Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde

Abbildungsverzeichnis der europäischen Kaiser- und Königsurkunden

<<20.>>

Heinrich bestätigt dem Kloster Helmarshausen den Besitz und verbietet die Einforderung von Steuern und Königsdienst.

Goslar, 1107 Juli 26.

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Original (ca. 49,5/51 b : 60/62,5 h) im Archiv des erzbischöflichen Generalvikariats zu Paderborn (A); Rückvermerk des 12. Jh.: Heinrici V. de libertate loci.

Teilfaks.: Heinemeyer in AfD 9/10, Taf. IIb. – Hoffmann, Bücher u. Urk. Abb. 2.

Drucke: Aus A: Schaten, Annal. Paderborn. 11,667 = Ders., Opera (Annal. Paderborn. ed. II.) 2,462. – Heineccius, Ant. Goslar. 109 nur Eschatokoll. – Wenck, Hess. Landesgesch. 2, UB 56 no 46 aus Kopialbuch des 16. Jh. im Staatsarchiv Marburg. – Wilmans-Philippi, Kaiserurk. d. Prov. Westf. 2,278 no 212 aus Abschrift des 17. Jh. sowie aus Wenck und Schaten. – Aus A: Linneborn, Inventar 9 no 13. Reg.: Georgisch, Reg. chronol.-dipl. 483 no 11. – Erhard, Reg. Westf. 1,217 no 1351. – Bode, UB d. Stadt Goslar 1,192 no 148. – Dobenecker, Reg. Thur. 1,219 no 1032. – Janicke, UB d. Hochst. Hildesheim 1,149 no 162. – Vogt, Herzogtum Lothars 149 no 5. – Heinemeyer a.a.O. 306 no 7, 322 no 9. – Metz in AfD 22,252 no 2.152. – Engel, Ravensberger Reg. 1,155 no 84. – Böhmer Reg. 1981. – Stumpf Reg. 3017.

Das D.20 bereitet von seinem Äußeren, seiner Genese und namentlich vom Inhalt her seiner Erklärung einige Schwierigkeiten.

Zunächst fällt auf, dass auf dem großformatigen Blatt der zehneinhalb Zeilen umfassende Kontext mit ca. 29 cm Höhe nur knapp die obere Hälfte in Anspruch nimmt. Auf der danach freien, etwas größeren unteren Hälfte konnte das Eschatokoll in großzügiger Platzverteilung untergebracht werden: In einem Abstand von ca. 5 cm von der halb gefüllten letzten Kontextzeile ist das relativ große Monogramm (64 mm b, 76 mm h) eingezeichnet; links davor ist in Höhe seines Vollziehungsstriches, in ca. 8,5 cm Abstand vom Kontext, die Signumzeile eingetragen; in einem Abstand von ca. 7,5 cm von dieser folgt die ca. 4 cm unterhalb des Monogramms verlaufende Rekognitionszeile, auf die in nochmaligem Abstand von ca. 10 cm die ihrerseits dicht über dem ungleichmäßig zugeschnitten unteren Blattrand eingetragene Datumzeile folgt; übrigens dürfte von den beiden in Elongata geschriebenen Unterfertigungszeilen die Signumzeile wegen der Verwendung einer etwas breiteren Feder (s. Anm. x) erst nachgetragen sein, jedoch wegen fehlenden Tintenunterschiedes wohl ohne Zeitverzug.

Noch auffälliger sind die teilweise grotesken Buchstabenverzierungen der Elongata der 1. Zeile (vgl. die Abb. bei Heinemeyer), wovon vor allem das Chrismon hervorsticht, dessen die C-Konturen umwindenden Schlangenlinien mit Borstenbüscheln besetzt sind (zu weiteren Auffälligkeiten vgl. Anm. b und d–f). Dass diese absonderliche Elongata von derselben Hand wie diejenige der Unterfertigungszeilen stammt, beweisen, neben übereinstimmenden Buchstabenformen (u.a. Einkerbung des Bogens der d in individuae und divina in der 1. Zeile und in Rotardi in der Rekognitionszeile; überall gleiche Gestaltung von Kopf und Fuß des elongierten t; Schreibung des Kapitalis-R mit weitem Abstand zwischen Kopfbogen und Abstrich bei Romanorum in der Intitulatio und in der Signumzeile, bei dem R des rex der Intitulatio wegen der Größe des Kopfbogens mit geringerem Abstand), insbesondere die verwendeten großen Interpunktionen in Gestalt von drei übereinandergesetzten 9-Haken, die in identischer Form am Schluss der beiden Unterfertigungszeilen und hinter der Invokatio stehen, während sie am Schluss der Intitulatio nach dem besonders stark verzierten rex (s. Anm. f) zusätzlich jeweils eingekerbt sind.

