Original (ca. 52 b : 42,5 h) im Bayerischen Hauptstaatsarchiv zu
München (A).
Drucke: Aus clm 1052: Hund-Gewold, Metrop. Salisb. ed. Mon. 3,312 = ed. Rat. 3,215. – Aus A: Reitberger, Chronicon mon. Scheirn 86 no
3C = ed. II. 66 no
3C. – Hartzheim, Conc. Germaniae 3,295 nach Abschrift Schannats “ex diplomatario
Schirensis monasterii”. – Aus A: Mon. Boica 10,449 no
5. – Hanser, Kloster Scheyern 98. – Stephan, Urkunden 16 no
5.
Reg.: Georgisch, Reg. chronol.-dipl. 521 no
4. – Lang, Reg. Boica 1,122. – Stenzel, Gesch.
Deutschlands 2,337. – Mon. Boica 29.1,247 no
449. – Böhmer
Reg. 2084. – Stumpf
Reg. 3197.
D.264 für Scheyern sowie D.265 für Ensdorf vom selben Tage – von Lang
und Stenzel
zu Unrecht als verdächtig bezeichnet – sind beide außerhalb der
Kanzlei verfasst und von einem einzigen Schreiber, mit Ausnahme der
von anderer Hand stammenden Einfügung von Anm. p”, in einem Zug auf
gleichartigem Pergament ziemlich derber Qualität und mit identischer
ockerbrauner Tinte mundiert; der Notar Heinrich vollendete die beiden
Diplome unter Verwendung einer dunkleren Tinte jeweils durch
Vervollständigung der vom Erstmundator begonnenen Datumzeile sowie
Hinzufügung der Unterfertigungszeilen (s. Hausmann, Reichskanzlei 74 no
25 u. 26), wobei er in unserem D. wohl nur aus Nachlässigkeit die in
D.265 vorhandene Rekognitionszeile wegließ.
Noch ehe der Notar selbst tätig wurde, ließ er vorher (s. bes. D.265
Anm. d’) jeweils das Monogramm, das wegen der fehlerhaften Gestaltung
des Fußes der mittleren Vertikalen (s. Anm. bp) nicht von seiner Hand
stammen kann, durch einen anderen, sicherlich den Erstmundator, dem er
dafür eine flüchtige Skizze geliefert haben dürfte (vgl. dazu D.261),
einzeichnen.
Der Mundator hatte in beiden Stücken die Datierung bis zur
Indiktionsziffer
II geschrieben (s. Ficker, Beiträge 1,283 u. 289). – Bei der Kompletierung der Datierung bewies
Notar Heinrich nun ein erstaunliches Maß von Hartnäckigkeit, indem er,
wie schon Ficker
a.a.O. 289 feststellte (ebenso Stumpf
in beiden Regesten), in beiden die vorgefundene richtige Zahl
II in jeweils gleicher Manipulation in
XIII änderte (s. D.264 Anm. bi und D.265 Anm. b’), womit er seinem Usus,
diese erstmals in D.238 von 1122 Juni 22 verwendete, auch damals schon
falsche (statt
XV) Indiktionszahl unverändert in allen folgenden Diplomen der beiden
nächsten Jahre beizubehalten, treu blieb. – Aber die Vorgabe des
Empfängerschreibers von DD.264/265 hat den Notar offensichtlich
wenigstens nachträglich stutzig werden lassen; denn in dem nur einen
Monat jüngeren, von ihm verfassten und geschriebenen D.266 von 1124
Mai 30 bietet auch er endlich die richtige Zahl
II, um danach für den restlichen Zeitraum seiner Tätigkeit (bis D.279)
bei der Berechnung der Indiktion keinen Fehler mehr zu begehen.
Für den Text von D.264 diente als wichtigste Vorlage das D.12 von 1107
(= VU.I), dessen dispositiver Teil jedoch hier durch starke Kürzungen,
verbunden mit Umstellungen und Umformulierungen, auf etwa ein Drittel
des Umfangs reduziert wurde, wobei besonders auffällt, dass die
dortige königliche Bannleihe für den Vogt weggelassen wurde (s. Anm.
q”). – In dem Abschnitt über die Verlegung, aber auch sonst (vgl. Anm.
g, i, k, o, d’), begegnen einige Anklänge an das Privileg P. Calixts
II. von 1123 März 26 (JL 7027; Germ. pont. 1,346 no
3; Stephan
a.a.O. 13 no
4 = VU.II); doch wird wohl nicht das Privileg selbst, sondern eher die dort erwähnte, von den Translatoren für die
Unterstellung unter Rom gefertigte
scirothecę investitio die unmittelbare Vorlage gebildet haben.
Wir haben außerdem, um die Einheitlichkeit des Diktats von D.264 und
D.265 zu verdeutlichen, die in beiden Texten übereinstimmenden Stellen
in Petitsatz wiedergegeben und unten mit der Randziffer III (in D.265
mit der Randziffer I) gekennzeichnet. Da diese gemeinsamen Stellen
weitestgehend auf Scheyerner Vorurkunden beruhen, ergibt sich die
zwingende Annahme, dass es sich bei dem – mit dem Schreiber sicher
identischen – Diktator der beiden Texte nur um einen Mönch aus
Scheyern gehandelt haben kann (vgl. dazu die Vorbemerkung zu D.265).
