Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde

Abbildungsverzeichnis der europäischen Kaiser- und Königsurkunden

<<†241.>>

Unecht.

Heinrich bestätigt dem sich unter seinen Schutz begebenden Konvent (von Cappenberg) die Schenkung der Burg Cappenberg und von vier benachbarten Höfen durch den Grafen Gottfried und dessen Bruder Otto sowie deren Übergabe an den Priester Norbert (von Xanten), verbietet die Änderung oder Lockerung der Regel, <verleiht das Recht der freien Wahl und Absetzbarkeit des Vogtes>, gewährt den beiden Brüdern, unter Freilassung der Geiseln und Verzicht auf weitere Forderungen, Vergebung für ein gegen ihn verübtes Vergehen <und bestätigt allen gegenwärtigen und zukünftigen, teilweise einzeln angeführten Besitz des Klosters>.

Lobwisen (1123) 1122 (September).

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Angebliches Original (ca. 54,5/55 b : 44/45 h) vom Anfang des 13. Jh. im Archiv des Grafen Kanitz zu Cappenberg (A).

Schriftprobe: Petry in AfD 18, Taf. IV no 31.

Drucke: Aus unbekannter Vorlage (s. Anm. g”): Schaten, Ann. Paderborn. 11,702; 21,487 = Teschenmacher, Ann. Cliviae, CD 32 no 39 = Miraeus-Foppens, Dipl. Belg. 3,324 cap. 40. – Hugo, Ann. Praem. 1.1, prob. 372. – von Steinen, Cappenberg 76 no 1 aus Teschenmacher. – Aus A: Kindlinger, Münster. Beitr. 2,164 Auszug mit Berichtigungen des Druckes bei von Steinen = Niesert, Münster. Urkundensamml. 2,188–189; ebenda S. 188(bis)–191(bis) und mit der vorher fehlenden Zählung XXXIX versehen (in dem von uns benützten Exemplar im Register eingeordnet) Vollabdruck aus A. – Binterim-Mooren, Erzdiözese Köln 3, CD 1,100 no 30 aus Miraeus. – Aus A: Erhard, CD Westfal. 1,152 no 195. – Wilmans-Philippi, Kaiserurk. d. Prov. Westf. 2.1,281 no 214, seit Miraeus-Foppens alle zu 1123.

Reg.: Georgisch, Reg. chronol.-dipl. 1,520 no 27 u. 30. – Erhard a.a.O. 232 no 1483. – Gebele, Hermann von Augsburg 120 no 63, alle zu 1123. – Gradl, Mon. Egrana 1,13 no 36 zu 1122. – Böhmer-Will, Mainzer Reg. 1,267 no 114 zu 1122 Sept.? – Knipping, Kölner Reg. 2,31 no 202 zu 1122 [Sept.]. – Jaksch, Mon. duc. Car. 3,236 no 579 zu 1123 September. – Börsting, Inv. d. Bisch. Diözesanarchivs in Münster 2 no 12 zu 1123. – Zoepfl-Volkert, Augsburger Reg. 1,262 no 442 zu [1122 Sept. 23]. – Stumpf Reg. 3182 zu 1122 (Sept.).

Das auf einem echten D. Heinrichs beruhende Falsum, das sich schon äußerlich durch einen nach der Besiegelung erfolgten Nachtrag (s. Anm. a’) als solches zu erkennen gibt, erfuhr in neuerer Zeit zweimal eine eingehende Untersuchung, durch Grundmann, Der Cappenberger Barbarossakopf 69ff. und durch Petry im Rahmen seiner Untersuchung der ältesten Cappenberger Urkunden in AfD 18,143ff. und 19,29ff. (bes. 18,193ff, 240ff.; 19,65ff.), die jedoch beide keine vollständige Klärung aller Probleme zu bieten vermochten.

