Original (ca. 49,5/51 b : 60/62,5 h) im Archiv des erzbischöflichen
Generalvikariats zu Paderborn (A); Rückvermerk des 12. Jh.:
Heinrici V. de libertate loci.
Teilfaks.: Heinemeyer
in AfD 9/10, Taf. IIb. – Hoffmann, Bücher u. Urk. Abb. 2.
Drucke: Aus A: Schaten, Annal. Paderborn. 11,667 = Ders., Opera (Annal. Paderborn. ed. II.) 2,462. – Heineccius, Ant. Goslar. 109 nur Eschatokoll. – Wenck, Hess. Landesgesch. 2, UB 56 no
46 aus Kopialbuch des 16. Jh. im Staatsarchiv Marburg. – Wilmans-Philippi, Kaiserurk. d. Prov. Westf. 2,278 no
212 aus Abschrift des 17. Jh. sowie aus Wenck
und Schaten. – Aus A: Linneborn, Inventar 9 no
13. Reg.: Georgisch, Reg. chronol.-dipl. 483 no
11. – Erhard, Reg. Westf. 1,217 no
1351. – Bode, UB d. Stadt Goslar 1,192 no
148. – Dobenecker, Reg. Thur. 1,219 no
1032. – Janicke, UB d. Hochst. Hildesheim 1,149 no
162. – Vogt, Herzogtum Lothars 149 no
5. – Heinemeyer
a.a.O. 306 no
7, 322 no
9. – Metz
in AfD 22,252 no
2.152. – Engel, Ravensberger Reg. 1,155 no
84. – Böhmer
Reg. 1981. – Stumpf
Reg. 3017.
Das D.20 bereitet von seinem Äußeren, seiner Genese und namentlich vom
Inhalt her seiner Erklärung einige Schwierigkeiten.
Zunächst fällt auf, dass auf dem großformatigen Blatt der zehneinhalb
Zeilen umfassende Kontext mit ca. 29 cm Höhe nur knapp die obere
Hälfte in Anspruch nimmt. Auf der danach freien, etwas größeren
unteren Hälfte konnte das Eschatokoll in großzügiger Platzverteilung
untergebracht werden: In einem Abstand von ca. 5 cm von der halb
gefüllten letzten Kontextzeile ist das relativ große Monogramm (64 mm
b, 76 mm h) eingezeichnet; links davor ist in Höhe seines
Vollziehungsstriches, in ca. 8,5 cm Abstand vom Kontext, die
Signumzeile eingetragen; in einem Abstand von ca. 7,5 cm von dieser
folgt die ca. 4 cm unterhalb des Monogramms verlaufende
Rekognitionszeile, auf die in nochmaligem Abstand von ca. 10 cm die
ihrerseits dicht über dem ungleichmäßig zugeschnitten unteren
Blattrand eingetragene Datumzeile folgt; übrigens dürfte von den
beiden in Elongata geschriebenen Unterfertigungszeilen die Signumzeile
wegen der Verwendung einer etwas breiteren Feder (s. Anm. x) erst
nachgetragen sein, jedoch wegen fehlenden Tintenunterschiedes wohl
ohne Zeitverzug.
Noch auffälliger sind die teilweise grotesken Buchstabenverzierungen
der Elongata der 1. Zeile (vgl. die Abb. bei Heinemeyer), wovon vor allem das Chrismon hervorsticht, dessen die C-Konturen
umwindenden Schlangenlinien mit Borstenbüscheln besetzt sind (zu
weiteren Auffälligkeiten vgl. Anm. b und d–f). Dass diese
absonderliche Elongata von derselben Hand wie diejenige der
Unterfertigungszeilen stammt, beweisen, neben übereinstimmenden
Buchstabenformen (u.a. Einkerbung des Bogens der
d in
individuae und
divina in der 1. Zeile und in
Rotardi in der Rekognitionszeile; überall gleiche Gestaltung von Kopf und Fuß
des elongierten
t; Schreibung des Kapitalis-R mit weitem Abstand zwischen Kopfbogen und Abstrich bei
Romanorum in der Intitulatio und in der Signumzeile, bei dem
R des
rex der Intitulatio wegen der Größe des Kopfbogens mit geringerem
Abstand), insbesondere die verwendeten großen Interpunktionen in
Gestalt von drei übereinandergesetzten
9-Haken, die in identischer Form am Schluss der beiden
Unterfertigungszeilen und hinter der Invokatio stehen, während sie am
Schluss der Intitulatio nach dem besonders stark verzierten
rex (s. Anm. f) zusätzlich jeweils eingekerbt sind.
