Abschrift vom Ende des 12. Jh. im Liber donationum I der Kirche von
Utrecht f. 46r–v (alt f. 43r–v) im Reichsarchiv zu Utrecht (B), –
Abschrift aus dem ersten Viertel des 13. Jh. in Bondams Liber
privilegiorum f. 58v–59r ebenda (C). – Abschriften vom Ende des 13.
Jh. im Liber donationum II f. 61r (alt f. 58r; nur Anfang, s. Anm. v)
(D1) und f. 75v–76r (alt f. 72v–73r) ebenda (D2). – Abschrift von ca. 1380 im Liber catenatus von St.
Marien/Oudmunster f. 97r–v (alt f. 40r–v) ebenda (E).
Drucke: Aus B: Matthaeus, De nobilitate 216 = Mieris, Charterb. van Holland en Zeeland 1,85. – Aus E: Bergh, OB van Holland en Zeeland 1,72 no
110. – Aus BD1.2: Muller, Hed oudste Cartularium 117 no
75. – Muller-Bouman, OB sticht Utrecht 1,280 no
306. – Aus BCD1.2: Obreen, OB van Holland en Zeeland 56 no
112. – Aus BCD1.2
(u.a.): Koch, OB van Holland en Zeeland 1,214 no
105.
Reg.: Wauters, Table chronol. 2,115. – Bormans-Halkin, Table chronol. 11,121. – Brom, Reg. sticht Utrecht 1,61 no
300. – Muller, Reg. bisschoppen van Utrecht 1,17 no
85. – Diestelkamp-Rotter, Urk.-Regesten 1,131 no
185. – Böhmer
Reg. 2073. – Stumpf
Reg. 3176.
Die zahlreichen weiteren Abschriften (vollständige Aufzählung bei Koch) bleiben, da von B oder einer der anderen angegebenen Handschriften
abhängig, für die Textherstellung und im Variantenapparat
unberücksichtigt; dies gilt auch für die von Bergh
allein zugrundegelegte, von B abhängige Abschrift E (vgl. Anm. d).
Oppermann, Untersuchungen 2,165 und (ihm folgend?) Hausmann, Reichskanzlei 73 no
9 haben das Diktat dem Kanzleinotar Heinrich zugesprochen. Sieht man
jedoch davon ab, dass Protokoll und Unterfertigungszeilen kanzleigemäß
sind, ist eine weitere Beteiligung des nach Ausweis des von ihm
geschriebenen D.238 in Utrecht anwesenden Notars nicht nachweisbar,
vielmehr sprechen einige Momente direkt dagegen: Der erste Teil der
Dispositio ist mit Hilfe des letztlich auf das DO.I.58 von 944
zurückgehenden (s. Anm. 2) DH.III.153 von 1046 Mai 22 (= VU.)
formuliert, wobei in dessen unzulänglichem Referat untergeht, dass es
sich bei dem unter Weglassung der Pertinenzformel nur mit
totum umrissenen bestätigten Komplex um ehemaliges Fiskalgut handelte (s.
Anm. m) und dass die Begünstigten die Kapitel (fratres, s. Anm. o) der beiden Stifte waren.
Im übrigen bietet vor allem der über die Vorurkunde hinausgehende
Text, der recht gewaltsam mit
hoc addentes an die von dort übernommene Konfirmatio anschließt, einige
Ungeschicklichkeiten, die dem geübten Notar kaum unterlaufen wären:
Nachdem zunächst auf eine, in der Vorurkunde immerhin rudimentär
vorhandene Publikatio ganz verzichtet war, erscheint eine solche
unvermittelt als Eröffnung des Schluss-Satzes der Dispositio (Notum quoque sit …); der sachliche Gehalt dieses Satzes, die Übertragung bzw.
