Abschrift des 17. Jh. in Savini, Istoria d’Imola, Ms. ohne Signatur f.
136bisr–v in der Stadtbibliothek zu Imola (B1). – Abschrift des 18. Jh. in Savini, Notabilium gestorum civitatis
Imolae libri VII, Ms. A. B2. 26 (unfoliiert) ebenda (B2). – Abschriften vom Ende des 18. Jh. in Zaccaria, Corneliensium
episcoporum series, Cod. 2696 (Gesuitici 567) f. 332r–v in der
Biblioteca Nazionale zu Rom (C1) und Ms. A. B2. 32 p. 278–279 in der Stadtbibliothek zu Imola (C2). – Auszug des 18. Jh. in Ferri, Estratto dalle scritture dell’
abbazia dei santi Donati et Paolo p. 1–2 ebenda (D).
Drucke: Aus C2: Fantuzzi, Mon. Ravennati 6,39 no
20 (“Mss. Antonii Zaccaria Episc. Cornelien. Series”). – Zaccaria, Series ep. Forocorneliensium 1,213. – Aus C2
mit Varianten nach B2
(vgl. dazu unten): Gaddoni-Zaccherini, Chartularium Imolense 2,286 no
725.
Reg.: Fantuzzi
a.a.O. 293 no
39 (zu 1117) und 337 no
388 (zu 1177). – Ficker
in Wilmans, Add. z. Westf. UB 92 no
116/36. – Gaddoni-Zaccherini
a.a.O. 386. – Böhmer
Reg. 2063. – Stumpf
Reg. 3156.
Alle Abschriften basieren auf einer beglaubigten Abschrift des Notars
Galuanus quondam Jacobini vom Ende des 13. Jh. (aus der Zeit des B. Sinibald, 1270–1297; zum
Wortlaut seiner Unterfertigung vgl. Gaddoni-Zaccherini
a.a.O. 286 bei no
724). Statt B2
erwähnen Gaddoni-Zaccherini
a.a.O. 288 das “ms. autogr. Vincentii Savini, saec. XVI, pag. 138, in
Archivo notariorum adservatum …”; wiederholte schriftliche Anfragen
nach dieser von uns nicht gesehenen Handschrift bei der Sezione di
Imola des Staatsarchivs Bologna, mit der das Archivio Notarile
verbunden ist, blieben ergebnislos. Die von Gaddoni-Zaccherini
in ihrem Anmerkungsapparat aus dem Autograph zitierten Varianten
gegenüber dem ihrem Druck zugrundegelegten C2
decken sich vollständig mit den Lesungen von B2
(zu den einzigen Ausnahmen bei Namensschreibungen vgl. Anm. ag, ah,
bb u. bd); dieses Autograph muss auch die unmittelbare Vorlage von B2
gewesen sein, denn der oben zitierten Angabe “pag. 138” entsprechen
in B2
die Randziffern
138 in Höhe der 2. Abschriftszeile und
139 auf der dritten Seite der Abschrift in Höhe der mit
qui vocatur Casaldati (s. Anm. a”) beginnenden Zeile.
Die nur in CD im Anschluss an die Signumzeile statt eines Monogramms
gebotene Zeichnung einer Rota (s. Anm. ap) sollte zweifellos den Platz
des Siegels markieren; diese kanzleiwidrige Ausstattung muss schon das
Original des Falsum gehabt haben, nachdem die in D (p. 1) unserem D.
vorangehende Abschrift des DKo.II.241, die auf einem Transsumpt des
Originals durch denselben Notar beruht, eine Monogramm-Nachzeichnung
aufweist; vermutlich war es nicht gelungen, das Siegel vom Original
auf das Falsum zu übertragen, und womöglich ist das ursprünglich
sicher vorhanden gewesene Monogramm wegen der Rota weggelassen worden.
– Soweit die Lesungen von B1
und B2
bzw. von C1
und C2
übereinstimmen, wird in den Anmerkungen jeweils nur die
zusammenfassende Sigle B bzw. C verwendet.
Das bis dahin unverdächtige (s. Meyer von Knonau, Jahrb. 7,38 Anm. 16) D. †208 wurde von Pivec
in MÖIG 51,39ff. als Fälschung entlarvt, während Koch, Sacrum Imperium 60 Anm. 238 wieder nur von “zweifelhafter
Überlieferung” spricht. – Entgegen Pivec
a.a.O. 42 ist unseres Erachtens aus der Rekognition des italienischen
Kanzlers, B. Burkhards von Münster, jedoch zwingend zu folgern, dass
dem Falsum ein echtes D. Heinrichs V. zugrundegelegen hat, dem auch
die Angaben der (umformulierten, s. unten) Datierung entnommen sein
dürften.
