Weitgehend zerstörtes Original (ca. 41,5 b : 52 h) im Archiv des Ente
Comunale di Assistenza zu Mailand (A); Rückvermerk des 15./16. Jh.:
MCXVIII; 17./18. Jh.:
Privilegio concesso alla chiesa della Madonna di Carpi.
Ungedruckt.
Reg.: Guaitoli, Bibliogr. stor. Carpigiana 32 no
55 zu 1111–1125. – Stumpf
Reg. –.
Von der Existenz eines Diploms Heinrichs V. für Carpi wusste man bis
zum Ende des 18. Jh. (vgl. erste Nennung im Jahre 1707 bei Maggi, Mem. histor. di Carpi 62) nur durch die Erwähnung in einem Diplom
Ks. Friedrichs III. von 1470 über die Belehnung der Fürsten Pio di
Carpi mit dem
castrum Carpi, auf das sich auch das Regest Guaitolis (1882/83) beruft (Auszug des Diploms von 1470 April 15 und einer
Erneuerung von 1488 Dezember 13 bei Sammarini
in Mem. stor. e doc. di Carpi 4,213f. no
5 und 6). Das von Sammarini
(a.a.O. 94) noch 1888 für verloren gehaltene Original unseres D.
wurde wenig später zusammen mit demjenigen des DH.II.304bis
von 1014 (vgl. dortige Vorbemerkung) von Achille Ratti von der
Ambrosiana in Mailand, dem späteren Papst Pius XI. (1922–1939), im
Archiv der oben genannten Institution (damals “Congregazione di
Carità”) aufgefunden, wohin aus dem Archiv der Fürsten Pio ein
Großteil des Archivs des Kollegiatstifts Carpi gelangt war (vgl. It.
pont. 5,403).
Das Pergament des Originals hat durch Feuchtigkeitseinfluss schwerste
Schäden erlitten: Die vermoderten seitlichen Ränder, insbesondere der
rechte, sind stellenweise abgebröckelt, das Blatt ist an den beiden
Längsfalten auseinandergerissen, die durch die ursprüngliche Faltung
und spätere Umfaltung verursachten insgesamt fünf Querfalten sind
ebenfalls durchgerissen oder eingerissen, an den Riss-Stellen sind in
unterschiedlichem Umfang zusätzliche Pergamentverluste eingetreten.
Insbesondere aber ist durch die ganze Fläche bedeckende Moder- und
Stockflecken die Schrift fast vollständig ausgelöscht, so dass in mehr
als der Hälfte (Z. 3/4 und Z. 8–13) der insgesamt 14 Zeilen des
Kontextes (Z. 2–15) überhaupt nichts mehr und in den übrigen Zeilen
nur noch Reste, oft geringfügigster Art, zu entziffern sind; auch eine
Untersuchung mittels Quarzlampe, zu der sich gelegentlich der
Verbringung des Originals für konservierende Maßnahmen in das Institut
für Buchrestaurierung der Bayer. Staatsbibliothek in München im Jahre
1985 Gelegenheit ergab, förderte kaum mehr zu Tage, als mit bloßem
Auge erkennbar ist. Immerhin erlauben die wenigen Reste, namentlich in
den Elongata-Zeilen, die sichere Feststellung, dass das Original von
Notar Adalbert A geschrieben war, dessen Hand hier letztmals begegnet
(s. Vorbemerkung zu D.†208, von dem auch das Diktat zumindest von
Proto- und Eschatokoll stammt, während der Kontext eine weitestgehende
Wiederholung des DH.II.304bis
(= VU.) ist. – Im gleichfalls stark beschädigten Original der VU.
waren die Textverluste ursprünglich wesentlich geringer als in unserem
D.; zwar ist vieles von dem, was Ratti in der VU. noch hatte lesen
können (vgl. bes. die vielen dortigen Stellen mit dem Anm.-Buchstaben
g), heute durch die Anwendung chemischer Tinkturen (durch Ratti?)
endgültig ausgelöscht, doch hatte Bresslau
eine von Ratti (vor oder während der Tinkturbehandlung) gefertigte
Abschrift zur Verfügung. Eine solche Abschrift Rattis auch unseres D.
hat sich nicht ermitteln lassen, hat vielleicht auch nie existiert, da
dieser die Textidentität mit der VU. erkannt haben wird und
möglicherweise deswegen sowohl auf eine Abschriftnahme als auch auf
den – jedenfalls nicht erkennbaren – Einsatz von Tinkturen
verzichtete.
