Original-Notariatsurkunde (ca. 41,5/44,5 b : 49/51 h) im Staatsarchiv
zu Mailand (A); Rückvermerk des 12./13. Jh. (teilweise unleserlich): …
de silva de Capeneta[!] et de Solamme …; 15. Jh.:
Donatio facta per Henricum quartum mon. sancti Benedicti de una
insula[!], que vocatur de Solamme, et de una parte iuxta eam, que dicitur
silva de Carpaneta …
Faks.: Spagnesi, Wernerius tav. VI. – Teilfaks.: Schlögl, Unterfertigung Taf. XXXVII u. XXXVIII Abb. 22a–d, ferner Taf. XLV
Abb. 26 nach Kopie des 12. Jh.
Drucke: Muratori, Ant. Ital. 11,601; 22,269 = Scheid, Orig. Guelf. 1,655 no
121. – Ricci, I primordi 81 no
24. – Aus A: Torelli, Reg. Mantov. 1,123 no
172 Auszug = Sissa
in Civiltà Mantovana 3,341 no
1. – Spagnesi
a.a.O. 63 no
7. – Rinaldi-Villani-Golinelli, CD Poliron. 290 no
95.
Reg.: Georgisch, Reg. chronol.-dipl. 1,502 no
6. – Indices … Muratorii
87 no
791. – Ricci
a.a.O. 47 no
24. – Spagnesi
a.a.O. 12 no
7. – Böhmer
Reg. 2053. – Stumpf
Reg. 3138.
Zu den äußeren Merkmalen dieser im Stil der canusinischen
Notariatsurkunden (s. Overmann, Mathilde 216ff.) verfassten Urkunde, deren eigenhändige
Unterfertigung durch Heinrich außer dem Kreuz auch das schwer deutbare
.R. einschließt (s. Anm. t’), vgl. Schlögl
a.a.O. 164ff.; in CD Poliron. ist das Original unverständlicherweise
als “copia semplice” bezeichnet und zusätzlich fälschlich behauptet, Pivec
in MÖIG 51,28 bewerte D.177 als Fälschung, offensichtlich eine
Verwechslung mit dem von Pivec
anschließend (a.a.O. 28ff.) behandelten D.†262 (St. 3195).
Die gewählte Urkundenform, die Person des Notars Dominicus (zu ihm und
seinem schlechten Latein vgl. D.168) als deren Urheber und schließlich
auch der Ausstellort, die dem Kloster gehörige und diesem benachbarte
Burg Governolo (s. D.173), machen aus D.177 gewissermaßen eine
Empfängerausfertigung. Diese Bewertung wird dadurch untermauert, dass
für das Diktat offensichtlich eine klösterliche Vorurkunde benutzt
ist. Gerade angesichts der sonstigen starken Formalisierung von
Notarsurkunden kann nämlich kein Zweifel daran bestehen, dass der
Notar auf die – von ihm selbst geschriebene – Urkunde Mathildes für
San Benedetto von 1114 Juni (Goez, Urk. Mathildes no
133 = VU.) zurückgegriffen hat, wie die durch Petitsatz
gekennzeichneten Stellen zeigen. Verwiesen sei, außer auf den von dort
übernommenen Wechsel von Aussteller-Singular zu Plural, nur noch auf
die Verwendung einer Inskriptio, wie diese unter den von Dominicus
geschriebenen Urkunden nur in diesen beiden Stücken begegnet. Eine
Stelle liefert nun den eindeutigen Beweis dafür, dass die
Übereinstimmungen nicht auf der Stilisierung durch den identischen
Urheber, sondern auf direkter Benutzung beruhen: Während der Notar von
zwei
vobis-Anreden der klösterlichen Empfänger in der Vorurkunde die erste
gedankenlos übernimmt (s. Anm. m’), ändert er dies an der zweiten
Stelle in die auch sonst verwendete objektive Form
eidem æcclesiæ (s. Anm. n’).
In D.177 präsentiert sich ein ganz einzigartiger Text, insofern nicht
nur in einer einzigen Urkunde zugunsten zweier verschiedener Empfänger
geurkundet wird, sondern dies in der Weise, dass jedem eine separate
Dispositio gewidmet ist und erst an der Nahtstelle zwischen beiden die
in der stereotypen Formulierung des Notars gehaltene Arenga (zu dieser
vgl. Overmann
a.a.O. 218 sowie Hessel
in NA 31,468f.) geboten wird.
