Angebliches Original (ca. 47/48 b : 32,5/33 h) von ca. 1123–1126
im Staatsarchiv zu Düsseldorf (A). – Rückvermerk des 12. Jh.:
Tradicio Henrici IIIIti
[von späterer Hand durchgestrichen und über der Zeile durch
V ersetzt] imperatoris Romanorum super villa Eithera, quę sita est inter Renum
et Leckam.
Drucke: Bucelinus, Germania topo-chrono-stemmatographica 2,315 (nur Eschatokoll mit
Monogramm [s. Anm. 1], offensichtlich nach den Annalen Overhams von
1646). – van Spaen, Inleiding tot de hist. van Gelderland 2,39 no
19 (ex apographo Werdinensis abbatiae). – Aus A: Lacomblet, Niederrhein. UB 1.1,193 no
295 = Geer, Bijdragen tot en geschiedenis … der provincie Utrecht 354 no
2 = Sloet, OB Gelre en Zutfen 235 no
241. – Bendel, Urk. Werden 70 no
20 = Muller-Bouman, OB sticht Utrecht 1,281 no
307. – Obreen, OB van Holland en Zeeland 57 no
113.
Reg.: Erhard, Reg. Westf. 1,230 no
1470. – Brom, Reg. sticht Utrecht 1,61 no
301. – Diestelkamp-Rotter, Urk.-Regesten 1,132 no
186. – Stumpf
Reg. 3177.
Das Diktat der wohl von einem Werdener Schreiber mundierten (vgl. Kölzer, Studien 219 Anm. 329, der die von Wibel
in AfU 3,87 Anm. 3 und Oppermann, Rhein. Urk.-Studien 1,130 vorgenommene Identifizierung mit der Hand
einer Werdener Privaturkunde von 1126/33, gedr. Crecelius
in Zs. des Bergischen Gesch.-vereins 7,24f. no
129, bestätigt) und mit gefälschtem Siegel (vgl. Bendel
a.a.O. 71; Wibel
a.a.O. 87 Anm. 3, wörtlich übernommen bei Posse, Kaisersiegel 5,117) versehenen Urkunde stammt von Abt Berengoz von
St. Maximin (vgl. zu dessen Fälschungen Vorbemerkung zu D. † 16).
Daraus erklären sich auch die Übereinstimmungen der Datierung mit der
des echten D.236 und des Eschatokolls mit D.150, die wohl letztlich
den Grund für die ältere Einschätzung des Stückes als Nachzeichnung
bzw. Fälschung nach echter Vorlage darstellten (vgl. Bendel
a.a.O. 72; Oppermann
a.a.O. 101f., Hausmann, Reichskanzlei 73; Bresslau, Jahrb. Ko.II. 2,470 spricht noch von einem “unzweifelhaften
Original”): Die Datierung ist in ihrer Zusammensetzung und in den
Zahlenfehlern (Verwendung der Ordinationsjahre anstelle der
Königsjahre) charakteristisches Diktat des Berengoz, der im Mai 1122
in Utrecht am Hof geweilt und dabei die Gestalt der Datierungen von
DD.236, 238, †301 und DMa.5 beeinflusst haben dürfte.
