Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde

Abbildungsverzeichnis der europäischen Kaiser- und Königsurkunden

<<175.>>

Heinrich bestätigt dem Klerus der (Kathedral-)Kirche von Mantua seine Besitzungen und die Immunität sowie zur gemeinsamen Nutzung gehörige genannte Zehnten und Kirchen.

Governolo, 1116 Mai 10.

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Original (ca. 42/42,5 b : 52/53 h) im Kapitelsarchiv zu Mantua (A).

Faks.: Gobbetti, Governolo 44.

Drucke aus A: D’Arco, Studi intorno al municipio di Mantova 1,140 no 4 (nach Abschrift Visis). – Torelli, Reg. Mantov. 1,122 no 171 Auszug. – Ders., L’Archivio capitolare 22 no 15.

Reg.: Visi, Notizie stor. di Mantova 2,236f. – Stumpf Reg. 3137a.

Das Original ist außer an den Faltungskreuzen und in der rechten vertikalen Falte namentlich im unteren rechten Drittel durch Moder beschädigt, wodurch auch das Siegel seinen Halt verloren hatte (s. Anm. t”). Visi (a.a.O.) hatte das Diplom noch “ben conservato” und mit an seinem Platz befindlichem Siegel angetroffen, und auch die von ihm gefertigte, in der Sammlung D’Arco im Staatsarchiv Mantua aufbewahrte Abschrift, auf der D’Arcos Druck beruht, weist noch keine Textschäden auf. – Außer durch diese Abschrift konnten die relativ geringen Textverluste dadurch restlos geheilt werden, dass D.175, außer in Teilen der Publikatio, Sanktio und Korroboratio, im ersten Teil der Dispositio dem einzigen erhaltenen älteren Herrscherdiplom für die canonici, dem DO.I.403 von 971 (= VU.), weitgehend wörtlich folgt, wo auch die eigenartige Textgestalt, mit Formulierung von Petitio und Confirmatio in fast denselben Worten, vorgegeben ist; lediglich an einer Stelle ist auf die Übernahme des Petitio-Paralleltextes der VU. verzichtet (vgl. Anm. l).

Nach Hausmann, Reichskanzlei 66 no 77 sollen Diktat und Schrift des Eschatokolls von Notar Adalbert A stammen (vgl. dazu auch Vorbemerkung zu D.174). Was die Schriftzuweisung angeht, rührt von seiner Hand jedoch außer dem Monogramm, das bis in die kleinsten Einzelheiten seinen sonstigen Zeichnungen entspricht, nur noch die Rekognitionszeile. Dass der Notar bei deren Formulierung entgegen seinem vorherrschenden Brauch (so auch in D.174) auf die Nennung des Bischofstitels des Kanzlers verzichtete (so nur noch in DD.137, 157 und †296), ist vielleicht dadurch verursacht, dass er das Monogramm zuerst eingezeichnet hatte, wodurch der davor befindliche Platz für die unverkürzte Formulierung nicht mehr ausgereicht hätte.

Signumzeile (in Elongata) und Datierung (in Normalschrift) stammen hingegen von anderer Hand, die allerdings die Schreibgewohnheiten des Notars einigermaßen, aber nicht mit vollem Erfolg, nachzuahmen trachtete, wobei davon ausgegangen werden muss, dass dem Schreiber das vom Notar stammende Eschatokoll des gleichzeitigen D.174 als Schreibmuster diente: Die Zeichnung der Elongata der Signumzeile, in der in imperatoris die gezopfte Unterlänge des t richtig nachgeahmt ist, wirkt ganz unsicher (vgl. dazu Anm. p” und r”), und die Auslassung des Romanorum ist womöglich dadurch verursacht, dass der Schreiber schon bei der Lesung der Elongata Schwierigkeiten hatte; die Unterlängen der beiden g in der Datierung mit einem starken Abschwung nach links sind dem Notar, der gezopftes g schreibt, völlig fremd; vor allem wird die hier in Signumzeile und Datierung mit Ziffern wiedergegebene Ordinalzahl vom Notar immer als Zahlwort geschrieben; auf die mangelnde Vertrautheit mit Diplomen ist schließlich wohl auch zurückzuführen, dass die Apprekatio ganz singulär auf ein bloßes Amen reduziert ist, bei dem der Schreiber nochmals von der für den Notar typischen griechischen Form des M abweicht (s. Anm. aa). – Der gravierendste Fehler unterlief dem Schreiber bei der von Adalbert A in D.174 gerade erst richtiggestellten Zahl der Regierungsjahre; offenbar hatte er das dortige XI als IX verlesen, das er dann in additiver Schreibung mit VIIII wiedergab.

