Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde
<<185.>>

Heinrich übermittelt Bischof Hartwig von Regensburg die von drei genannten, aus Rom zurückgekehrten Bischöfen erhaltenen Nachrichten, wonach zwischen Kaiser und Papst Eintracht hergestellt sei, der Papst niemals an genannte Feinde des Kaisers geschrieben habe, den Mainzer (Erzbischof Adalbert) nur als Verräter bezeichne und gegen den Kaiser gerichtete Maßnahmen Guidos von Vienne und Kunos (von Praeneste) verleugne, so dass Kuno anscheinend des Papstes Gnade verloren habe, nimmt Hartwigs Verhinderung ihn aufzusuchen zur Kenntnis und bittet ihn um die Verteidigung seiner Sache und namentlich seines Neffen Friedrich (II. Herzogs von Schwaben).

(1116, wohl Anfang bis Mitte Juni).

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Abschriften des 12. Jh. in zwei Handschriften des Codex Udalrici: Cod. 398 f. 133va–b der Österreichischen Nationalbibliothek zu Wien (V). – Hs. 283 p. 294–295 der Stiftsbibliothek zu Zwettl (Z).

Drucke: Aus V: Eccard, Corp. hist. 2,330 no 317 = Mansi, Suppl. zu Labbé-Cossart-Coleti, Conc 2,317 = Hartzheim, Conc. Germaniae 3,767 zu 1118 = Mansi, Conc. 21,156 zu 1116. – Aus VZ: Jaffé, Mon. Bamberg. 307 no 175 zu 1116.

Reg. (u. Paraphrasen): Böhmer-Will, Mainzer Reg. 1,253 no 51. – Ladewig-Müller, Constanzer Reg. 1,85 no 693. – Knipping, Kölner Reg. 2,20 no 130, alle zu 1116. – Meyer von Knonau, Jahrb. 7,11ff. mit Anm. 11. – Jakobs, Germ. pont. 4.4,123 no *225 und 389 no *94a. – Zoepfl-Volkert, Augsburger Reg. 1,252 no 413 u. Nachtr. S. 360. – Schieffer, Germ. pont. 7.1,78 no 223. – Stumpf, Reg. 3146a, alle zu 1116 Juni/Juli.

Verfasst von dem im Text ohne Titel genannten (s. Anm. k) Leiter der Hofkapelle, Propst Arnold von Aachen, vgl. Hausmann, Reichskanzlei 81 no 2 (s.a. 315 mit Anm. 5) und Vorbemerkung zu D.152; Pivec in MÖIG 46,293 hatte das Schreiben fälschlich dem Kaplan David zugesprochen.

Der Brief wurde wahrscheinlich bald nach der Rückkunft der drei genannten Bischöfe, die evtl. danach noch einige Zeit am Hofe blieben, abgesandt. Seine von den späteren Autoren übernommene Datierung auf 1116 Juni/Juli hatte Stumpf mit dem Verweis auf D.186 begründet, in dem der Großteil der in D.185 als beim Kaiser anwesend genannten Kirchenfürsten als Intervenienten begegnet (es fehlt dort die Nennung der Bischöfe von Augsburg und Brixen); aufgrund unserer genaueren Datierung des bisher auf 1116 Juli 1 datierten D.186 (vgl. dortige Vorbemerkung) gehört jedoch D.185 etwa in die Mitte, evtl. auch in die erste Hälfte des Monats Juni.

Diese Datierung wird dadurch gestützt, dass die drei Gesandten nur in den Monaten Mai/Juni 1116 ungefähr gleichzeitig an Heinrichs Hof nachweisbar sind: Zu Landulf von Asti vgl. D.183 von 1116 Mai 29 (s.a. D.192); zu Azo von Acqui vgl. D.*191 von 1116 Juni 30 (evtl. identisch mit dem Ardicio episcopus in D.187 von 1116 Juni 22); zu Aldo von Piacenza vgl. D.*184 (von 1116 Ende Mai?); alle drei begegnen nochmals gemeinsam bei der Weihe der Kathedrale von Genua durch P. Gelasius II. am 10. Oktober 1118 (vgl. Schilling, Guido von Vienne 429 Anm. 204); in der Literatur über D.185 wird übrigens, falls überhaupt, seit Meyer von Knonau (s. noch Zoepfl-Volkert und Servatius, Paschalis II. 333) als Name des Placentinus statt Aldo (so richtig nur Schilling, s. oben u. Register) fälschlich Guido angegeben, was bei Zoepfl-Volkert in den Nachträgen (s. oben) mit Verweis auf Schwartz, Besetzung 195 korrigiert wird.