Grundmann hatte das D.†241 sowohl inhaltlich als auch formal mit “voller Gewißheit” (a.a.O. 74) als echt verteidigt und seine Entstehung “wirklich” im Jahre 1122 angenommen (a.a.O. 81), konzedierte nur, da er sich erstaunlicherweise zur Beurteilung der Schrift für außerstande erklärte (vgl. a.a.O. 69; S. 81: “Sollte dennoch die Schrift der Kaiserurkunde damit [= Entstehung im Jahre 1122] ganz unvereinbar sein”; a.a.O. 72 hält er auch, in Anlehnung an die entsprechende Behauptung bei Wilmans-Philippi a.a.O. 283 Anm. 6, fälschlich das Eschatokoll für “wohl von anderer Hand geschrieben”), dass das D. in der vorliegenden Gestalt “allenfalls einem echten Original ohne Änderung am Text[!] genau nachgebildet sein” müsste; “unerfindlich” blieb ihm dabei, warum der “zweifellos ursprünglich zugehörige[!] ‘Nachtrag’” (von Anm. a’), für den er die Verwendung hellerer Tinte registriert hatte (a.a.O. 71f.), “im Schriftbild” als “zwischen die Zeugenreihe und das Eschatokoll eingezwängt” erscheine.

Diese höchst leichtfertig wirkende Konstruktion ist widerlegt durch die Feststellung Petrys (a.a.O. 18,177f., s.a. 173, 192, 241, 246), dass der ganze Text, einschließlich des Nachtrags und des Eschatokolls, von einem Cappenberger Schreiber (bei ihm mit der Sigle E 3) geschrieben ist, von dessen Hand drei weitere Originale aus den Jahren 1209 und 1210 herrühren (zu der Urkunde B. Ottos I. von Münster von 1209, Wilmans, Westfäl. UB 3,27 no 51, vgl. die von Petry a.a.O. Taf. IV no 32 gebotene Schriftprobe); wegen des vermeintlich “jüngeren Entwicklungsstandes” der Schrift der drei anderen Urkunden (a.a.O. 178) datiert er D.†241 auf ca. 1200 (a.a.O. 18,248f., 282 u.ö.; auf S. 248 spricht er auch einmal von Ende 12./Anfang 13. Jh.).

Vielleicht durch seine späte Entstehung erklärt sich das befremdliche äußere Erscheinungsbild, welches das Stück insbesondere vor der Eintragung des Nachtrages geboten hatte. Abgesehen von der Wahl eines Blattes mit ausgeprägtem Querformat gegenüber den kanzleiüblichen Hochformaten, was die Ursache für den Beginn des Kontextes in normaler Diplomschrift schon in der 1. Zeile gewesen sein dürfte, gilt dies vor allem für die Blattaufteilung bei der Beschriftung: Abweichend von der gleichmäßigen Füllung des Blattes mit Kontext und Eschatokoll (mit angemessenen Abständen innerhalb des letzteren) in gleichzeitigen Diplomen des Notars Heinrich füllte hier der mit den zwei letzten Wörtern der Korroboratio am Beginn der 11. Zeile endende (s. Anm. z) ursprüngliche Kontext genau die obere Blatthälfte, während die ganze untere Hälfte dem Eschatokoll reserviert blieb, wofür u.U. das Original des DF.I.333 (Kaiserurk. in Abb. Lief. 10 Taf. 9) ein gewisses Vorbild geliefert haben könnte.

In unserem Fall war die auffällige Aufteilung jedoch vorweg bestimmt durch die Stellung des mit dunklerer Tinte (s. Anm. a”) zweifellos vorausgefertigten Monogramms, das ungefähr in die Mitte der unteren Blatthälfte plaziert war (je ca. 8 cm vom unteren Blattrand und von der 11. Zeile entfernt; gegenüber der optisch eigentlich den Abschluss des Kontext-Blockes bildenden 10. Zeile [vgl. Anm. z] beträgt der Abstand ca. 9,5 cm); da sich die Signumzeile offensichtlich an der horizontalen Mitte des Monogramms orientierte (dazu und zum Folgenden s. Anm. z’), weist sie mit ca. 11 cm einen unproportionalen Abstand zur 11. Zeile auf, während für den Rest des Eschatokolls nur noch geringer Platz blieb, so dass die Rekognitionszeile in einem Abstand von nur ca. 5 cm folgt und die Datumzeile zu dieser mit ca. 2,5 cm einen nur unwesentlich größeren Abstand als die Zeilen innerhalb des Kontextes hat. – Dass für das Eschatokoll eine dünnere Feder verwendet wurde, entsprang wohl dem Versuch, damit das vermutliche Vorbild nachzuahmen (vgl. weiter unten).

