Original (ca. 45/46 b : 58,5 h) im Hauptstaatsarchiv zu Hannover (A).
Drucke: Heineccius, Antiqu. Goslar. 116 unvollständig und verfälscht, mit der Jahreszahl
MCXIX = Mencken, Script. rer. Germ. praecipue Saxon. 3,1011 no
6 = Schwarz, Memoria prisc. com. Leisnicens. 176 no
6. – Meiller
in Österr. Notizenblatt 2,5 aus notariellem Transsumpt des 16. Jh.
(vor 1576) zu 1099 = Posse, CD Sax. regiae 1.2,51 no
59 zu 1120. – Lüntzel, Gesch. Hildesheim 1,358f. Anm. 6 Auszug aus Copionale zu 1120. – Aus
A: Bode, UB d. Stadt Goslar 1,200 no
164. – Janicke, UB d. Hochst. Hildesheim 1,161 no
180, beide zu 1120.
Reg.: Georgisch, Reg. chronol.-dipl. 508 no
1 und 524 no
4. – Worbs, Inv. dipl. Lusat. inf. 1,27 no
66, beide zu 1119. – Raumer, Reg. Brandenburg. 1,136 no
768. – Erhard, Reg. Westf. 1,227 no
1446. – Philippi, Osnabrücker UB 1,197 no
234. – Dobenecker, Reg. Thur. 1,240 no
1147. – Vogt, Herzogtum Lothars 53 no
55. – Engel, Ravensberger Reg. 1,165 no
99. – B.-Petke
Reg. 62. – Stumpf
Reg. 3162, alle zu 1120.
Verfasst und geschrieben von Notar Heinrich, vgl. Hausmann, Reichskanzlei 73 no
3; wenn a.a.O. Anm. 2 behauptet wird, das Original sei 1943 X 8 durch
Kriegseinwirkung vernichtet worden, handelt es sich dabei
offensichtlich um eine Verwechslung mit D. † 31, für das umgekehrt
(a.a.O. 64 no
10) die Existenz des vernichteten Originals unterstellt wird.
D.224, das erste erhaltene, von Heinrichs Hand geschriebene Original
(s.a. Bresslau
in Textband zu Kaiserurk. in Abb. 87), das zugleich den ältesten
Abdruck des 2. Kaisersiegels aufweist, verrät in Diktat und äußerer
Gestaltung den noch unerfahrenen Anfänger: Im Text stören das
apostrophierende
invenies (Z. ■), die Unentschiedenheit zwischen
monasterium, cenobium und
ecclesia sowie zwischen
canonici und
clerici; die zweite Hälfte des Kontextes beanspruchen im wesentlichen zwei,
durch die Korroboratio voneinander getrennte (zur Ursache s. unten)
Listen von Namen, die beide in inadäquater Weise als
testes bezeichnet sind, obwohl die erste Liste wohl die im Text nur allgemein
erwähnten Intervenienten (principum nostrorum consilio) enthält, während die zweite die Namen der im Text avisierten
Goslarer Pächter erfasst; nicht der Norm entsprechend ist die
Einführung der Königin am Schluss der “Intervenienten”, was freilich,
auch in der Formulierung, derjenigen in D.223 entspricht, wo auch die
hier durch ihre Stellung ganz auffällige und einem Diplom fremde
Erwähnung der beiden zeitgenössischen Pröpste (s. Anm. l) eine
sachliche Parallele hat (dort vor der Korroboratio).
Optisch auffällig ist die Urkunde im Bereich des Eschatokolls,
einerseits durch das Fehlen einer Signumzeile und die Stellung der
Rekognitionszeile dicht unter dem Kontext (s. Anm. n), andererseits
sowohl durch die Form des Monogramms, dessen überhöhte Gestalt (s.
Anm. o) durch die der Gewohnheit des Notars entsprechende Belegung der
Vertikalen mit Buchstaben jeweils dicht an deren oberem und unterem
Ende einen fast grotesken Eindruck macht, als auch insbesondere durch
dessen Stellung, da es, ca. 6 cm oberhalb der Datumzeile
eingezeichnet, mit seinem oberen Ende in die letzte Kontextzeile
hineinreicht (s. Anm. m).
Dieses Erscheinungsbild ist freilich durch die Genese erklärbar: Die
Niederschrift hatte zunächst mit dem die 12. Zeile eröffnenden
iussimus insigniri geendet, womit das Monogramm, mit einem Abstand von ca. 8 cm zur
vollgeschriebenen 11. bzw. von ca. 5,5 cm zur Grundlinie der 12.
Zeile, fast symmetrisch in der freien Fläche gestanden hatte; dann
scheint dem Notar erst eingefallen zu sein, dass die im Text
angekündigten Namen der Goslarer Pächter (s. oben) fehlten, mit denen
er dann die 12. und 13. Zeile füllte (s. Anm. h), womit das Monogramm
bis auf einen einfachen Zeilenabstand an den Kontext herangerückt war;
in neuem Ansatz kamen dann in der – in Höhe des Kopfes des Monogramms
verlaufenden – 14. Zeile die Namen der beiden Pröpste hinzu (s. Anm.
l), wodurch der Abstand der darunterstehenden, schon zuvor
eingetragenen Rekognitionszeile mit ca. 2,5 cm sogar unter den
normalen Zeilenabstand von ca. 2,8–3 cm sank. Entweder wollte der
Notar jetzt die fehlende Signumzeile nicht rangwidrig unter die
Rekognitionszeile setzen, oder er hat sie einfach vergessen.