Während die Schrift des Kontextes von Helmarshausener Empfängerhand
herrührt (vgl. Hoffmann
a.a.O. 18), stammt die Schrift der Elongata eindeutig von Notar
Adalbert A, von dem aber auch die in Buchschrift geschriebene, wegen
Tintenwechsels (s. Anm. c’) nachgetragene Datumzeile eingetragen ist. Hoffmann
hatte nur letztere dem Kanzleinotar zusprechen wollen; ein Indiz
dafür, dass der Schreiber der Elongatapartien jedoch mit demjenigen
der Datumzeile identisch ist, liefert u.a. die am Schluss der
Datumzeile stehende Interpunktion, die wiederum aus drei
9-Haken besteht, die allerdings jetzt (womöglich wegen des
Größenunterschiedes der Schrift gegenüber der hohen Elongata)
nebeneinander stehen, wobei die Größe zwischen dem (mit demjenigen am
Schluss der Invokatio und der Unterfertigungszeile absolut
identischen) ersten und dem dritten Haken kontinuierlich zunimmt,
worin sich evtl. nochmals die namentlich in der Elongata der 1. Zeile
zu beobachtende Lust des Notars an Verzierungen ausdrückt. In der
Niederschrift der ganzen Urkunde kommt eine enge Kooperation zwischen
Kanzleinotar und Empfängerschreiber zum Ausdruck, die sich nun auch im
Diktat spiegelt: Für die Formulierung der Dispositio unter Einschluss der Verbotsformel erfolgten ganz
geringfügige Entlehnungen aus den echten Fassungen der verfälschten
DO.III.256 von 997 Oktober 8 (verbesserter Druck bei Kehr
in NA 49,102 no
1 = VU.I; die Annahme Heinemeyers
a.a.O. 331, das weitgehend auf DO.III.256 beruhende DO.III.356 von
1000 April 21 sei herangezogen, ist unzutreffend) und DH.II.127 von
1007 Januar 30 (Kehr
a.a.O. 108 no
5 = VU.II) sowie dem echten DH.II. 47 von 1003 Mai 7 (Kehr
a.a.O. 107 no
4 = VU.III); aus der Benützung der Vorurkunden muss daher für diesen
Teil ein Empfängerentwurf angenommen werden, dem dann auch der
ungeschickte Einbau von dispositiven Verfügungen in die, wie in VU.I.
(dort:
Precipientes … iubemus …, ut nullus iudex …) positiv formulierte, Verbotsformel zuzuschreiben ist. Von Notar
Adalbert A stammen hingegen die formelhaften Partien in Protokoll und
Eschatokoll; zu
causa dei vgl. Vorbemerkung zu D.5. Hausmann, Reichskanzlei 64 no
8 hatte dem Notar das ganze Diktat zugesprochen, andererseits entging
ihm, da er offenbar das Original nicht kannte (er spricht nur von
“Kop.”), die Beteiligung des Notars auch an der Niederschrift.