Nach der soweit gediehenen Fertigstellung des ursprünglichen Textes erfolgte die Besiegelung mit dem, vom echten Original übertragenen, echten Siegel, dem ebenso wie dem schon vorhandenen Monogramm der Schreiber bei der Niederschrift des Nachtrags ab Anm. a’ ausweichen musste (s. Anm. k’, l’, o’, u’, w’); dass der Schreiber dabei den Platz für das erst anzubringende Siegel ausgespart hätte, kann man mit Sicherheit ausschließen, da ausreichender Raum vorhanden gewesen wäre, den Nachtrag in Vollzeilen zu schreiben und das jetzt ca. 7,5 cm über dem unteren Blattrand befindliche Siegel tiefer zu plazieren. Für diesen, mit Tinten- und Duktuswechsel in der 11. Zeile an die Korroboratio des ursprünglichen Kontextes anschließenden, als solcher schon von Wilmans-Philippi a.a.O. 282 Anm. 2 erkannten Nachtrag ab Anm. a’ verwendete der Fälscher nach Petry a.a.O. 18,241 als wörtliche Vorlage das Privileg P. Eugens III. von 1152 Jan. 3 (JL 9676; Erhard a.a.O. 2,68 no 286 = VU.III), in dieses eingesprengt zwei kurze Passagen aus der nur kopial überlieferten, nach Petry a.a.O. 18,249ff. zu Beginn des 13. Jh. (s. weiter unten) gefälschten, von Grundmann a.a.O. 77ff. noch als echt verteidigten Urkunde B. Dietrichs II. von Münster von 1122/25 (Druck, mit Petit-Kennzeichnung der Übereinstimmungen mit D.†241, bei Grundmann a.a.O. 108 no 2 = VU.I).

Möglicherweise hatte sich der Fälscher zunächst mit der vor der Mitte der 13. Zeile endenden Übernahme der allgemeinen Besitzbestätigung aus VU.III begnügen wollen (s. Anm. h’), ehe er sich entschloß, hier noch, über die Aufzählung im Kontext (Z. ■) hinausgehend, zusätzliche Orte aufzuzählen (s. Anm. k’-n’) und daran auch noch eine, letztlich aus VU.III hergeleitete Pönformel anzuschließen, bei deren Formulierung er sich aber offensichtlich an das – sonst die VU.III fast wörtlich wiederholende (s. Anm. s’ und y’) – DF.I.333 von 1161 (= VU.IV) anlehnte, von wo insbesondere der – nach der irrigen Annahme der Herausgeber von D.†241 abhängige – von VU.III abweichende Schlusspassus mit der Androhung des Huldverlustes (s. Anm y’) übernommen wurde (damit entfällt das von Studtmann in AfU 12,319 Anm. 4 zitierte D.†241 als Beleg für die Verwendung des Begriffes indignatio in der Kanzlei Heinrichs V.). – Grundmann a.a.O. 77 u. 80f. hatte übrigens wiederum keinen Anlass gesehen, die Zugehörigkeit der im Nachtrag stehenden zusätzlichen Besitzungen zum ursprünglichen Original in Zweifel zu ziehen.

Aus der Tatsache, dass das besiegelte Orginal vor der Eintragung des Nachtrags schon eine Faltung aufwies (eine Querfalte zwischen der 12. und 13. Zeile, s. Anm. e’, verläuft oberhalb des Siegels; vgl. Petry a.a.O. 247, der fälschlich von Verlauf der Falte über der 14. Zeile spricht), ergibt sich, dass dieser Nachtrag mit einiger Verzögerung erfolgte, aufgrund der Handgleichheit vermutlich aber nicht sehr viel später; für die um etliche Jahre spätere Datierung des Nachtrags bei Petry (a.a.O. 18,178: “jüngerer Entwicklungsstand”; 247: “erst einige Zeit nach der Fertigstellung”; 282: nach 1215; 19,127 u. bes. 135: 1215–1220) fehlen u.E. ausreichende Anhaltspunkte.

