Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde
<<218.>>

Unsicher.

Heinrich gemahnt EB. Bruno von Trier zum wiederholten Male zur (Wieder-)Einsetzung des Abtes (Berengoz) von St. Maximin in die Abtei St. Arnulf (zu Metz) und zur Beilegung des Streites des Klosters St. Maximin mit dem erzbischöflichen Ministerialen R(udolf von Merzig) um des Klosters Güter zu Lausdorn.

(1119 wohl Juli/August).

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

a. Abschrift vom Anfang des 16. Jh. in Hs. 1390/150 4o f. 120r der Stadtbibliothek zu Trier (B1). – Daraus Abschrift des 17. Jh. in Hs. 1626/401 4o p. 1555 ebenda (B2). – Abschriften des 17. Jh. in den drei Exemplaren von A. Wiltheims (1604–1684) Origines et annales, ebenda Hs. 1621/99 4o (C1; ohne Seitenzählung) und Hs. 1622/406 4o p. 757 (C2) sowie Ms. 7147 (Cod. 3794/2) f. 403v–404r der Staatsbibliothek zu Brüssel (C3).

Druck aus B2: Kraus in Jahrb. d. Ver. v. Alterthumsfreunden im Rheinlande 39/40,287.

b. Handschriftliche Überlieferung fehlt.

Drucke: Brower, Antiqu. Trevir. (1626) 724 aus “Ms.”; Brower-Masen 2 (1670),10 zu 1113 (b) = Hontheim, Hist. Trevir. 1,497 no 322 zu 1112 (h).

Reg.: Georgisch, Reg. chronol.-dipl. 1,524 no 1 (nach b) o.D. – Goerz, Mittelrhein. Reg. 1,463 no 1659 (nach a u. b) zu (1112). – Stumpf Reg. –.

B1 ist überliefert auf einem der Hs. eingebundenen, nur dreiseitig von unbekannter Hand beschrifteten Doppelblatt (f. 119/120) mit der Aufschrift (17. Jh.): Quædam de archiepiscopo Adelberone, Brunone et Egilberto, die in B2 (p. 1552) erweitert ist: ex collectaneis P. Broverii in bibliotheca Trevirensi in vol. sub signo N (= offenbar alte Signatur der Hs. B1, von deren von verschiedenen Händen stammenden insgesamt 47 Partien nach Keuffer-Kentenich, Verz. d. Hss. d. Stadtbibl. Trier 8,52 die ersten 10 Teile von der Hand des jungen Brower selbst stammen).

Der Text von D.218 ist in B1 eröffnet mit einer in B2 nicht einwandfrei wiedergegebenen (s. Kraus a.a.O.) Überschrift: Archiepiscopi Treuirenses semper inveniuntur [dafür in B2 Lücke] parum favisse [B2: fuisse] monasterio sancti Maximini, quod et hac cedula [B2: schedula] datur intelligi. – Der Text bei Wiltheim (C), der D.218 zwischen D.†88 und D.†113 einordnet und zum Jahre 1112 datiert, geht nicht auf B zurück, sondern offenbar auf eine Aufzeichnung des 12. Jh. als gemeinsame Vorlage, da der einleitende Abschnitt (C2 p. 755f.; C3 f. 403r–v) so eröffnet wird: In actis Brunonis archiepiscopi Treuirorum ab æquali [= zeitgenössisch] scriptore proditum est eum ex anno duodecimo pontificatus sui imposterum ad rem nonnihil avidiorem fuisse coenobiis …

Während Goerz noch in der Nachfolge Hontheims das Schreiben, ohne Begründung, zum Jahre 1112 datiert, bezieht Gladel, Die trier. EBe. in der Zeit des Investiturstreits 81 die in beiden Fassungen enthaltene Erwähnung der proxima curia (a) bzw. des proximus conventus (b) zu Recht auf die Ende des Monats Juni 1119 in der Nähe von Mainz abgehaltene Reichsversammlung und datiert demnach auf 1119 nach Juni, ihm folgend ebenso Gawlik in DA 37,635f. mit Anm. 102 und Müller, Am Schnittpunkt von Stadt u. Land 33 mit Anm. 117; zum Reichstag und dessen Lokalisierung vgl. Meyer von Knonau, Jahrb. 7,103f. Anm. 7 und Stüllein, Itinerar 78 mit Anm. 2.