Während die Schrift des Kontextes von Helmarshausener Empfängerhand herrührt (vgl. Hoffmann a.a.O. 18), stammt die Schrift der Elongata eindeutig von Notar Adalbert A, von dem aber auch die in Buchschrift geschriebene, wegen Tintenwechsels (s. Anm. c’) nachgetragene Datumzeile eingetragen ist. Hoffmann hatte nur letztere dem Kanzleinotar zusprechen wollen; ein Indiz dafür, dass der Schreiber der Elongatapartien jedoch mit demjenigen der Datumzeile identisch ist, liefert u.a. die am Schluss der Datumzeile stehende Interpunktion, die wiederum aus drei 9-Haken besteht, die allerdings jetzt (womöglich wegen des Größenunterschiedes der Schrift gegenüber der hohen Elongata) nebeneinander stehen, wobei die Größe zwischen dem (mit demjenigen am Schluss der Invokatio und der Unterfertigungszeile absolut identischen) ersten und dem dritten Haken kontinuierlich zunimmt, worin sich evtl. nochmals die namentlich in der Elongata der 1. Zeile zu beobachtende Lust des Notars an Verzierungen ausdrückt. In der Niederschrift der ganzen Urkunde kommt eine enge Kooperation zwischen Kanzleinotar und Empfängerschreiber zum Ausdruck, die sich nun auch im Diktat spiegelt: Für die Formulierung der Dispositio unter Einschluss der Verbotsformel erfolgten ganz geringfügige Entlehnungen aus den echten Fassungen der verfälschten DO.III.256 von 997 Oktober 8 (verbesserter Druck bei Kehr in NA 49,102 no 1 = VU.I; die Annahme Heinemeyers a.a.O. 331, das weitgehend auf DO.III.256 beruhende DO.III.356 von 1000 April 21 sei herangezogen, ist unzutreffend) und DH.II.127 von 1007 Januar 30 (Kehr a.a.O. 108 no 5 = VU.II) sowie dem echten DH.II. 47 von 1003 Mai 7 (Kehr a.a.O. 107 no 4 = VU.III); aus der Benützung der Vorurkunden muss daher für diesen Teil ein Empfängerentwurf angenommen werden, dem dann auch der ungeschickte Einbau von dispositiven Verfügungen in die, wie in VU.I. (dort: Precipientes … iubemus …, ut nullus iudex …) positiv formulierte, Verbotsformel zuzuschreiben ist. Von Notar Adalbert A stammen hingegen die formelhaften Partien in Protokoll und Eschatokoll; zu causa dei vgl. Vorbemerkung zu D.5. Hausmann, Reichskanzlei 64 no 8 hatte dem Notar das ganze Diktat zugesprochen, andererseits entging ihm, da er offenbar das Original nicht kannte (er spricht nur von “Kop.”), die Beteiligung des Notars auch an der Niederschrift.

Aus zwei Einzelheiten ergibt sich nun auch, dass der Notar aufgrund des Empfängerentwurfs ein vollständiges Konzept hergestellt haben muss, was später, als er über größere Erfahrung verfügte, wohl nicht mehr die Regel gewesen sein dürfte: Zunächst hatte der Notar zusammen mit der Elongata der 1. Zeile noch das verzierte N des Notum geschrieben, ehe er dann im Wort die weitere Niederschrift des ganzen Kontextes dem Empfängerschreiber überließ (vgl. Anm. g); ob er ursprünglich – nach seinem Konzept – die ganze Urkunde selbst mundieren wollte und warum er die Fortsetzung dann aus der Hand gab, bleibt sein Geheimnis; nachdem bei der Fortführung des Notum kein Tintenwechsel gegenüber der vorangehenden Elongata, aber auch keiner zwischen dem mit einheitlicher Tinte geschriebenen Kontext und den wieder vom Notar stammenden abschließenden Unterfertigungszeilen festzustellen ist, hatte der Notar offensichtlich mitten unter der Niederschrift dem Empfängerschreiber die Feder in die Hand gedrückt und sie hernach von diesem wieder übernommen; das heißt, dass Herstellung von Konzept und Reinschrift offensichtlich in engstem zeitlichen Zusammenhang erfolgt waren. – Aus der Verwendung anderer Tinte für die Datumzeile (s. oben) ergibt sich übrigens ein zumindest geringer Zeitunterschied zwischen Mundierung und Expedition.