Daraus ergibt sich ferner, wie schon von Meyer von Knonau
a.a.O. (s.a. 86 mit Anm. 52) festgestellt, dass Burkhard die Reise
nach Konstantinopel, die er im Winter 1117/1118 als Gesandter
Heinrichs für eine Mission unbekannten Inhalts unternahm und bei der
ihn auf der Heimreise am 19. März 1118 der Tod ereilte (zum Todesdatum
vgl. Weinfurter-Engels, Series episcoporum 5.1,129 Anm. 259), erst nach dem 15. Dezember
angetreten hatte. Demgegenüber hatte Hausmann, Reichskanzlei 58, der – abgesehen von dem ihm unbekannten D.204 aus
der ersten Julihälfte 1117 – das D. †208 trotz des zweimaligen
Hinweises bei Meyer von Knonau
nicht zur Kenntnis genommen hatte und deshalb davon ausging, Burkhard
begegne letztmals in D.202 von 1117 Juni 17 als Rekognoszent,
behauptet, Burkhard sei “nicht viel später nach dem letzten
urkundlichen Auftreten” (scil. in D.202) nach Konstantinopel geschickt
worden; ebenso noch bei Weinfurter-Engels
a.a.O. 128.
Ob der sonst letztmals im Sommer 1117 als Schreiber des D.204
nachgewiesene Notar Adalbert A an der Herstellung des Heinricianum beteiligt war, lässt sich nicht mehr
feststellen, da der ursprüngliche Text vom Falsator durch die
Einarbeitung anderer Urkunden bis zur Unkenntlichkeit verändert wurde.
– Vermutlich hatte schon das echte Heinricianum die einzige erhaltene
ältere Herrscherurkunde für S. Donato, das DKo.II.241 von 1037 April
23 (= VU.III), für die Formulierung der Schutzverleihung – in dieser
sieht Pivec
a.a.O. 41 völlig zu Unrecht den Fälschungszweck –, einen Teil der
Besitzliste (s. Anm. a”), die teilweise umformulierte Sanktio sowie
für die fast wörtlich übereinstimmende Korroboratio als unmittelbare
Vorlage verwendet.
Protokoll und Eschatokoll des Falsum beweisen aber eindeutig, dass der
Fälscher ausgiebig noch eine – verlorene – jüngere Kaiserurkunde
verwendet haben muss, wobei die Formulierung der Rekognitionszeile –
deren Verzicht auf die Nennung des Erzkanzlers sich mit den
Diktatgewohnheiten des Notars Adalbert A decken würde (s. Vorbemerkung
zu D.202) – den Schlüssel für die exakte Datierung des Deperditums
liefert: Deren in Heinrichs Kanzlei noch ungebräuchliche Eröffnung mit
Ego ist erst seit den Anfängen Lothars III. kanzleiüblich (vgl. Erben, Kaiserurk. 322). Aber schon Pivec
a.a.O. hatte bemerkt, dass die hiesige Kanzlertitulatur
sacri palatii imperialis cancellarius “erst seit Friedrich I.” vorkommt.
Diese sehr allgemeine Feststellung lässt sich aber konkretisieren: Die
Formulierung ist nämlich eine ganz persönliche Diktateigentümlichkeit
von Barbarossas Notar Rainald G (s. dazu Herkenrath
in MIÖG 72,48f. Anm. 87), bei dem sie – anfangs in DDF.I.248/249 von
1159 Jan. 12 noch ohne das
imperialis – in seinen Diplomen von 1159 Jan. 15 – Juni 30 (DD.250–253, 255, 256,
259–261, 263, 266, 268 [s. unten], 270, 273 u. 276), dann wieder in
DD. 314 u. 315 von 1160 April 15/16 und schließlich nach längerer
Pause nochmals in Diplomen von 1165 Mai/Juni (DD.478 u. 487; s. auch
D.489 von 1165 August 18) begegnet (vgl. dazu ungenau Riedmann
in MIÖG 75,366 Anm. 102 und 76,59 Anm. 10).
Unter den von Rainald G verfassten (und geschriebenen) Diplomen des
Jahres 1159 befindet sich nun bemerkenswerterweise auch das in Imola
ausgestellte Schutzprivileg für die Stadt Imola, das DF.I.268 von 1159
Juni 25. Gleichzeitig mit diesem Stadtprivileg muss aber auch S.