Eine endgültige Bewertung der Echtheit des bzw. der beiden Schriftstücke erscheint uns mit diplomatischen Mitteln nicht möglich. Zunächst ist festzuhalten, dass die materielle Überlieferung beider Fassungen letztlich nicht über Christoph Brower (1559–1617) zurückreicht, was freilich keinen Verdachtsgrund darstellt, da der Trierer Jesuit bisher nicht als Fälscher verdächtigt ist (vgl. ADB 3,368f.; NDB 2,639; Koch, Jesuitenlex. 267f.); wenn zudem die Bemerkung Wiltheims über das Alter der acta Brunonis (s. oben) zutrifft, scheidet eine Fälschung oder Verfälschung durch Brower zumindest für a ohnedies aus. Der Inhalt erregt ebenfalls keinen Verdacht: Der Besitz zu Lausdorn spielte in den Restitutionsbemühungen des Abtes Berengoz von St. Maximin eine herausragende Rolle, er begegnet sowohl in den beiden Fälschungen D.†17 (dort der in der Fassung a angesprochene [s. Anm. 3] Ruodolfus de Marciche als Entfremder von 7 Mansen genannt) und D.†18 (mit Erwähnung der zwei Jahre zurückliegenden Entfremdung dortigen Besitzes durch Willihelmus de Scura) als auch an zweiter Stelle in der knappen, nur vier Objekte ausdrücklich nennenden Restitutionsliste des echten D.186 von 1116. – Dass andererseits EB. Bruno mit der Angelegenheit des Metzer Klosters St. Arnulf befasst wird, erklärt sich aus der Tatsache, dass der eigentlich zuständige Ortsbischof, B. Dietger von Metz (zu ihm vgl. Erkens, Trierer Kirchenprovinz 232ff.), damals nicht handlungsfähig war, nicht zuletzt deshalb, weil ihm Bruno die Weihe verweigert hatte, vgl. dazu Gladel a.a.O. 80f. Zu Brunos in beiden Fassungen erwähnter Teilnahme am Reichstag und seinem damaligen Verhältnis zu Heinrich vgl. Erkens a.a.O. 260f.

Andererseits setzen die starken stilistischen Varianten zwischen a und b voraus, dass in der Überlieferung zwei verschiedene Briefe existierten (vgl. entpsrechende Vermutung bei Gawlik a.a.O. in Anm. 102). Welchem der beiden der zeitliche Vorrang gebühren würde, lässt sich nur vermuten; für die durch unsere Plazierung favorisierte Anciennität der Fassung a könnte die Wahl etwas nachdrücklicherer Formulierungen in der Fassung b sprechen, etwa Minime te latere potest statt Bene nosti und Obtestamur statt Rogamus; außerdem könnte man aus der Terminologie schließen, dass aus der ursprünglichen querimonia (a) des Klosters hernach ein anhängiger Prozess (lis mota) geworden war, wobei verwundert, dass anders als in a der Name des Prozessgegners nicht angegeben ist.

Bedenken erregt aber vor allem die Tatsache, dass beide Schreiben den Reichstag als erst kurz zurückliegend bezeichnen, beide also ihrerseits in geringem zeitlichen Abstand voneinander hinausgegangen sein müssten – und dies, nachdem schon (ebenfalls nach dem Reichstag!) mehrere (sepe/crebro) andere kaiserliche Briefe in derselben Angelegenheit an Bruno vorangegangen wären; insgesamt hätte man also mit einer Serie von mindestens 4 Briefen zu rechnen, was selbst bei der Hartnäckigkeit eines Berengoz (vgl. ob crebram et importunam querimoniam in D.†18; ferner sepius in DD.†113, 150 u. 279) nur schwer vorstellbar ist.