Nachdem schon Oppermann
a.a.O. 95 und 101ff. die engen Diktatbeziehungen zwischen D. †237 und
den Maximiner Fälschungen gezeigt hatte, die er auf von ihm
postulierte, einander ähnelnde Vorlagen von 1122 für das Werdener und
die Trierer Stücke zurückführte, hat Kölzer
auf die vollständige Abhängigkeit des Diktats des D†237 von den
Berengoz-Fälschungen hingewiesen; auch das Diktat des Eschatokolls und
die Gestalt des nicht kanzleiüblichen Monogramms findet in ihnen eine
Parallele (D.150). Gegen Kölzers Annahme jedoch, man habe in Werden durch Berengoz, der (wohl seit
1119) auch Abt von Werden war, lediglich Kenntnis der von ihm
angefertigten Fälschungen bekommen und daraufhin D. †237 ohne dessen
direkte Beteiligung hergestellt, spricht die Art und Weise, in der
diese Texte benutzt wurden: In dem für Berengoz charakteristischen, in
extremer Weise in D.186 für St. Maximin praktizierten Mosaikverfahren
ist der relativ kurze Text des D. †237 zur Gänze aus unterschiedlich
langen Passagen, teilweise auch nur einzelnen Formulierungen
komponiert, die aus mindestens acht verschiedenen Urkunden geschöpft
sind: Abgesehen von dem nur geringfügig herangezogenen echten,
gleichfalls eine Restitution betreffenden DH.IV.369 für St. Maximin (=
VL.VIII) sind es ausnahmslos Texte, die von Berengoz oder unter seiner
Beteiligung hergestellt waren, neben dem DO.II. †160 für Kl. Rasdorf
(= VL.V) noch die DDH.V. †17 (= VL.I), † 18 (= VL.VI), †88 (= VL.III),
†113 (= VL.II), 150 (= VL.VII.) und 186 (= VL.IV), wovon VLL.I und II
nur für die Arenga herangezogen wurden, VL.VII neben entscheidenden
Formulierungen innerhalb der Dispositio insbesondere das Eschatokoll
lieferte.
Diese souveräne Kenntnis und Verwendung eines großen Teiles des von
Berengoz stammenden Vorlagenmaterials wäre von einem anderen als ihm
selbst kaum zu erwarten gewesen. Ja, es ist sogar fraglich, ob
Berengoz überhaupt wagen konnte, anderen Personen auch nur Abschriften
der von ihm gefälschten Heinriciana zur Benutzung zu überlassen. Immerhin
handelte es sich um Fälschungen auf den Namen des lebenden Herrschers,
bei deren Aufdeckung er mit den härtesten Konsequenzen rechnen musste.
Nur Berengoz selbst kommt deshalb als Verfasser von D. †237 in Frage.
In der vorliegenden Fassung stammt D. †237 jedoch nicht von der Hand
des Berengoz (s.o.; zur Kennzeichnung seiner Schrift vgl. Vorbemerkung zu D.186). Zumindest in der vorliegenden Fassung dürfte D. †237 deshalb nicht
eine auf Berengoz’ Initiative zurückgehende Fälschung darstellen, da
Berengoz Mitwisser fürchten musste und deshalb seine übrigen
Fälschungen stets selbst geschrieben hat. Allenfalls könnte es sich
bei dem heute vorliegenden Stück um die – nach Ausweis der Schrift und
wegen ihres Eintrags bereits im Werdener Kopialbuch aus der Mitte des
12. Jahrhunderts – kurz nach der Vorlage entstandene Nachzeichnung
einer (verlorenen) Berengoz-Fälschung handeln, die dann aber auf einen
anderen Besitztitel gelautet haben müsste, da sonst kaum verständlich
wäre, zu welchem Zweck die Nachzeichnung angefertigt und mit einem
gefälschten Siegel versehen wurde. Ebensogut könnte aber auch ein von
Berengoz erwirktes (verlorenes) Original für diese – den
Beurkundungsgegenstand austauschende – Nachzeichnung die Vorlage
gewesen sein (vgl. die analoge Annahme Bendels a.a.O. 54 für die Entstehung des gefälschten DKo.II. †232).
Gegen die Annahme einer zeitlich früh anzusetzenden (s.o.) Fälschung
zu Besitzungen in Eiteren spricht aber, dass die äußeren Bedingungen
für ihr Unentdecktbleiben besonders ungünstig waren. Bei dem Utrechter
Aufenthalt des Hofes Ende Mai 1122 wurde nämlich tatsächlich über
strittige Besitzungen in demselben Raum verhandelt, in dem auch das
von Werden beanspruchte Eiteren liegt: Mit dem nur einen Tag älteren
D.236 werden den Utrechter Klöstern S. Martin und S. Marien
entfremdete Besitzungen
in pago … Isla et Lake restituiert (zur Lokalisierung von Eiteren nahe dem heutigen
Ijsselstein sw. Utrecht vgl. Geer
a.a.O. 7, 13 und Kartenanhang). Auf absehbare Zeit werden sich also
damals bei Hofe anwesende Personen aus der Region daran erinnert
haben, ob und mit welchem Ergebnis über Werdener Ansprüche verhandelt
wurde. Kölzers Annahme, a.a.O. 206 Anm. 258, dass die Maximiner Fälschung auf den
Namen Heinrichs V. nur direkt gegen lokale Widersacher und nicht bei
Hofe verwendet werden sollten – wegen des auch dabei bestehenden
Risikos etwa bei einer Appellation an den König ohnehin problematisch
– sticht deshalb gerade im Falle Werden nicht. Eine Fälschung wäre
also lange Zeit nur unter hohem Aufdeckungsrisiko einsetzbar gewesen
und wird damit sehr unwahrscheinlich.
