Original (ca. 45/45,5 b : 58/59 h) im Staatsarchiv zu Würzburg (A);
Rückvermerk des 12. Jh.:
De dignitate iudiciaria in tota orientali Francia, darunter (fast ganz abgerieben:):
Anno MCXX; 13. Jh.:
C.C.C.XLIII.
Drucke: Meichsner, Decis. cam. imp. 4,138 decis. 10 no
7 Auszug. – Leuckfeld, Ant. Poeldenses 253 no
2 = Lünig, Reichsarchiv 7,325 no
173. – Ludolf, Symphorem. consult. et decis. 2,515 no
3. – (Wölkern), Singularia Norimberg. 369 Anm. u aus Leuckfeld. – Aus unbekanntem Vidimus: (Schneidt), Demonstratio hist.-dipl. 73 no
1. – Aus A: Schneidt, Thes. Jur. Franconici 1,397 no
1. – Jäger, Gesch. Frankenlands 2,238. – Aus A: Mon. Boica 29.1,238 no
444. – Bresslau, Diplomata centum 102 no
71 = Bulst-Ernst, Texte 2,123 no
18.
Reg.: Georgisch, Reg. chronol.- dipl. 1,511 no
11. – Lang, Reg. Boica 1,119. – Ders., Reg. circ. Rezat. 1,38. – Mon. Boica 37,39 no
77. – Heidingsfelder, Eichstätter Reg. 100 no
306. – Zoepfl-Volkert, Augsburger Reg. 1,259 no
434. – BÖHMER Reg. 2068. – Stumpf
Reg. 3164.
Hausmann, Reichskanzlei 73 no
4 weist Schrift und Diktat des D.225 dem Notar Heinrich zu, was
jedoch nicht uneingeschränkt zutrifft. – Jedenfalls stammt die
Vervollständigung der vom Notar begonnenen Datumzeile (s. Anm. x’) von
anderer Hand, wahrscheinlich einem bischöflichen Schreiber, der sich
jedoch mangels Vergleichsmaterials aus der Zeit B. Erlungs nach dem
Jahre 1113 (vgl. Johanek, Frühzeit der Siegelurk. im Bistum Würzburg 313f.) nicht ermitteln
lässt; auf ihn geht sicher auch die der Reichskanzlei fremde
Tagesangabe nach dem kirchlichen Festkalender (s.a. D.229) zurück.
Ob die Fortsetzung der Datierung ebenfalls von Empfängerseite
formuliert wurde, ist unklar (Johanek
äußert sich nicht zum Datierungsusus der Würzburger bischöflichen
Kanzlei); ihre Formulierung könnte aber auch vom Notar vorgegeben
gewesen sein, dessen nur allmählich sich verfestigenden Praxis die
Reduktion der Jahreskennzahlen auf Inkarnationsjahr und Indiktion
entspricht. Der Notar wäre dann auch verantwortlich für die Angabe der
falschen 12. statt der 13. Indiktion (s. Anm. 2): Es könnte sich um
die gedankenlose Beibehaltung der (damals richtigen) 12. Indiktion aus
dem von ihm verfassten D.223 (1119 Nov. 21) handeln; immerhin bietet
er, womöglich als bloße Fortschreibung des Fehlers von D.225, auch in
D.229 (1121 März 25) eine gleichfalls um 1 Einheit zu niedrige
Indiktion, ehe er dann in der 1. Jahreshälfte 1122 diesen Fehler
berichtigt und ab D.232 die richtige Indiktion einsetzt. – Ob aus der
nachträglichen Ergänzung der Datumzeile auf uneinheitliche Datierung
zu schließen ist, wagen wir trotz des äußeren Eindrucks nicht mit
letzter Sicherheit zu entscheiden. – Dem Diktat des Notars Heinrich
entspricht, neben der Eröffnung mit
Data Wirzeburch (vgl. z.B. DD.224, 229), noch insbesondere der Verzicht auf die
herkömmliche Datierungsaufteilung in
Data (mit folgenden Datierungselementen) und
actum (mit folgender Ortsangabe), wodurch ein mögliches – und häufig
gegebenes – zeitliches Auseinanderklaffen von Handlung und Beurkundung
verdeckt wird.