Wenn man nun den Bericht in Ekkehards Chronik (rec. IV, ed. Schmale-Ott 342 Z. 3ff.; Hinweis auf die Stelle auch bei Gladel a.a.O. 81 Anm. 5 und Schlechte, EB. Bruno 91) über den Reichstag zur Kenntnis nimmt (Quo scilicet conventu Reninis in partibus habito tam adversariorum quam amicorum imperator concorditer usus consilio unicuique per totum regnum suis rebus spoliato propria concedi precepit cunctaque regum antiquorum fiscalia suam in ditionem interim recepit, paxque per universas provincias ab omnibus haberi collaudatur), dann wäre zu erwarten, dass ähnliche Mandate zugunsten vieler anderer spoliati ergangen sein müssten, wovon jedoch in der Überlieferung nirgendwo etwas verlautet. Und höchst erstaunlich ist, dass die Formulierung Ekkehards, mit der er anschließend das Ergebnis des Reichstages kommentiert (a.a.O. Z. 8: sed parum profecisse re ipsa comprobatur), sich fast wörtlich mit Heinrichs Klage über die Vergeblichkeit seiner früheren littere an Bruno deckt; nachdem die Briefe noch weitere, allerdings schwache Anklänge an Ekkehards Bericht aufweisen (s. Anm. 1), könnte der Verdacht entstehen, der/die Brief(e) seien unter Benützung von Ekkehards Chronicon entstanden; nicht auszuschließen ist freilich auch, dass Ekkehard ein ähnlich formulierter Brief zugunsten eines Empfängers in seiner Umgebung zugänglich war.

Ohne daraus ein zusätzliches Argument gegen die Echtheit gewinnen zu wollen, sei darauf hingewiesen, dass in der Salutatio beider Fassungen das normalerweise hinter gratiam zu erwartende suam (vgl. Opll in MIÖG 84,290ff., 295f.) fehlt; irritierend ist schließlich auch, dass gegenüber der durchgehend pluralischen Fassung a Heinrich in der Fassung b von sich selbst zunächst im Singular spricht und erst mit rogamus zum Plural wechselt.

Sollten wir es mit echten Texten zu tun haben, scheint es gleichwohl vergebliche Mühe, ihr Diktat ermitteln zu wollen. Als Kanzleiprodukte würden sie, sofern nicht ein unbekannter Kaplan als Verfasser in Betracht gezogen wird, die frühesten Diktatbemühungen des nach dem 2. Italienzug neu eingestellten Notars Heinrich (tätig ab D.219) darstellen, dessen außerhalb von Diplomen verwendetes Diktat uns nicht bekannt ist; die von Hausmann, Reichskanzlei 74 no 29–31 ihm zugewiesenen undatierten Mandate DD.226–228 (alle drei mit suam in der Salutatio) sind wegen ihre knappen Wortlautes zum Vergleich ungeeignet.

Zu Berengoz als Abt von St. Arnulf in Metz vgl. D.†295; zum Unterschied zwischen reinvestiri facias in Spalte a und investias in Spalte b bietet sich keine Erklärung, jedoch dürfte die a-Lesung wohl die zutreffende sein.

Die textlichen Gemeinsamkeiten sind in beiden Spalten durch Petitsatz gekennzeichnet.

Handschriftliche Überlieferung

Henricus dei gratia Romanorum imperator augustus Brunoni Treuirorum archiepiscopo gratiam et omne bonum. Bene nosti, ymmo inter alios principes regni tu ipse interfuisti, ubi ab omnibus in proxima confirmatum est curia, ut quisque spoliatus deberet recipere sua. Unde, quoniam abbati sancti Maximini parum adhuc profuerunt littere, quas pro eo tibi sepe misimus, ymmo parum ei profuit ipsa commendatio, qua eum manu ad manum et ore ad os commendavimus, rogamus, ut, sicut nos diligis, abbatia sancti Arnulphi eum reinvestiri facias et tam in hoc quam in aliis rebus benevolentiam tuam ei affectuosius ostendas. Rogamus etiam, ut de bonis suis in Luthardesdarren, unde fratres faciunt querimoniam de serviente tuo R., facias pacem et iustitiam. Vale.

Drucke

Henricus dei gratia Romanorum imperator augustus Brunoni Treuirorum archiepiscopo gratiam et omne bonum. Minime te latere potest, quid proximo conventu decretum sit, ut, cui ipse presens adfueris, dispoliatos nimirum omnes suis quemque restitui bonis oportere. Cum itaque abbati sancti Maximini literas a me crebro ad te missas parum adhuc intelligo profuisse adeoque studium meum, quo coram eum data dextra ac presenti sermone tibi commendavi, animadverto frustra fuisse, rogamus, ut, si nos diligis, ex abbatia sancti Arnulphi eum investias et tam in ea quam rebus quibusque ceteris cures, ut promptiorem in se tuum favorem benevolentiamque sentiat. Obtestamur quoque, ut litem de prediis in Lutharesdarren ab abbate fratribusque motam componas omniaque ad pacem et equitatem revoces. Vale.