Die zusammenfassende Beurkundung hat ihren Rechtsgrund darin, dass der
zweite Begünstigte, das canusinische Kloster Gonzaga, ein Eigenkloster
von San Benedetto Po war (s. D.78 mit Anm. 15; vgl. It. pont. 5,410f.)
und dessen Abt auch von Mathilde die Leitung von Gonzaga erhalten
hatte (vgl. die undatierte, von Goez
no
68 zu [1101?] eingereihte Urkunde Mathildes; CD Poliron. no
92 zu vor 1115 Juli 24); dementsprechend erscheint denn auch der Abt
von San Benedetto Po als Empfänger einer Mathilde-Urkunde von 1110 für
Gonzaga (Goez
no
122):
ubi nunc donnus Albericus abbas preesse videtur. Da Gonzaga deshalb vielleicht kein eigenes Archiv besaß, bedurfte es
dann auch keiner gesonderten Ausfertigung des D.177 für dieses; gegen
die Vermutung von Schlögl
a.a.O. 164 Anm. 127, die von D.177 erhaltene gleichzeitige
Nachzeichnung sei für Gonzaga bestimmt gewesen, spricht deren
Überlieferung durch das Archiv von San Benedetto.
Der 1109–1123 belegte (s. CD Poliron. no
72, 74, 81, 99, 102, 105) Prior Ubert, der schon einmal im Jahre 1109, d.h. während der Amtszeit des damaligen und jetzigen
Abtes Alberich (1101–1119; s. obige Urkunde von 1110), wie hier
Adressat einer Urkunde Mathildes für San Benedetto Po gewesen war (Goez
no
120; CD Poliron. no
74), hatte unter Alberich, der anscheinend häufig krank war (s. Spagnesi
a.a.O. 65 Anm. 2), offenbar eine bedeutende Stellung und nach dessen
Tod, vielleicht aber schon vorher, womöglich die eigentliche Leitung
des Klosters inne (vgl. CD Poliron. 306 Anm. 4), da Alberichs
Nachfolger, Abt Hermann († 1124 Nov.; vgl. CD Poliron. 326 Anm. 4)
erstmals im Jahre 1123 als Empfänger des D.†262 sowie des Privilegs P.
Calixts II. von 1124 Juni 1 (CD Poliron. no
108) begegnet (letzter Beleg in CD Poliron. no
110 von 1124 Juli 5; vgl. It. pont. 7.1,335 no
23); Spagnesi
a.a.O. sieht in der Stellung Uberts als Prior sicher zu Recht den
Grund dafür, dass das nur dem Abt zustehende
preesse der Vorurkunde (s. Anm. c; vgl. auch obiges Zitat aus der Urkunde von
1110) hier durch
adæssæ ersetzt ist.
Die Waldschenkung an San Benedetto muss, was
Solamme angeht, einerseits unweit des Klostergebietes selbst (vgl. die Angabe
der Ostgrenze:
a mane sancti Benedicti), andererseits in der Nähe der abgegangenen, ebenfalls dem Kloster
gehörigen Siedlung
Villula gesucht werden (zu deren nicht absolut sicheren Identifizierung vgl.
D.78 Anm. 17).
Einige der in D.177 genannten, nicht bestimmbaren Siedlungs- und
Geländenamen begegnen in der die obige geographische Zuweisung
unterstreichenden Urkunde Mathildes von 1105 Dezember 30 (Goez
a.a.O. no
92; wiederholt 1109 März 17 = Goez
no
112) über die Schenkung ihrer Rechte an der
insula sancti Benedicti (s. DD.78 u. †262) und an
Villola (anschließend an die Grenzbeschreibung der Benediktsinsel;
Übereinstimmungen gesperrt):
Villola habet a mane fines aggerem [Fiorentini-Mansi, Mem. de la gran contessa Matilda 215 liest
argenem!] antiquum, a sera silvam, quę dicitur Castagnola, et silva Solamen
et Carpeneta
et sicut percurrit rivolus
usque in Piscarolam, a meridie fossa Piscarola usque in Perotolam [1109:
Perotolum], a septentrione fluvium Padi [zu Po-Nähe vgl. das
insula des Rückvermerks!] et in parte terra sancti Benedicti.
Die
silva de Carpeneta (zu dieser vgl. auch die Schiedsurkunde von 1125 Dez. 19, Spagnesi
no
14 mit Anm. 1)ist etwas weiter südlich in Richtung des ca. 7 km sw.
San Benedetto gelegenen Pegognaga zu suchen; vgl. das D. Heinrichs VI.
von 1194 Juli 1 (B.-Baaken
Reg. 357; Druck: Stumpf, Acta imp. 268 no
193):
quicquid … Lotharius imperator … dedit … in curte Pigognagae ac eius
confinio, videlicet omnes boscos et silvas, Carpinetam, Spinetam,
Saccam de Petreta et Saccam de Tazeta [Sacca com. Pegognaga liegt halbwegs zwischen Portiolo und Pegognaga] et Secchetam (da in den konkreten Angaben, u.a. mit namentlich genannten
nuncii, weit über das bestätigte DLo.III.76 von 1135 [B.-Petke
Reg. 458] betr.
Pigugnaga hinausgehend, muss ein Deperditum Lothars III., evtl. ein
Einweisungs-Mandat, angenommen werden); zu Pegognaga und seinen
Wäldern vgl. Sissa
a.a.O. 322.