Aus zwei Einzelheiten ergibt sich nun auch, dass der Notar aufgrund
des Empfängerentwurfs ein vollständiges Konzept hergestellt haben
muss, was später, als er über größere Erfahrung verfügte, wohl nicht
mehr die Regel gewesen sein dürfte: Zunächst hatte der Notar zusammen
mit der Elongata der 1. Zeile noch das verzierte
N des
Notum geschrieben, ehe er dann im Wort die weitere Niederschrift des ganzen
Kontextes dem Empfängerschreiber überließ (vgl. Anm. g); ob er
ursprünglich – nach seinem Konzept – die ganze Urkunde selbst
mundieren wollte und warum er die Fortsetzung dann aus der Hand gab,
bleibt sein Geheimnis; nachdem bei der Fortführung des
Notum kein Tintenwechsel gegenüber der vorangehenden Elongata, aber auch
keiner zwischen dem mit einheitlicher Tinte geschriebenen Kontext und
den wieder vom Notar stammenden abschließenden Unterfertigungszeilen
festzustellen ist, hatte der Notar offensichtlich mitten unter der
Niederschrift dem Empfängerschreiber die Feder in die Hand gedrückt
und sie hernach von diesem wieder übernommen; das heißt, dass
Herstellung von Konzept und Reinschrift offensichtlich in engstem
zeitlichen Zusammenhang erfolgt waren. – Aus der Verwendung anderer
Tinte für die Datumzeile (s. oben) ergibt sich übrigens ein zumindest
geringer Zeitunterschied zwischen Mundierung und Expedition.
Man muss sodann davon ausgehen, dass der Notar auf seinem Konzept auch
schon das in seiner Gestalt einmalige, sich durch die Belegung des
Unterteiles der rechten Vertikalen mit einem
O von den vorangehenden M.3./M.4. und dem folgenden M.6., die an dieser
Stelle ein
X bieten, unterscheidenden M.5. zumindest skizziert hatte, dessen
Einzeichnung auf dem Original er jedoch dem Empfängerschreiber
überließ, der damit, es genau in der vertikalen Bildmitte plazierend,
seine Niederschrift des Kontextes abschloss; abgesehen von einzelnen
Buchstaben (zu erwähnen ist vor allem das unziale
D mit flacher statt von oben in einem Schwung angesetzter Oberlänge)
geht dies in erster Linie daraus hervor, dass in kanzleifremder Weise
die beiden seitlichen Vertikalen mit einem
T-Deckbalken mit seitlichen Serifen und die rechte Vertikale mit einem
gleichen Fußbalken statt mit
C/E-Strichen nach rechts versehen sind – was übrigens der Kanzleinotar
offenbar unbeanstandet durchgehen ließ.
Unser Diplom hat später mehreren anderen als Vorlage gedient: Zunächst
für den Verbotspassus (nicht “für die Bestätigung der Immunität”, wie
in der dortigen Vorbemerkung gesagt ist; vgl. dazu weiter unten) in
DKo.III.117 von 1144 (= NU.). Ferner für einige der von Kehr
als interpoliert gekennzeichneten Stellen in VU.I und VU.II: Für das
cuiuscunque sit conditionis vel dignitatis in VU.I (ebenso für das
cuiuscumque ordinis sit seu dignitatis in dem angeblichen Privileg P. Eugens III. von 1148, JL 9209, Kehr
a.a.O. 113 no
9; Heinemeyer
a.a.O. 319f. möchte für dieses auch unser Diplom als graphisches
Vorbild in Anspruch nehmen) und für das
et monasterio in honore sancti Petri apostolorum principis constructo
ac dedicato in VU.II (in den echten DO.III 356 und DH.II.47 wird noch das ältere
Patrozinium
Salvatoris genannt; vgl. Kehr
a.a.O. 91, Heinemeyer
a.a.O. 336f.).
In der Vorbemerkung zu dem im 12. Jh. gefälschten DH.IV. †457 von
angeblich 1097 (dazu passen Indiktion, Königs- und Kaiserjahre) ist
schon festgehalten, dass unser Diplom diesem für die Elongataschrift
(dies allerdings bis in die feinsten Einzelheiten, vgl. oben; s.a.