Als unrichtig zurückzuweisen ist die in Vorbemerkung zu DLo.III. 27
vorgenommene Zuweisung von vier weiteren Produkten an den Schreiber
von DD.264/265, vgl. dazu Vorbemerkung zu D.278.
Angesichts der Benützung des formgerechten D.12 als Vorurkunde
verwundert die geringe Ähnlichkeit von DD.264/265 mit einem normalen
Diplom: Es fehlt die Verwendung von Elongata und dipl.
Kürzungszeichen; an Diplomschrift erinnert außer dem angemessenen
Zeilenabstand vor allem die Ausstattung mit betonten Ober- und
Unterlängen, die dem Schreiber aber offensichtlich nicht vertraut
waren, da die Oberlängenverschleifungen von langem
s und
f und die verschleifte Ausgestaltung der
st-Ligatur in mehr als der Hälfte der Buchstabenvorkommen fehlen und die
Unterlängen vor allem beim
r vielfach erst nachgetragen sind (s. D.264 Anm. b, c, x, m”, t”, bd;
D.265 Anm. h, x); auffallend ist auch die Plazierung der Datumzeile
vor den Unterfertigungszeilen. Zu der noch größeren Ferne des D.265
von einem normalen Diplom vgl. dortige Vorbemerkung.
Trotz der vermuteten Verwendung eines Scheyerner Schreibers ist die
Initiative zur Impetration von D.264 mit Sicherheit nicht vom Kloster
ausgegangen, das sich durch den Besitz des D 12 und dreier
Papstprivilegien in seinen Rechten bestens abgesichert wusste, sondern
zweifellos von Pfalzgraf Otto, der seine traditionellen Vogtrechte
durch das Privileg Calixts II. von 1123 in Frage gestellt sah: Während
in den Papstprivilegien von 1102 und 1104 sowie in D.12 die Vogtei des
Mitgründers und Vaters des Pfalzgrafen, Ottos II. von Scheyern,
ausdrücklich ausgesprochen war (1104 erst nach Berthold v. Burgeck, in
D.12 mit konkreter Erwähnung des Pfalzgrafen als Nachfolger), wenn
auch 1104 und in D.12 unter Ausschluss von Erbansprüchen, verfügte das
Privileg von 1123, ohne jede Erwähnung der Stifterfamilie, freie Wahl
und Absetzbarkeit des Vogtes mit selbstverständlicher Wiederholung des
Verbots der Erblichkeit.
Dieses jüngste, gerade erst 1 Jahr alte Papstprivileg war von Abt
Bruno, einem vermutlichen Verwandten Heinrichs V. (s. unten),
womöglich in Unkenntnis oder mindestens unter unzulänglicher
Information der Stifterfamilie erwirkt worden; denn während in D.264
in Übereinstimmung mit dem Chronicon von ca. 1210 (c. 23; MGH SS
17,622; dort Auszug aus D.264, s. Anm. p) und den tatsächlichen
Verhältnissen die Verlegung des Klosters nach Scheyern, der Stammburg
der Gründer, als eine Maßnahme der letzteren geschildert ist, wird sie
im Papstprivileg von 1123 dem Abt und Konvent in Zusammenwirken (consilio) mit den Erzbischöfen von Mainz und Salzburg zugeschrieben (transferre decrevistis). – Die erzbischöfliche Mitwirkung war wohl aus zwei Gründen nötig:
einmal zur Aufhebung der Bestimmung Eisenhofens als ständiger
Klostersitz im Privileg von 1104 (vestre congregationis sedem apud Usenhofen locum perpetuo manere
decernimus), sodann durch den erneuten Patrozinienwechsel, indem das
Eisenhofener Petrusdurch das alte Fischbachauer Marienpatrozinium
ersetzt wurde (s. Anm. d”).
Um den Angriff auf das Vogtrecht abzuwehren, ergriff der Pfalzgraf mit
dem Bamberger Hoftag wohl die erste sich bietende Gelegenheit, wie mit
D.265 für seine Ensdorfer Vogtei. – Die in der Ausfertigung von D.264
zunächst belassene Lücke (s. Anm. t’), deren Ausfüllung Hirsch
in MIÖG Erg.-Bd. 7,580f. Anm. 5 fälschlich als Interpolation
auffasst, ist nicht so zu interpretieren, dass der Verfasser sich
darüber im Unklaren gewesen wäre, was hier einzusetzen sei, sondern
man wollte das auf dem Hoftag einzuholende Urteil des Herrschers nicht
antizipieren, dessen sich der Pfalzgraf aufgrund der alten Titel, die
zweifellos vorgelegt wurden, ziemlich sicher sein konnte. Das
Ergebnis, das sicherlich vor der Besiegelung in die Lücke eingetragen
wurde, fiel denn auch recht deutlich aus: Statt des früheren
Ausschlusses der Erblichkeit wurde die Vogtei auch den Söhnen und den
successores filiorum eingeräumt, und zwar
absque omni contradictione.