Kölzer
a.a.O. 222 formuliert die Vermutung, D. †237 sei ursprünglich nicht
als Fälschung intendiert gewesen, sondern als (von einem Werdener
Begleiter des Berengoz nach dessen Konzept in Utrecht hergestellte)
Empfängerausfertigung vorbereitet, aber von der Kanzlei nicht
akzeptiert und später in Werden mit einem gefälschten Siegel versehen
worden. Hintergrund für die Ablehnung des Werdener Besitzanspruches
durch Hof und Kanzlei trotz des Einflusses, über den Berengoz
zweifellos verfügte, könnte die ganz unsichere Beweislage sein, auf
die sich Werden stützen konnte: Ein Diplom Heinrichs III., auf den der
Text den Besitz zurückführt, ist nicht überliefert (und eine
Verwechslung mit der von Bendel
a.a.O. 54 vermuteten echten Vorlage für D.Ko.II. †232
unwahrscheinlich; vgl. aber Bresslaus Vorbemerkung zur Einschätzung des DKo.II. †232 als “ungeachtet
seiner fälschlich den Schein der Originalität erweckenden
Ueberlieferung durchaus echt”); außerdem fehlen in D. †237 Angaben
darüber, gegen wen sich der Restitutionsanspruch richtet, wer also
1122 in der Nachfolge des Rutbert und der Ermentrud, die in der
älteren niederländischen genealogischen Forschung als Zeitgenossen
Heinrichs III. und Angehörige des Zutphener Grafenhauses identifiziert
werden (vgl. zuerst van Spaen
a.a.O. 1,161ff., 192, dann ihm folgend Kremer, Graven in Hameland 79, Bresslau, Jahrb. Ko.II.2, 470 und Meyer von Knonau
Jahrb. 7,194 Anm. 6; anders Geer
a.a.O. 96, 105, der Rutbert für einen Grafen von Utrecht hält. (evtl. neuere genealog. Arbeiten in der Mappe zu Heinrich und Otto von
Zutphen?), die (unrechtmäßigen) Besitzer von Eiteren waren; selbst der
Zeitpunkt der Entfremdung ist mit
iam diu iniustę constat ablatum denkbar unpräzise angegeben. Das Fehlen von beweiskräftigen Unterlagen
könnte auch der Grund für die Herstellung einer Königsurkunde –
merkwürdigerweise aber nicht auf den Namen Heinrichs III., sondern auf
den Konrads II. – über Besitz in Eiteren “Mitte des 12. Jh.” (Bresslau
in Vorbemerkung zu DKo.II. †232; Bendel
a.a.O. 54f.) gewesen sein. (Bresslau
nimmt zwei verschiedene Besitzungen in Eiteren an). Auch die Werdener
Urbare bieten keine weiteren Informationen zur Aufhellung der
Besitzgeschichte, obwohl sich zwischen den Urbareintragungen aus dem
10./11. (in Haltnon et in AIteron XXX d.) und dem späten 11 Jahrhundert (in Eiteron V siclos I plenum mansum XIIII hofstedi) ein Anwachsen des Besitzes in Eiteren ablesen lässt, das mit einer
Schenkung unter Konrad II. oder Heinrich III. erklärt würde (vgl. Kötzschke, Werdener Urbare 87 und 119 mit Anm. 1).
--Keine Nennung
der am
iudicium beteiligten Personen, auch keine Zeugen = Indiz für Vorausfertigung in Kölzers Sinn?
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