Heinrich bestätigt (den Brüdern) Jakob, Philipp und Manfred von Bulgaro den Besitz der durch Tausch von Bischof Arditio von Vercelli erworbenen Burg Masserano.
(wohl 1123 März).
Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010
Stumpf Reg. –.
In dem in Komburg (b. Schwäbisch Hall) für seinen fidelis et consanguineus Reinerius de Bulgaro sowie die filii Philippi et Meinfridi ausgestellten DKo.III.55 von 1140 (Dezember 25/31) heißt es: concambium vel commutationem de castro Messurana inter sancte Fercellensis ecclesie episcopum Harditionum scilicet et Iacobum, Philippum ac Meinfridum iuste ac rationabiliter factam, sicut predecessor noster Heinricus pie memorie imperator laudavit et sigilli sui impressione corroboravit, nos laudamus et prefato Reinerio et filiis Philippi et Meinfridi privilegii nostri auctoritate renovando confirmamus et regalis banni edicto corroboramus.
Als 1152 (Januar 1/6) Konrad III. in seinem D.267 zu Basel dem Reiner von Bulgaro den Burgenbesitz der Familie bestätigt, fehlt Masserano – es fehlen aber auch die schon mit Heinrichs V. D.76 von 1111 Mai 19 bestätigten Besitzungen, was zweifellos Veranlassung dafür war, dass man sich nur ein Jahr nach dem DKo.III.267 von Barbarossa mit dessen in Mühlhausen ausgestellten D.47 von 1153 Februar 4, unter Benützung der älteren Diplome als Vorurkunden, eine umfassende Bestätigung erwirkte: Zunächst werden dort die Besitzungen des DKo.III.267 aufgeführt; es folgt dann Masserano: Concambium quoque seu commutationem de castro Messurana cum sancte Vercellensis ecclesie episcopo Hardicionio rationabiliter factam laudamus et approbamus, mit dem bemerkenswerten, die Vorurkunde beträchtlich erweiternden Zusatz: hoc etiam beneficium, quod legali proborum virorum testimonio auctorizatum cognoviums, nos confirmamus et imperiali banno nostro corroboramus; am Schluss erscheinen dann (abschließend mit der zusätzlichen Bestätigung der Burg Crevacuore) die Besitzungen aus Heinrichs V. D.76 von 1111; und hier ist nun nochmals auffällig, dass zwischen die dortige Burgenliste und das unmittelbar anschließende Zinslehen am Sesia-Hafen folgender generelle, mit der Formulierung concambio vel commutatione das DKo.III.55 wörtlich aufnehmende Passus eingeschoben ist: et nominatim ea, que sub imperatoribus Henrico, Lothario [s. B.-Petke Reg. *539 (zu 1136 November?)] et glorioso patruo nostro rege Conrado beneficio, donatione et confirmatione seu aliquo concambio vel commutatione acquisierunt, sub regia protectione suscipimus et presenti privilegio confirmamus.
Der entscheidende Auslöser für die Erwirkung des DF.I.47, namentlich für die Einfügung des zuletzt zitierten Passus, war aber gewesen, dass Friedrich kurz zuvor, mit seinem D.31 von 1152 Oktober 17 (Würzburg), auf Bitten P. Eugens III. dem B. Uguccio von Vercelli (1150–1170) eine umfassende Besitzbestätigung ausgestellt hatte, in der neben einem weiteren in den Bulgaro-Diplomen genannten Objekt (S. 53 Z. 25: montem Beroardum, genannt in DKo.III.267 und DF.I.47) auch Messeranum cum omnibus regalibus als Eigentum der bischöflichen Kirche von Vercelli erscheint; die Besitzliste wird mit einer allgemeinen Kassation der von schismatischen Bischöfen aus der Zeit des Investiturstreits, darunter Arditio, vorgenommenen Veräußerungen abgeschlossen: Preterea venditiones, commutationes, alienationes, distractiones ab invasoribus sancti Eusebii factas, qui pontificalem benedictionem non obtinuerunt, videlicet Gregorio de Verrucha, Liprando, Sigifredo, Ardicione, in irritum ducimus et regia auctoritate cassamus, quemadmodum et patruus atque antecessor noster Cvonradus Romanorum rex ipsam cassavit (s. DKo.III. *271 zu 1138/52, sicher aber nach D.55 von 1140 gehörig).