Unklar ist bisher, in welchem Umfang der Fälscher, über den gefälschten Nachtrag hinaus, auch im übrigen, von Grundmann für originär angesehenen (s. oben) Text denjenigen des verlorenen Originals verfälschte. Dessen Existenz ist nicht nur durch das von dort stammende echte Siegel (s. Petry a.a.O. 18,241f.) erwiesen, sondern auch dadurch, dass sich Barbarossas D.333 (VU.IV) für seine die Dispositio eröffnende Schutzverleihung auf dieses beruft (dive memorie progenitoris nostri Henrici imperatoris IIII. vestigiis inherentes; s. Petry a.a.O. 18,243). – Insbesondere aber war das Original wohl zur Gänze von Notar Heinrich verfasst, was Hausmann, Reichskanzlei 73ff. in seiner Auflistung der ihm zugesprochenen Diplome entgangen ist.

Seinem Diktat entspricht zunächst außer dem Protokoll der ganze Schluss mit Korroboratio und Eschatokoll: Zur Formulierung der Rekognitionszeile mit bloßem vice archicancellarii unter Verzicht auf die namentliche Nennung des Erzkanzlers Adalbert, die so auch noch in weiteren Diplomen des Jahres 1122 begegnet, letztmals in dem wenig jüngeren D.242, vgl. Vorbemerkung zu D.147; die in unserem D. gebotene erstmalige Nennung des bisherigen italienischen Kanzlers Philipp als deutscher Kanzler entspricht zudem der Vermutung Hausmanns (a.a.O. 50f.), dass dieser gerade während und wegen der vorbereitenden Verhandlungen für das Wormser Konkordat den bisherigen Kanzler Bruno abgelöst hatte. Charakteristisch für den Notar ist sodann die Zeugeneinleitungsformel mit der Erwähnung von testes idonei und dem Verb adhibuimus, vgl. DD.224, 229 (ohne das Attribut idoneos; ähnlich in der knapperen Formulierung von D.267) und 238; in letzterem unterlief dem Notar sogar derselbe Fehler wie hier, beim Übergang von den geistlichen zu den weltlichen Fürsten, dass er von dem durch das adhibuimus geforderten anfänglichen Akkusativ in den Nominativ wechselte; womöglich hatte er eine Formulierung wie in D.224 im Sinn, wo auf das idoneos adhibuimus testes als Übergang zu den im Nominativ gebotenen Zeugennamen noch quorum nomina hęec sunt folgt.

Für die Datierung entscheidend und zugleich Beweis für ihre Ursprünglichkeit ist schließlich, dass die Zeugenliste im Umfang fast vollständig (neben fünf fehlenden Namen werden zwei zusätzliche geboten), vor allem aber in der Reihenfolge genau der Liste der “Unterzeichner” der von Notar Heinrich mundierten kaiserlichen Ausfertigung des Wormser Konkordats, D.240, entspricht; vgl. dazu u.a. Scheffer-Boichorst, Ann. Patherbrunn. 196, Meyer von Knonau, Jahrb. 7,211 mit Anm. 26 (mit Referat des D.†241 und der sonstigen Nachrichten über die Gründung Cappenbergs), Grundmann a.a.O. 70f., Petry a.a.O. 18,244.

Aus der fast absolut identischen Orthographie der Namen (in D.240 stehen für die Vornamen der geistlichen Fürsten überwiegend Siglen; zu ei in Theip-/Teip- vgl. Anm. y) ergibt sich nun aber wohl zwingend, dass der Notar, der sich alternativ auf die bloße Zufügung des Eschatokolls (vgl. Liste bei Hausmann a.a.O.), aber nie auf Teil-Reinschrift beschränkte, das ganze Diplom mundiert hatte. – Im Kontext fehlen dafür Spuren, weil die standardisierte dipl. Minuskel des Schreibers E 3 sich, was die Oberlängenverschleifungen (nicht jedoch die Gestaltung der ct- und st-Ligaturen) und das dipl. Kürzungszeichen sowie die Verwendung von Initialen für die Satzanfänge angeht, eindeutig am Vorbild der päpstlichen Privilegien orientierte.