Anm. c), das Monogramm (s. Anm. z) und (teilweise) für die Datierung,
die sogar das hiesige Tagesdatum übernahm, als Vorlage diente. Die
Entlehnungen gehen jedoch noch weiter: Übernommen ist auch die
Formulierung von Invokatio und Intitulatio (wenigstens dies dort durch
Petitsatz gekennzeichnet), besonders aber diejenige von Signum- und
Rekognitionszeile, lediglich unter Ersatz von
quintus durch
quartus in Intitulatio und Signumzeile, aber unter Beibehaltung von
rex an beiden Stellen, ferner unter Ersatz des Namens des Kanzlers
Albertus durch
Sighardus – unter Heinrich IV. nur kurz von 1064–1067 (DD.125…200) amtierend –,
aber wiederum unter Beibehaltung des Namens des unter Heinrich IV.
erst seit 1089 (D.407) amtierenden Erzkanzlers Ruthard).
Die mit den chronologischen Widersprüchen dieser Fälschung
zusammenhängenden Fragen, die u.E. die Annahme zweier
Deperdita Heinrichs IV., je eines aus der Königs- und aus der
Kaiserzeit, zwingend nahelegen (vgl. unten), können wir hier nicht
verfolgen; auffällig ist aber jedenfalls die unveränderte Übernahme
der Formulierung der Rekognitionszeile, weil diese schon in unserem
Diplom – durch Stellung des Namens hinter statt vor dem EB.-Titel und
durch Auslassung eines
et vor
archicancellarii – verunglückt wirkt. Dies hat in unserem Text wohl nichts mit
Ungeschicklichkeit des noch wenig erfahrenen Notars zu tun, sondern
scheint seinen spontanen Entschluss zur Erweiterung der Titulatur zu
spiegeln: Während er sich bisher auf die Angabe des EB.-Titels
beschränkt hatte (s. DD.9, 12, 19), bietet er hier erstmals zusätzlich
den Erzkanzlertitel, wobei ihm eine Formulierung wie in DD.21, 24 usw.
vorgeschwebt haben wird; in der Konzentration darauf mag er die – an
falschem Platz sofort nachgeholte – Angabe des Namens zunächst
vergessen haben.
Zur rechtlichen Bewertung unseres Diploms bedarf es noch einer
weiteren Analyse der Vernetzung zwischen ihm, VU.I und NU. Das
DO.III.256 enthält nämlich noch zwei zentrale, von Kehr
nicht erkannte Interpolationen:
Das betrifft erstens das
perpetua libertate atque immunitate (vgl. NU.:
omnem libertatem et inmunitatem). Die Zusammenstellung
libertas atque/et immunitas ist nun nicht nur den Diplomen Ottos III. sonst völlig fremd, sie
begegnet auch in sämtlichen Diplomen von der späten Karolingerzeit bis
in die Salierzeit so gut wie nirgends – ausgenommen die lange,
vielfach verfälschte Serie (vgl. Listen bei Brandi
in Westd. Zs. 19,172f. und Jäschke
in AfD 9/10,113 Anm. 6) der Diplome für die Osnabrücker Kirche,
DDArn. 4, 62, †183, DDO.I.20, 212, 421, DDH.II.8, 491, DKo.II.123 und
DH.IV.20, mit dem zuerst in dem seinerseits verfälschten DLD.51 von
848 gebotenen
immunitatis <et libertatis> preceptum; sonstige Vorkommen in Diplomen für andere Empfänger basieren auf
Kenntnis der Osnabrücker Vorlagen bei den betreffenden Notaren (z.B.
DO.I.34 für Lorsch, DH.II.25 für Memleben, DKo.II.129 für Gernrode).
Erst in den Diplomen Konrads III. begegnet die Verbindung beider
Begriffe mehrfach, abgesehen von dem DKo.III.14 aus dem Jahre 1138 (sub immunitatis libertate) gehäuft in 4 Diplomen der Jahre 1143/44, die alle von Wibald
von Stablo verfasst sind: außer in dem Helmarshausener D.117 und in
dem von dessen Konzept teilweise abhängigen (vgl. dazu Hoffmann
a.a.O. 78f. mit Anm. 32), einen Tag älteren D.115 für Reinhausen (libertas et immunitas) noch in D.87 (in omni immunitate ac libertate) und in D.93 (sub plenę libertatis immunitate). Das
libertate atque immunitate des DO.III.256 geht also zweifellos auf das DKo.III.117 zurück, das
vorgeschaltete
perpetua hingegen dürfte unserem D. entnommen sein.