Die vorangehenden Ereignisse sind, auch in ihrem zeitlichen Ablauf, recht unklar. Dies gilt zunächst für die Autorisierung der drei Abgesandten: Während es hier heißt, dass sie non nostra quasi legatione, sed eorum propria voluntate nach Rom gegangen waren, spricht Heinrich in seinem zweiten, gleichfalls von Arnold verfassten Brief an B. Hartwig, D.200 von 1117, der den Inhalt von D.185 teilweise wiederholt, davon, dass er sie nach Rom entsandt habe (misimus, s. Anm. f und dortige Anm. c’), und zwar aus einer Versammlung von religiosi episcopi atque abbates heraus (tres ex illis omnibus), die er zur gemeinsamen Beratung der politischen Situation einberufen hatte (… convocantes de pace et concordia regni et sacerdotii subtilissima inquisitione tractavimus). – Auf die Zusammensetzung dieser Versammlung, nämlich aus sowohl kaiserlich wie päpstlich gesinnten Kirchenfürsten (Norditaliens), kann man nicht nur aus der Zielsetzung, sondern auch aus den Namen der Abgesandten selbst schließen, in denen sich beide Seiten der Versammlung vertreten sehen konnten, da jedenfalls B. Aldo von Piacenza zur päpstlichen Partei zu zählen war (s. D.*184). – Der scheinbare Widerspruch zwischen beiden Briefen lässt sich durch die Annahme aufheben, dass die drei Bischöfe von der unter Leitung Heinrichs stehenden Versammlung mit der Mission beauftragt wurden, so dass Heinrich von Entsendung durch ihn sprechen konnte (das propria voluntate ist womöglich auch nicht auf die drei, sondern auf die Versammlung, der sie angehörten, zu beziehen).

D.200, das die Vorgänge seit Beginn des 2. Italienzuges knapp rekapituliert, erweckt den Eindruck, als habe Heinrichs Kirchenversammlung unmittelbar nach Betreten des Bodens Reichsitaliens stattgefunden (in Italiam transalpinavimus et ibi religiosos episcopos … convocantes …). Es kann jedoch nicht bezweifelt werden, dass diese Versammlung eine Reaktion auf das genau parallel zu Heinrichs Eintreffen im Veneto tagende Laterankonzil vom 6–11. März 1116 (zu diesem vgl. Schilling a.a.O. 383ff.) darstellte, an dem wahrscheinlich nur wenige Norditaliener teilgenommen hatten; Kenntnis von den dortigen Vorgängen hatte Heinrich zweifellos in erster Linie durch Abt Pontius von Cluny erhalten, der nach seiner Teilnahme am Konzil (s. unten) frühestens nach der Mitte des Monats März mit seinem Bericht am Hofe eingetroffen sein konnte.

Berücksichtigt man die nötigen Ladungsfristen, kann die einberufene Versammlung frühestens im April, am ehesten erst in der zweiten Monatshälfte zusammengetreten sein; über Ort (Heinrich hielt sich damals im Kerngebiet der mathildischen Lande auf) und Dauer wissen wir nichts. Wo die Abgesandten mit dem Papst zusammentrafen und wie lange die Gespräche dauerten, ist gleichfalls völlig unbekannt, genau so wie die Ergebnisse, zu denen aber der Plan eines persönlichen Zusammentreffens zwischen Kaiser und Papst gezählt haben könnte, wenn man den Satz Hoc totum promittit … ernst nimmt. Völlig ungewiss ist schließlich der Zeitraum, den die Abgesandten für Hinweg, Gespräche und Rückweg benötigten; es kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass sie erst Ende Mai (spätestens vor dem 29., s. oben zu Landulf von Asti) wieder am Hofe eintrafen.

Wir verzichten übrigens darauf, die an Hartwig ergangene schriftliche Ladung (mandavimus) mit eigener Nummer als kaum genauer datierbares Deperditum auszuweisen: Aus der Anknüpfung mit His aliisque verbis auditis kann man evtl. den Schluss ziehen, dass sie bald nach Erhalt der Nachrichten vom Laterankonzil ergangen war und Hartwig zu Heinrichs Kirchenversammlung rufen wollte; jedenfalls waren ja inzwischen Hartwigs legati mit der Mitteilung seiner Verhinderung eingetroffen; das reichlich kryptische Schreiben verweigert auch eine Antwort auf die Fragen, was mit dem congruo tempore und dem maxima festinatione ad presens ire [wohin?] oportet gemeint sein könnte.

Dass Heinrich über die Vorgänge der Jahre 1116 und 1117 gleich zweimal gerade an B. Hartwig († 1126) schrieb, beruht zweifellos darauf, dass dieser seit seiner Erhebung zum Bischof von Regensburg im August oder September 1105 durch Heinrich V. in unerschütterlicher Treue zu ihm gestanden hatte; zu ihm vgl. zuletzt Rosanowski in Stud. u. Qu. z. Gesch. Regensburgs 4,57ff.