Damit bleibt auch in unserem Fall ungewiss, ob alle Elemente der
Datierung (Ort und Daten) zugleich auf Handlung und Ausfertigung (wohl
beide in Würzburg erfolgt) zu beziehen sind. Schließlich kann sogar
nicht ausgeschlossen werden, dass die Handlung schon – irgendwann – im
Jahre 1119 erfolgt war, wodurch sich am leichtesten die auffällige
ursprüngliche Verschreibung der Jahreszahl (s. Anm. z’) erklären
würde; da die Korrektur der Jahreszahl zwar offenbar sogleich, aber
erst nach der Niederschrift der Fortsetzung erfolgte, ist die
Tagesangabe zusammen mit der korrigierten Jahreszahl 1120 wohl auf den
Termin der Ausfertigung zu beziehen. – Die Verlegung der Handlung in
das Jahr 1119 hätte erhebliche Konsequenzen für die Frage, wann es zu
einer Aussöhnung zwischen Heinrich und B. Erlung gekommen ist (vgl.
unten); man muss jedoch gestehen, dass wie so oft auch in unserem Fall
die diplomatische Methode an ihre Grenzen stößt.
Dem Notar ist vermutlich noch das Diktat vor allem der formelhaften
Partien zuzusprechen. Dies gilt, zumindest vermutungsweise, für die
Erweiterung der Arenga gegenüber den Vorurkunden (s. unten), mit
Sicherheit für die Unterfertigungszeilen; zu identischer
Rekognitionszeile vgl. DD.224, 233, 238 u. † 301; auch die Weglassung
des früher selbstverständlichen
domni vor
Heinrici in der Signumzeile wird bei Notar Heinrich allmählich zur ständigen
Regel. In der Korroboratio, die auch sonst von Standardformulierungen abweicht, fällt der ganz ungewöhnliche Abschluss mit
subscripsimus auf; da dies immerhin, wenn auch in relativ großem zeitlichen Abstand,
nochmals in den von dem Notar verfassten DD.267 u. 268 begegnet,
dürfte auch hier Diktat des Notars vorliegen.
Es fehlen jedoch hinlängliche Anhaltspunkte dafür, den diktatmäßigen
Anteil des Notars im übrigen Kontext zu ermitteln und von dem des
Empfängers zu scheiden (zum Versuch in einzelnen Punkten vgl. weiter
unten). Es muss jedenfalls die Existenz eines Empfängerentwurfs
angenommen werden, in dem ältere Würzburger Diplome als Vorlagen
verwendet waren, nämlich die DDH.II.37 und 38 von 1003 (= VUU.I u. II)
und das diese zusammenfassend bestätigende DKo.II.37 von 1025 (=
VU.III); wo die Lesungen der drei – weitgehend gleichlautenden – Texte
übereinstimmen, ist in den Anmerkungen die zusammenfassende Sigle VUU.
verwendet, im übrigen haben wir die Abhängigkeiten lediglich durch
Petitsatz gekennzeichnet, ohne am Rand eine bestimmte VU.-Ziffer
auszuwerfen.
Da es sich bei den Vorkunden um einfache Besitzbestätigungen handelt,
die auf keinen Fall zur Erwirkung des D.225 der Kanzlei vorzulegen
waren, kann ihre Verwertung nur in der bischöflichen Kanzlei erfolgt
sein. Aus dem Faktum, dass man auf diese inhaltlich denkbar
ungeeigneten Texte als Vorurkunden zurückgreifen musste, ergibt sich
übrigens der – durch die Überlieferung gedeckte – Schluss, dass es
trotz der mehrfachen Berufung auf
predecessores kein älteres verlorenes Diplom über die Verleihung der
dignitas iudiciaria/iudiciaria potestas an den Würzburger Bischof gegeben hat, erst recht nicht über die
“unveränderten”
termini a predecessoribus nostris ei prefiniti; ganz auffällig erscheint in diesem Zusammenhang auch die offenbar
bewusste Vermeidung der durch die Vorurkunden eigentlich naheliegenden
Begriffe
scripta bzw.
praecepta (s. Anm. n’ und q’) und deren Ersatz durch das unverfängliche
tradicio (Z. ■).
