Abschrift des 13. Jh. im Registrum magnum communis Placentiae vol. I
f. 11r (alt 12r) im Staatsarchiv zu Piacenza (B) = Registrum parvum f.
6r–v ebenda (C).
Drucke: Aus C: Aff@, Storia della città di Parma 3,302 no
6 zu 1194 = Nachdruck 266. – Aus BC: Corna-Ercole-Tallone, Il Registrum magnum 1,29 no
28 zu 1194. – Güterbock
in Arch. stor. Lombardo N.S. 1,271 app. 1 (Sonderdruck S. 19) zu 1119
bzw. 1122 oder 1125. – Ders. in Bull. dell’Ist. stor. It. 53,32. – Falconi-Peveri, Registrum magnum 1,46 no
28 zu 1122 oder 1125. – Stumpf
Reg. 4856 zu 1194 (in den Nachträgen S. 554 unter ausdrücklicher
Verwerfung der Zuweisung an Heinrich V. durch Pertz
in Archiv 12,692 als “irrig”)
Grundlage beider Abschriften war das notarielle Transsumpt eines
älteren, nach dem Original gefertigten Transsumpts, letzteres mit der
Unterfertigung:
Ego Bonusdies, notarius sacri palacii, ex auctentico, nil plus vel
minus quam hic l(egitur) continenti, hoc exemplum manu propria
exemplavi; das erneute Transsumpt war von drei Notaren, davon der letzte der
Schreiber, beglaubigt:
Ego Razo Dalinda … huius exempli auctenticum vidi et legi … et
subscripsi, Ego Gerardus … auctenticum huius exempli vidi et legi … et
subscripsi, Ego Iohannes Carmangiarius … auctenticum huius exempli
vidi et legi, in quo sic continebatur, ut in hoc l(egitur) exemplo,
manu propria fideliter exemplavi (zum vollen, nicht fehlerfrei wiedergegebenen Wortlaut vgl. Falconi-Peveri
in der Vorbemerkung, s. auch Scheffer-Boichorst
in NA 27,112 Anm. 4). Möglicherweise durch die zweifache
Transsumierung ist der Text stellenweise stark verderbt (vgl. z.B.
Anm. k); und vermutlich auf den zweiten Transsumator, den Notar
Carmangiarius, der in den Jahren 1198–1212 als Urheber von insgesamt 83 Einträgen
im Registrum magnum nachweisbar ist (vgl. Verzeichnis der
Schreiberhände bei Falconi-Peveri
1,565), geht auch die zweifellos durch die Kenntnis der Diplome
Heinrichs VI. verursachte Einfügung des für die Zeit Heinrichs V.
kanzleiwidrigen
semper in die Intitulatio zurück (s. Anm. b; vgl. dazu Scheffer-Boichorst
a.a.O. 112 und Güterbock, Bull. 33 Anm. 2): Von der Hand des Notars stammt die Eintragung
dreier Diplome Heinrichs VI; bei zweien bietet er auch die diesem
jeweils zustehende richtige Intitulatio (vgl. dazu Csendes, Kanzlei Heinrichs VI. 133f.),
rex (B.-Baaken
Reg. 117; Falconi-Peveri
no
31) bzw. nach der Kaiserkrönung
imperator et
semper augustus (B.-Baaken
Reg. 159; Falc.-Pev.
no
32), bei dem dritten (B.-Baaken
Reg. 158; Falc.-Pev.
no
46) unterläuft ihm jedoch bezeichnenderweise derselbe Fehler der
Auslassung des
et vor
semper wie in unserem D. (… Romanorum imperator semper augustus). – C ersetzt die B-Lesung
ti jeweils durch
ci, was in den Anmerkungen nicht vermerkt wird.
In dem ersten, nur wenig verbreiteten Druck seiner Regesten hatte Stumpf
das D.217 noch Heinrich V. zugesprochen und es unter no
3171 in das Jahr 1122 gesetzt, ehe er es in der endgültigen Fassung
mit no
4856 Heinrich VI. zuwies (vgl. Scheffer-Boichorst
a.a.O. 110 Anm. 1); für die ursprüngliche Wahl des Jahres 1122 war
sicher maßgebend, dass Heinrich nur einen Tag früher, mit D. †234 von
1122 April 25, gleichfalls in Aachen geurkundet hat, was übrigens auch
für den April des Jahres 1125 gilt (s. D.278 von 1125 April 14, vgl. Scheffer-Boichorst
a.a.O. 113 mit Anm. 3), worauf sich die Alternativ-Datierungen Güterbocks, der selbst auch der Datierung auf 1119 den Vorzug gibt (s. Arch.
259 und Bull. 35), beziehen.
