Original (ca. 49,5/50 b : 50,5/55 h) im Generallandesarchiv zu
Karlsruhe (A); Rückvermerk des 12. Jh.:
Privilegium Heinrici regis [darüber von anderer Hand:
Vti, imperat. IIII.] super Slǒhsa cum suis attinentiis; 14. Jh.:
in libro [= der folgenden Zahl nachträglich vorgeschaltet] IIII; 17. Jh.:
Schluochser Rodel Folio 1 eingeschrieben (zu Dorsualnotizen vgl. D.246).
Drucke: Aus A: Herrgott, Genealogia Habsburg. 2,137 no
198. – Aus Abschrift des 12. Jh.: Neugart, CD Alemanniae 2,59 no
846. – Aus A: Dümgé, Reg. Badensia 1,127 Anh. no
78. – Bresslau, Diplomata centum 57 no
41. – Fürstenberg. UB 5,53 no
87 Auszug. – Naumann
in DA 23,359f. Auszug. – Hlawitschka, Thronwechsel 112 mit Anm. 9 und 157 Anm. 199 Auszüge aus Bresslau. – Als Insert im Or.-Vidimus Karls IV. von 1358 Okt. 18 (B.-Huber
Reg. 1635): MGH Const. 10,495 no
655.
Reg.: Lang, Hist.-Theol. Grund-Riß 1,431 no
9. – Georgisch, Reg. chronol.-dipl. 1,524 no
2. – Dümgé
a.a.O. 1,34. – Ladewig-Müller, Constanzer Reg. 1,89 no
731. – Wentzcke, Strassburger Reg. 1,309 no
420. – Rep. Schweiz. Qu. in Karlsruhe I.1,4 no
23. – Jakobs
in Alemann. Jahrb. 1995/96 S. 16. – Parlow, Die Zähringer 53 Reg. 82 (vgl. auch 166 in Reg. 244). – Böhmer
Reg. 2090. – Stumpf
Reg. 3205.
Verfasst und geschrieben von Notar Heinrich, vgl. Hausmann, Reichskanzlei 75 no
36. DD.274 und 275 sind auf Pergamente geringfügig unterschiedlicher
Färbung (D.274 etwas weißlicher, D.275 etwas gelblicher) geschrieben,
wobei sich D.275 auch durch fast quadratisches Format nicht ganz
gleichmäßiger Höhe (durch schrägen Zuschnitt des unteren Randes
beträgt diese links 54,8, rechts 50,5 cm) von D.274 unterscheidet,
jedoch ist für beide offenbar ein und dieselbe Tinte verwendet, so
dass von absolut gleichzeitiger Niederschrift auszugehen ist.
Wie in D.274 unterliefen dem Notar, der sich wie dort öfters
korrigieren musste (vereinzelt gibt es sogar Korrekturen von anderer
Hand, s. Anm. h, n u. p), einige Fehler (neben u.a. Anm. s und f’ vgl.
besonders Anm. g’); mit D.274 hat unser D. auch gemeinsam, dass wegen
eines Nachtrags (s. Anm. l’) das Eschatokoll einen sehr gedrängten
Eindruck macht. – Die schon bei D.274 beobachtete kompositorische
Schwäche des Notars zeigt sich hier in dem – diplomatisch ohnedies
auffälligen – umfangreichen Schlussverweis auf die gleichzeitige
Ausstellung des D.274, dessen Hauptinhalt gleich zweimal
schlagwortartig wiedergegeben ist, wobei nur durch eine sofortige
Korrektur (s. Anm. o’) vermieden wurde, dass dieser nicht auf die
libera electio des Vogtes (s. bei Anm. g’) eingeschränkt wurde, sondern auch die
libertas (loci) berücksichtigte; Entlehnungen an dieser Stelle aus D.274 sind durch
Petitsatz gekennzeichnet.