Jedoch verraten Besonderheiten im Protokoll und namentlich im Eschatokoll den Notar als Mundator: Zum Chrismon vgl. Anm. a; die Buchstabenformen der Elongata der 1. Zeile entsprechen zwar nur teilweise der Schrift des Notars, seinem Modus nachgeahmt ist aber anscheinend die von Petry a.a.O. 18,242 erwähnte teilweise “gezitterte” Schreibung, und insbesondere für ihn charakteristisch ist der Wechsel zwischen Minuskel-a und Majuskel-A (letzteres in sancte, divina und Romanorum imperator augustus). Im Eschatokoll entspricht dem überwiegenden Brauch des Notars die Verwendung von Minuskel für Signum- und Rekognitionszeile, in der Signumzeile die regelmäßige Plazierung des Monogramms vor invictissimi, was hier wegen dessen Vorausfertigung beiderseitige Spatien bedingte (s. Anm. a”), ferner die Belegung der seitlichen Vertikalen des Monogramms mit dicht an deren oberen und unteren Enden gerückten Buchstaben; insbesondere aber ahmt die Schreibung des überhöhten S von Signum mit seinen weit ausladenden Bögen in betonter Weise das Vorbild des Notars nach (vgl. z.B. D.247). Der Federwechsel zu Beginn des Eschatokolls (s. Anm. z’) sollte womöglich andeuten, dass dieses im Original nachgetragen war.

Bestandteil des demnach wohl von Notar Heinrich mundierten Originals war sicher die der Zeugenliste vorangehende Vergebung der regia offensa – mit dem auffälligen Singular in animę meę –, an deren Erwähnung erst zum Zeitpunkt der Fälschung um 1200 auf seiten des Klosters kaum ein Interesse bestanden haben kann (vgl. Grundmann a.a.O. 73 und Petry a.a.O. 18,248). Nach Grundmann a.a.O. 19ff. (s.a. 73) galt die Vergebung dem maßgeblichen Anteil, den die Cappenberger Grafen nach einem Zusatz zur Kölner Königschronik daran gehabt hatten, im Frühjahr 1121 den von Heinrich im Dezember 1119 vertriebenen (s. Meyer von Knonau a.a.O. 7,144f.) B. Dietrich mit Waffengewalt nach Münster zurückzuführen, bei welcher Gelegenheit am 2. Februar fast die ganze Stadt mit dem Dom St. Paulus in Flammen aufging; vgl. auch Petry a.a.O. 247 Anm. 438 und B.-Petke Reg. 65.

Diesem Passus vorangehend setzen jedoch die Verfälschungen im ersten Teil unseres D. ein: In seiner ausführlichen Untersuchung der Cappenberger Hochvogtei a.a.O. 19,65ff. sieht Petry in der Einfügung des advocatus-Passus das eigentliche Motiv für die Herstellung des Falsum (vgl. auch a.a.O. 18,248f.). Die textliche Grundlage dafür lieferte nach ihm (a.a.O. 18,194 und 19,73) die Urkunde B. Ekberts von Münster von 1129 für das um 1123 (s. Petry a.a.O. 19,45) durch Otto von Cappenberg gestiftete Präm. – Kloster Varlar (Kindlinger a.a.O. 3.1 Urk. 14 no 7 = VL.II), die auch die Vorlage für die Vogteibestimmungen in den Urkunden für andere Empfänger lieferte, u.a. für das DLo.III.58 von 1133 für Lette-Clarholz (= B.-Petke Reg. 382; vgl. Paralleldruck bei Petry a.a.O. 19,46), in Cappenberg selbst, in anderer Formulierung (vgl. Paralleldruck bei Petry a.a.O. 19,66; vgl. noch a.a.O. 18,196f.), für die um 1200 gefälschte undatierte Urkunde Ottos von Cappenberg (Erhard a.a.O. 2,5 no 199) und für die ca. 1217 gefälschte Urkunde B. Werners von Münster von angeblich 1139 (Erhard a.a.O. 2,27 no 231), die sich bereits auf D.†241 beruft (vgl. Petry a.a.O. 18,197f.; s. Zitat bei Grundmann a.a.O. 76: sicut Heinricus quartus Romanorum imperator constituit et confirmavit); vgl. die Auflistung bei Petry a.a.O. 19,65 Anm. 112. Grundmann a.a.O. 74ff. hatte umgekehrt alle diese Urkunden als von D.†241 abhängig erklärt.

