Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde

Abbildungsverzeichnis der europäischen Kaiser- und Königsurkunden

<<229.>>

Heinrich schenkt der bischöflichen Kirche zu Bamberg die Abtei Vitzenburg.

Regensburg, 1121 März 25.

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Original (ca. 37,5/39 b : 53/53,5 h) im Staatsarchiv zu Bamberg (A); Rückvermerk des 12. Jh.: De Uizinburch, quod modo dicitur Reginsdorf, wenig später wurde Testam[en]t(um) vorgeschaltet; 15. Jh.: Donacio abacie Viczinburch, quod [!] modo dicitur Reginstof [!], situm in fluvio Vnstrot, per Heinr. secundum (letzteres später durchstrichen und durch übergeschriebenes 49 ersetzt).

Druck aus A: Schultes, Hist. Schriften 1,350 no 24. – Mon. Boica 29.1,240 no 445.

Reg.: Ussermann, Germ. sacra 3,71. – Schultes, Dir. dipl. 1,262 no 51. – Raumer, Reg. Brandenburg. 1,136 no 771. – Meiller, Reg. Babenberg 14 no 18. – Schweitzer, UB Michelsberg 9. – Reitzenstein, Reg. Orlamuende 29. – Gradl, Mon. Egrana 1,12 no 33. – Doeberl, Reg. u. Urk. d. Dipoldinger Markgr. 5 no 15. – Dobenecker, Reg. Thur. 1,242 no 1157. – Jaksch, Mon. duc. Carinthiae 228 no 565. – Böhmer Reg. 2071. – Stumpf Reg. 3168.

Das mit unbeschädigtem und offensichtlich einwandfrei befestigten Siegel versehene Original weist einige auffallende äußere Merkmale auf, die sich einer eindeutigen Bewertung entziehen. Neben der Stellung des Monogramms (s. Anm. q’) und der Auseinanderreißung des Wortes archicancellarii (s. Anm. s’) ist es vor allem die Tatsache, dass das Blatt zwar nach der Datumzeile einen ca. 9 cm hohen, freien unteren Rand aufweist, die elongierte 1. Zeile jedoch hart an den oberen Rand stößt; das Fehlen eines sicher ursprünglich vorhandenen Blattrandes erklärt sich rein äußerlich daraus, dass er nachträglich wegen einer hier befindlichen Beschriftung weggeschnitten wurde (s. auch Anm. a), von der noch einige von oben hereinragende Schriftspuren (vor dem In, über dem r und dem s von Heinricus, über dem d von divina sowie über dem m und dem ersten r von imperator), offenbar Buchstaben-Basen oder -Unterlängen, zeugen; vgl. dazu weiter unten.

Bresslau in MIÖG 6,113 hatte D.229 noch zu den von Notar Heinrich geschriebenen Diplomen gezählt. Diese Zuweisung wurde von Hausmann, Reichskanzlei 76 zu Recht verworfen, der die Schrift einer Empfängerhand zuwies, welche die Schrift des Notars Heinrich nur nachgeahmt habe. Für einen bischöflichen Notar als Schreiber spricht schon die alleinige Hervorhebung des Bamberger Patrons Petrus und des Namens B. Ottos bei seinem zweimaligen Vorkommen durch Majuskel-Schreibung (diese außerdem nur noch in der Datierung für aprilis, s. Anm. s; zu weiterer Verwendung von Majuskeln an unangebrachter Stelle vgl. Anm. o’); in der ganz unzulänglichen Arbeit Zieglers über die bischöfliche Kanzlei in AfD 27/28 sucht man freilich vergeblich eine Erwähnung des D.229.

Die zwar recht unvollkommen gelungene Nachahmung des Schriftvorbildes des Notars Heinrich durch den Schreiber, der mit der Diplomschrift gänzlich unvertraut war – deshalb für den relativ kurzen Text einen zweimaligen Neuansatz (s. Anm. r und p’) und zahlreiche Korrekturen benötigte (s. Anm. c, e, k, v, f’, g’) –, ist dennoch evident: Dies gilt, außer für die Schrift insgesamt (vgl. etwa die für den Notar typische verschleifte Unterlänge des g), z.B. für die in Verbindung mit Ober- und Unterlängen verwendete Form des dipl. Kürzungszeichens in Gestalt einer liegenden 8 (hier überwiegend mit dem Notar fremden beiderseitigen Schwänzchen) sowie für die Art der Verschleifungen an Ober- und Unterlängen.