Bestätigung (das
favente et assistente eis [scil. den Pröpsten] iure ex antiquis regum traditionibus ist durch die VU. nicht gedeckt!) des
comitatus an die Stiftspröpste, ist übrigens im Kern nichts anderes (vgl. das
rückverweisende
eundem advocatum in Z. ■) als die Zusammenfassung der in dem vorangehenden Abschnitt
den Pröpsten (und deren
villici) gleich zweimal und fast gleichlautend (Z. ■ und ■:
omnis iusticia … pertineat) zugesprochenen Gerichtsbarkeit unter Ausschluss von Graf oder Vogt,
also der Immunität, die allerdings durch die umfassendere Kompetenz
des
comitatus eine verstärkte Sicherung erfuhr. – Und während im ersten Abschnitt
der Rechtsgrund für das Vorgehen gegen den Grafen Wilhelm eine schon
länger zurückliegende Usurpation war, ist es im Schluss-Satz dessen
gerade erfolgte Rebellion (vgl. dazu weiter unten). – Schließlich
gehen der Schluss-Korroboratio schon zwei einer Korroboratio ähnelnde
Formulierungen voraus (Z. ■ und ■).
Aus der Vorurkunde ist aber außer der Dispositio auch die Korroboratio
entnommen, womit schon eine der von Oppermann
a.a.O. zitierten “Diktatproben” (daneben noch Arenga und Datierung)
für das Diktat des Kanzleinotars entfällt. Hinsichtlich der Arenga
äußert sich Niermeyer, Onderzoekingen 87f. bei Behandlung des D.276 nur ganz beiläufig,
indem er die dort wie hier begegnende Verwendung eines Zitates aus Lc.
2,52 (s. Anm. 1) als einzigen, aber u.E. nichtssagenden Hinweis auf
angebliches “Kanzleidiktat” wertet.
Die von Oppermann
dem Notar zugewiesene Datierung weist vollends in eine ganz andere
Richtung: Ihre dem Notar absolut fremde Opulenz ist allen während
Heinrichs Lütticher Aufenthalt von Mai/Juni ausgestellten Urkunden,
den DD.236–238, ebenso gemeinsam wie dem DMa.5 vom 14. Mai, aber auch
nur hier anzutreffen; vgl. dazu auch Kölzer, Studien 221 mit Anm. 336, der allerdings nur DD.236 und 237 erwähnt.
Der Schlüssel zur Erklärung liegt darin, dass eines dieser Stücke, das
D.237 vom folgenden Tag, von Abt Berengoz von St. Maximin in Trier für
das ebenfalls unter seiner Leitung stehende Kloster Werden verfasst
ist. Die dort gebotene, dem von ihm verfassten echten D.150 für St.
Maximin entnommene und das Muster für die anderen fraglichen Stücke
abgebende Datierung ist charakterisiert durch den für Berengoz
typischen Fehler, daß er für die
anni regni die, oft fehlerhaft berechnete (hier müsste die Zahl
XXIIII lauten, s. Anm. 3), Zählung der
anni ordinationis verwendet; vgl. dazu Vorbemerkung zu D. †16 und Thiel, Beiträge ■.
Es gibt keine andere Erklärung, als dass Berengoz, der für die
persönliche Impetration des D.237 in Utrecht weilte, auch für die
Datierung der anderen Diplome verantwortlich ist; sogar Notar Heinrich
ließ sich, allerdings nur für dieses eine Mal, für das von ihm
geschriebene D.238 von der Berengoz-Datierung beeinflussen, jedoch mit
wiederum für Heinrich charakteristischen Änderungen; da diese
Eingriffe in den Datierungen unseres D.236 ebenso wie in DMa.5
unterblieben, ist auch daraus ein Indiz gegen eine Beteiligung des
Notars am Diktat zu entnehmen.
Berengoz war nun sicher nicht selbst der Diktator von D.236, das man
vielmehr einem Utrechter Notar wird zusprechen müssen, von dem
Berengoz lediglich konsultiert worden wäre – falls ihm der eitle Mann
nicht sogar seinen Rat aufgedrängt hatte.
Am ehesten auf diesen Notar dürfte dann auch das Diktat des DMa.5
zurückgehen, das mit D.236, außer gleichem Wortlaut für die
Datumzeile, auch in der Korroboratio drei gemeinsame Formulierungen
aufweist, die in D.236 Änderungen gegenüber seiner VU. darstellten:
deren abweichende Eröffnung (s. Anm. m’), die Verwendung von
rata (s. Anm. o’) und vor allem den Ersatz des
sigilli nostri impressione durch
sigillo nostro (s. Anm. q’), eine Änderung, die dem Kanzleinotar, dessen eigenes
Diktat der Formulierung der Vorurkunde entsprochen hätte, nie in den
Sinn gekommen wäre.