Was nun die Immunität allein angeht, so ist D.20 in der Literatur
immer als deren Bestätigung angesehen worden. Offenbar wurde dabei das
die Verbotsformel abschließende
perpetua libertate, was auch immer mit der
libertas gemeint sein mag (vgl. dazu Hoffmann
a.a.O. 79), als Verkürzung des für ursprünglich betrachteten
perpetua libertate atque immunitate von VU.I (dort aber in der zentralen Dispositio) aufgefasst, was nach
dem oben Gesagten jedoch ausscheidet. – Eine den Inhalt unseres
Diploms zu weit fassende Fehldeutung war aber schon dem DKo.III.117
unterlaufen, das sich für die Bestätigung von
libertas et inmunitas auf Verleihungen seiner Vorgänger berief (que … a predecessoribus … Ottone videlicet imperatore, Conrado abavo
nostro imp., Heinrico avo nostro imp., … concessa est; Verbesserungen gegenüber dem auf dem Kopialbuch des 16. Jh.
basierenden D.-Druck nach dem Original der Erneuerung durch Heinrich
[VII.] von 1223, B.-Ficker
Reg. 3902, Wilmans-Philippi
2,373 no
267); in keinem der angesprochenen Diplome (DDO.III.256, 356, 357,
DKo.II.190, ein dem [eine private Schenkung bestätigenden] Falsum
DH.IV. †457 geopfertes Deperditum Heinrichs IV. und unser Diplom) ist
ausdrücklich von
immunitas die Rede, nur in dem ausgerechnet in Konrads III. Aufzählung fehlenden
DH.II.47 begegnet der Ausdruck (in nostrum mundiburdium et regie immunitatis tuitionem suscepimus). – Das Fehlen in unserem D., das ja auch DH.II.47 (VU.III) benützt
hat, kann aber auch dem Ungeschick des Empfängerdiktators beim Referat
der älteren Diplome zugeschrieben werden (man beachte den Rückvermerk
mit
libertas als einzigem Inhalt).
Die zweite im DO.III.256 interpolierte Stelle ist das
servicium regale vel servitii redemptionem, das in seiner Gesamtheit wieder auf das DKo.III.117 zurückgeht. Der
Zusatz
vel servitii redemptionem, dessen Ursprünglichkeit schon Heusinger
in AfU 8,39 Anm. 2 und 50 Anm. 4, Brühl, Fodrum 1,203 Anm. 359 (“unmöglich ursprünglich”) und Metz
a.a.O. 210 Anm. 93 angezweifelt hatten, ist nämlich offensichtlich
eine terminologische Neuschöpfung Wibalds
und begegnet außer in dem DKo.III.117 und dem oben zitierten
DKo.III.87 erstmals in dem ebenfalls von Wibald verfassten DLo.III.119
für Stablo von 1137, einem Schlüsseltext für die Deutung des
redemptio.
Auch das Vorhandensein des
servicium regale selbst in VU.I muss in Frage gestellt werden; schon die mit NU.
übereinstimmende Wortfolge (gegenüber dem
regale servitium unseres Textes) spricht für Übernahme der Stelle in VU.I aus der NU., zusammen mit dem
redemptio-Zusatz. Bei dem
regale servitium unseres Textes irritiert nun die textliche Einbindung, die jeder
beliebigen
persona dessen Beanspruchung untersagte; die Irritation wird jedoch beseitigt,
wenn man feststellt, dass es sich dabei ganz offensichtlich um eine
willkürliche Abwandlung einer Stelle des DH.II 47 (VU.III) handelt (nec idem monasterium nec terra eius nec homines in ea residentes
aliquod seculare servitium … alio inviti sive coacti persolvant); in dessen Vorurkunde, dem DO.III.356, ist an dieser Stelle noch
ganz allgemeiner von
ullum obsequium die Rede. – Das DKo.III.117 hätte diese Irritation durch den
redemptio-Zusatz und die Erweiterung um Leistungen, die auch nichtkönigliche
Personen beanspruchen könnten, gemildert, und VU.I hätte bei Übernahme
der Gesamtstelle aus dem DKo.III.117 das Problem noch weiter
entschärft, indem aus dem direkten Objekt eine Apposition gemacht
wurde (… pensionem publicam ad nostrum servicium regale [erg.:
pertinentem?] vel servitii redemptionem …).