Abgesehen vom interpolierten Vogteipassus und dem Preterea-Nachtrag geht Petry (a.a.O. 18,284 und 19,56) davon aus, dass alle übrigen Bestimmungen auf die echte Vorlage zurückgehen. Dies mag hinsichtlich der Sicherung von regula usw. dahingestellt bleiben; vgl. dazu Petry a.a.O. 18,248. – Der eröffnende Bericht über die Bestätigung der traditio der von den Cappenberger Grafen gewidmeten Güter an Norbert von Xanten, der die Leitung der neuen Stiftung, der ersten Niederlassung der Prämonstratenser auf deutschem Boden, in den Jahren 1122–26 persönlich innehatte (s. Petry a.a.O. 19,75), geht auf den ersten Teil der erwähnten, auf den Namen B. Dietrichs II. von Münster gefälschten Urkunde von 1122/25 (VU.I) zurück, während Petry a.a.O. 18,254 ein umgekehrtes Abhängigkeitsverhältnis annahm und behauptete, D.†241 sei “deutlich als Quelle des gefälschten Textes [= VU.I] fassbar”. Ihm ist dabei entgangen, dass dem Fälscher des D.†241 die Bischofsurkunde in jetziger Gestalt bereits vorgelegen haben muss, da er sie auch schon für den unorganisch in den aus VU.III übernommenen Schlusspassus des Nachtrags eingebauten Einschub (ab Anm. k’) verwendete.

Für die Präzedenz von VU.I spricht u.a. auch die in D.†241 ganz unvermittelte, nach unserer Kennzeichnung aus VU.I übernommene Formulierung predicta Capenbergensis ecclesia (s. Anm. c’): In VU.I ist diese rückbezügliche Erwähnung vorbereitet, da dort im Anschluss an den mit D.†241 übereinstimmenden Gründungsbericht B. Dietrich erklärt, dass er am 15. August (1122) die Weihe der zum Gotteshaus umgewandelten Burg vornahm (castrum … solempni consecracione vertimus et immutavimus) und dabei diese neue Kirche mit den Dotationsgütern bewidmete (assignantes eidem ecclesie predicta allodia in dotem perpetuam); im Anschluss daran heißt es dann, dass wenig später (brevis elapso temporis intervallo et aucto fratrum ibidem collegio) die beiden Grafen supradicte ecclesie Capenberg ihre übrigen, im hiesigen Nachtrag aufgezählten Allode (ab Anm. k’) übertrugen.

Es erscheint uns allerdings denkbar, dass D.†241 und VU.I ungefähr gleichzeitig entstanden sind und dass beide ein von Petry a.a.O. mit guten Gründen angenommenes, von den beiden Grafen ausgestelltes Deperditum (die Existenz einer ursprünglichen Bischofsurkunde stellt er in Frage) benützten, das für die Impetrierung des Privilegs P. Honorius’ III. von 1126 Febr. 27 (JL 7246; Erhard a.a.O. 2,3 no 197) vorgelegen hätte.

Jedenfalls geht die Formulierung des ersten Teiles nicht auf die von Notar Heinrich verfasste (s. oben) echte Vorlage von D.†241 zurück; dies gilt insbesondere für die Publikatio, die zwar – allerdings mit tam futuris quam presentibus, also Umkehr der hiesigen Reihenfolge! – für den Notar Adalbert A charakteristisch ist (vgl. Vorbemerkung zu D.†23; insofern ist die Behauptung Petrys a.a.O. 18,194 Anm. 185 zu korrigieren, sie sei in den Diplomen Heinrichs V. “sonst nicht üblich”), die aber dem Diktat des Notars Heinrich völlig fremd ist.

Geht man von der oben vermuteten ungefähren Gleichzeitigkeit von D.†241 und VU.I aus und akzeptiert die These Petrys (a.a.O. 18,253), dass VU.I “aus älteren Textteilen schlecht und recht zusammengebastelt” wurde, liegt die Vermutung nahe, dass sich das evtl. gleichfalls in mehreren Stufen entstandene Falsum der Bischofsurkunde zunächst auf den ersten Teil bis zur Nachricht über die Weihe beschränkt hatte; als diese dann um die Zusatzdotationen erweitert wurde, könnte bei dieser Gelegenheit der diese berücksichtigende Nachtrag des D.†241 entstanden sein, wobei beim ungeschickten Einbau der Zusatzdotationen deren Rückführung auf die Stiftergrafen versehentlich unter den Tisch gefallen wäre.