Doch zeigen sich gerade bei letzteren gravierende Unterschiede; während sie bei Notar Heinrich in Form einer Zackenlinie erfolgten, sind es hier überwiegend wohlgerundete Wellenlinien; außerdem kannte der Notar diese Verschleifungen an Oberlängen nur bei f und langem s, während der Schreiber, nachdem er zunächst diesem Vorbild gefolgt war, ab der 4. Zeile zunehmend, aber ganz unsystematisch, die Verschleifung – oft nur in rudimentärer Gestalt einiger weniger Schleifen in der Mitte der Oberlängen – auch bei den Oberlängen von l, b, d und h bietet (vgl. Anm. t, w, x und k’). Die bei dem Notar auf die Unterlänge des r beschränkte Verschleifung wurde einerseits von dem Schreiber rasch fast vollständig aufgegeben (s. Anm. g), andererseits aber ganz vereinzelt auch auf das p (nicht das q) ausgedehnt (s. Anm. f).

Völlig fremd war dem Schreiber der Gebrauch des dipl. Kürzungszeichens, vgl. Anm. p; dies hat zudem dort, wo er es verwendete, vielfach nur geringe Ähnlichkeit mit demjenigen des Notars, ist ab der 4. Zeile auch überwiegend durch die von diesem ausschließlich bei Oberlängen verwendete liegende 8 (s. oben) ersetzt. – Allergrößte Schwierigkeiten hatte dem Schreiber überdies wohl die Nachahmung der Elongata der 1. Zeile bereitet; zu u vgl. Anm. b und d; das in der Elongata des Notars gebotene s in Gestalt eines gestreckten Majuskel-S hat hier, durch Vernachlässigung des unteren Bogens, eher die Gestalt eines langen s. Insbesondere aber scheint uns die plausibelste Erklärung für die nachträgliche Beschneidung des oberen Randes zu sein (s. oben), dass dort der Schreiber schon einmal, in einem von ihm selbst für misslungen angesehenen ersten Versuch, die Elongatazeile zu Pergament gebracht hatte; sicher auszuschließen ist die Erklärung, dass es sich bei dem weggeschnittenen Text um die – gelegentlich anzutreffende – spätere Transkription der Elongatazeile in Normalschrift gehandelt hätte. – Gänzlich kanzleifremd ist schließlich, dass der Schreiber die Korroboratio mit neuer Zeile beginnt (s. Anm. m’).

Vor der Frage nach dem konkreten Schriftvorbild ist kurz auf das Diktat einzugehen. Hausmann a.a.O. 73 no 5 spricht dieses uneingeschränkt dem Notar Heinrich zu. Dies gilt zunächst, außer für das Protokoll, für die Arenga und wohl auch noch den Anfang der Publikatio, wofür der Notar das seinem Formularbehelf einverleibte DH.V.145 für Otto von Wittelsbach von 1115 (= VL.I) benützte, vgl. dortige Vorbemerkung sowie Hirsch in MÖIG 41,82ff. und Hausmann in MIÖG 58,77 Formel 18b. Dem Diktat des Notars entspricht sodann der ganze auf die Dispositio folgende Schluss ab der Zeugeneinleitungsformel (zu dieser vgl. z.B. DD.223 u. 224). – Ungeschicklichkeiten im Eschatokoll sind offenbar dem nachlässig arbeitenden Schreiber von D.229 anzulasten: Dazu zählt die Schluss-Stellung des Adalberti in der Rekognitionszeile; in der Vorlage hat der Name, wie in den meisten der etwa gleichzeitigen Diplome des Notars (s. DD.224, 225, 233, 238, s. auch D.223), vielleicht überhaupt gefehlt, während er bei Angabe des Namens diesen vor dem Erzkanzlertitel plazierte (s. DD.232, †234; vgl. auch das älteste von ihm verfasste D.219). In der im Aufbau mit dem Stil des Notars übereinstimmenden Datierung ist die Angabe der 13. statt der richtigen 14. Indiktion (s. Anm. 2) eine Fortschreibung des gleichen Fehlers in D.224, während der Schreiber wiederum für die Voranstellung der Ziffer des Inkarnationsjahres (s. dazu Anm. u’) und die wohl seiner privaturkundlichen Praxis entlehnte zusätzliche Festangabe verantwortlich zu machen sein dürfte. Die Abfassung der Dispositio hingegen hatte der Notar anscheinend dem Empfängerschreiber überlassen: Die Pertinenzliste ist nämlich aus dem DO.III.68 von 991 Jan. 19 (= VU.II) für das Nonnenkloster Vitzenburg übernommen, dessen im Archiv des Hochstifts Bamberg überliefertes Original zweifellos anlässlich der Regensburger Rechtshandlung ausgehändigt wurde; und die Korrektur von Anm. g’ legt nun die Vermutung nahe, dass der Empfängerschreiber bei der Abfassung seines eigenen Entwurfes dieses Original vor Augen gehabt hatte. – Geht man von der kaum bezweifelbaren Annahme aus, dass die Notare für ihre Konzepte grundsätzlich keine Diplomschrift verwendeten, was im vorliegenden Fall erst recht gelten muss, in dem der Notar ja evtl. nur ein Rahmenkonzept lieferte, ist das Konzept von D.229 von vornherein als Schriftvorbild auszuschließen. Es ist aber angesichts des einfachen Inhalts von D.229 schlechterdings auch nicht vorstellbar, dass eine vom Notar besorgte erste Reinschrift beanstandet worden wäre und dass der Empfängerschreiber, dem die Reskribierung überlassen worden wäre, sich der verworfenen ersten Reinschrift als Muster bedient hätte.