Nachdem zwischen Eschatokoll und Kontext kein Tintenunterschied besteht, ist anzunehmen, dass der – von Empfängerseite gestellte – Schreiber der Eschatokollanteile mit demjenigen des Kontextes identisch ist. – Ob dies auch für die Elongata der 1. Zeile gilt, die mit anderer Tinte (s. Anm. f) ganz offensichtlich nachgetragen ist, wodurch sich auch die eigenartige Hochstellung des Chrismon erklärt (s. Anm. a), lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Schriftvorlage hierfür war nämlich nicht etwa das Original der VU., sondern ein von dem Notar Oger A geschriebenes Diplom Heinrichs IV., höchstwahrscheinlich das für die bischöfliche Kirche von Mantua ausgestellt DH.IV.422 von (1091): Den Gewohnheiten des Oger A entspricht nicht nur die monogrammatische Schreibung des Ausstellernamens (s. Anm. c), sondern insbesondere das offene a mit stark nach rechts geneigten und mit einem c-förmigen Kopfhaken ansetzenden Schäften und die Einkerbung des Bogens von d; bei anderen Elongata-Buchstaben weicht der Schreiber von der Vorlage ab, statt Minuskel-r verwendet er regelmäßig R, statt Minuskel-e wechselnd E und e sowie statt des gezopften Minuskel- g ein Majuskel-G. – Dass in D.175 in der Intitulatio Heinrichs Ordinalzahl (quartus) fehlt, ist vielleicht wieder dadurch zu erklären, dass der Schreiber das t(er)cius vor Romanorum in der Vorlage nicht lesen konnte.

In der Kontextschrift, in der in ganz ungewöhnlicher Weise regelmäßig ein kleines offenes a als allgemeines Kürzungszeichen verwendet ist, lässt sich keine Nachahmung eines bestimmten Schriftmusters erkennen; für Identität des Schreibers mit demjenigen der Elongata der 1. Zeile, demnach Herstellung der ganzen Urkunde durch einen einzigen Schreiber, könnte sprechen, dass die dortige Einkerbung der d- Rundung das Vorbild abgegeben hätte für die entsprechende Behandlung einiger Großbuchstaben am Satzbeginn, des C von Cum am Beginn des Kontextes und von Confirmamus (Z. ■), des Q von Quapropter (Z. ■) sowie des wie ein langstieliges B aussehenden P von Precipientes (Z. ■).

Während im ersten Teil der Dispositio die VU. nur geringfügige Veränderungen erfuhr, zeigt der anschließende Passus (ab Text bei Anm. q’) gegenüber dem dortigen betonten Hinweis auf die Mitwirkung des Bischofs (vgl. S. 549 Z. 40 u. 42) eine fast antibischöfliche Tendenz (vgl. schon Z.■ mit absque … perturbatione tam episcopi …); es scheint uns aber nicht erlaubt, daraus sowie aus den Abweichungen in der Zeichnung des Intitulatio-Monogramms (s. Anm. c) den Schluss ziehen zu wollen, nicht das bischöfliche DH.IV.422, sondern ein etwa gleichzeitiges verlorenes Diplom für das Domkapitel habe die Schriftvorlage für die Elongata und dann auch, als Zwischenglied zwischen dem Ottonianum und unserem D., die eigentliche Vorurkunde gebildet; ob sich hinter dem Ersatz des in VU. und NU. verwendeten Terminus canonici für die Empfänger durch sacerdotes et ceteri clerici (s. Anm. i und g”; vgl. noch Z.■ mit clerus et sacerdotes) – neben dem aus der VU. beibehaltenen scola sacerdotalis (s. Anm. v) –, eine Absicht verbirgt, sei dahingestellt.

Die den Schluss der Dispositio bildende Zehntbestätigung wird in dem diktatmäßig sonst von D.175 völlig unabhängigen DF.I.451 von 1164 (= NU.) weitgehend wiederholt (S. 352 Z. 29–32; entsprechende Kennzeichnung der Abhängigkeit fehlt dort). Von den beiden schon in der VU. zitierten, aber damals vermutlich bereits länger zurückliegenden Judikaten und deren Inhalt ist sonst nichts bekannt, was auch für die beiden handelnden Personen gilt; lediglich hinter Bertas Gemahl vermutet man einen 889 auf Seiten Kg. Berengars I. kämpfenden und im östlichen Oberitalien tätigen Grafen Alberich, vgl. Hlawitschka, Franken 116 (s. auch 77 Anm. 35 und 286), unter Zurückweisung einer Vermutung Wüstenfelds in Forsch. z. dt. Gesch. 3,420, der ihn mit dem Markgrafen Amelrich von der unteren Etsch in Zusammenhang bringt (allerdings behauptet Wüstenfeld nicht, wie ihn Hlawitschka zitiert, beider Identität, sondern daß Alberich der Vater Amelrichs gewesen sei). – Zum fotrum, das hier gegenüber der VU. besser plaziert ist (s. Anm. p’), vgl. Brühl, Fodrum 566 Anm. 601.

