Originalplacitum (ca. 16,5/17 b : 34/36 h) im Staatsarchiv zu Vicenza
(A); Rückvermerk des 12. Jh.:
Noticia de Liseria; 14. Jh.:
Sentencia de Liseria, andere Hand:
pro monasterio sancti Felicis.
Teilfaks.: Schlögl, Unterfertigung Taf. XXX u. XXXI Abb. 19a–f.
Drucke aus A: Castellini, Storia di Vicenza 5,147 no
16 (mit
quinto Kal. [= August 28] statt
XVI. kl.) = Ficker, Forschungen 4,141 no
96 zu 1118 August 28.
Reg.: Hübner, Gerichtsurk. 2,215 no
1573 zu 1118 August 28. – Stumpf
Reg. 3158a zu 1118 August 21.
Zum formalen Erscheinungsbild des teilweise durch Flecken
verunstalteten Originals, insbesondere zu den verwendeten Tinten vgl. Schlögl
a.a.O. 154ff., mit in einem wichtigen Punkt unrichtigem Befund. – Es
begegnen drei verschiedene Tinten: Für den Kontext hat der nach dem
Mai 1116 (s. D.178) erstmals wieder für Heinrich tätige Notar
Otbertus eine hellbraune Tinte verwendet, deren sich auch der als einziger der
beiden
iudices subskribierende
Azo für seine Unterschrift bediente (s. Anm. m). – Mit einer anderen, ein
wenig helleren Tinte und mit etwas veränderter Schreibrichtung schrieb
der Notar sowohl die Kreuzbeischrift (s. Anm. l) als auch unterhalb
der
Azo-Unterschrift seine Kompletionsformel.
Aus diesen Unterschieden ist mit Schlögl
auf einen gewissen Zeitablauf zwischen Textniederschrift und
Kompletio zu schließen; es ist denkbar, dass letztere erst nach der im
Text erwähnten Investitur eingetragen wurde, die womöglich durch
Abgesandte des Gerichts an Ort und Stelle in dem ca. 5 km nö. Vicenza
an der Straße nach Treviso gelegenen Lisiera (com. Bolzano Vicentino),
das der Hof wahrscheinlich auf dem Weg von Treviso (s. D.214 vom 1.
August) nach Vicenza berührt hatte, vorgenommen wurde.
Eine dritte, von den beiden anderen sich deutlich unterscheidende
sattbraune Tinte findet sich bei dem die kaiserliche Unterfertigung
darstellenden, im Vergleich zu Heinrichs anderen Placita (vgl. Schlögl
a.a.O. 214 Tabelle 3) relativ kleinen Kreuz. Wwährend freilich Schlögl
a.a.O. 155 lediglich davon spricht, dass das Kreuz “etwas dunkler
ausfiel”, was er mit einer in einem “Doppelzug” zum Ausdruck kommenden
“unterschiedlichen Deckung des Pergaments durch die Tinte” erklären
möchte, ist in Wirklichkeit das Kreuz als Ganzes zunächst mit der für
Kontext und
Azo-Unterschrift verwendeten hellen Tinte gezeichnet gewesen und
nachträglich, ebenfalls zur Gänze, mit dunkler Tinte nachgezogen
worden, wobei sich aber die Strichführung nicht überall vollkommen
deckte und dadurch stellenweise die helle Tinte sichtbar blieb. Wäre
nun die erste Zeichnung des Kreuzes mit der hellen Tinte durch die
Hand des Kaisers erfolgt gewesen, wäre es ganz unvorstellbar, dass ein
anderer sich unterstanden hätte, es nachzuziehen (vgl. dazu D.213!),
wozu auch nicht der geringste Anlass bestand, vielmehr ist davon
auszugehen, dass es der Notar war, der das Kreuz – entweder aus
Versehen oder als Vorzeichnung für den Kaiser – zeichnete, was auch
seine Kleinheit erklären würde; dass das Kreuz absolut gleichzeitig
mit der Kontextniederschrift eingetragen wurde, ergibt sich zwingend
daraus, dass es schon vorhanden war, als
Azo mit identischer Tinte seine Unterschrift vornahm, da dieser mit seiner
in einem Abstand von nur ca. 2,5 cm zum Kontext zu hoch angesetzten
Zeile nur durch deren nach unten hängende Fortführung dem Kreuz
ausweichen konnte (vgl. Anm. k sowie Schlögl
a.a.O.).
Niemand anderes als der Kaiser ist es demnach gewesen, der dann das
Kreuz mit der dunklen Tinte nachzog, und erst damit war die
Voraussetzung dafür gegeben, dass der Notar, mit inzwischen vielleicht
verdünnter Tinte, die Kreuzbeischrift, deren Wortlaut sich übrigens
fast wörtlich mit derjenigen des ebenfalls von
Obertus geschriebenen D.173 deckt (vgl. Schlögl
a.a.O. 138; s. schon Bresslau, Handb. 22.1,182f. Anm. 6), und die Kompletionsformel eintragen konnte.