Es drängt sich somit die Annahme auf, dass dem Schreiber ein von Notar Heinrich in Regensburg geschriebenes Deperditum für einen unbekannten anderen Empfänger zur Verfügung stand. Man kann sich sogar ein Bild vom Aussehen des Eschatokolls dieser verloren Vorlage machen: Offenbar war dort – wie z.B. in DD.224 und 247 – das Monogramm so plaziert, dass es außer der Signumzeile auch die Rekognitionszeile teilte; dies hätte den Schreiber zur Zerreißung des archicancellarii veranlasst haben können (s. oben), ehe er bemerkte, dass wegen der höheren Plazierung des von ihm – aus nicht recht erklärbaren Gründen – schon vorweg eingezeichneten Monogramms die vorgenommene Aussparung sinnlos war, weshalb er es auch sofort korrigierte (s. Anm. s’).

Das ehemalige Nonnenkloster zu Vitzenburg, das vor 1121 unter Mitwirkung B. Ottos in ein hirsauisch geprägtes Männerkloster umgewandelt und nach 1121 in das benachbarte Reinsdorf (vgl. die Rückvermerke) verlegt wurde, war vermutlich aus der Konfiskationsmasse Wiprechts von Groitzsch (dessen Mutter Sigena war im Kloster bestattet) an Heinrich gelangt, vgl. dazu Meyer von Knonau, Jahrb. 7,168 mit Anm. 3, v. Guttenberg, Bistum Bamberg 1,130 und Fenske, Adelsopposition 270ff., s. auch Dobenecker a.a.O. und 224 no 1056.

Wegen des Handlungsortes handelt es sich bei den unter lauter Zeugen aus dem bayerisch-österreichischen Raum genannten Adalbertus comes und Fridiricus advocatus um den Grafen Adalbert I.(II.) von Windberg(-Bogen) († 1146) und den mit diesem verwandten Friedrich III.(IV.) aus dem Hause der Domvögte von Regensburg († 1148), während Hörger in AfU 9,251 letzteren mit einem sonst nicht bekannten Klostervogt identifizieren möchte; zur Verwandtschaft der Grafen und der Domvögte vgl. Tyroller, Genealogie Taf. 17 und zuletzt Mohr, Trad. des Kl. Oberalteich 110*ff.

