Original (ca. 48 b : 30 h) im Bayerischen Hauptstaatsarchiv zu München
(A).
Drucke aus A: Meiller, Mundi miraculum 255 unvollständig. – Ried, CD Rat. 1,182 no
194. – Mon. Boica 24,14 no
5.
Reg.: Lang, Reg. Boica 1,122. – Stenzel, Gesch. Deutschlands 2,337. – Mon. Boica 29.1,246 no
448. – Posse, Kaisersiegel 5,217 in Anm. 6. – Böhmer
Reg. 2083. – Stumpf
Reg. 3196.
D.265 stammt von demselben (Scheyerner) Empfängerschreiber wie D.264
und wurde in gleicher Weise wie dieses durch den Notar Heinrich, der
auch hier die falsche Korrektur der Indiktionszahl vornahm (s. Anm.
b’) vollendet, wobei beide dieselben Tinten wie in D.264 verwendeten,
vgl. dortige Vorbemerkung. Zur Kennzeichnung der Diktatgleichheit sind
im Text die mit D.264 übereinstimmenden Stellen durch Petitsatz
und mit der Randziffer I gekennzeichnet. – Die in der Vorbemerkung zu
D.264 ausgesprochene Vermutung, dass der Schreiber und Diktator von
DD.264/265 aus Scheyern stammen muss, wird gerade für D.265 zusätzlich
dadurch bestärkt, dass hier noch an einer anderen Stelle (durch Petitsatz
mit der Randziffer II gekennzeichnet) eines der insoweit
gleichlautenden Privilegien P. Paschals II. (JL 5923 von 1102 oder JL
5988 von 1104) bzw. P. Calixts II. (JL 7027 von 1123) für
Fischbachau-Eisenhofen-Scheyern, die doch wohl nur einem Angehörigen
des Scheyerner Konvents zugänglich waren, benützt zu sein scheint; an
einer weiteren Stelle finden sich wenigstens gedankliche Anklänge an
diese Privilegien (vgl. Anm. e).
Unser Stück hat noch geringere formale Ähnlichkeit mit einem
kanzleigemäßen Diplom als D.264, insbesondere dadurch, dass es ohne
eine Intitulatio auskommt (s. Hirsch
in MIÖG Erg.-Bd. 7,580). Der Befund ist wohl am ehesten damit zu
erklären, dass zunächst nur eine einfache Privaturkunde beabsichtigt
war (vgl. dazu Ficker, Beitr. 1,282ff., 288f.), und zwar in der urkundenfernen Gestalt
einer Aktnotiz, da die handelnden Personen, nur Bischof und Pfalzgraf,
erst in der Publikatio genannt werden.
An eine Mitwirkung des Kaisers war demnach anfangs augenscheinlich gar
nicht gedacht gewesen. Es war vermutlich ein ganz spontaner Entschluss
gewesen, der am ehesten auf das Bedürfnis des Pfalzgrafen zurückgehen
dürfte, wie in D.264 seine Vogtei gesichert zu sehen, der aber (s.
oben) wohl gleichfalls den Wunsch des Klosters nach einer
vergleichbaren Urkunde befriedigen sollte, der dann, womöglich erst
während der Niederschrift, zur Einbeziehung des Kaisers geführt hat,
indem in die – mit einer zusätzlichen Apprekatio abschließende –
Korroboratio eine an D.264 orientierte und Heinrich überhaupt erstmals
nennende Intitulatio (mit dem auffälligen
ego neben wenig später folgendem vorlagenabhängigen
nostri!) integriert wurde; mit Hinzufügung eines dem D.264 entsprechenden
Eschatokolls, woran bei Eintragung der vorangehenden, in der Regel den
Schluss einer Urkunde bildenden Apprekatio (s. oben) wohl noch nicht
gedacht war, und vor allem mit der Anbringung des Kaisersiegels (s. Posse
a.a.O.) wurde dann das Stück endgültig in eine Kaiserurkunde
umgewandelt.