Man muss sodann davon ausgehen, dass der Notar auf seinem Konzept auch schon das in seiner Gestalt einmalige, sich durch die Belegung des Unterteiles der rechten Vertikalen mit einem O von den vorangehenden M.3./M.4. und dem folgenden M.6., die an dieser Stelle ein X bieten, unterscheidenden M.5. zumindest skizziert hatte, dessen Einzeichnung auf dem Original er jedoch dem Empfängerschreiber überließ, der damit, es genau in der vertikalen Bildmitte plazierend, seine Niederschrift des Kontextes abschloss; abgesehen von einzelnen Buchstaben (zu erwähnen ist vor allem das unziale D mit flacher statt von oben in einem Schwung angesetzter Oberlänge) geht dies in erster Linie daraus hervor, dass in kanzleifremder Weise die beiden seitlichen Vertikalen mit einem T-Deckbalken mit seitlichen Serifen und die rechte Vertikale mit einem gleichen Fußbalken statt mit C/E-Strichen nach rechts versehen sind – was übrigens der Kanzleinotar offenbar unbeanstandet durchgehen ließ.

Unser Diplom hat später mehreren anderen als Vorlage gedient: Zunächst für den Verbotspassus (nicht “für die Bestätigung der Immunität”, wie in der dortigen Vorbemerkung gesagt ist; vgl. dazu weiter unten) in DKo.III.117 von 1144 (= NU.). Ferner für einige der von Kehr als interpoliert gekennzeichneten Stellen in VU.I und VU.II: Für das cuiuscunque sit conditionis vel dignitatis in VU.I (ebenso für das cuiuscumque ordinis sit seu dignitatis in dem angeblichen Privileg P. Eugens III. von 1148, JL 9209, Kehr a.a.O. 113 no 9; Heinemeyer a.a.O. 319f. möchte für dieses auch unser Diplom als graphisches Vorbild in Anspruch nehmen) und für das et monasterio in honore sancti Petri apostolorum principis constructo ac dedicato in VU.II (in den echten DO.III 356 und DH.II.47 wird noch das ältere Patrozinium Salvatoris genannt; vgl. Kehr a.a.O. 91, Heinemeyer a.a.O. 336f.).

In der Vorbemerkung zu dem im 12. Jh. gefälschten DH.IV. †457 von angeblich 1097 (dazu passen Indiktion, Königs- und Kaiserjahre) ist schon festgehalten, dass unser Diplom diesem für die Elongataschrift (dies allerdings bis in die feinsten Einzelheiten, vgl. oben; s.a. Anm. c), das Monogramm (s. Anm. z) und (teilweise) für die Datierung, die sogar das hiesige Tagesdatum übernahm, als Vorlage diente. Die Entlehnungen gehen jedoch noch weiter: Übernommen ist auch die Formulierung von Invokatio und Intitulatio (wenigstens dies dort durch Petitsatz gekennzeichnet), besonders aber diejenige von Signum- und Rekognitionszeile, lediglich unter Ersatz von quintus durch quartus in Intitulatio und Signumzeile, aber unter Beibehaltung von rex an beiden Stellen, ferner unter Ersatz des Namens des Kanzlers Albertus durch Sighardus – unter Heinrich IV. nur kurz von 1064–1067 (DD.125…200) amtierend –, aber wiederum unter Beibehaltung des Namens des unter Heinrich IV. erst seit 1089 (D.407) amtierenden Erzkanzlers Ruthard).