Der Inhalt und insbesondere die Formulierung des ersten Teils des unserem Falsum geopferten Originaldiploms bleiben gänzlich im Unklaren. Wenn Barbarossa sich in seinem D.333 für seine Schutzverleihung auf Heinrich V. beruft (s. oben), scheint fraglich, dass das beiläufig in die Dotationsbestätigung unseres D. eingebaute ipsis fratribus ad imperiale patrocinium confugientibus dafür die ausreichende Grundlage gebildet haben sollte. Vollends rätselhaft bleibt – angesichts der üblichen äußersten Sorgfalt der Kanzlei bei der Wahl der den Inhalt kennzeichnenden Begriffe – die zweimalige Selbstbezeichnung des D.†241 als nostra traditio, in der Zeugeneinleitungsformel und in der Korroboratio, also in vermutlich vom Kanzleinotar stammenden Partien. Dass hier der Fälscher, das auf die Grafen bezügliche hanc traditionem von Z. ■ aufgreifend, einen ursprünglich anderen Begriff (etwa confirmatio) gleich an zwei Stellen ausgetauscht haben sollte, erscheint äußerst unwahrscheinlich. Gehörte das nostra traditio jedoch zum ursprünglichen Text und hatte dessen Inhalt zutreffend wiedergegeben, fragt man sich, was Heinrich V. geschenkt haben sollte und wieso diese Schenkung im Falsum unterschlagen wurde.

Bei der überlieferten Jahreszahl 1123 (s. Anm. 3) handelt es sich angesichts des Bezugs auf das Wormser Konkordat wohl um eine erst auf den Schreiber des Falsum zurückgehende Verschreibung, kaum um einen Fehler des Notars im Original, wie Grundmann a.a.O. 70 annimmt. Petry, der sich a.a.O. 18,242ff. ausführlich mit der Datierung und insbesondere der für Notar Heinrich typischen falschen 13. Indiktion von Anm. 4 befasst (zu seiner unvollständigen diesbezüglichen Liste a.a.O. 242f. vgl. Vorbemerkung zu D.238), vermutet jedoch (a.a.O. 244f.), dass die Zahl in der echten Vorlage stand, und schließt daraus auf uneinheitliche Datierung: Reinschrift einschließlich des Monogramms im Jahre 1122, die aus unbekannten Gründen (a.a.O. 245 Anm. 433 denkt er an Behinderung durch B. Dietrich II. von Münster) verzögerte Ausfertigung mit Zufügung der Datierung und des Siegels erst im Jahre 1123, wobei die Nachtragung des Vollziehungsstriches im Monogramm (s. Anm. a”) vergessen worden sei; nach Wilmans-Philippi a.a.O. 283 wäre das im Jahre 1122 konzipierte D. sogar “erst sehr viel später” ausgefertigt und dabei aus der Erinnerung “unrichtig zurückdatiert” worden.

Nicht zu überzeugen vermag auch Petrys Annahme (a.a.O. 18,245f., mit der rätselhaften Anm. 435), der Nachsatz quando dominus imperator …, dessen für den Kaiser “nicht gerade schmeichelhafte” Formulierung ihm seitens der Kanzlei unglaubhaft erschien, sei erst von dem Fälscher hinzugefügt worden. – Ob aus dem Nachsatz zudem gefolgert werden kann, dass D.†241 am selben Tage wie das Wormser Konkordat, also am 23. September 1122 ausgefertigt wurde, wofür die Zeugenliste sprechen könnte (s. oben), muss letztlich offen bleiben. Zur Lokalisierung der Örtlichkeit Lobwisen wohl östlich von Worms auf der linken Rheinseite vgl. Stüllein, Itinerar 95 Anm. 15 und Vorbemerkung zu D.240.

