Notarielles Transsumpt von 1322 Juni 8 (ausgestellt
in Tridino in domo domini marchionis auf Bitten des Podestà von Trino,
Alinerius de la Sala) im Staatsarchiv zu Turin (B).
Drucke aus B: Moriondo, Mon. Aquensia 1,45 no
33 unvollständig. – Muletti, Memorie di Saluzzo 1,419f. Auszug zu 1116 Mai 23. – Durando
in Bibl. stor. subalp. 42,211 no
1 zu 1116 Mai 23.
Reg.: Moriondo
a.a.O. 1,642 u. 2,318 no
42. – Savio, Indice del Moriondo, in Rivista di Alessandria 4–9,24 no
100 zu 1116 Mai 23. – Ficker
in Wilmans, Add. z. Westf. UB 92 no
116/30 zu 1116 (Juni 22). – Tallone, Reg. dei march. di Saluzzo 4 no
10. – Böhmer
Reg. 2055, alle zu 1116 Mai 23. – Stumpf
Reg. 3142 zu 1116 (Juni 22).
Verfasst von Notar Adalbert A; Hausmann, Reichskanzlei (66) nimmt das Stück nicht zur Kenntnis. – Dabei
benützte der Notar zunächst für den Textrahmen zwei nicht dem
Empfänger zuzuordnende, daher von uns mit VL.-Sigle bezeichnete
Textvorlagen: Einerseits das von ihm selbst verfasste und
geschriebene, knapp 1 Monat ältere D.182 für Menaggio (= VL.II),
andererseits aber auch, stellenweise in Gemengelage mit VL.II,
unmittelbar dessen Vorurkunde, das DO.I.246 von 962 (= VL.I), u.a. für
eine in D.182 fehlende Arenga sowie für die Petitio. – Da zum
Zeitpunkt der Herstellung von D.187 sich das Original von DO.I.246
sicher nicht mehr in den Händen des Notars befand, wird man davon
ausgehen dürfen, dass er sich davon – vielleicht wie sein Nachfolger,
Notar Heinrich, für eine Formularsammlung – eine Abschrift angefertigt
hatte; zu einem anderen Fall der Benützung von Vorurkunden fremder
Empfänger vgl. übrigens Vorbemerkung zu D.199.
Dem Notar hat aber für die mit den beiden Vorlagen sich weiter nicht
berührende Dispositio augenscheinlich noch eine, seitens der Empfänger
zur Bestätigung eingereichte direkte Vorurkunde zur Verfügung
gestanden; Ficker, Forschungen 2,40 schließt aus der zweimaligen Erwähnung des
Pfalzgrafen, dass die erste, den Rechtsvorgängern der Cani gewährte
Verleihung spätestens in den Beginn des 11. Jh. gefallen sei; vgl.
dazu auch Ficker
a.a.O. 1,316 mit Anm. 2. Angesichts dieser zweifellos zutreffenden
Feststellung fällt die gewissermaßen anachronistische Nennung eines –
anderweitig nicht nachweisbaren
– Guido comes palatinus in der Zeugenliste auf; wenn diesem Mann der Titel nur im Hinblick auf
dessen Verwendung im Kontext zugelegt wurde, wäre denkbar, dass der
Zeuge identisch ist mit dem in D.182 (= VL.II!) genannten
Wido vicecomes.
Während wir die Übereinstimmungen mit den beiden Vorlagen im Kontext
durch Petitsatz gekennzeichnet haben, ist darauf bei der Datierung
verzichtet, weil deren mit VL.II sich deckende Formulierung
vollständig Diktat des Kanzleinotars ist, der hier übrigens bei einer
der Jahreskennzahlen eine charakteristische Änderung vornahm: Nachdem
er seit dem 10. Mai des Jahres, neben richtiger Zählung von Indiktion
und Kaiserjahren, kurzfristig auch für die Königsjahre die richtige
Zahl
XI verwendet hatte (s. DD.174, 175, 182 [vgl. dazu Anm. y’], 183 u. 186),
greift er in D.187 wieder auf die falsche Zahl
X zurück, die er schon zu Jahresbeginn geboten hatte (s. DD.153, 155,
169), um in der Folgezeit an dieser falschen Zahl
X bis zum Jahresende konsequent festzuhalten (s. noch DD.188–*191, 193,
194, 198 u. 199).
Der Handlungsort der drei DD.187–189 ist das ca. 3 km s. Casale
Monferrato gelegene frühere Pasiliano, heute San Germano; diese
Identifizierung schon bei Stumpf
Reg. 3142 mit Verweis auf J 9624 (= JL 15084, Migne, PL 201,1278 no
161: P. Lucius III. von 1184 September 24; dort geht es um die
ecclesie site in curia Casalis, darunter:
in Paciliano ecclesia sancti Germani), s. auch Darmstädter, Reichsgut 256; die genannten Burgorte liegen auch alle w. und s. San
Germano. Demgegenüber lokalisiert Hausmann
a.a.O. 66f. no
79 u. 80 die beiden DD.188 u. 189 in das ca. 25 km nö. Mailand
gelegene Basiano, anscheinend irregeführt durch einen späteren
vermutungsweisen Hinweis bei Stumpf, Zusätze S. 539. Aus dem mit DD.188 u. 189 gemeinsamen Handlungsort
ergibt sich auch zwingend die schon von Stumpf
vorgenommene Korrektur des falschen Monatsnamens (s. Anm. x’).