(C.) In nomine sanctae et individuę trinitatis. Einricvs (Name als Monogramm gestaltet) divina favente clementia Romanorum aimperator (!) augustus. Cum petitionibus seniorum uti libenter annuimus et eas ad perfectionis culmen deducimus, hoc nobis procul dubio ad presentem gloriam et prosperitatem pertinere confidimus et ad ęternę felicitatis subsidium prodesse. Ideoque dignum duximus sanctę Mantuanę æcclesię clericis et sacerdotibus in illorum paupertate atque afflictione subvenire, quatenus in presenti et in futuro misericordiam possimus ab omnipotenti domino impetrare. Quapropter noverit omnium fidelium sanctę dei ęcclesię nostrorumque presentium scilicet ac futurorum industria, quia sacerdotes et ceteri clerici sanctę Mantuanę ęcclesię nostram deprecati sunt celsitudinem, ut eis pro dei omnipotentis timore et nostrę animę remedio res et possessiones, quę illis a fidelibus pro animarum remedio collate sunt, et nominative iudicatum bonę memorię Grausonis quondam vicedomini Mantuanę civitatis necnon etiam iudicatum quondam Bertę cometissę, relictę Alberici marchionis, nostrę auctoritatis precepto illis confirmaremus, ut abs[que] cuiusquam perturbatione tam episcopi quam aliorum hominum eis quiete possidere et d[omina]ri liceret, sicut constitutum est ab illis, a quibus hec perceperunt. Rogaverunt etiam, ut eandem scolam sacerdotalem immunem secundum statuta [an]tecessorum nostrorum constitueremus, ut neque a nobis neque a successoribus nostris n[e]q[ue] ab aliqua imperii nostri publica potestate in illorum personis neque in illorum mansionibus sive in illorum rebus vel in illorum hominibus aliqua infer[atur m]olestia vel violentia sive incommodum, per quod divinum dimittere expedi[a]t servicium suamque dimittere debeant utilitatem. Nos quoque divino accensi amore eorum preces illorumque utilitatem consideravimus et hoc preceptu[m s]cribere iussimus, per quod confirmamus illis omnes scriptiones tam a nostris antecessoribus quam et a singulis hominibus legaliter factas, videlicet precepta, offersiones, iudicata reliquasque bonorum hominum donationes, et nominative iudicatum bonę memorię Grausonis quondam vicedomini ipsius civitatis necnon etiam iudicatum commetissę Bertę, relictę Alberici marchionis. Eandem quoque scolam ita immunem secundum statuta nostrorum antecessorum constituimus, ut neque a nobis neque a successoribus nostris neque ab aliqua imperii nostri publica potestate in illorum personis neque in illorum mansionibus vel rebus neque in illorum utriusque ordinis hominibus aliqua inferatur in futuro molestia vel violentia sive incommodum fiat seu fotrum, per quod divinum dimittere expediat servicium suamque dimittere debeant utilitatem. Precipientes etiam, ut neque presens episcopus neque futurorum quisquam pontificum seu cuiusquam potestatis persona de prefatis rebus et possessionibus, quę clero et sacerdotibus Mantuanę ęcclesię, sicut iam diximus, a fidelibus largite sunt, necnon et quas in posterum iuste et legaliter adquirere potuerint, aliquam inferre presumat adversitatem aut controversiam, sed liceat eis per hoc nostrę sanctionis preceptum quieto et pacifico iure eas tenere et possidere, dominari ac perfrui, quatinus pro eis deum semper libere exorare queant, a quibus hec perceperunt, atque pro nobis indesinenter dei invocare clementiam. Confirmamus etiam illis per hoc nostrum preceptum benefitium illorum, quod nunc habent ad communem utilitatem, scilicet decimam, quam legaliter hactenus habuerunt, idest decimam Mantuę civitatis, et ecclesiam sancti Georgii cum decimis et pertinentiis suis et decimam de Cepata et ęcclesiam de Pultariolo cum decimis et pertinentiis suis et decimam de curte Baniolo et de Fornicata necnon villam de Pletulis cum decimis et pertinentiis suis et decimam de Ludulo cum piscariis et pertinentiis suis sub integritate, quę iamdictę ęcclesię pertinet, quatenus secure et quiete deinceps habeant, unde deo servire et pro nobis atque animabus ipsis benefatientibus orare possint. Statuentes itaque iubemus, ut, quicumque illis de hoc contradictor exstiterit, nostris futurisque temporibus duo milia mancusiorum auri optimi componere cogatur, medietatem kamere nostrę et medietatem sacerdotibus, qui tunc ibi fuerint. Quod ut verius credatur diligentiusque ab [o]mnibus observetur, manibus propriis roborantes nostri sigilli impressione subter iussimus adsignari.

Signum domni Heinrici IIIIti imperatoris invictissimi. (M.9.) (SI.3.)

Burcardus cancellarius recognovit.

Data VI. idus mai, indictione VIIII, anno dominicę incarnationis millesimo CXVI, regnante Heinrico Vto rege Romanorum anno VIIII, impante (!) VI; actum est Gubernę; amen.