Über die Anfänge des ca. 12 km südöstlich von Amberg gelegenen
Klosters Ensdorf unterrichtet das – da offensichtlich stark redigiert
– an einigen Stellen interpretations- bzw. korrekturbedürftige, von
ca. 1140 stammende, nur durch eine Abschrift des 14. Jh. erhaltene
Traditionsbuch (in Kl. Ensdorf Lit. 10 im Bayer. Hauptstaatsarchiv;
ed. von Moritz
in v. Freyberg, Sammlung hist. Schriften u. Urk. 2.1,180ff.; Auszüge danach in MGH
SS 15.2,1080ff.) mit eingestreuten Urkunden und historischen
Nachrichten, worauf auch die Angaben der Literatur beruhen (zuletzt Störmer
in Wittelsbach u. Bayern I/1,142f., der D.265 auf 1123 datiert!):
Danach war Initiator der Klostergründung (Moritz
a.a.O. 180; SS 15.2,1080 Z. 16f.:
edificacionis locum … in proprio domate fundari cupiens; vgl. dazu weiter unten; zur fast stereotypen Verbindung der
Formulierung
in proprio domate mit einer Kloster- oder Kirchenstiftung vgl. die Belege bei Ducange, Gloss. med. et inf. lat. 2,901) der
vir nobilis Friedrich, der letzte männliche Vertreter des Geschlechts der Herren
von (Burg-)Lengenfeld-Hopfenohe-Pettendorf, dessen Gemahlin
Hadalwig/Heilika († nach ca. 1110) nach der ansprechenden Vermutung
von Decker-Hauff
in Die Zeit der Staufer 3,348f. (vgl. auch Störmer
a.a.O. 142f.) eine Nichte Heinrichs V. gewesen wäre, nämlich die älteste Tochter aus der 1. Ehe von Heinrichs Schwester Agnes mit dem
Schwabenherzog Friedrich I. von Staufen.
Nachdem Friedrich, der schon Allodial- und Bamberger Lehenbesitz als
Dotation destiniert und Bischof Otto von Bamberg eingeschaltet hatte (Moritz
a.a.O.; SS a.a.O. Z. 17f.:
Ottoni …, ut fundamentum poneret, conmisit), vorzeitig gestorben war († 1119 April 3), übernahm Pfalzgraf Otto,
der mit einer von Friedrichs beiden Erbtöchtern, der nach der Mutter
benannten Heilika, demnach einer vermutlichen Großnichte Heinrichs V.,
vermählt war, in Ensdorf die Durchführung des Vorhabens (Moritz
a.a.O.; SS a.a.O. Z. 22f.:
gener illius … in hereditatem succedens spiritu dei conceptum
affectum perduxit ad effectum), wo am 23. Mai 1121 mit dem Klosterbau begonnen wurde; die Weihe der
zunächst in Holz aufgeführten, erst 1179 durch einen Steinbau
ersetzten Kloserkirche erfolgte mit Genehmigung des Regensburger
Diözesanbischofs (statt B. Hartwichs I., 1106–1126, ist fälschlich
dessen Nachfolger B. Kuno, 1126–1132, genannt), durch B. Otto von
Bamberg, der die ersten Mönche unter dem Abt Walchun aus St. Blasien
berief, bereits am 25. Juli 1123 (vgl. Zitzelsberger
in Verh. Oberpfalz 95,49); schon vorher hatte B. Otto in dem Privileg
P. Calixts II. von 1123 April 3 eine Bestätigung des Klosters erhalten
(Mon. Boica 24,10 no
2; JL 7047; Germ. pont. 1,305 no
1 und 3.3,265 no
50; dort unter den
monasteria, que ipse [scil. B. Otto] propriis sumptibus construxisti, an 3. Stelle:
sancti Iacobi in Entistorf).
Ensdorf liegt in einem Raum, in dem bis dahin keine Wittelsbacher
Rechte nachweisbar waren (s. Störmer
a.a.O. 142). Es muss daher davon ausgegangen werden, dass alle
Vergabungen des Pfalzgrafen auf der Schenkung des
allodium Wilinbac durch Heinrich V. mit D.145 von 1115 beruhen, das deshalb mehr umfasst
haben muss als das, was unten als
predium/curia W. bezeichnet ist, nämlich den gesamten wittelsbachischen Besitz
einschließlich des Klosterbereiches. Dies drückt am deutlichsten die
“Gründungsurkunde” B. Ottos von Bamberg von 1139 aus (Or. im Bayer.
Hauptstaatsarchiv Kl. Ensdorf Urk. 4; Mon. Boica 24,15 no
6; Reg.: Wanderwitz
in Wittelsbach u. Bayern I/2,37 no
43; vgl. noch weiter unten), die, nach vorangehender Aufzählung der
Schenkungen des Bischofs, die Güterschenkungen des Pfalzgrafen so
eröffnet (S. 17 Z. 7f.):
Predium, in quo locus
ipse fundatus est,
cum[!] adiacenti curia
Wilinbahc, Beringozestrǒt cum vineis, Kelwelinc, Ǒdelscalchesberc.