Dem Text dienten als Vorlage für die Narratio zwei verlorene, fast 50
Jahre ältere Urkunden, die vermutlich in einem vom Notar übernommenen
Empfängerentwurf eingearbeitet waren: Die erläuternde Bemerkung
predicti autem iurantes de familia erant Augiensis ęcclesię zu den
laudantes et sacramento confirmantes des durch die zweite Urkunde festgehaltenen Tausches zwischen Hezelo
und der Reichenau kann jedenfalls nicht auf den Notar zurückgehen. Der
Zeitpunkt dieses
apud Singerbrucho (lt. Parlow
54 [mit Lit.-Angaben] und Register S. 562 eine ehemalige Brücke über
die Aach bei Singen am Hohentwiel nw. Konstanz, was uns aufgrund der
Schreibung fraglich erscheint) erfolgten Tauschgeschäftes lässt sich
mit Hilfe der biographischen Daten der mitwirkenden Personen
einigermaßen genau eingrenzen:
Der früheste Zeitpunkt ergibt sich aus dem Regierungsbeginn des als
anwesend genannten Reichenauer Abtes Ekkehard II. von Nellenburg
(1071–1088; vgl. Hlawitschka
a.a.O. 115 Anm. 13, s.a. 114 Anm. 12; Parlow
datiert den Regierungsbeginn auf 1073/74). Die untere Zeitgrenze
liegt fest durch die Nennung des
dux Bertoldus, dessen Identität Naumann
a.a.O. 371 offen lässt, bei dem es sich aber sicher um den Zähringer
Hz. Berthold I. von Kärnten (1061–77; † 1078) handelt (so auch Parlow); Hlawitschka, der sich a.a.O. 159 nicht dazu äußert, lässt im Register S. 199
durch jeweiliges Fragezeichen den Bezug auf Berthold I. oder Berthold
II. († 1111) unentschieden; jedenfalls gehört der Tausch, wenn auch
sicher in enger zeitlicher Nähe zu ihr, erst nach (s. dazu unten) die
Gemeinschaftsschenkung des Schluchseegebietes, die ihrerseits wegen
des
dux-Titels Rudolfs von Rheinfelden wohl einige Zeit vor 1077 fiel (vgl.
dazu weiter unten). – Bei dem von Hezelo an die Reichenau vertauschten
Ruttin handelt es sich nach Wollasch, St. Georgen 23 mit Anm. 28 (s.a. Hlawitschka
a.a.O. 157) um den Flurnamen Reutäcker 2 km nw. Königseggwald (am
Südufer der Ostrach; zu letzterem s. weiter unten).
Hinsichtlich der vieldiskutierten Frage der verwandtschaftlichen
Zusammengehörigkeit der “Schenkergemeinschaft des Schluchseegebietes”
begnügen wir uns mit dem Hinweis auf ihre letzte umfassende Behandlung
durch Hlawitschka
a.a.O. 111ff., der die Schenkung sehr weitgesteckt auf die Jahre
1071–1077 datiert (vgl. a.a.O. 115 mit Anm. 13, mit Diskussion anderer
Datierungsvorschläge; Parlow
datiert sein Regest 82 auf 1073 – 1077 ca. VI 4, wobei sich letzteres
Datum auf den letzten Beleg für Rudolf bei der Feier des Pfingsfestes
in Hirsau am 4. Juni vor seinem Abzug nach Sachsen bezieht). Für die
ersten fünf Personen sieht Hlawitschka
eine gemeinsame Deszendenz (s. die Stammtafel a.a.O. 169) von Herzog
Konrad von Schwaben (983–997), für den ihm die Identifizierung mit dem
aus der Welfengenealogie bekannten “Kuno von Öhningen” gelang (vgl.
a.a.O. 58ff., 99ff. u. 168ff.; s.a. Hlawitschka
in Die Salier u. das Reich 1,189 mit Anm. 51 betr. die “Genese”
dieser Identifizierung), und zwar über die Nachkommenschaft von zwei
Töchtern des Sohnes Konrads, Hz. Hermanns II. von Schwaben († 1003),
Gisela (in 3. Ehe Gemahlin Ks. Konrads II.) und Beatrix (vgl. Anm.
1–5).
Die Besitzanteile der beiden anderen Personen führt Hlawitschka
zwar auch auf das Erbe Hz. Konrads zurück, sieht aber für sie selbst,
beide nicht hochadligen Standes wie die anderen, keine erweislichen
genealogischen Bezüge zu Hz. Konrad: Für Tuto von Wagenhausen (zu ihm
vgl. Hlawitschka, Thronwechsel 158ff.) ist die Sachlage klar, da bekannt ist, dass er
seinen Schenkungsanteil zu Schluchsee nicht ererbt, sondern erst im
Tausch gegen sein Besitztum zu Wagenhausen (am Rheinausfluss aus dem
Bodensee gegenüber Stein a. Rhein) von Kl. Allerheiligen zu
Schaffhausen erworben hatte; den Besitz von Schluchsee hätten die
Stifter von Allerheiligen, die Grafen von Nellenburg (vgl. D. † 290),
auf nicht eindeutig klärbarem Wege aus dem Erbe von Hz. Konrads
Tochter Ita erlangt gehabt, die mit dem in der 2. Hälfte des 10. Jh.
lebenden welfischen Grafen Rudolf vermählt war (Sohn: Welf. II., †
1030; vgl. Hlawitschka
a.a.O. 58f., 102ff., 167f., 171f.).
Die Rolle des Reichenauer Vogtes Hezelo, des maßgeblichen
Mitbegründers des Klosters St. Georgen, der sich nach Königseggwald (4
km sö. Ostrach; alter Name
Hezilescella, s. Hlawitschka
a.a.O. 156 mit Anm. 195), dem Ort der ersten Ansiedlung des Konvents
von St. Georgen (s. D.104), benannte und der auch mit Tuto von
Wagenhausen weitläufig verwandt war, sieht Hlawitschka
a.a.O. 155ff. jedoch nach unserer Einschätzung nicht richtig: Er
setzt (a.a.O. 157 mit Anm. 199) Hezelos “Anteil am gesamten
Schenkungsbereich” gleich mit der von Hezelo (demnach vorher) vom
Kloster Reichenau eingetauschten
pars (zur Frage, wie die Reichenau den Besitz erwarb, vgl. a.a.O. 157f.