Nur minimalste Anklänge an unser D. finden sich, trotz der
thematischen Nähe, in dem DF.I.546 von 1168 Juli 10 (= NU.I; s. Anm. w
und y; unsicher Anm. m’); vgl. zu diesem außer der dortigen
Vorbemerkung Koch, Reichskanzlei 117ff. und die jüngste eingehende Untersuchung von Herde
in Jahrb. f. fränk. Landesforsch. 56,149ff.); Kochs Behauptung (a.a.O. 119) des Bestehens von Anklängen auch in der
dortigen Arenga an D.225 trifft nicht zu.
D.225 ist das “erste offizielle Schriftstück” (so Herde
a.a.O. 150) in der vieldiskutierten Frage der seit dem 11. Jh.
bestehenden “quasi-herzoglichen” Stellung des Bischofs von Würzburg
(vgl. Auswahl der wichtigsten Literatur bei Herde
a.a.O. 149f. Anm. 3), von der vorher nur wenige chronikalische
Quellen zu berichten wissen (vgl. Herde
a.a.O. 150 mit Anm. 5–7). – Die in D.225 äußerst zurückhaltende und
unpräzise Formulierung
nostris temporibus über Würzburgs zeitweiligen Verlust seiner
dignitas iudiciaria, die Heinrich als den Urheber des
alienata verschweigt, war nach dem Bericht der Chronik Ekkehards (rec. III, ed. Schmale-Ott
316 Z. 25ff.) eine Folge von B. Erlungs Wechsel zur antikaiserlichen
Partei zu Beginn des Jahres 1116 (vgl. Meyer von Knonau, Jahrb. 6,360 und D.185 Anm. 2):
Qua etiam commotione succensus imperator ducatum
orientalis Francię, qui Wirziburgensi episcopio antiqua regum
successione [statt
concessione?] competebat, Chuonrado sororis suę filio [= der spätere Konrad III.] commisit …; falls der erst wieder in DF.I.546 – sehr zurückhaltend (vgl. Herde
a.a.O. 168f.) – aufgegriffene Terminus
ducatus auch im Empfängerentwurf des D.225 enthalten gewesen sein sollte,
wurde er vermutlich bei dessen Überarbeitung durch den Notar
eliminiert (Herde
a.a.O. 158 deutet D.225 so, dass Heinrich dem Bischof den
Herzogstitel verweigert habe, s.a. 164).
Die durch D.225 beurkundete Restitution setzt jedenfalls eine
Aussöhnung mit B. Erlung voraus, der in seinen letzten Lebensjahren (†
1121 Dez. 28 oder 30) öffentlich nicht mehr hervorgetreten war (vgl. Wendehorst, Bistum Würzburg 1,130 u. 131). – Auf Erlungs Einflussnahme dürfte es
übrigens zurückzuführen sein, dass die Gerichtsgewalt
in tota orientali Francia bestätigt wurde, worin eine unausgesprochene Spitze gegen Bamberg
vermutet werden darf, das ja in Ostfranken lag und vom ursprünglichen
Sprengel Würzburgs abgetrennt worden war, so wie später vermutlich
umgekehrt B. Eberhard II. von Bamberg dafür sorgte, dass in dem
DF.I.546 durch die dortige Gleichsetzung des
ducatus mit dem Gebiet des
ępiscopatus Würzburg die Ausdehnung der herzoglichen Gewalt des
episcopus dux von Würzburg auf Bamberg verhindert wurde (vgl. Herde
a.a.O. 165ff.). – Während bei dem
in tota … Francia der Empfängereinfluss offensichtlich sein dürfte, ist schließlich in
Betracht zu ziehen, dass auch obige Formulierung mit
nostris temporibus im Empfängerentwurf gestanden hat und von Erlung mit Rücksicht auf
Heinrich so vage formuliert war; genauso gut könnte es sich aber auch
um das Ergebnis eines Eingriffs des Notars handeln.