Die irrige Formulierung
Otto cum coniuge
sua Hazacha (s. Anm. f), die Hazigas Gemahl, Otto I. von Scheyern, zum Mitgründer
des Klosters machen würde, obwohl von ihm sonst nirgendwo die Rede ist
und er die Gründung wohl gar nicht mehr miterlebte, lässt sich
womöglich durch Benützung des Privilegs P. Calixts II. von 1104 (JL
5988) erklären: Während in den beiden Papstprivilegien von 1102 und
1123 sowie in D.12 Haziga immer zusammen mit ihren 3 Söhnen genannt
ist (1102:
Hazica comitissa et eius filii Hecardus, Bernardus et Otto comites; 1123:
Hazacha cum filiis suis Ekkahardo, Bernhardo, Ottone comitibus; zu D.12 s. weiter unten), sind sie im Privileg von 1104, wo zwischen
den lebenden und den inzwischen verstorbenen Dotatoren unterschieden
wird, voneinander getrennt:
Bertuldus et Otto [II.] comites seu bone memorie Azecha cum duobus filiis suis Bernardo et
Eccardo comitibus; da dort zwischen
Otto und
Azecha jeder Zusammenhang fehlt (anders als in D.12:
dicti Ottonis comitis parens
pię memorię Hazaga comitissa cum reliquis duobus filiis suis
comitibus P. scilicet et E.) und sie als Mutter nur den beiden folgenden Söhnen zugeordnet ist,
hielt es der Verfasser für ausgeschlossen, dass auch der vorangehende
Otto ihr Sohn sein könne, weshalb er bei ihm an den älteren, ihm aus der
Klostertradition ja bekannten Otto I., den Gemahl Hazigas, gedacht
haben wird und dies auch so formulierte. – Bei den anderen Personen
handelt es sich um die Söhne der beiden verstorbenen Onkel des
Pfalzgrafen, der Brüder Ottos II.: Arnolds I. von Dachau (und seiner
Gemahlin Beatrix: Ko.I., O.I.) und Ekkehards I. von Scheyern (O.III.,
Bernh.II., Ekkeh. II.), vgl. Tyroller
a.a.O. Taf. 18.
Abt Bruno (1111–1127), der wie der erste Abt Erchanger aus Hirsau
berufen worden war, wird im Chron. (c. 14, SS 17,620 Z. 1) als
filius materterę Heinrici imperatoris bezeichnet. Über das genaue Verwandtschaftsverhältnis zwischen
Heinrich V. und Bruno besteht bisher in der Literatur keine Klarheit:
Die klassische Bedeutung von
matertera als “Muttersschwester”, wonach
filius materterę im allgemeinen Sinne von “Vetter” zu verstehen wäre, spricht
jedenfalls für Zugehörigkeit Heinrichs V. und Brunos zur gleichen
Generationsebene, weshalb die Deutung Brunos als “Neffe” Heinrichs V.
bei Jakobs, Die Hirsauer 49 ebenso ausscheiden dürfte wie die als
“Schwestersohn” Heinrichs V. bei Störmer
in Wittelsbach u. Bayern I/1,141; eine Generationsverschiebung nimmt
auch Klebel
in ZGO 102,174 Anm. 84 und in Vortr. u. Forsch 1,219 mit Anm. 51 an,
der
matertera aus Altersgründen für unrichtig hält und meint, statt an eine
Schwester von Heinrichs V. Mutter Bertha sei als Mutter Brunos an eine
Nichte Berthas zu denken, nämlich an die mit dem Grafen Friedrich von
Lützelburg aus dem Hause Mömpelgard († 1091) vermählte Agnes von
Savoyen, so dass Bruno ein Bruder des Grafen Peter von Savoyen gewesen
wäre; hingegen hält Schreiner, Sozial- u. standesrechtl. Unters. zu den Bened.-Konventen im östl.
Schwarzwald 158 no
41 an der Richtigkeit des
matertera fest und vermutet in Bruno einen Sohn Adelheids von Savoyen, der 2.
Gemahlin Rudolfs v. Rheinfelden und Schwester von Heinrichs V. Mutter
Bertha, ebenso Mertens
in Zs. f. württ. Landesgesch. 49, Stammtafel S. 94 (s. aber S. 75
Anm. 239: Bruno ein Beutelsbacher?). – Nachdem aber unter den relativ
gut bekannten Kindern Rudolfs und Adelheids (vgl. zuletzt Hlawitschka
in Die Salier u. das Reich 1,175ff.) kein Bruno anzutreffen ist, gab
E. Hlawitschka
brieflich (28. 3. 1991) zu erwägen (da
matertera auch im Sinne von
amita “Vatersschwester” verwendet wird), ob Bruno nicht ein Sohn von
Heinrichs IV. Schwester Judith (Sophie) aus deren 1. Ehe mit König
Salomon von Ungarn sein könne, der vor Judiths 2. Ehe (1088) mit dem
Polenherzog Wladislaw-Hermann kirchlich versorgt worden wäre.