Dass, abgesehen von der Ordinalzahl
quartus, D.217 nicht Heinrich VI. gehören kann, ergibt sich allein schon aus
der Tatsache, dass die Entstehung des ersten Transsumpts lange vor
seine Zeit fällt (so auch Scheffer-Boichorst
a.a.O. 112f.), da der Notar
Bonusdies nach Racine, Plaisance 1,174 (ohne Belegangabe, aber auf briefliche Anfrage hin
bestätigt) nur um 1160 tätig war.
Die Zurückweisung Heinrichs VI. als Aussteller des D.217 und dessen
Datierung zu 1194 begründete Scheffer-Boichorst
in seiner grundlegenden Darstellung a.a.O. 109ff. mit dem
inhaltlichen und chronologischen Widerspruch zu der Tatsache, dass
Heinrich VI. erst im Jahre 1191 (am 21. Januar als König, erneut am 5.
Juni als Kaiser) die Verpfändung von Borgo San Donnino (seit 1927
Fidenza, ca. 20 km w. Parma) und des ca. 7 km südlich gelegenen
Bargone an Piacenza vorgenommen hatte (vgl. MGH Const. 1,468ff. no
330–332; Falc.-Pev.
no
31, 32, 46, 143 u. 183; B.-Baaken
Reg. 117–119 u. 158–160; vgl. auch Falc.-Pev.
no
226 = B.-Baaken
Reg. 160) und diese Pfandschaft im Jahre 1197, dem Todesjahr
Heinrichs VI. († Sept. 28), unverändert fortbestand.
Die Autorschaft Heinrichs V. stützte er hauptsächlich auf die
Erwähnung der
regina, womit nur Heinrichs V. Gemahlin Mathilde gemeint sein könne (s.a. Meyer von Knonau, Jahrb. 7,77 Anm. 39 u. 98 Anm. 3 und Güterbock, Arch. 259), während Heinrichs VI. Gemahlin Konstanze, die zusammen
mit ihm vom Papst die Kaiserkrone empfangen hatte, in ihren mit dem
Jahre 1195 einsetzenden Urkunden immer den Titel einer
Romanorum imperatrix führte.
Aus der auf Anwesenheit der Königin in Italien schließen lassenden Art
ihrer Erwähnung ergibt sich sodann zwingend das Jahr 1119 für die
Ausstellung des D.217, nachdem gemäß dem Bericht Ekkehards (rec. IV,
ed. Schmale-Ott
340) Heinrich, nach Erhalt der Nachricht von den beiden Synoden zu
Köln vom 19. Mai und zu Fritzlar vom 28. Juli 1118, auf denen er von
Kard.-B. Kuno von Preneste exkommuniziert worden war (s.a. D.185 Anm.
4), und von der Anberaumung eines auf seine Absetzung zielenden
generale vel curiale colloquium nach Würzburg, sicherlich mit dem Gedanken an eine baldige Rückkehr
nach Italien (s. Rössler, Mathilde 21) unter Zurücklassung seines Heeres und Mathildes (Italię suis copiis cum regina relictis, s. Stüllein, Itinerar 76 Anm. 1 und 78 Anm. 1), nach Deutschland geeilt war; als
Zeitpunkt dafür ist wohl nicht erst der Monat September (so
hinsichtlich der Ankunft in Deutschland Stüllein
a.a.O. 76), sondern mit Schmale-Ott
(a.a.O. 341 Anm. 31) noch der Monat August anzunehmen (vgl.
Vorbemerkung zu D.215).
Die Königin, die während ihrer “Statthalterschaft” urkundlich zwar nur
einmal, durch DMa.3 vom November 1118, in Italien nachgewiesen ist (s. Rössler
a.a.O. und Meyer von Knonau
a.a.O. 77 Anm. 39), befand sich ohne Zweifel auch im April 1119 noch
dort (s. Meyer von Knonau
a.a.O. 98 Anm. 3), da aus ihrer einzigartig emphatischen Erwähnung (Hoc etiam Mathildis Romanorum regina sua corroboravit presentia) in dem in Maastricht ausgestellten D.223 von 1119 Nov. 21 (s. Rössler
a.a.O. 22) – wiederholt in D.224 von 1120 Jan. 21 (Goslar) –
geschlossen werden kann, dass sie erst kurz vorher, nachdem Heinrich
offensichtlich den Plan einer Rückkehr nach Italien endgültig
aufgegeben hatte, wieder am Hof eingetroffen war.
Für das Jahr 1119 spricht schließlich auch, dass die als unmittelbarer
Grund für die Begünstigung Piacenzas genannte Rückeroberung der beiden
Burgen vermutlich kurz zuvor, während einer Belagerung Parmas durch
die Piazentiner im Jahre 1118, erfolgt war, nachdem die Parmesen im
Jahre 1108 Borgo San Donnino zerstört hatten (vgl. Güterbock, Arch. 271 Anm. 63 und Bull. 36 mit Anm. 2 u. 3); eine Verlegung der
Rückeroberung ins Jahr 1116 (so z.B. Schneider, Burg u. Landgemeinde 214), in dem Ende Mai Heinrich in dem im Text
genannten, ca. 14 km w. Fidenza gelegenen Fiorenzuola urkundete (s.
