Angebliches Original (ca. 32,5 b : 43,5/44 h) aus der Mitte des 12.
Jh. im Landeshauptarchiv zu Koblenz (A); Rückvermerk des 13. Jh.:
Carta de Bobardia [das
r nachträglich eingefügt]; 15. Jh.:
Donationis capelle sive monasterii monialium circa Bopardiam
confirmatio ab Henrico imperatore [Fortführung des 17. Jh.:] quarto, communiter quinto dicto, circa annum 1124.
Faks.: 850 Jahre Marienberg 1 Abb. 1. – Teilfaks. (ohne die 2 ersten
Zeilen): Volk
in Boppard, Gesch. einer Stadt am Mittelrhein 1,127.
Drucke: Acta palat. 7 (hist.),507 no
1 (aus d’Hame, Confluentium historicum von 1773 Bd. 1 p. 3–5) zu ca. 1123. – Aus A: Günther, CD Rheno-Mos. 1,196 no
96 zu 1124 = Emminghaus, Corp. iur. Germ. 20 no
50 zu 1124. – Beyer, Mittelrhein. UB 1,503 no
444 o.D. (zwischen Urkk. von c. 1120 und von 1121). – 850 Jahre
Marienberg 2 (mit dt. Übers. von Resmini
S. 3f.).
Reg.: Mittelrhein. UB 2,679 no
500 zu 1122–1125. – Goerz, Mittelrhein. Reg. 1,484 no
1766 zu (1122–1125). – Nick
in Stud. u. Mitt. 15,26 zu 1120. – Pappenheim, Pappenheimer Reg. 18 no
374 zu 1122 Sept. ca. – Rupp, Beitr. Marienberg 10 zu 1122–25. – Stumpf
Reg. 3226 zu (c. 1122 Sept. – 1125 April).
Das textlich äußerst auffällige D. †249 war bis in die jüngste Zeit in
der Literatur unbeanstandet geblieben (vgl. u.a. Heyen, Fiskus Boppard 121; Stüllein, Itinerar 99; Heyen
in 850 Jahre 14ff.), obwohl schon Bresslau
in NA 6,577 darauf aufmerksam gemacht hatte, dass das Pergament mit
einem gefälschten Siegel versehen ist, nämlich einer Nachbildung des
seit Weihnachten 1046 in Gebrauch befindlichen Kaisersiegels Heinrichs
III. (vgl. DDH.III. Einl. S. LXXV: S.I.3; Abb. bei Posse, Kaisersiegel 1, Taf. 15 no
1 nach Abdruck an DH.III.224 von 1048 Okt. 2). – Erst in ihrer Bonner
Magisterarbeit von 1995 (Das Kloster Marienberg bei Boppard bis zur
Reform durch Johannes Rode [1437]) hat Cl. Dahmen, gestützt auf unsere briefliche Information über das unechte und
zudem unkanzleigemäß befestigte (s. Anm. t) Siegel sowie das
unpassende Monogramm (s. unten), den Tatbestand der Fälschug
konstatiert (a.a.O. 10f. u. 12 mit Anm. 17), was dann auch in die
neuesten Darstellungen bei Becker
(Germ. Sacra N.F. 34/8: Ben.-Abtei St. Eucharius-St. Matthias vor
Trier, 369 mit Anm. 2) und Volk
(a.a.O. 128f.) Eingang gefunden hat.
Vorlage für den im Kloster St. Mattheis oder jedenfalls in dessen
Auftrag geschnittenen Siegelstempel war offensichtlich das echte
Siegel an dem im Klosterarchiv befindlichen DH.III.309b von 1053
August 5 über die Schenkung der
villa Villmar. – Sicher seine erste Verwendung hatte der gefälschte Stempel
für das Siegel an dem Mitte des 12. Jh. gefälschten DH.III. †404 (vgl. Bresslau
a.a.O. 569; Faks. in Kaiserurk. in Abb. Lief. 2 Taf. 14; vgl. Bresslau
in Textband zu KUiA 27f.) gefunden, angeblich vom selben Tage wie
DH.III.309 und dessen Text nur um die Liste der zu Villmar gehörenden
Zehntorte erweiternd (Siegel-Abb. bei Posse
a.a.O. 2, Taf. 41 no
3; vgl. ebenda 5,113 no
19).
Außer der nochmaligen Verwendung des Stempels für eigene Zwecke – an
unserem D. †249 – stellte das Kloster ihn auch dem Trierer Stift St.