Damit steht auf irritierende Weise nicht in voller Deckung der Anfang
einer Notiz im Traditionsbuch (Moritz
a.a.O. 192 no
24 zu 1118–1123; SS 15.2,1081), die, wie der Petitsatz
in beiden Zitaten zeigt, auf dieselbe Vorlage wie die Bischofsurkunde
zurückgehen muss, die aber (zunächst) auf die Nennung von “Wilenbach”
verzichtet und außerdem die Dotationen durch Friedrich und den
Pfalzgrafen ungeschieden lässt:
Predia, que contulit nobis a principio Fridericus et postea gener
eius Otto palatinus vice illius: Predium, in quo locus
huius cenobii fundatus est, et curiam huius cenobii et adiacencia predia in monte Kalwelingen
et Udilscalkesberge, Peringozzesrewte cum vineis
…; die Notiz no
24 endet dann mit einem offensichtlich redaktionellen Übergang, der
nun den zunächst ausgelassenen Ortsnamen bietet (S. 193):
Predium quoque Wilenbach, quo iure possederit et huic sancti Iacobi
ecclesie dederit [scil. Pfalzgraf Otto], privilegium sequens declarabit; es folgt als no
25 (S. 193 mit Verweisung auf den Druck in Mon. Boica 24,9 no
I zu 1116) der Text von D.145; daran anknüpfend (s.
Idem) folgt als no
26 (S. 193f.) eine wegen der Zeugen auf ca. 1130 datierte Notiz:
Idem ergo predium Willinbach palatinus Otto huic ecclesie delegando
dedit per manus uxoris sue et filiorum suorum sub his testibus … Wenn der Redaktor richtig kombiniert hat, dann ergibt sich aus dieser
Notiz unseres Erachtens allenfalls, dass dieses (kleinere)
predium zunächst ausgespart war, während die wesentlichen Teile des (größeren)
allodium von D.145, zumal das Gebiet des Klosters selbst, zuvor tradiert worden
waren.
Die umfassende Bedeutung der Güterübertragungen des Pfalzgrafen ergibt
sich auch daraus, dass in dem DF.I.565 von ca. 1160–1170, in dem
Friedrich überhaupt nicht erwähnt wird, im Anschluss an eine
allgemeine Besitzbestätigung namentlich – außer einer nachgetragenen,
erst 1160 erfolgten Schenkung – nur dieser Komplex genannt wird:
predium, quod dicitur Wilenbach, quod Otto senior a predecessore
nostro Heinrico quarto imperatore sibi collatum [= D.145] prefato monasterio contradidit, wobei
predium hier im Sinne von
allodium gemeint sein muss.
Nachdem aller Besitz in der Umgebung von Ensdorf offensichtlich auf
den Pfalzgrafen zurückgeht, von Rechten Friedrichs in diesem Gebiet
nirgends etwas verlautet, können Friedrichs Klosterpläne sich auch nicht
auf den Platz Ensdorf bezogen haben, sondern, wie das obige
in proprio domate zeigt, auf seine Stammburg (wo?) oder zumindest einen seiner anderen
Ansitze. Hätte es übrigens in Ensdorf tatsächlich eine Burg Friedrichs
(das Argument gilt in gleicher Weise für den Pfalzgrafen) gegeben,
wären deren Baulichkeiten zweifellos, wie in vielen anderen Fällen,
für das Kloster adaptiert worden und es hätte nicht eines Holzbaus für
die erste Klosterkirche (s. oben) bedurft. – Erst der Pfalzgraf
entschied sich dann für das auf seinem Allod gelegene Ensdorf.
Demgegenüber wollte eine Bemerkung in Mon. Boica 24,28 Anm. 57 einen
Bezug Friedrichs, den sie zusätzlich zu seinen anderen Benennungen
noch mit “von Ensdorf” versieht, zu Ensdorf herstellen (“Der Grund und
Hofraum nebst den Gebäuden darauf waren ein ehemaliger Sitz des
Friedrichs von Ensdorf, Lengenfeld, Pettendorf, Hopfenoh etc.”). Als
Beleg dafür wird auf eine Traditionsnotiz des Klosters St. Emmeram zu
Regensburg von 1028 (ed. Widemann, Trad. no
355; in Mon. Boica wird die ältere Edition bei Pez, Thes. anecdot. I.3,108 zitiert) mit den Schlusszeugen
Gotscalc de Ensdorf, Friderih de Pettendorf verwiesen, woraus unausgesprochen zwei falsche Schlüsse gezogen
werden, dass nämlich die beiden miteinander verwandt gewesen seien,
sodann dass der letzte Zeuge mit der Familie des (Ensdorfer) Stifters
Friedrich in Verbindung stehe (dessen gleichnamiger – übrigens nur
nach Lengenfeld benannter – Großvater ist aber erst seit ca. 1050
nachweisbar, s. Tyroller, Genealogie Taf. 3 no
41).
Die ganze Theorie scheitert jedoch daran, dass die beiden Zeugen eine,
von den vorangehenden
nobiles abgesetzte Gruppe von 6 St. Emmeramer
servientes abschließen; deshalb hat auch der in einer weiteren, in Mon. Boica
gleichfalls als Beleg herangezogenen St. Emmeramer Tradition von ca.