Nachdem das Original des von Adalbert A verfassten D.187 womöglich
auch, zumal es sich bei den Empfängern um Laien handelte, wie das
ältere D.182 (= VL.II) und das nur zwei Tage jüngere D.188 ganz von
ihm geschrieben war, zumindest aber die Schrift von Proto- und
Eschatokoll wie in dem unmittelbar vorangehenden D.186 von seiner Hand
gestammt hatte, verblüffen die gravierenden formalen Mängel der
einzigen erhaltenen Überlieferung, die sicher allein dem
transsumierenden Notar anzulasten sind und keinen Verdacht gegen die
Echtheit des Stückes begründen können; Ficker
a.a.O. 2,40 Anm. 3 hält D.187 schlechthin für unverdächtig.
Der Notar des Jahres 1322 hatte offensichtlich größte Schwierigkeiten
mit der Lesung der nach dem Brauch des Kanzleinotars in Elongata
geschriebenen Partien: In der 1. Zeile sind dadurch die Lesefehler von
Anm. a und b zu erklären, und das falsche
et semper in der Intitulatio (s. Anm. c), das er garantiert in seiner Vorlage
nicht angetroffen hatte, floss ihm mutmaßlich aufgrund seiner Kenntnis
zeitgenössischer Kaiserurkunden in die Feder. Die von ihm vielleicht,
anders als der Wortlaut der 1. Zeile, für entbehrlich gehaltenen
elongierten Unterfertigungszeilen hat er dann wohl wegen seiner
Leseschwierigkeiten einfach ganz weggelassen. Das Fehlen der im
Original sicher vorhanden gewesenen Zeugeneinleitungsformel (s. Anm.
t’), wodurch die Zeugenliste unvermittelt an die Korroboratio
anschließt, kann vollends nur durch grobe Nachlässigkeit erklärt
werden; übrigens ist die Eröffnung der Zeugenliste durch den Kanzler
mit einer der Formulierung der Rekognitionszeilen entsprechenden
Titulatur (vgl. z.B. VL.II) sicher nicht als Rest der ausgefallenen
Unterfertigungszeilen anzusehen, da dies bedeuten würde, dass die
Zeugenliste selbst an unmöglichem Platz zwischen Unterfertigungen und
Datierung gestanden hätte.
Dem Notar unterlief auch bei der Lesung der Kontextschrift eine
beträchtliche Zahl von Fehlern (vgl. Anm. e, q–u, z, g’, h’, q’, s’,
x’), darunter auch zwei leicht emendierbare Namensfehler (s. Anm. h
und t’). – Kaum auf einer Verlesung beruht jedoch der Name des 2.
Zeugen,
Ardicio episcopus (s. Anm. v’), der freilich einer Erklärung größte Schwierigkeiten
bereitet: Diesen Namen trug zwar der unmittelbare Nachfolger des als
einziger Petent genannten B. Siegfried von Vercelli (1111–1117; am
Hofe genannt auch in DD. 183 und 198, ferner früher in dem den ersten
Beleg bildenden D.71; vgl. Schwartz, Besetzung 140), der seit 1117/18 amtierende B. Arditio aus dem Hause
Bulgaro (vgl. Vorbemerkung zu D.*256), doch unter den zeitgenössischen
Bischöfen begegnet niemand mit diesem oder auch nur ähnlich klingendem
Namen; der wenigstens einen ebenso anlautenden Namen tragende B. Arpo
von Feltre ist immer nur im östlichen Oberitalien am Hofe anzutreffen
(vgl. Vorbemerkung zu D.154); man ist daher versucht, an den gerade im
Jahre 1116 in engsten Beziehungen zum Hofe stehenden B. Azo von Acqui
(zu ihm vgl. D.*191) zu denken, falls Azo eine Kurzform von Arditio
bilden sollte.
Über die Familie der Cani liegen keine mittelalterlichen Nachrichten
vor; sowohl die Tatsache der Petition durch B. Siegfried von Vercelli
als auch der Umstand, dass 1322 der Podestà des je ca. 18 km sw.
Vercelli und nw. Casale Monferrato gelegenen Trino am Nordufer des Po
das Transsumpt erwirkte, könnte für Ansässigkeit der Familie in dieser
Gegend sprechen. Zu den – wie B. Azo von Acqui(!) – dem Hause der
Aleramiden angehörenden drei Markgrafen vgl. D.*191. – Zum Fodrum (de castellis) und dessen Verbindung mit Arimannen vgl. Brühl, Fodrum 1,554 mit Anm. 549; ebenda 667 Anm. 440 zur hiesigen
salva-Klausel.