Donato ein Barbarossa-Diplom erhalten haben: Während nämlich das
DF.I.268 sonst keine Diktatanklänge an unser Diplom bzw. an DKo.II.241
aufweist, ist seine Korroboratio – einschließlich des
confirmantes von Anm. x”, jedoch unter Ersatz von
roborari durch
insigniri (s. Anm. ab) – wörtlich aus dem DKo.II.241 entnommen (in der NU. zu
D.268, dem DF.I.664 von 1177, ist die Korroboratio variiert); der
Kanzlei Friedrichs I. muss demnach diese VU. für S. Donato vorgelegen
haben – doch sicher nur deshalb, weil sie von Seiten S. Donatos zur
Erwirkung eines eigenen Barbarossa-Diploms eingereicht worden war.
Dieses von Rainald G verfasste Barbarossa-Deperditum für S. Donato von
1159 hat aber, soweit es die städtische Parallele des DF.I.268
erkennen lässt, die Vorlage für den ganzen Rahmen des Falsum geliefert
und dort das echte Heinricianum ganz verdrängt: Zunächst fehlt sowohl
in der Intitulatio als auch in der Signumzeile die unter Heinrich V.
kanzleigemäße Ordinalzahl
quartus bzw.
quarti vor
Romanorum, es ist an beiden Stellen die dem DF.I.268 entsprechende Formulierung
übernommen. Insbesondere aber entspricht dem durch DF.I.268
repräsentierten Diktat des Rainald G die Formulierung des – bis
serenissimo (dies das überwiegende, gelegentlich, wie in DD.248–251 u. 261, durch
gloriosissimo u.ä. ersetzte Attribut) reichenden – ersten Teils der Datierung,
welche die von Rainald G geschaffene, erstmals in DF.I.248 und danach
in sämtlichen erwähnten Diplomen des Rainald G verwendete sog.
“feierliche staufische Datierung” verkörpert (vgl. Appelt
in DDF.I. Bd. 5,104). – Nachdem übrigens die Datierungen des Rainald
G nach dem
serenissimo mit der Angabe der Königs- und Kaiserjahre fortfahren und mit
Data/Datum/Dat. und römischer Tagesangabe enden, muss man wohl annehmen, dass die
hiesige Fortsetzung mit Erwähnung des Papstes und fortlaufender
Tageszählung einer Privaturkunde entlehnt ist (vgl. das von Pivec
a.a.O. 41f. angeführte Beispiel von 1192), aus der dann auch die von Pivec
a.a.O. 41 insbesondere wegen des Verzichts auf die übliche Nennung
von Fürsten als “höchst verdächtig” bewertete Zeugenliste geschöpft
sein könnte!
Wir haben die Übereinstimmungen mit dem durch DF.I.268 gespiegelten
Barbarossa-Deperditum für S. Donato (= VU.I) durch Petitsatz
gekennzeichnet. – Für den in das Falsum eingeflossenen Kontext dieses
Deperditums können naturgemäß keine Formulierungsparallelen im Kontext
des städtischen DF.I.268 erwartet werden; an einer Stelle jedoch
verrät das Falsum, dass das ganze Deperditum von Rainald G verfasst
war, nämlich durch das von Pivec
a.a.O. 41 beanstandete
prescriptio centum annorum. – Diese etwa in den Diplomen Konrads III. noch nicht anzutreffende
Bestimmung begegnet in insgesamt 14, unter Einschluss des D. †1070 in
15 Diplomen Barbarossas; und nach drei von anderen Notaren verfassten
Diplomen (DD.31, 33, 111) sind es allein 5 Diplome des Rainald G, in
denen man die Bestimmung antrifft (DD.249, 251, 252, 255 u. 314).
Dabei ist das jüngste Beispiel, das DF.I.314 von 1160 April 15 für den
Bischof von Reggio, insofern besonders aufschlußreich, als die
betreffende Bestimmung (S. 135 Z. 39–42) die einzige Erweiterung gegenüber dessen Vorurkunde, dem DO.II.231,
darstellt.
Wenn, wie anzunehmen ist, sowohl das echte Heinricianum als auch das
Barbarossa-Deperditum im wesentlichen (wie auch das Falsum) eine
Bestätigung des DKo.II.241 dargestellt hatten, könnte die von Rainald
G vorgenommene Einfügung des
prescriptio-Passus in das Barbarossa-Deperditum die einfachste Erklärung für die
Herstellung unseres Falsum liefern, das nur zum Zwecke der Aufnahme
dieses Passus auch in das Heinricianum angefertigt worden wäre!
Für die Frage, wann das geschah, ist nun von Belang, dass der Fälscher
neben VUU.I und III (und evtl. einer Privaturkunde, s. oben) noch eine
weitere Vorlage verwendete, nämlich eine nur durch Ferri, Estratto p.