Unser Diplom entfällt damit als originärer Beleg für das Servitium
regis. Andererseits fehlt der Nachweis für die, alle Probleme radikal
ausräumende, von Göldel, Servitium regis 119 erwogene Annahme, die beiden, nur kopial
überlieferten DDKo.III.115 u. 117 (NU.), die sie (a.a.O. 109) als
“angebliche Urkunden Konrads III.” bezeichnet und deren Ausstellung
zum angegebenen Zeitpunkt sie anzweifelt (vgl. noch a.a.O. 114 u.
117), könnten, evtl. zusammen mit DO.III.256 (VU.I), der nach Faussner
(s. Lit.-Hinweise a.a.O. 118 Anm. 5) unerschöpflichen
Fälscher-Initiative Wibalds von Stablo zuzuweisen sein. Dass unter den
Intervenienten neben Herzog Lothar als einziger Laie Graf Hermann
(seit 1109: von Winzenburg, s. D.*10) genannt wird, hat sicher seinen
Grund darin, dass er durch seine Mutter Mathilde der Familie der
Grafen von Reinhausen (sö. Göttingen), der vermutlichen Gründer des
Klosters Helmarshausen (vor 997 durch den Grafen Eckhard, s.
DO.III.256; vgl. dazu Pfaff
in Zs. f. hess. Gesch. 44,194ff. und 45,77; Cramer
in Hdb. d. Hist. Stätten, Hessen 3208), entstammte; demselben Umstand verdankt offenbar sein Onkel
(Bruder der Mathilde), B. Udo von Hildesheim, das ihn gegenüber den
anderen Bischöfen hervorhebende Attribut
venerabilis. Beide zusammen waren schon am 2. Mai in Mainz am Hofe Heinrichs (Udo
in DD. †16 u. †17; Hermann ist nur in D. †17 genannt, weil D. †16 auf
die Nennung von Laienfürsten verzichtete). – Nach dem Traditionsbuch
von Helmarshausen (Hoffmann
a.a.O. 100 no
14; Pfaff
a.a.O. 45,54 u. 77) war übrigens B. Udo anwesend, als Hermann (als
Graf im Leinegau) ein
plaeitum über Besitz in Weende (n. Göttingen) abhielt (sicher vor 1108, vgl.
dazu Jungmann-Stadler
in ZBLG 46,258f., 263f., 268); auf Rechte der Familie in Weende ist
auch aus der Erwähnung eines
comes Udo a.a.O. no
12 zu schließen (nach Hoffmann
a.a.O. Anm. 28 wohl Sohn von B. Udos Bruder Heinrich).
Unmittelbarer Anlass für die Erwirkung des D.20 war
höchstwahrscheinlich die Tatsache, dass kurz vorher, am 12. Mai, in
der Klosterkirche die Reliquien des Hl. Modoald neugebettet worden
waren, die Abt Thietmar in Trier von EB. Bruno entgegengenommen hatte
(s. Pfaff
a.a.O. 44,207ff.); für die Erlangung von Trierer Reliquien hatte sich
nach Aussage der ca. 1107–1112 verfassten Vita s. Modoaldi (MGH SS 12,
296) Graf Hermann schon zuvor eingesetzt, als Abt Thietmar im Herbst
1106 auf dem Wege zur Synode von Guastalla, zu der ihn – so die Vita –
P. Paschall II.
nominatim geladen hatte, in Basel mit der unter EB. Brunos Leitung stehenden
königlichen Gesandtschaft, der auch Hermann angehörte (s. D.*10),
zusammentraf (s. auch Heinemeyer
a.a.O. 352 Anm. 207).