Nachdem schließlich die Adaptation des Schemas der Berengoz-Datierung
hier bis in die letzten Einzelheiten dem DMa.5 entspricht, was nur
durch einen einheitlichen Diktator – ob nun den Empfängernotar oder
Berengoz selbst – erklärlich ist, hielten wir uns für berechtigt,
diesen Befund durch Petitsatz zu kennzeichnen, wobei wir zur Abhebung
von der mit Randziffer I bezeichneten VU. für DMa.5 die Randziffer II
verwenden.
Den historischen Hintergrund für das Vorgehen gegen den Grafen Wilhelm
bildete eine
seditio, zu der es während des mehr als einen halben Monat dauernden
Aufenthaltes des Hofes in Utrecht, wo Heinrich das auf den 14. Mai
fallende Pfingsfest (s. DMa.5) gefeiert hatte, aus unbekannten Gründen
gekommen war. Zu den Vorgängen vgl. Meyer von Knonau, Jahrb. 7,193f. mit Anm. 5 u. 6 und Stüllein, Itinerar 93f. mit Quellenbelegen, ferner Oppermann
in Westd. Zs. 27,204f. und Struick
in Jaarboek Oud Utrecht 1972, 18ff. – Als Parteien nennt Ekkehard
(rec. IV, ed. Schmale-Ott
360f.), der das Ereignis fälschlich zu Weihnachten 1122 stellt,
einerseits
aulici (Ann. Patherbrunn., ed. Scheffer-Boichorst
140:
imperatoris amici) andererseits
episcopi ministeriales.
Als für die
machinatio Verantwortlichen machen die Paderborner Annalen lediglich einen auf
kaiserlicher Seite stehenden
Gisilbertus namhaft. Scheffer-Boichorst
a.a.O. 141 Anm. 1 und Meyer von Knonau
a.a.O. 193 Anm. 5 denken dabei an Personengleichheit mit dem später,
nach den Annalen im Jahre 1127, von Lothar III. als notorischer
Bischofsfeind hingerichteten
nefarius homo Gisilbertus (B.-Petke
Reg. 181, der die Nachricht zu 1129 einordnet, äußert sich nicht zu
Identität; für die Annahme Scheffer-Boichorsts, es handle sich möglicherweise um den in D.238 genannten
Giselbertus eodem tempore villicus factus zu Muiden, gibt es keine Anhaltspunkte).
In den Augen Heinrichs hingegen war nach Aussage unseres D. der in den
Quellen in diesem Zusammenhang sonst nicht genannte Graf Wilhelm wohl
der maßgebende Mann auf bischöflicher Seite, der deshalb mit
Amtsentzug bestraft wurde, während B. Godebald selbst, der nach
Ekkehard als
maiestatis reus in kaiserliche Haft genommen worden war, schon bald gegen Zahlung
einer
magna pecunię summa freikam und in D.238 vom 2. Juni wieder als Spitzenzeuge auftreten
konnte. – Zur genealogischen Zuordnung des seit 1108 belegten Grafen
Wilhelm (de Goe/de Upgoye/uten Goye) und seinen (bischöflichen) Ämtern
vgl. Maris, Van voogdij tot maarschalkambt 24f., 42f., 57 u. 65; nach ihr war er
zugleich Stadtgraf von Utrecht, Graf von Ijssel und Lek und
bischöflicher (Unter-)Vogt im Gebiet der Grafschaft, zu unterscheiden
von dem gleichnamigen Hochvogt, mit dem zusammen er die Liste der Laienzeugen einer Urkunde B. Burchards von 1108 eröffnet (Muller-Bouman
258 no
278:
Wilhelmus advocatus, Wilhelmus comes).
Korroboratio und Eschatokoll des D.236 dienten der Urkunde Mathildes
für das Stift St. Martin von 1125 Mai 26 (DMa.6 = NU.) als Vorurkunde.
– D.236 lieferte überdies in seiner im Matthaeus-Druck gebotenen Gestalt die Vorlage für das Textgerüst eines der
beiden von Bodmann auf den Namen Heinrichs V. gefälschten Diplome für
das Kloster Johannisberg (vgl. Anhang no
6).