Simeon zur Verfügung, wo mit ihm das Siegel an dem DH.IV. †487 über
den Koblenzer Zoll von angeblich 1104 Juni 5 hergestellt wurde
(Siegel-Abb. bei Posse
a.a.O. 2, Taf. 44 no
4; vgl. ebenda 5,117 no
14); die in Vorbemerkung zu DH.IV. †487 geäußerte Vermutung, dieses
Falsum scheine “nur wenig jünger zu sein, als es sich ausgibt”, wonach
es also in den Anfang des 12. Jh. gehören würde, kann demnach nicht
zutreffen, da die Benützung des Stempels für die Falsa auf die Namen
Heinrichs IV. und Heinrichs V. sicher erst nach der Verwendung für das
D. †404 Heinrichs III., für das er unmittelbar hergestellt worden sein
dürfte, demnach nicht vor der Mitte des 12. Jh. (s. oben) anzusetzen
ist; Heyen, Das Stift St. Simeon in Trier (Germ. Sacra N.F. 41/9) 697 datiert
die Fälschung des DH-IV. †487 denn auch ins Ende des 12. Jh. – Dahmen
(a.a.O. 11) ist ohne nähere Begründung der irrigen Auffassung, das
Vorbild für den gefälschten Siegelstempel sei nicht in St.Mattheis zu
suchen, sondern in dem Siegel an einem Diplom Heinrichs III. für St.
Simeon (gemeint DH.III.381 von 1056 Sept. 28), demzufolge sei der
Stempel nach dieser Vorlage in St. Simeon angefertigt worden. – Die
Verwendung des falschen Siegels für D. †249 brauchte dem Fälscher
übrigens kein Kopfzerbrechen zu bereiten, da die Legende, anders als
im Kaisersiegel Heinrichs V. (mit
IV), keine Ordinalzahl des Kaisers nennt. D. †249, für dessen Datierung
die Literatur durchwegs die Nennung des seit September 1122 rekognoszierenden Kanzlers Philipp als Terminus post quem zugrunde
legte, enthält nun noch einen weiteren, damit nicht vereinbaren
Anachronismus: Das Monogramm ist nämlich dasjenige, das der Notar
Adalbert A nur ein reichliches halbes Jahr lang nach der Kaiserkrönung
Heinrichs verwendet hatte, letztmals in D.96 von 1111 Oktober 22 (vgl. Thiel, Beiträge ■ mit Anm. 54 u. 56); Empfänger des letztgenannten D.96,
einer Bestätigung des als Insert aufgenommenen DH.III.309b über die
Schenkung Villmars, war aber wiederum St. Mattheis, und es kann nicht
bezweifelt werden, dass das Monogramm von dort übernommen wurde.
Dass der sicher im Konvent von St. Mattheis zu suchende Fälscher auf
ein falsches Siegel und ein unzeitgemäßes Monogramm zurückgreifen
musste, schließt aus, dass ihm ein mit Monogramm ausgestattetes und
besiegeltes Diplom Heinrichs V. vorgelegen hat, was wiederum Dahmen
a.a.O. 25 nicht ausschließen möchte. – Gleichwohl muss das von ihm
verwendete Schriftstück die Kanzlei passiert haben, da sowohl die
Invokatio und Intitulatio als auch die Unterfertigungszeilen
kanzleigemäß sind: Das Protokoll könnte er noch dem gleichlautenden
(allerdings mit Chrismon ausgestatteten) des echten, ja auch die
Vorlage für das Monogramm liefernden D.96 entnommen haben.
Insbesondere aber die Rekognitionszeile verrät die Urheberschaft des
Kanzleinotars Heinrich und erlaubt zugleich, die Einreichung des
Empfängerentwurfes mit einiger Gewissheit dem Straßburger Aufenthalt
des Hofes vom Januar 1123 zuzuweisen, der vielleicht noch bis in die
erste Februarwoche dauerte.
Der Notar experimentierte nämlich in der Anfangszeit der Kanzlerschaft
Philipps an der Formulierung der Rekognitionszeile hinsichtlich der
Nennung des Erzkanzlers: Während er sich anfänglich mit der Angabe
vice archicancellarii ohne Namensnennung begnügt hatte (s. DD. †241, 242, 260), erweiterte
er einmalig in D.246 diese Angabe, gleich in doppelter Weise, zu
vice archicancellarii Adelberti Monguntini archiepiscopi (ähnlich noch in D.267), um dann ab D.247 zu der ständig beibehaltenen
kürzeren Formulierung
vice Adelberti Mogontini archicancellarii überzugehen. – Nur in dem in Straßburg ausgestellten D.248 von 1123
Januar 24 wählte er eine andere, auch in unserem D. wörtlich
gleichlautend begegnende Formulierung, in der das
archicancellarii durch
archiepiscopi ersetzt ist.