Anm. 201), so dass dieser nicht zur “Erben”-Gemeinschaft gehört hätte;
sowohl der Narratio als auch der Dispositio des D.275 entspricht aber
doch eher die Deutung, dass die sieben Schenker, Hezelo
eingeschlossen, gemeinsam den ihnen damals verfügbaren Anteil am
Schluchseegebiet schenkten, zu dem noch nicht die Reichenauer
pars gehört hatte, dass Hezelo demnach originäre Erbrechte besessen hätte
(zu möglicher Deszendenz von Hz. Konrad vgl. a.a.O. 156f.), und dass
er über seine Beteiligung an der gemeinsamen Schenkung hinaus (später)
in einem zusätzlichen Akt den Besitzkomplex von Rechten der Reichenau
freistellte.
Dafür spricht vor allem die Bestätigungsformel, nach der Hezelo seine,
mit
itemque an die Schenkung durch
Rǒdolfus aliique predicti nobiles (d.h. incl. Hezelos) anknüpfende,
pars-Schenkung an St. Blasien in einem selbständigen Akt vornahm (tradidit et legitime affectavit), was doch nur einen Sinn macht, wenn seine Schenkung nach
der Gemeinschaftsschenkung erfolgt war – was Hlawitschka
(a.a.O. Anm. 200) in Übereinstimmung mit der überwiegenden Literatur,
die bis auf wenige Ausnahmen von einer umgekehrten Reihenfolge ausgeht
(so auch noch Parlow), ausdrücklich verwirft; andernfalls wäre ja erst seine Schenkung der
Auslöser für die Gesamtschenkung gewesen. Jedenfalls kommt aber damit
Hezelo, im Widerspruch zu seiner Schluss-Stellung in der ständisch
gegliederten Schenkerliste, womöglich der gewichtigste Teil an der
Schluchseeschenkung zu!
Eine solche Interpretation verträgt sich allerdings nicht mit einer
allerjüngst von Jakobs
a.a.O. 33ff. vorgetragenen, u.E. fragwürdigen These: Indem er Hlawitschkas Ausschaltung “politischer Hintergründe” verwirft, kommt er zu dem
Ergebnis, es sei Rudolf von Rheinfelden gewesen, dem das Kloster “die
massivste Grundausstattung” zu verdanken habe, und die Schenkung durch
eine Erbengemeinschaft sei von ihm “organisiert” worden; er kommt auch
zu einer Datierung der Schenkung auf “vor 1079” (a.a.O. S. 14),
näherhin in die Zeit von Rudolfs Gegenkönigtum, wofür er sich
gegenüber der von ihm formulierten anderen Alternative, dass die
Erbengemeinschaft seinerzeit nach ihrer Berechtigung zur Verschenkung eines erschlossenen Forstes ohne
königliche Zustimmung “nicht gefragt” hatte, dafür entscheidet, diese
habe “den König Rudolf handeln lassen”. Dass in D.275 für Rudolf der
dux-Titel verwendet sei, erkläre sich “aus der Sicht Heinrichs V.” und
spreche nicht dagegen, dass Rudolf “die Legitimation zur
Schluchseeschenkung mit seinem Königtum verbunden hatte”.
Dies scheint alles zu spekulativ, ebenso wie die Erklärung (a.a.O.
35), St. Blasien sei “durch Zustifung” (gemeint die vorgebliche
“Organisation” der Schluchseeschenkung durch Rudolf) rheinfeldische
Grablege geworden, und erst recht die Spekulation, Rudolf habe “nicht
einmal die Zeit” gefunden (in welcher Eigenschaft?), “einen womöglich
auf
traditio gegründeten apostolischen Schutzbrief zu erwirken” – nichts im Text
verrät eine herausragende Rolle des nur wegen seines Ranges an der
Spitze einer Schenkergruppe genannten Herzogs! Wenn tatsächlich auch
eine “Anerkennung von Reichs wegen … bis dahin ausstand” (a.a.O. 34),
bedarf es für die Erlangung dieser Anerkennung durch D.275 keiner
weiteren Begründung, als dass Abt Rusten die durch die Ausstellung von
D.274 gebotene Gelegenheit nutzte.
Zu den Grenzen des Schluchseegebietes, das nördlich und östlich an den
in D.246 umschriebenen Sanblasianer Immunitätsbezirk anschloss, vgl. Ott
in ZGO 112,423ff. und nochmals – mit Zurückweisung abweichender
Deutungen Naumanns in seiner Untersuchung der Schluchseeschenkung a.a.O. 358ff. – in
ZGO 116,397ff.