D.182), ist wohl nicht in Betracht zu ziehen; dass Heinrich an dem
kriegerischen Unternehmen der Rückeroberung persönlich beteiligt
gewesen wäre, ist übrigens unserem Text nicht zwingend zu entnehmen! –
Nachdem uns das Itinerar der letzten Monate des Jahres 1118 und der
ersten des Jahres 1119 unbekannt ist, Heinrich jedoch vermutlich die
ganze Zeit in Niederlothringen zubrachte (s. Stüllein
a.a.O. 76ff.), ergeben sich schließlich auch von daher keine Bedenken
gegen die Datierung mit dem Ausstellort Aachen. In der in der älteren
Literatur strittigen Frage, wie die Anspielung auf Rechte der
Markgräfin Mathilde zu verstehen sei (Holtzmann
in NA 50,316 mit Anm.1, der im übrigen meint, dass die Ansprüche
Mathildes wohl nicht bedeutend gewesen seien, möchte z.B. aus dem
Terminus
aqua bloße “Wasserrechte” herauslesen), kommt Güterbock
nach erneuter eingehender Prüfung (Arch. 255ff. und Bull. 32ff.) zu
dem Ergebnis, dass es sich um ein ausgedehntes Territorium handelte,
das Mathilde – mit geringen Allodial-Einschlüssen – als Reichslehen
innehatte und das die “contea di Piacenza” im Süden und Südosten
Piacenzas zur Gänze oder zu wesentlichen Teilen umfasste und Borgo San
Donnino und Bargone sowie u.a. auch Fiorenzuola einschloss.
Bei den zweimal erwähnten
legati handelt es sich offenbar um in jeder der Burgen eingesetzte
Verwaltungsbeamte mit militärischer Befehlsgewalt über ein Gefolge,
wobei es sich nach Aussage des Schluss-Satzes um eine ständige
Einrichtung gehandelt haben muss; nach einer Urkunde von ca. 1112/13 hatte Heinrich auf dem 1. Italienzug in Borgo San Donnino dafür einen
Reichsministerialen namens Wolfram (Gulferamus) als Vicedominus (in vicedominatu) eingesetzt; vgl. dazu Anemüller, Gesch. d. Verf. Mailands 53 (Urk. a.a.O. 55ff.), ferner Schneider
a.a.O. 214, Güterbock
in Arch. 272f. mit Anm. 63 u. 70 und Bull. 34 Anm. 2, Schumann, Parma 214f. mit Anm. 29, der die Einsetzung auf das Jahr 1111
datiert, und Haverkamp
in Hist. Zs. Beiheft 7,188.
D.217 liefert für Piacenza die erste Erwähnung des Konsulats, der
sonst erstmals in einer Urkunde von 1126 (Falc.-Pev.
no
53) belegt ist, vgl. Scheffer-Boichorst
a.a.O. 113 Anm. 4, Güterbock
in Arch. 272 Anm. 69 sowie Opll
in MIÖG 93,33 Anm. 7 und Ders., Stadt u. Reich 377; Racine
in Storia di Piacenza 2,70 u. 72 und im Vorwort zur Edition von Falconi-Poveri
XIX u. XXI dagegen beharrt auf dem ersten Auftreten im Jahre 1126, an
der letzten Stelle sogar mit der von Opll
in MIÖG a.a.O. als unverständlich bezeichneten Behauptung, in dem von
ihm auf 1122 datierten D.217 seien keine Konsuln erwähnt!
Formal ist das sich selbst
preceptum nennende D.217 ohne Parallele unter den erhaltenen Produkten der
Kanzlei, über deren unmittelbare Beteiligung das Diktat übrigens keine
Aussage erlaubt. Inhaltlich enthält es primär Begünstigungen und
Zusagen für Piacenza, denen aber als
servitium bezeichnete Gegenleistungen gegenüberstehen, so dass wir es letztlich
mit einem “Vertrag” zu tun haben. Diesem Sachverhalt entspricht die
sicher bewusst gewählte Doppelgesichtigkeit der Form: Die Eröffnung
mit einer Insriptio sowie der Verzicht auf eine Korroboratio und der
Abschluss mit “kleiner Briefdatierung” (vgl. dazu Vorbemerkung zu
D.115) entsprechen einem Mandat; eher einem Diplom entspricht die
Verwendung einer knappen Arenga und die an die Allgemeinheit
gerichtete Publikatio unter Verzicht auf mandatsgemäße direkte
Apostrophierung der Adressaten/Vertragspartner, von denen nur in
objektiver Form gesprochen wird; die objektive Form ermöglichte es
außerdem, die kaiserlichen
legati einzubeziehen, für die D.217 reinen Mandatscharakter besaß. Aus Anm.
a’ kann geschlossen werden, dass D.217 wie D.115 als
littera aperta besiegelt war.