Zu den Gründern, den Grafen Gottfried († 1127 Jan. 13) und Otto († 1171), der seit dem Jahre 1156 selbst Propst zu Cappenberg war, sowie zur Gründung des Klosters und deren Hintergründen (u.a. Einfluss Norberts von Xanten) vgl. u.a. Grundmann a.a.O. 17ff., Petry a.a.O. 19,30ff. und Kohl in Festschr. Fleckenstein 393ff.; zu Verwandtschaft Heinrichs V. mit den Grafen s. Kohl a.a.O. 395.

(C.) In nomine sanctę et individuę trinitatis. Heinricus divina favente clementia quartus Romanorum imperator augustus. Notum fieri volumus tam presentibus quam futuris Christi fidelibus, quod Godefridus comes et frater eius Otto castrum Capenberg, quod iure allodii possidebant, cum adiacentibus quatuor curiis Nette, Werne, Heile, Alsteden deo patri omnipotenti et beatę dei genitrici Marię et beatissimis apostolis Petro et Paulo sanctisque omnibus spe futurę retributionis animati optulerunt, tradentes hoc venerabili fratri Norberto suisque fratribus sibi subiectis eorumque successoribus in canonica professione secundum apostolica instituta ibidem degentibus; nos ipsis fratribus ad imperiale patrocinium confugientibus traditionem hanc ratam et inconvulsam permanere statuimus. Decernimus etiam et firmamus ex rogatu eorundem fratrum, quod nullus episcopus vel eiusdem ecclesię futurus prelatus potestatem habeat regulam, professionem, institutionem assumptam inmutare vel indulgentia laxioris licentię corrumpere. <Advocatus ibi nullus sit, nisi quem fratres ipsi unanimiter elegerint; qui si inconmodus vel inutilis fuerit, si semel, secundo vel tertio correptus non emendaverit, alium eligendi liberam habeant facultatem>. Hoc et fideles dei scrire volumus, quod eidem Godefrido eiusque fratri pro redemptione animę meę supradicto sacerdote pro eis intercedente regiam offensam ex animo condonamus, obsides eorum manumittimus et, quicquid causę vel exactionis in ipsos habuimus vel habere possemus, ęternaliter postponimus. Ad hanc vero nostram traditionem testes ydoneos adhibuimus: Adelbertum Mogontinum archiepiscopum, Fridericum archiepiscopum Coloniensem, Hartwicum Ratisbonensem episcopum, Ottonem Bauenbergensem episcopum, Brunonem Spirensem episcopum, Herimannum Augustensem episcopum, Gebehardum Herbipolensem episcopum; alii quoque principes: Heinricus dux Bawariorum, Fridericus dux, Symon dux, Pertolfus dux et frater eius Cůnradus, marchio Theipoldus, marchio Engelbertus, Berengarius comes. Ut autem hęc nostrę traditionis auctoritas stabilis et inviolata omni permaneat evo, hanc inde cartam scribi et sigilli nostri impressione iussimus insigniri. <Preterea quascumque possessiones, quęcumque bona in terris, vineis, mancipiis, censibus, decimis, molendinis, aquis aquarumve decursibus, pratis, pascuis, nemoribus, campestribus, montibus, collibus, vallibus aut quibuslibet aliis rebus predicta Capenbergensis ecclesia in presentiarum possidet aut in futurum concessione pontificum, largitione regum vel principum, oblatione fidelium seu aliis iustis modis poterit adipisci, omnia ei imperatoria auctoritate confirmamus. In quibus hęc propriis vocabulis duximus exprimenda: Mengede, Curede, Sorbeke, Wisele, Weshein cum mansis et mansionariis et universis usibus et iusticiis suis. Si qua igitur ęcclesiastica secularisve persona hanc nostrę constitutionis paginam sciens contra eam venire temptaverit, si secundo terciove commonita presumptionem suam non correxerit, indignationis nostrę pęnam sentiet>.

Signum Heinrici quarti Romanorum imperatoris (M.7.) invictissimi. (SI.4.)

Phylippus cancellarius recognovi vice archicancellarii.

Data anno dominicę incarnationis MoCoXXoIIIo, indictione XIIIa, apud Lobwisen, quando dominus imperator anulum et baculum ęcclesię remisit.