Bei der Textwiedergabe haben wir angesichts des großen Umfangs der
Textlücken darauf verzichtet, diese Lücken mit Hilfe der VU., die bei
der Ergänzung von Wortresten wichtige Hilfe leistete, vollständig zu
füllen, zumal damit der falsche Eindruck vermittelt würde, der Notar
habe die VU. wortwörtlich übernommen, während es in den erhaltenen
Teilen und auch in der Abschätzung des Umfangs der Lücken eine Anzahl
von Hinweisen auf Änderungen gegenüber der VU. gibt (vgl. Anm. b–d, f,
h, k, m, r, v); wir haben uns daher im wesentlichen darauf beschränkt,
jeweils nur am Anfang und Ende einer Lücke die für den
Sinnzusammenhang nützlich scheinenden betreffenden Wörter der VU.
aufzunehmen, verweisen im übrigen die VU.-Texte in die Anmerkungen.
Außerdem schien es angezeigt, keinen fortlaufenden Text zu bieten,
sondern den Druck an den Einzelzeilen der Vorlage zu orientieren.
Die Datierung unseres D. könnte durch Kehr, PU. in Italien 3,248 unproblematisch erscheinen, da er in seinem
dortigen Bericht über das Mailänder “Archivio della Congregazione di
Carità” (s. oben) unter insgesamt 7 Diplomen – von DO.I.339 bis zum D.Rudolfs B.-Redlich
Reg. 2229 – auch “Heinrich V. 1118 X 17” aufführt. Auffällig ist an
dieser exakten Angabe, deren Herkunft jedoch als völlig unerfindlich
bewertet werden muss, zunächst, dass Kehr, der zu den sechs anderen Stücken (mit Ausnahme des D. Rudolfs, dies
aber mit der B.-Redlich-Nummer) jeweils die Art der Überlieferung notiert, zu demjenigen
Heinrichs V. nichts derartiges bemerkt. Während schließlich die
Jahresangabe 1118, die Kehr
in It. pont. 5,402 wiederholt, auch durch den späten Rückvermerk des
Originals (s. oben) gedeckt zu sein scheint, ist hingegen das
komplette Datum Kehrs gänzlich unmöglich, weil der in der Rekognitionszeile genannte B.
Burchard von Münster schon 1118 März 19 gestorben war (s. Vorbemerkung
zu D.202).
Die erhaltenen Spuren in der Datierung des Originals liefern
ausreichend gesicherte Anhaltspunkte für einen anderen Zeitansatz: Der
eindeutig lesbaren Zahl
VII für die Kaiserjahre entspricht die mit ziemlicher Sicherheit mit
CXVII endende Zahl der Inkarnationsjahre, auf die offenbar nur der
Schlusspunkt folgt, der von dem Schreiber des Rückvermerks als weitere
I verlesen sein könnte. Aus dem erhaltenen Rest
iu für den Anfang des Monatsnamens ergeben sich, je nachdem, ob der Name
Juni oder Juli lautete und ob für die Tagesbezeichnung Kalenden, Nonen
oder Iden verwendet waren, als äußerste Grenzen der 16. Mai (XVII. kal. iun.) und der 15. Juli (id. iul.).
Dieser zweimonatige Zeitrahmen lässt sich jedoch beträchtlich
einengen: Unterstellt man, dass der durch Zerstörung des Namens
unbekannte Handlungsort und der mit diesem vielleicht identische Ort
der Ausstellung in relativer Nähe zum Empfänger (Carpi liegt ca. 15 km
n. Modena und gut 40 km s. Mantua) gesucht werden können, müsste sich
der Hof damals schon in der Emilia befunden haben, wo er sich
jedenfalls im Frühherbst 1117 aufgehalten hat, wie aus dem in der Nähe
von Reggio ausgefertigten Placitum der Königin von 1117 September 20
(DMa.1) geschlossen werden kann. Nachdem der Hof aber gegen Ende Juni
offensichtlich noch im Gebiet von Lucca geweilt hatte (s. D.*203),
kann er nach Überschreiten des Apennin frühestens in der ersten
Juliwoche die Emilia erreicht haben. – Sollte wider Erwarten
wenigstens Kehrs Tagesangabe, allerdings auf das Jahr 1117 bezogen, ernstzunehmen
sein, wäre diese wenigstens mit der für den Rest des Jahres 1117 (bis
1118 April 12) gültigen Zahl
VII für die Kaiserjahre in Einklang stehend.