Die Annahme einer ungefähren Gleichzeitigkeit der Rekognoszierung von
D. †249 mit dem D.248 findet ihre Bestätigung darin, dass von den
hiesigen Zeugen in D.248 auch der Graf Hugo von Dagsburg begegnet, der
außerdem in dem einen Tag älteren D.247 genannt wird; und eine
Zuweisung zu diesem Straßburger Aufenthalt vom Januar/Februar 1123
wird verstärkt durch die Tatsache, dass das den Grafen nochmals am
Hofe nennende D.259 von 1123 Juni 27 gleichfalls in Straßburg
ausgestellt ist.
Auf das Frühjahr 1123 verweist schließlich auch die Nennung des Zeugen
Ulrich von Herrlingen, der außerdem nur noch in dem am 25. März 1123
in Speyer ausgestellten D.255 erscheint. – Nur am Rande sei vermerkt,
dass die Nennung dieser beiden Leute eine Datierung nach 1123 (vgl.
oben Drucke u. Regesten; Bosl, Reichsministerialität 1,329 und Wadle, Reichsgut 195 datieren auf 1124; zu Posse
mit 1127 vgl. Anm. 1) gänzlich ausschließt, da beide in diesem Jahr
gestorben sind; zu Hugo von Dagsburg vgl. Stüllein
a.a.O. 100 Anm. 11, zu Ulrich (I.) von Herrlingen und zur
Lokalisierung des
Hurninga vgl. Jänichen, Herrschaft u. Territorialverhältnisse 1,4ff., bes. 8.
Wenn der Kanzleinotar das fragliche Schriftstück mit der
Rekognitionszeile versehen hatte, muss es von ihm auch mit der seiner
Formulierung entsprechenden Signumzeile ausgestattet gewesen sein, in
der er aber für das Monogramm Platz ausgespart hatte, und zwar
offenbar wie im überlieferten Text mitten in
Roma/norum (vgl. dazu Anm. q), wofür das gleichfalls von Notar Heinrich
geschriebene D.242 eine Parallele liefert (in D.248 trennt das
Monogramm das Wort
impera/toris).
Dem vom Empfänger vorgelegten Text, dessen Narratio vermutlich eine
Traditionsnotiz verarbeitet hatte und in dem keine Spur einer
Überarbeitung durch die Kanzlei feststellbar ist, wurde jedenfalls die
letzte Anerkennung – durch Besiegelung, Einzeichnung des Monogramms
und schließlich durch die Eintragung einer Datumzeile – versagt.
Der Grund dafür ist schwer zu ermitteln, da uns nicht das “Original”
der seinerzeitigen Eingabe, sondern nur das vom Fälscher in einem Zuge
geschriebene Falsum vorliegt, weshalb wir nicht wissen, ob der Text
des der Kanzlei vorgelegten Entwurfes in dieses, das zudem äußerst
fehlerhaft ist, unverändert eingeflossen war. Es ist kaum anzunehmen,
dass die kanzleiwidrige Textierung – ohne eröffnendes Chrismon (s.
Anm. a), mit kanzleifremder Schriftlichkeits-Arenga, der durchgängigen
Verwendung des Singulars in der Dispositio (ab
Rogabant autem me …) gegenüber dem in der Narratio verwendeten Plural (curavimus), der Verquickung von Dispositio-Schluss, Korroboratio und
Zeugenformel in einem einzigen Satz – die Ablehnung begründete; denn
das hätte schon den Notar davon abhalten müssen, die
Unterfertigungszeilen einzutragen.