Zum Zusammenhang zwischen DD.185 und 200 vgl. u.a. Meyer von Knonau a.a.O. 12 Anm. 11, nach dessen zutreffender Bewertung D.185 mehr den Charakter einer privaten Mitteilung hatte, D.200 hingegen eine für weitere Kreise bestimmte Publikation darstellte (s.a. Servatius a.a.O. 333 und Rosanowski a.a.O. 65f.). Aber auch der erste Brief sollte zweifellos B. Hartwig zur Propagierung der kaiserlichen Sicht der Lage bewegen, die in D.185 bei der Betonung des Einvernehmens mit dem Papst zumindest in einem Punkt, der Bewertung von dessen Verhältnis zu dem im Text zweimal namentlich genannten Kardinalbischof Kuno von Praeneste, nicht den Tatsachen entsprach:

Nach dem ausführlichsten, wohl auf dem (von Pontius übermittelten?) Synodalprotokoll beruhenden Bericht über das Laterankonzil bei Ekkehard (rec. III, ed. Schmale-Ott 318ff.; Mansi, Conc. 21,145ff.; vgl. Meyer von Knonau a.a.O. 6,348ff., Servatius a.a.O. 330ff.) hatte am 4. Konzilstag (Donnerstag, 9. März) der Papst, der an diesem Tag nicht an der Sitzung teilnahm, eine Unterredung mit Abt Pontius von Cluny und weiteren, nicht vollzählig genannten Personen (Quinta feria papa in concilio non sedit, multis et maxime regis negotiis per domnum Cluniacensem, Iohannem Caitanum et Petrum Leonis et urbis prefectum cęterosque illius partis fautores impeditus; von diesen vier waren der päpstliche Kanzler Johannes von Gaeta und Petrus Leonis natürlich keine fautores Heinrichs, sondern Vertreter der päpstlichen Seite, allerdings vertrat der Kanzler die auf Ausgleich bedachte Richtung, s. Servatius a.a.O. 331).

Die Sitzung des 5. Konzilstages (Freitag, 10. März) wurde dann eröffnet mit einer Konfrontation zwischen den beiden päpstlichen Gesprächsteilnehmern des Vortages (u.a.) und Kuno von Praeneste (Iohanne Caitano cum Petro Leone cęterisque regis fidelibus in faciem resistentibus predicto Cůnoni Prenestino sepius verbum excommunicationis exponere cupienti), in die der Papst eingriff (murmur … compescuit); Kern der folgenden Wechselrede zwischen Papst und Kuno war, dass der Papst dessen Legatentätigkeit, einschließlich der von ihm ausgesprochenen Exkommunikationen (s. Anm. 4), pauschal, ohne Nennung Heinrichs, bestätigte (Vere legatus ex latere nostro missus fuisti, et quicquid tu cęterique fratres nostri cardinales episcopi, legati dei et apostolorum Petri et Pauli, huius sedis et nostra auctoritate fecerunt, probaverunt, confirmaverunt, ego quoque probo et confirmo, quicquid autem damnaverunt, damno); ein von Kuno verlangtes, nach beiläufiger Erwähnung auch von Guido von Vienne (s. Anm. 3) brieflich und durch Boten gewünschtes bestätigendes Votum des Konzils scheiterte jedoch am fehlenden Konsens unter den Konzilsvätern.

H. dei gratia Romanorum imperator augustus H. Radisponensium episcopo gratiam suam et omne bonum ut fideli karissimo. Quod legatos tuos nobiscum tanto tempore retinuimus, nulla alia de causa fecimus, nisi quod nec itineris nostri nec a Roma aliquam certitudinem tibi mandare potuimus. Nunc dilectioni tuę intimare decrevimus episcopos quosdam, videlicet Astensem, Aquensem, Placentinum, inde venisse, non nostra quasi legatione, sed eorum propria voluntate ivisse. Qui tamen verę pacis concordiam inter nos et papam omni dubietate remota retulerunt. Qui etiam nos omnes, Monasteriensem nominatim, Tridentinum, Augustensem, Brixinensem, Constantiensem abbatemque Wltensem, Arnoldum, in adventu eorum benedixerunt, ore et osculo ex eius parte salutaverunt. Aiunt etiam dominum papam numquam aliquem adversarium nostrum, Coloniensem vel Salzburgensem vel Wirzeburgensem vel Halberstatensem vel aliquem inimicum nostrum viva voce vel litteris salutasse. Moguntinum nec ipse nec tota Romana ecclesia aliter quam traditorem dei et domini sui et tocius christianitatis appellant. Quicquid enim Uiennensis Wido, Chǒno contra imperium et nos aliquomodo moliti sunt, detestatur, ita quod fraternitatem et gratiam suam idem Chǒno inde apparet amisisse. Hoc totum promittit non per nuntium sed per se ipsum verum esse probaturum. His aliisque verbis auditis ac pertractatis cognovimus te, ut mandavimus, congruo tempore venire non posse ad nos, quia cum maxima festinatione ad presens ire oportet. Sed tamen, ubicumque erimus, pro te et vice tua erimus, et tu, ubi fueris, pro nobis et in persona nostra sis iuvando et sustinendo ac defendendo honorem nostrum, et specialiter nepotem nostrum Fridericum aliosque fideles nostros, ut bene appareat te esse inimicum inimicorum nostrorum et amicum amicorum nostrorum.