Für letzteres spricht die nur aus einer großen Konfusion des Notars
erklärliche und trotz Verbesserung im Ergebnis falsche Schreibung der
Jahreszahl in der Datierung (s. Anm. s; vgl. Dahlhaus
in Die Salier u. das Reich 2,397 mit Anm. 201, ebenda 398 zur Bedeutung des sich aus
der falschen Jahreszahl 1099 ergebenden Bezugs auf Heinrich IV. in der
klösterlichen Tradition, letzteres von Ehlers
in Nieders. Jahrb. 70,153 als “nicht ohne weiteres möglich”
bewertet); dass vom Notar mit dem “1099” wirklich 1119, nicht etwa
wegen falscher Zählung der
I-Striche 1120 gemeint war, ergibt sich eindeutig aus dem
Ordinalzahl-Exponenten
no (für
nono), und ebenso eindeutig ist die intendierte Jahreszahl 1119 ein
Rechenfehler des Notars, der nicht mit einem Hinweis auf einen
(kanzleifremden) Jahreswechsel nach dem Annuntiationsstil erst am 25.
März (so Erhard, Janicke, Philippi, Engel) geheilt werden kann.
Die richtige Jahreszahl 1120 ergibt sich aus den Namen der
“Intervenienten”, die großenteils Teilnehmer der nach der Feier des
Weihnachtsfestes 1119 in Münster zu einem Friedensgespräch für den
Januar 1120 nach Goslar einberufenen Reichsversammlung waren, darunter
mit Herzog Lothar, (Mark-)Graf Rudolf von Stade, Pfalzgraf Friedrich
von Sommerschenburg (aber auch EB. Friedrich I. von Köln; s. unten zu
Stumpf Reg. 3163) die ärgsten Gegner Heinrichs, während sich,
abgesehen von den kaiserlichen Gegenbischöfen von Osnabrück und
Merseburg, die hier überhaupt als einzige Bischöfe genannt sind, die
übrigen sächsischen Bischöfe, mit ihnen auch der zuständige,
antikaiserliche Diözesanbischof Berthold I. von Hildesheim
(1119–1130), von dem am 30. Oktober 1119 vom Reimser Konzil (dort
erhielt Berthold I. am 31. Okt. mit JL 6771 die päpstliche
Bestätigung) erneut gebannten Kaiser fernhielten (vgl. Meyer von Knonau, Jahrb. 7,146f.; STÜLLEIN, Itinerar 84 mit Anm. 1–3; B.-Petke
Reg. 61 u. 62). – Der Georgenberger Propst Pilgrim ist nur hier
belegt; zu dem von 1109–1144 (erstmals in D.43) belegten Propst
Egelbert/Eilbert (von St. Simon und Judas zu Goslar) vgl. Meier, Die Domkapitel zu Goslar u. Halberstadt 410 (s. auch S. 63, 181,
191, 197).
Die formalen Unzulänglichkeiten des D.224 nähren den Verdacht, dass
dem Notar auch die Darstellung des rechtlichen Sachverhalts nicht
vollkommen gelungen ist. Die Tatsache der kaiserlichen Verfügung setzt
voraus, dass es sich bei dem
Al-Wald um Reichsgut handelte; die bisherige, auf D. † 31 gestützte
Ansicht, Georgenberg sei schon seit 1108 Eigentümer des Waldes
gewesen, wird durch die Neuinterpretation von D. † 31 hinfällig. Wenn
trotzdem der
consensus der
clerici ibidem commanentes erforderlich war, müssen Rechte des Stiftes, dem ja auch durch die
Rodungsmaßnahmen nicht erstmaliger Nutzen, sondern
fructus aliquis utilior
in Aussicht gestellt wurde, bestanden haben, wobei man wohl am ehesten
an Allmendenutzung zu denken haben wird; allerdings erscheint der
schon sehr früh, nach einer zinsfreien Anlaufzeit von nur drei Jahren,
fällig werdende jährliche Zins von 5 Schilling pro Hufe sehr hoch (in
einer Urk. B. Bernhards I. von Hildesheim von ca. 1133–37, Böhmer, Acta imp. 816 no
1129 – wo allerdings nicht von
mansus, sondern wie unten 1196 von
ager die Rede ist – bleibt der
ager 6 Jahre zinsfrei und der Zins steigt dann vom 7. bis zum 10. Jahr von
2 über 4 und 8 Pfennige auf schließlich 1 Schilling), was kaum durch
die hier und wiederholt begegnende Betonung der großen Nähe zum Stift
(s. z.B. D. † 31) zu erklären ist.