2 (im Anschluß an den Extrakt aus D. †208 und gleichfalls nach einem
Transsumpt des Notars
Galuanus) mit starken Kürzungen überlieferte, im bischöflichen Palast zu Imola
ausgestellte Urkunde EB. Alberts von Magdeburg als Reichslegat (imperii sacri legatus et Romaniollę comes) von 1223 Mai 12 (fehlt bei Ruppel
in QFiAB 13,103ff., dessen Druck von Urkunden Alberts aus den Jahren
1221–1224 in den Beilagen 117ff. übrigens nur Mandate u. dgl. bietet;
die demgegenüber diplomgemäße Albert-Urkunde war schon bei Gaddoni-Zaccherini
Praef. XIIIf. nach einem Inventar von 1737 verzeichnet). Auf der
Benützung der Albert-Urkunde (= VU.II) beruht ohne jeden Zweifel die
diplomwidrige Inskriptio des D. †208, während Pivec
a.a.O. 40 darin eine “Anähnlichung an die Papsturkunde” sehen wollte.
Das Verhältnis der Texte von VU.II und D. †208 ist jedoch äußerst
ambivalent, denn die Albert-Urkunde war zugleich auch Nachurkunde des
ursprünglichen Heinricianum (und wohl auch des Barbarossa-Deperditums)
gewesen, mit dem, abgesehen von den starken Auslassungen (s. Anm. f),
weitestgehende Übereinstimmungen bestehen – aber auch gravierende
Unterschiede: 1) Die Albert-Urkunde weist eine umfangreichere
Besitzliste auf (s. Anm. a”), so dass das Heinricianum wohl einen
älteren Zustand spiegelt. 2) Dieser ältere Zustand kommt auch darin
zum Ausdruck, dass die Albert-Urkunde das erst nach der Verlegung des
Klosters (zusammen mit dem Bischofssitz, s. Anm. t) aus S. Cassiano
(Borgo San Cassiano, heute Frazione von Imola) in die Stadt Imola
(vgl. dazu Pivec
a.a.O. 40 und Opll, Stadt u. Reich 294) aufgekommene Doppelpatrozinium
sanctorum Pauli et Donati nennt (vgl. Anm. u, s. auch Anm. f”), während D. †208 nur das alte
Donatus-Patrozinium angibt. 3) Insbesondere aber fehlt in der
Albert-Urkunde, in der an das
… protectione von Z. ■ nahtlos, d.h. ohne das Auslassungen kennzeichnende
etc. (s. Anm. f), der Satz
Si quis autem … (Z. ■) anschließt, der in D. †208 an der Nahtstelle eingeschobene
Passus über die
prescriptio (Z. ■). Daraus ergibt sich wohl zwingend, dass das der Albert-Urkunde
von 1223 vorliegende Heinricianum diesen Passus noch nicht enthielt.
Inwiefern bei der nach 1223 anzusetzenden, wohl allein der Einfügung
dieses Passus dienenden (s. oben) Anfertigung des Falsum in der
vorliegenden Gestalt die Albert-Urkunde über die Inskriptio hinaus
Einfluss nahm (z.B. etwa für die Zeugeneinleitungsformel), muss im
Einzelnen offen bleiben; die Verwendung der Sigle VU.II für die
Albert-Urkunde dient allein der Kennzeichnung der Übereinstimmungen
zwischen ihr und D. †208, will nichts darüber aussagen, in welchem
Ausmaß VU.II selbst auf dem ursprünglichen Text des D. †208 als
Vorurkunde basierte.
Die Angaben der Vertrauen beanspruchenden Datierung sind zweifellos
dem echten Original entnommen; der mangels weiterer Diplome aus der 2.
Jahreshälfte 1117 nur durch D. †208 belegte Aufenthalt des Hofes
nördlich des Apennin findet seine Stütze darin, daß Mathilde mit
DDMa.1 und 2 im Herbst des Jahres im Gebiet von Reggio urkundete. –
Der nach Aussage des Datierungstextes im Gebiet von Imola gelegene
Ausstellort
Tolate ließ sich nicht identifizieren, wohl aber ist das ihm benachbarte
castrum Laterculi lokalisierbar; das abgegangene Castell Laderchio, an das nach Gaddoni, Le chiese della diocesi d’Imola 1,111 nur noch eine ‘casa colonica’
Laderchia erinnert, lag auf der rechten Seite des Senio, ca. 1 km sö.
des ca. 8 km s. Imola am linken Senio-Ufer gelegenen Riolo Terme (vgl.
auch Polloni, Toponomastica Romagnola 159).