Die mit den chronologischen Widersprüchen dieser Fälschung zusammenhängenden Fragen, die u.E. die Annahme zweier Deperdita Heinrichs IV., je eines aus der Königs- und aus der Kaiserzeit, zwingend nahelegen (vgl. unten), können wir hier nicht verfolgen; auffällig ist aber jedenfalls die unveränderte Übernahme der Formulierung der Rekognitionszeile, weil diese schon in unserem Diplom – durch Stellung des Namens hinter statt vor dem EB.-Titel und durch Auslassung eines et vor archicancellarii – verunglückt wirkt. Dies hat in unserem Text wohl nichts mit Ungeschicklichkeit des noch wenig erfahrenen Notars zu tun, sondern scheint seinen spontanen Entschluss zur Erweiterung der Titulatur zu spiegeln: Während er sich bisher auf die Angabe des EB.-Titels beschränkt hatte (s. DD.9, 12, 19), bietet er hier erstmals zusätzlich den Erzkanzlertitel, wobei ihm eine Formulierung wie in DD.21, 24 usw. vorgeschwebt haben wird; in der Konzentration darauf mag er die – an falschem Platz sofort nachgeholte – Angabe des Namens zunächst vergessen haben.

Zur rechtlichen Bewertung unseres Diploms bedarf es noch einer weiteren Analyse der Vernetzung zwischen ihm, VU.I und NU. Das DO.III.256 enthält nämlich noch zwei zentrale, von Kehr nicht erkannte Interpolationen:

Das betrifft erstens das perpetua libertate atque immunitate (vgl. NU.: omnem libertatem et inmunitatem). Die Zusammenstellung libertas atque/et immunitas ist nun nicht nur den Diplomen Ottos III. sonst völlig fremd, sie begegnet auch in sämtlichen Diplomen von der späten Karolingerzeit bis in die Salierzeit so gut wie nirgends – ausgenommen die lange, vielfach verfälschte Serie (vgl. Listen bei Brandi in Westd. Zs. 19,172f. und Jäschke in AfD 9/10,113 Anm. 6) der Diplome für die Osnabrücker Kirche, DDArn. 4, 62, †183, DDO.I.20, 212, 421, DDH.II.8, 491, DKo.II.123 und DH.IV.20, mit dem zuerst in dem seinerseits verfälschten DLD.51 von 848 gebotenen immunitatis <et libertatis> preceptum; sonstige Vorkommen in Diplomen für andere Empfänger basieren auf Kenntnis der Osnabrücker Vorlagen bei den betreffenden Notaren (z.B. DO.I.34 für Lorsch, DH.II.25 für Memleben, DKo.II.129 für Gernrode).

Erst in den Diplomen Konrads III. begegnet die Verbindung beider Begriffe mehrfach, abgesehen von dem DKo.III.14 aus dem Jahre 1138 (sub immunitatis libertate) gehäuft in 4 Diplomen der Jahre 1143/44, die alle von Wibald von Stablo verfasst sind: außer in dem Helmarshausener D.117 und in dem von dessen Konzept teilweise abhängigen (vgl. dazu Hoffmann a.a.O. 78f. mit Anm. 32), einen Tag älteren D.115 für Reinhausen (libertas et immunitas) noch in D.87 (in omni immunitate ac libertate) und in D.93 (sub plenę libertatis immunitate). Das libertate atque immunitate des DO.III.256 geht also zweifellos auf das DKo.III.117 zurück, das vorgeschaltete perpetua hingegen dürfte unserem D. entnommen sein.

Was nun die Immunität allein angeht, so ist D.20 in der Literatur immer als deren Bestätigung angesehen worden. Offenbar wurde dabei das die Verbotsformel abschließende perpetua libertate, was auch immer mit der libertas gemeint sein mag (vgl. dazu Hoffmann a.a.O. 79), als Verkürzung des für ursprünglich betrachteten perpetua libertate atque immunitate von VU.I (dort aber in der zentralen Dispositio) aufgefasst, was nach dem oben Gesagten jedoch ausscheidet. – Eine den Inhalt unseres Diploms zu weit fassende Fehldeutung war aber schon dem DKo.III.117 unterlaufen, das sich für die Bestätigung von libertas et inmunitas auf Verleihungen seiner Vorgänger berief (que … a predecessoribus … Ottone videlicet imperatore, Conrado abavo nostro imp., Heinrico avo nostro imp., … concessa est; Verbesserungen gegenüber dem auf dem Kopialbuch des 16. Jh. basierenden D.-Druck nach dem Original der Erneuerung durch Heinrich [VII.] von 1223, B.-Ficker Reg. 3902, Wilmans-Philippi 2,373 no 267); in keinem der angesprochenen Diplome (DDO.III.256, 356, 357, DKo.II.190, ein dem [eine private Schenkung bestätigenden] Falsum DH.IV. †457 geopfertes Deperditum Heinrichs IV. und unser Diplom) ist ausdrücklich von immunitas die Rede, nur in dem ausgerechnet in Konrads III. Aufzählung fehlenden DH.II.47 begegnet der Ausdruck (in nostrum mundiburdium et regie immunitatis tuitionem suscepimus). – Das Fehlen in unserem D., das ja auch DH.II.47 (VU.III) benützt hat, kann aber auch dem Ungeschick des Empfängerdiktators beim Referat der älteren Diplome zugeschrieben werden (man beachte den Rückvermerk mit libertas als einzigem Inhalt).