Durch die Lesung des Originals (s. Anm. a), deren Absicherung Schlögl
a.a.O. 208f. einen nicht in allen Einzelheiten zutreffenden eigenen
Exkurs widmet, erledigt sich die Aporie, die Bresslau
in NA 20,230 Anm. 1 angesichts der Tatsache empfand, dass die
Wochentagsangabe
feria VII/Sonnabend zu keinem der drei verschiedenen in der Literatur
anzutreffenden Daten passt, dem auf Castellinis Druck basierenden 28. August (= Mittwoch), dem von Winkelmann
in NA 5,12 nach einer damals in der Stadtbibliothek zu Vicenza verwahrten Kopie des 18. Jh. gebotenen 19. August (= Montag;
s. Anm. a) und dem in seiner Herleitung unerklärlichen 21. August (=
Mittwoch) Stumpfs; vgl. auch Meyer von Knonau, Jahrb. 7,77 Anm. 38, der wie die seitherige Literatur dem 28. August
den Vorzug gibt.
Beim Handlungsort dürfte es sich mit Schrod, Reichsstrassen 83 (vgl. auch Stumpf
a.a.O. und Bresslau
a.a.O.) um das ca. 12 km sw. Vicenza an der Straße nach Verona
gelegene Montecchio Maggiore handeln; wenn Schlögl
a.a.O. 154 Anm. 86 daneben auch das unbedeutende, ca. 12 km n.
Vicenza liegende Montecchio Precalcino in Betracht ziehen möchte,
spricht gegen diese Möglichkeit, dass der mit D.215 letztmals in
Italien urkundende Kaiser sich offenbar schon auf der Rückkehr nach
Deutschland befand, die ihn zweifellos auf der herkömmlichen Route
über Verona zum Brenner führte.
Die neue frühe Datierung unsers D. lässt zudem als wahrscheinlich
erscheinen, dass Heinrich, dem die Zurücklassung seiner Truppen sowie
seiner Gemahlin (vgl. Meyer von Knonau
a.a.O. mit Anm. 39) Eilmärsche erlaubte, nicht erst im September
1117, wie bisher durchwegs angenommen (vgl. Lit.-Hinweise bei Schlögl
a.a.O. 208), sondern schon vor Ende August wieder in Deutschland war.
Von den Gerichtsbeisitzern gehörte ein Teil zum Gefolge Heinrichs,
nämlich die beiden am Anfang genannten Herren (zu
Hermann Piscis vgl. Vorbemerkung zu D.223; zu
Conradus Sporlinus vgl. DD.112 und 136) sowie der erste
iudex, Azo von Ferrara (zu ihm vgl. Vorbemerkung zu D.154), während die
übrigen wohl alle aus der Region stammten, darunter der zweite
iudex Albert aus Vicenza und der aus dem ca. 15 km sö. Vicenza gelegenen
Montegalda stammende
nobilis Vbertus. – Auffallend ist, dass hier die Richter noch als Urteilssprecher
fungieren (s.
iudicibus … interrogatis, ut … sentenciam proferrent und
pronunciaverunt), vgl. dazu Ficker, Forschungen 3,288ff. mit 469.
– In seinem Reisebericht über La Cava in Archiv 12,528f. erwähnt Bethmann
unter den Handschriften des Klosters (a.a.O. 529) “Isidori
etymologiae, darin das Monogramm und Datum Heinrichs V von 1118, siehe
den Katalog p. 57”. – Zu dem w. Salerno gelegenen, ca. 1025
gegründeten Kloster
ad Cavam (Abbadia della Trinità di Cava, com. Cava de’ Tirreni prov. Salerno)
vgl. It. pont. 8,309ff., Girgensohn
in Lex. d. MA 2,1588. Das Kloster Cava selbst wird man mit Sicherheit
als Empfänger eines D. Heinrichs V. ausschließen dürfen; doch gehörten
zu der rasch auf rund 300 Klöster angewachsenen Kongregation von Cava
neben überwiegend süditalienischen Klöstern auch eine Reihe von
Klöstern in Mittel- und Oberitalien (vgl. It. pont. a.a.O. 312), unter
diesen zwei im Jahre 1118 von Heinrich mit Diplomen bedachte, außer
Farfa (s. D.212) gerade auch S. Felice e Fortunato zu Vicenza; ohne an
ein Deperditum für unbekannten Empfänger denken zu müssen, könnte
eines dieser beiden Diplome die Vorlage für den Eintrag in der
Isidor-Hs. geliefert haben. – Da das “Datum” der Bethmann-Notiz vermutlich besagt, dass die Handschrift zusammen mit dem
Monogramm die ganze Datumzeile enthielt, wäre eine Beurteilung der
Vorlagen-Frage leicht möglich; doch blieben die freundlicherweise von
prof. Vitolo-Neapel unternommenen Versuche einer Verifizierung der
Angabe Bethmanns leider erfolglos: In der vermutlich gemeinten Isidor-Handschrift
(cod. 2 der Klosterbibliothek) ließ sich die Eintragung nicht finden;
wegen des von Bethmann
genannten “Katalogs”, worunter sicher nicht das von ihm (a.a.O. 528)
erwähnte 6-bändige Archivinventar von 1717 (s. It. pont a.a.O. 313) zu
verstehen ist, wurde ergebnislos der Hss.-Katalog von De Rozan, Lettera su de’libri e manoscritti preziosi … (1799; s. It. pont.
a.a.O.) durchgesehen.