Zu den nichtkanonischen Bischöfen und deren Sedenzzeiten vgl. die von Schwartz, Besetzung 139 zitierte Urkunde über ein Zeugenverhör aus dem Jahre 1184 bei Savio, Gli antichi vescovi d’Italia 469ff. (s. auch It. pont. 6.2,13 no *25, fälschlich zu 1181), aus der sich die Zugehörigkeit des B. Arditio zur Familie Bulgaro ergibt (Liprandus de Blanderade, Baldricus de Canavexio [= über DF.I.31 hinausgehend], Gregorius de Verruga, Sigefredus Teutonicus, Ardicio de Bulgaro).– Wieweit die aus politischen Gründen resultierende General-Kassation wirksam wurde, ist im einzelnen nicht überprüfbar. In einer Urkunde von 1227 Juni 13 (Guasco di Bisio-Gabotto, Doc. Biellesi 233 no 17; zur Urkunde vgl. Vorbemerkung zu D.76) über die Erbteilung zwischen zwei Söhnen des Raynerius de Bulgaro, Iacobus und Guglielmus (außerdem genannt ein weiterer Bruder und drei Schwestern), erscheint aus der Riesenliste des bischöflichen DF.I.31 etwa ein halbes Dutzend der dort genannten Orte wieder im Besitz der Familie Bulgaro, darunter totum hoc, quod habuit et habent in Messorano territorio et curia et confinibus. Das DF.I.47 nennt die Begünstigten (fideli nostro Reinhero de Bulgaro et filiis Philippi et Manfredi; im Empfängerverzeichnis der DDF.I., Bd. 5,149 heißt es fälschlich: “Rainer und seine[!] Söhne Philipp und Manfred”) noch in derselben vagen Weise wie das DKo.III.55 (s. oben); dass Philipps und Manfreds filii, deren Namen 1140 vielleicht noch wegen Unmündigkeit fehlten, auch 1153 noch namenlos blieben, wird daran liegen, dass das DF.I.47 lediglich unter Verwendung der vorgelegten Vorurkunden gefertigt wurde. Zur Tatsache, dass die Empfänger des Deperditums, Jakob, Philipp und Manfred, Brüder (zugleich Brüder des B. Arditio) waren, vgl. Vorbemerkung zu D.76; in einer uns nachträglich bekannt gewordenen jüngeren Analyse des Zeugenverhörs von 1184 durch Minghetti Rondoni in Boll. stor. Vercellese 40,43ff. macht diese auf eine Urkunde von 1095 Dez. 18 aufmerksam, die mit Zustimmung der vier Brüder von deren Mutter, Immiglia von Biandrate, Gemahlin Gisulfs von Bulgaro, ausgestellt und u.a. von Iohannes, qui et Ardicio vocor[!], clericus unterschrieben ist (a.a.O. 47 mit Anm. 29). – Die Personen des DKo.III.55 repräsentieren offensichtlich insgesamt die nächste Generation, das heißt, dass der vor den (unmündigen) Söhnen von Jakobs jüngeren, in D.76 ebenfalls noch namenlosen Brüdern genannte Rainer als Sohn des inzwischen verstorbenen Jakob angesehen werden muss.
Da Arditio nach der Zeugenaussage von 1184 über 3 Jahre als Elekt (intrusus sine consecratione) amtiert hatte und am 10. Oktober 1121 starb (s. Minghetti Rondoni a.a.O. 50; Schwartz a.a.O. 141 nennt den 1. Okt. 1120 oder 1121), fiel die Tauschhandlung des Deperditums in die Jahre 1118–1121, also vermutlich in die Zeit von Heinrichs 2. Italienzug. – Die Beurkundung durch Heinrich V. ist jedoch, wie Hausmann in der Vorbemerkung zu DKo.III.55 gezeigt hat, erst nachträglich im Jahre 1123 in Deutschland erfolgt, wie denn auch die sonstigen Diplome für Bulgaro, ausgenommen D.76, auf deutschem Boden entstanden. Das Diktat des DKo.III.55 verrät nämlich eindeutig die Benützung einer anscheinend weitgehend ausgeschriebenen Vorurkunde (vgl. die dortigen Kennzeichnungen durch Petitsatz), die von dem erst nach dem 2. Italienzug tätigen Notar Heinrich verfasst war: Für die Arenga hatte dieser das von ihm in seinen Formularbehelf aufgenommene (vgl. Hausmann in MIÖG 58,78 Formel 20) D.219 von 1119 verwendet; die Schlussformeln des Kontextes hingegen haben nur Parallelen in Diplomen des Jahres 1123, wobei neben den von Hausmann a.a.O. genannten DD.247, 255 und 259 noch andere, insbesondere D.257, herangezogen werden können.
Für die zeitliche Eingrenzung am aussagekräftigsten ist die Zeugeneinleitungsformel (In huius privilegii concessione et concambii confirmatione presentes affuerunt), deren Schluss nur in dem D.255 von 1123 März 25 eine absolute Parallele hat (Variante noch in D.259 von 1123 Juni 27); die Korroboratio (Ut autem huius beneficii preceptum stabile et ratum omni evo permaneat, hanc inde cartam manu propria corroboratam [erg.: scribi] et sigilli nostri impressione iussimus insigniri) wiederum hat ihre wörtliche Parallele sowohl in D.255 wie in D.257 von 1123 Mai 8 (das ratum des DKo.III.55 variiert das regelmäßige inconvulsum des Notars Heinrich); während das D.259 eine völlig andere Korroboratio aufweist, begegnet dort die engste wörtliche Übereinstimmung zur Sanktio (Si quis autem, quod absit, super hac commutatione eos deinceps iniuriare vel ullo modo inquietare presumpserit, auri purissimi C libras componat et in scriniis imperatoris reponat); nur in D.259 begegnet auch das reponat, wofür in D.255 u.ö. persolvat steht, ferner findet sich nur dort das in DD.247 und 255 fehlende in vor scriniis. Das Deperditum, dessen Diktat anscheinend eine Zwischenstufe in der kompositorischen Entwicklung zwischen D.255 und D.259 repräsentierte, gehört u.E. in größere zeitliche Nähe zu D.255, woran sich unsere Einordnung orientiert. – Eine Stütze für diesen Frühansatz könnte in der Tatsache gesehen werden, dass aufgrund seiner Zeugennennungen in DD.259 und 260 B. Anselm von Vercelli in den Monaten Juni/Juli des Jahres in Straßburg am Hofe weilte; ob diese Anwesenheit des Bischofs mit Bemühungen um den Widerruf des D.*256 zusammenhing oder andere Ursachen hatte, muss angesichts der allenfalls knappen verfügbaren Zeit nach Kenntnisnahme des D.*256 freilich offen bleiben.