten Wochen des todkranken Kaisers, dass man einerseits an den
kanzleifremden Elementen des Eschatokolls keinen Anstoß nahm,
insbesondere aber auch den dispositiven Schluss ohne Beanstandung
hinnahm, der durch seine Eröffnung der Intitulatio-Wiederholung mit
Ego und die Verwendung der Devotionsformel
gratia dei sowie den durchgängigen Aussteller-Singular jeglichem Kanzleigebrauch
widersprach. – Es ist jedenfalls völlig verfehlt, wenn Niermeyer
(a.a.O. 88) gerade diesen ganz ohne Zweifel vom Empfänger
formulierten Teil als “een echt, uit de kanselarij afkomstig
bestanddeel” bezeichnet: Bei allen Diplomen aus der Zeit der Tätigkeit
des Notars Heinrich, in denen der Kaiser ein
Ego verwendet, handelt es sich um Empfängerausferigungen (DD.†235, 260,
261, 265).
Zu dem
domini sui Arnulfi des Textes (Z. ■) behauptet Winterfeld
(a.a.O. 226), gestützt auf den Sprachgebrauch der Kölner
Schreinsurkunden, damit sei Gudas “Schwiegervater” gemeint, der aber
Kuno hieß (s. oben); Stiennon
(a.a.O. 323 Anm. 3) hingegen möchte dies auf Gudas Bruder Arnulf
beziehen, der wegen ihres Witwenstandes ihr Muntwart gewesen sei.
Von den die Zeugenliste beschließenden 4 Ministerialen Heinrichs ist
Ludouicus sonst nicht nachweisbar; zum (Marschall; s. D.257) Heinrich
Houvth/Haupt vgl. Vorbemerkung zu D.135, zum (Truchsessen) Volkmar
Vorbemerkung zu D.24; ein mit dem hiesigen wohl identischer
Richardus begegnet in der durch den Truchsessen Volkmar eröffneten, weit über 20
Namen nennenden Ministerialenliste des DLo.III.14 für den
Ministerialen Konrad von Hagen von 1128 Dez. 27 (B.-Petke
Reg. 178); da auf ihn dort
Theodericus de Aquis folgt, gehörte womöglich auch Richard nach Aachen.