Fragt man nach inhaltlich-sachlichen Motiven, die den Herrscher –
sozusagen in letzter Minute – bewogen hätten, dem Text die Anerkennung zu verweigern, könnten diese am
ehesten in der mit D. †249 offensichtlich getroffenen, von ihm nicht
akzeptierten Verfügung über Reichsgut des Fiskus Boppard gelegen
haben. Denn mit den
cives (vielleicht gehört auch dieser Begriff gar nicht zum ursprünglichen
Text) sind in erster Linie Angehörige der großen Bopparder
Reichsdienstmannschaft zu verstehen, als deren Repräsentanten die am
Schluss genannten Zeugen ab
Arnolt anwesend waren; zu einem Teil der Namen vgl. DD.24 und *133 mit
Verweisen; mit Ausnahme des
Gotebreth begegnen auch alle in der großen, 25 Namen umfassenden Liste des
DLo.III.40 von 1132 März 18 (B.-Petke
Reg. 295); zu den Dienstmannen vgl. Bosl. a.a.O. 1,63f., 114ff., 127, 329 und Wadle
a.a.O. 195ff.
Das Haupt dieser Dienstmannschaft war vermutlich der
dominus Konrad von Waldeck, dessen Familie zumindest zeitweise den Vogt des
Reichshofes Boppard stellte (vgl. Mittelrhein. UB 3,63 no
61 von 1216; s. dazu Bosl
a.a.O. 1,329). Nick
a.a.O. 27 (s. auch Heyen
in 850 Jahre 40) nennt zudem für das Jahr 1123 eine Clara von Waldeck
als erste Meisterin des neugegründeten Frauenklosters Marienberg;
während übrigens Nick
den Zeitpunkt der Gründung in den Jahren 1110–1120 vermutet, verlegt Heyen, Boppard 70 diese in das Jahr 1122, während er später in 850 Jahre 40
von “um 1123” spricht, und im Vorwort zu 850 Jahre (S. 6) begnügt man
sich mit der Angabe “zwischen den Jahren 1122 und 1125”.
Aus der Nennung der Bopparder Ministerialen – zu denen er fälschlich
auch den vor
Arnolt stehenden
Folcmar rechnet, bei dem es sich aber um den in DD. †234 und 257 von 1122/23
mit Titel genannten (s. Vorbemerkung zu D.24) Truchsessen Folkmar von
Kesselberg handeln dürfte (vgl. Bosl a.a.O. 1,107 mit Anm. 2) –
schließt Stüllein
a.a.O. 99f. Anm. 11 zu Unrecht auf Ausstellung des D. †249 in
Boppard, wo er im Jahre 1123 zwischen Juli und November sogar drei
Aufenthalte Heinrichs für möglich hält; die Bopparder Zeugen sind
jedoch wohl – falls sie nicht überhaupt aus der erwähnten vermutlichen
Traditionsnotiz übernommen sind – als Abgesandte der
cives anzusehen.
Zu den denkbaren Gründen für die Unterstellung Marienbergs unter die
Trierer Benediktinerabtei vgl. Heyen
in 850 Jahre 20ff., Becker
in Studia Anselmiana 85,200ff., Dahmen
a.a.O. 25ff. und Becker
in Germ. Sacra a.a.O. 369 mit Anm. 2
Entstanden ist die Fälschung in der vorliegenden Gestalt
wahrscheinlich kurz vor Erwirkung des Privilegs P. Eugens III. von
1148 Febr. 6 (JL 9181; Germ. pont. 10.1,223 no
4; Druck bei Beyer
a.a.O. 604 no
545 zu 1147), dem ersten Papstprivileg für St. Mattheis, dessen
Enumeratio eröffnet wird mit:
cellam b. Marie de Bobardia [= Marienberg], curtem de Vilmare …, ecclesias de maiori et minori Vilmare … cum
decimis suis. – D. †249 und die Fälschung des DH.III. †404 betr. Villmar sind wohl
ziemlich gleichzeitig entstanden, stammen jedoch von zwei
verschiedenen Händen, wobei der Schreiber des DH.III. †404 die
Diplomschrift des echten DH.III.309 nachahmt, wohingegen der Schreiber
von D. †249 eine stärker der Buchschrift angenäherte Schrift mit nur
wenigen Oberlängenverschleifungen und ohne Verwendung des dipl.
Kürzungszeichens schreibt; Bresslau
in Textband zu KUiA 28 glaubt übrigens, dass das DH.III. †404 dem
Privileg von 1148 noch nicht vorlag, wohl aber einer Urkunde EB.
Hillins von Trier von 1154 (Beyer
a.a.O. 637 no
579). – D. †249 wurde von Karl IV. durch Transsumpt von 1353 Febr. 17
(B.-Huber
Reg. 6761) bestätigt. – Pappenheim
a.a.O. zitiert D. †249 fälschlich als Beleg für Heinrichs V.
Marschall Heinrich Haupt.