Stumpf Reg. 3169 bezieht sich auf die Urkunde der religiosa femina Azala (Tochter Kunos III. von Pfrungen, Nonne in Petershausen) von 1121 April 29 über eine Schenkung an das nö. vor den Toren von Konstanz gelegene Kl. Petershausen (lib. IV c. 9 der Mitte des 12. Jh. verfassten Casus monasterii Petrishusensis, MGH SS 20,662; Wirtemberg. UB 1,346 no 274; Feger in Schwäb. Chroniken der Stauferzeit 3,180; Reg.: Ladewig-Müller, Constanzer Reg. 1,87 no 712; Krebs in ZGO 87,489 no 10) mit folgender Datierung: Hęc autem traditio facta est apud Constantiam anno dominicę incarnationis MCXXI, indictione XIIII, mense aprili, die XXVIIII. eiusdem mensis, hoc est III. kalendas maii, feria VI, regnante Heinrico imperatore iuniore, filio Heinrici senioris, qui et ipse eodem tempore una cum regina Constantię erat, in cuius etiam presentia hęc sunt gesta coram multis testibus; eo tempore Romanam ecclesiam Callistus, qui et Gvido, Constantiensem vero Ǒdalricus tenebant. – Zuvor hatte Heinrich am 25. April die Reichenau aufgesucht, vgl. ebenda c. 7: De Heinrico imperatore. Eo anno imperator venit Augiam ibique festum sancti Marci [25. April] egit, indeque Constantiam venit ipse et regina, regis Anglorum filia. Set nullus clericorum fere ibi stetit, quoniam episcopus discessit et aliis interdixit pro eo, quia iam a Calisto papa dampnatus fuit. Nec ipse imperator propter hoc ira movebatur nec ad monasterium Domus Petri [Petershausen] accessit, set nec ipse nec aliquis suorum cuiquam molestiam intulit. – Vgl. Meyer von Knonau, Jahrb. 7,169 mit Anm. 4; Stüllein, Itinerar 87, der annimmt, dass Heinrich auf dem Wege an den Bodensee in Augsburg bei seinem treuen Anhänger B. Hermann Station gemacht hatte, wo er womöglich auch das Osterfest (10. April) feierte. – Die hier angesprochene Entfremdung B. Ulrichs I. von Konstanz, der 1111 von Heinrich die Investitur erhalten hatte und deshalb erst 1118 nach Paschals II. Tod geweiht worden war, spiegelt sich darin, dass er nach seiner Teilnahme am 2. Italienzug (letzte Nennung in D.198) bis zu seiner Mitwirkung am Wormser Konkordat (s. D.240) nicht mehr am Hof begegnet, danach nur noch in den Straßburger Diplomen der Jahreswende 1124/25 (DD.270, 273–275).

(C.) In nomine sanctę et individuę trinitatis. Heinricus divina favente clementia quartus Romanorum imperator augustus. Si ecclesias deo dicatas amplificare et sublimare intendimus, antecessorum nostrorum regum ac imperatorum morem exequimur et tranquilliori statu cursum presentis vitę peragere poterimus. Omnibus igitur Christi nostrique fidelibus tam presentibus quam futuris notum esse volumus, qualiter nos pro remedio animę nostrę et beatę memorię patris nostri et pro fideli servitio Ottonis sanctę Babenbergensis ęcclesię episcopi abbatiam nomine Vicinpǒrch iuxta fluvium Unstrǒt sitam ad altare sancti Petri Babenbergensis ęcclesię regia liberalitate contradidimus. Hoc autem fecimus cum omnibus mobilibus et immobilibus ad predictum locum pertinentibus, servis et ancillis, areis, ędificiis, terris, cultis et incultis, pratis, pascuis, silvis, venationibus, aquis aquarumve decursibus, molendinis, viis et inviis, exitibus et reditibus, quesitis et acquirendis. Huic autem nostrę traditioni hos adhibuimus testes: Heinricum ducem Bauuariorum, Lǒipoldum marchionem, Deibaldum marchionem, Engilbertum marchionem, Beringarium comitem, Adalbertum comitem, Ottonem Ratisponensem comitem, Ottonem palatinum comitem, Fridiricum advocatum.

Et ut hec traditio nostra stabilis et inconvulsa omni permaneat ęvo, hanc inde precepti nostri paginam scribi et sigilli nostri inpressione iussimus insigniri.

Signum Heinrici quarti Romanorum imperatoris (M.9.) invictissimi. (SI.4.)

Brǒno cancellarius recognovi vice archicancellarii Adalberti.

Data Ratispone MCXXI. dominicę incarnationis anno, indictione XIIIma, octava kl. aprilis, in annunt(iatione) dominica.