1080–1085 (Widemann
no
644) genannte
Gotescalch, der ein
predium apud Entesdorf schenkt, nichts mit dem
serviens von 1028 zu tun, da er als Verwandter eines
nobilis vir Helmpreht bezeichnet ist. – Vielleicht durch Mon. Boica beeinflusst, meint noch Zitzelsberger
in seiner Monographie a.a.O. 5ff. (hier S. 130), Graf(!) Friedrich
habe “seinen Allodialbesitz zu Ensdorf” zur Verfügung gestellt und
Pfalzgraf Otto “das Gut Weilenbach zur Ausstattung” überlassen;
ähnlich Hemmerle
in Germ. Benedict. 2,90.
Dass für Begüterung Friedrichs am Gründungsort kein Raum war, sondern
die dortige Dotation allein auf den Pfalzgrafen zurückgeht, zeigt
nochmals die Urkunde B. Ottos von 1139 (Mon. Boica 24,16 Z. 10–12):
in predio palatini comitis Ottonis de Witelinesbahc … locum, cui
Ensdorf nomen est inditum, … previdimus eligendum, und weiter heißt es (Z. 17–19):
predictus Otto palatinus nostro consilio eundem locum beato Petro
apostolo in Babenbergensi ęcclesia mancipavit. – Die Urkunde von 1139, über deren Echtheit Hirsch
in MIÖG 29,25 kein abschließendes Urteil abgibt, wird von Ziegler
in AfD 28,141ff. namentlich wegen des schon von Hirsch
als “auffällig” angesprochenen Siegels als Ensdorfer Fälschung
bewertet, was jedoch den Wert der narrativen Aussagen nicht zu
beeinträchtigen braucht, wobei zu beachten ist, dass die Urkunde schon
in das Traditionsbuch von ca. 1140 Aufnahme fand (s. Moritz
a.a.O. 183 no
7 mit Verweis auf den Druck in Mon. Boica 25,15 no
6; dort vorangehend als no
6 unser D.265), was keinen zeitlichen Spielraum für Manipulationen
gelassen haben dürfte.
Formularmäßig ist die Ensdorfer Urkunde B. Ottos von 1139 eine fast
wörtliche Übernahme (daher das ebenfalls übernommene, die Rolle des
Bischofs herausstreichende obige
previdiums eligendum [s. Z. ■] hier womöglich zu relativieren) der Gründungsurkunde Ottos
für Kl. Prüfening von 1138 Dez. 11 (überliefert als ungedruckte
Abschrift in dem von Wolfger von Prüfening stammenden, etwa
gleichzeitigen [ca. 1139] Traditionsbuch im Bayer. Hauptstaatsarchiv,
Kl. Prüfening Lit. 2, f. 25r–28v, deren Mittelteil f. 26r–27v im 13.
Jh. verfälscht wurde; ferner zwei unechte Originale ebenda Urk. 9 u.
9a, Drucke: Mon. Boica 13,158 no
8 und 163 no
9); zu den Urkunden von 1138 vgl. Hirsch
in MIÖG 29,22ff., Fichtenau
in MÖIG 51,324ff., Ziegler
in AfD 28,122ff., Schwarz, Trad. des Kl. Prüfening 36*f. u. 39*f., zur Abhängigkeit der Urkunde
von 1139 Hirsch
a.a.O. 24ff.
Die etwas kryptische Bemerkung Hirschs a.a.O. 25 über die “Verbreitung des Hirsauer Formulars” beinhaltet
implicite, ohne dass dies dort oder vorangehend ausdrücklich gesagt
wäre, dass auch die Bischofsurkunden von 1138 und 1139 teilweise das
seinerseits auf dem DH.V.32 für St. Georgen beruhende DLo.III.4 (von
1125) für Prüfening als Vorlage benützten (1138: Mon. Boica 13,158 Z.
10–12, S. 159 Z. 2–18, S. 162 Z. 5–7; 1139: Mon. Boica 24,16 Z. 8–10,
14–31, S. 17 Z. 18, 29–31); die Benützung des Hirsauer Formulars war
aber noch weitergehend, vgl. dazu Vorbemerkung zu D.32. Im Gegensatz
zu der in D.265 verfügten Erblichkeit der Vogtei ist diese in DF.1.565
ausdrücklich ausgeschlossen und mit Zustimmung des Bamberger Bischofs
vorzunehmende freie Wahl des Vogtes durch Abt und Konvent vorgesehen.
– Abschließend sei bemerkt, dass Hemmerle
a.a.O. 90 unverständlicherweise statt 1124 als Jahreszahl für die
“kaiserliche Bestätigung” 1131 angibt; der Fehler ist bei Ziegler
a.a.O. 104f., seiner dortigen Behandlung von D.265 vorangehend,
verbunden mit der sinnlosen Anm. 107 (wo für 1131 ein Deperditum
Heinrichs V.[!] unterstellt wird) wörtlich wiederholt.