Die zweite im DO.III.256 interpolierte Stelle ist das servicium regale vel servitii redemptionem, das in seiner Gesamtheit wieder auf das DKo.III.117 zurückgeht. Der Zusatz vel servitii redemptionem, dessen Ursprünglichkeit schon Heusinger in AfU 8,39 Anm. 2 und 50 Anm. 4, Brühl, Fodrum 1,203 Anm. 359 (“unmöglich ursprünglich”) und Metz a.a.O. 210 Anm. 93 angezweifelt hatten, ist nämlich offensichtlich eine terminologische Neuschöpfung Wibalds und begegnet außer in dem DKo.III.117 und dem oben zitierten DKo.III.87 erstmals in dem ebenfalls von Wibald verfassten DLo.III.119 für Stablo von 1137, einem Schlüsseltext für die Deutung des redemptio.

Auch das Vorhandensein des servicium regale selbst in VU.I muss in Frage gestellt werden; schon die mit NU. übereinstimmende Wortfolge (gegenüber dem regale servitium unseres Textes) spricht für Übernahme der Stelle in VU.I aus der NU., zusammen mit dem redemptio-Zusatz. Bei dem regale servitium unseres Textes irritiert nun die textliche Einbindung, die jeder beliebigen persona dessen Beanspruchung untersagte; die Irritation wird jedoch beseitigt, wenn man feststellt, dass es sich dabei ganz offensichtlich um eine willkürliche Abwandlung einer Stelle des DH.II 47 (VU.III) handelt (nec idem monasterium nec terra eius nec homines in ea residentes aliquod seculare servitium … alio inviti sive coacti persolvant); in dessen Vorurkunde, dem DO.III.356, ist an dieser Stelle noch ganz allgemeiner von ullum obsequium die Rede. – Das DKo.III.117 hätte diese Irritation durch den redemptio-Zusatz und die Erweiterung um Leistungen, die auch nichtkönigliche Personen beanspruchen könnten, gemildert, und VU.I hätte bei Übernahme der Gesamtstelle aus dem DKo.III.117 das Problem noch weiter entschärft, indem aus dem direkten Objekt eine Apposition gemacht wurde (… pensionem publicam ad nostrum servicium regale [erg.: pertinentem?] vel servitii redemptionem …).

Unser Diplom entfällt damit als originärer Beleg für das Servitium regis. Andererseits fehlt der Nachweis für die, alle Probleme radikal ausräumende, von Göldel, Servitium regis 119 erwogene Annahme, die beiden, nur kopial überlieferten DDKo.III.115 u. 117 (NU.), die sie (a.a.O. 109) als “angebliche Urkunden Konrads III.” bezeichnet und deren Ausstellung zum angegebenen Zeitpunkt sie anzweifelt (vgl. noch a.a.O. 114 u. 117), könnten, evtl. zusammen mit DO.III.256 (VU.I), der nach Faussner (s. Lit.-Hinweise a.a.O. 118 Anm. 5) unerschöpflichen Fälscher-Initiative Wibalds von Stablo zuzuweisen sein. Dass unter den Intervenienten neben Herzog Lothar als einziger Laie Graf Hermann (seit 1109: von Winzenburg, s. D.*10) genannt wird, hat sicher seinen Grund darin, dass er durch seine Mutter Mathilde der Familie der Grafen von Reinhausen (sö. Göttingen), der vermutlichen Gründer des Klosters Helmarshausen (vor 997 durch den Grafen Eckhard, s. DO.III.256; vgl. dazu Pfaff in Zs. f. hess. Gesch. 44,194ff. und 45,77; Cramer in Hdb. d. Hist. Stätten, Hessen 3208), entstammte; demselben Umstand verdankt offenbar sein Onkel (Bruder der Mathilde), B. Udo von Hildesheim, das ihn gegenüber den anderen Bischöfen hervorhebende Attribut venerabilis. Beide zusammen waren schon am 2. Mai in Mainz am Hofe Heinrichs (Udo in DD. †16 u. †17; Hermann ist nur in D. †17 genannt, weil D. †16 auf die Nennung von Laienfürsten verzichtete). – Nach dem Traditionsbuch von Helmarshausen (Hoffmann a.a.O. 100 no 14; Pfaff a.a.O. 45,54 u. 77) war übrigens B. Udo anwesend, als Hermann (als Graf im Leinegau) ein plaeitum über Besitz in Weende (n. Göttingen) abhielt (sicher vor 1108, vgl. dazu Jungmann-Stadler in ZBLG 46,258f., 263f., 268); auf Rechte der Familie in Weende ist auch aus der Erwähnung eines comes Udo a.a.O. no 12 zu schließen (nach Hoffmann a.a.O. Anm. 28 wohl Sohn von B. Udos Bruder Heinrich).