Die Verfügung von 1120 muss andererseits, über die Entschädigung für
den vermuteten Allmendenutzen hinaus, die Übereignung des Waldes
eingeschlossen haben. Dafür spricht auch das Recht auf Rückforderung (repetitio) der Äcker (scil. bei unterbliebener Zinszahlung), wie es im Privileg
P. Cölestins III. von 1196 März 7 (JL 17341; Janicke
a.a.O. 1,495 no
520) mit Berufung auf eine
ordinatio Heinrichs V. und unter teilweiser Benützung unseres D. (durch
Petitsatz gekennzeichnet) enthalten ist (Schluss der – mit der
silva Al eröffneten [s. Vorbemerkung zu D. † 31] – Besitzliste:
ordinationem quoque Henrici quarti imperatoris atque bone memorie
Bertoldi Ildesemensis episcopi pro annua pensione decime ac census quinque solidorum
de agris omnibus silve, que Al
dicitur, cultis sive incultis, vel eorundem agrorum iusta repeti[ti]one, sicut sine pravitate facta
est et hactenus observata, … confirmamus). – Während hier Heinrich V. und B. Berthold I. als gemeinsam
handelnd erscheinen, erfolgte die erst nach Durchführung der Rodung
denkbare Zehntschenkung Bertholds, die hier gemeint ist, erst
anlässlich der von diesem vorgenommenen, nach Aussage der Steterburger
Annalen (MGH SS 16,204:
dedicatum est monasterium sancti Georgii) im Jahre 1128 erfolgten Klosterweihe, wie sich aus einer auf 1131
Juni 12 datierten, aber erst den frühen 50er Jahren des 12. Jh.
angehörenden Urkunde B. Bernhards I. (Janicke
a.a.O. 1,180 no
197, S. 180 Z. 36 – 181 Z. 1; vgl. D.†31) hervorgeht:
decimam quoque super agros, qui Al dicuntur, qua beatę memorię
Berchtoldus episcopus noster antecessor in consecratione monasterii
altare beati Georgii dotavit.
Aus dem zeitlich zu verstehenden abl. abs.
canonicis ibi institutis (Z. ■) ergibt sich übrigens wohl, wie Dahlhaus
a.a.O. 399 (vgl. auch Ehlers
a.a.O. 155 mit Anm. 117), der D.224 als erstes Zeugnis für die
Existenz eines Stiftes wertet, vermutet, dass die
Kanonikergemeinschaft noch nicht lange bestand; wenn der in einer
Urkunde von 1118 Nov. 13 (Bode
a.a.O. 1,200 no
163) als Kanoniker von St. Simon und Judas belegte Pilgrim (s. Meier
a.a.O. 181, ferner 63 u. 202) mit dem (ersten) Georgenberger Propst
identisch sein sollte, ergäbe sich aus dem Datum dieser Urkunde der
Terminus post quem für die Einführung der Kanoniker; in der Urkunde B.
Bernhards I. heißt es im Anschluss an die zitierte Stelle, dass die
consecratio chori erst durch ihn (1130–1153) erfolgte (S. 181 Z. 2f.:
ceteraque, quę nos pro remedio animę nostrę eidem conferentes in consecratione chori altare beatę Marię
sanctique Georgii dotavimus, scilicet …).
Zur Frage des Zeitpunktes der Ausrichtung Georgenbergs nach der
Augustinerchorherrenregel (Wendehorst-Benz
in Jahrb. f. fränk. Landesf. 50,39 nehmen dafür zu Unrecht schon das
Jahr 1108 an), womit auch diejenige nach dem Zeitpunkt der Übernahme
der Leitung des Stifts durch den Riechenberger Propst Gerhard I.
(1122–1150) zusammenhängt, vertreten Goetting
(in MIÖG 78,136 sowie Hildesheimer; Bischöfe 332) und Dahlhaus
(a.a.O. 398f.) aus unterschiedlicher Bewertung der beiden
Weihenachrichten (1128 und nach 1130) resultierende divergierende
Ansichten, zu deren Klärung D.224 nichts beitragen kann.
Petke, Grafen von Wöltingerode-Wohldenberg 258 (s.a. Graf, Niederkirchenwesen 32) vermutet als wahrscheinliche Funktion des
Eppo huius loci procurator die Verwaltung des Krongutes, “wie sie vor den Sachsenkriegen geübt
war”; er geht auch (a.a.O. 257ff.) davon aus, dass Heinrich V., mit
dem das Königtum in Goslar wieder Fuß gefasst habe, um 1105 die Vogtei
über Georgenberg “in seinem Sinne unter Ausschluß einer Mitwirkung des
(Hildesheimer) Ordinarius” den Grafen von Wöltingerode übertragen
habe, in deren Besitz diese seit 1142 nachgewiesen sind (seit damals
von ihnen an die Herren von Burgdorf als Lehen ausgetan, vgl. a.a.O.
428).
– Stumpf
Reg. 3163 bezieht sich auf die
in celebri curia et conventu Goslariae ausgestellte (actum et … confirmatum) Urkunde EB. Friedrichs von Köln für Kl. Corvey von 1120 o.T. (Knipping, Kölner Reg. 2,26 no
172).