Unmittelbarer Anlass für die Erwirkung des D.20 war höchstwahrscheinlich die Tatsache, dass kurz vorher, am 12. Mai, in der Klosterkirche die Reliquien des Hl. Modoald neugebettet worden waren, die Abt Thietmar in Trier von EB. Bruno entgegengenommen hatte (s. Pfaff a.a.O. 44,207ff.); für die Erlangung von Trierer Reliquien hatte sich nach Aussage der ca. 1107–1112 verfassten Vita s. Modoaldi (MGH SS 12, 296) Graf Hermann schon zuvor eingesetzt, als Abt Thietmar im Herbst 1106 auf dem Wege zur Synode von Guastalla, zu der ihn – so die Vita – P. Paschall II. nominatim geladen hatte, in Basel mit der unter EB. Brunos Leitung stehenden königlichen Gesandtschaft, der auch Hermann angehörte (s. D.*10), zusammentraf (s. auch Heinemeyer a.a.O. 352 Anm. 207).

(C.) In nomine sanctae et individuae trinitatis. Heinricus divina favente clementia quintus Romanorum rex. Notum fieri volumus omnibus Christi nostrique fidelibus tam futuris quam presentibus, qualiter nos causa dei et pro felici stabilitate regni nostri et ob ęternum remedium animę nostrę nostrorumque parentum, immo et pro dilectione clavigeri regni cęlorum et etiam digno interventu et humili peticione nostrorum dilectorum principum, Otthonis videlicet Babenbergensis episcopi, Bvrchardi Monasteriensis episcopi, Udonis venerabilis Hildenesheimensis ęcclesię pontificis, Livdigeri ducis, Herimanni comitis et aliorum multorum nostrorum fidelium, ęcclesię dei in honore beati Petri principis apostolorum constructę in loco, qui dicitur Helmwardeshvson, omnia bona tam prędia quam cętera adquisita nostrorum antecessorum regum vel imperatorum temporibus nostrique tempore successorumque nostrorum, quamdiu durabit seculum, adquirenda sibi, sive per precariam sive per emptionem sive per oblationem vel quolibet alio rationabili modo, per hanc preceptalem paginam concessimus ac iure perpetuo possidenda regia maturitate firmavimus. Dedimus quoque preceptum stabiliter regio more, ut nulla deinceps persona magna vel parva, cuiuscunque sit ordinis vel officii, audeat modo dictam ęcclesiam aliqua arte molestare vel inquietare vel tributum inde vel aliquod regale servitium exigere, sed per omnia et in omnibus ex regali concessione utatur perpetua libertate. Ut autem huius nostrę pietatis concessio ab omnibus credatur et stabilis et inconvulsa omni ęvo permaneat, hanc inde cartam conscriptam et manu propria corroboratam impressione nostri sigilli insigniri iussimus.

Signum domni Heinrici quinti regis Romanorum invictissimi. (M.5.)

Albertus cancellarius vice Maguntini archiepiscopi Rotardi archicancellarii recognovit. (SI.D.)

Data VII. kl. aug., indictione XIIII, anno ab incarnatione domini millesimo CVII, regnante Heinrico V. rege Romanorum anno III, ordinationis eius VIIII; actum est Goslarie; feliciter in Christo amen.