Heinrich schenkt dem Kloster Sant’ Apollonio zu Canossa einen Mansus zu Fanum.
(um 1116 April 17)
Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010
Stumpf Reg. -.
In dem Privileg P. Hadrians IV. für Abt Manfred von Sant’ Apollonio zu Canossa von 1157 Mai 15 (zu diesem und den folgenden Privilegien vgl. Vorbemerkung zu D.169), wiederholt durch die Privilegien P. Urbans III. von 1186 und P. Innocenz’ III. von 1199, heißt es im Anschluss an die aus den Privilegien P. Paschals II. von 1116 und P. Innocenz’ II. von 1136 übernommene ältere Besitzliste: mansum quoque de Fano, qui et sors nominatur [das qui … fehlt bei Hadrian IV.], quem recolende memorie Henricus Romanorum [fehlt bei Hadrian IV.] imperator ecclesie vestre pietatis intuitu noscitur tradidisse.
Ob die Schenkung beurkundet wurde, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. In der im Privileg von 1157 im Anschluss an die zitierte Stelle folgenden Bestätigung der Zehntschenkung des B. Albertus von Reggio (1139–1161) heißt es zwar ausdrücklich, dass er diese scripti sui pagina bekräftigt hatte; daraus ergibt sich aber keineswegs der zwingende negative Schluss, dass Heinrichs Schenkung nicht in schriftlicher Form, durch Diplom oder Placitum, erfolgte. Man darf jedenfalls wohl davon ausgehen, dass die Schenkung, die zweifellos aus dem mathildischen Erbe stammte und möglicherweise eine Gedächtnisstiftung (für Heinrich und Mathilde?) dargestellt haben wird, in unmittelbarem Anschluss an D.169 noch in Canossa gemacht wurde.
Dassß das Objekt erstmals im Privileg von 1157 Aufnahme fand, war offenbar dadurch veranlasst, dass es um diese Zeit Streitigkeiten mit dem benachbarten Kloster Marola (zu diesem s. D.*171) um anderen Grundbesitz am selben Ort gab. – Aus den darauf bezüglichen Urkunden der Jahre 1168–1170 (s. unten) ergibt sich (vgl. auch Tiraboschi, Diz. 1,275; Gross, Lothar III. 186f.), dass Fanum in unmittelbarer Nähe von Bianello (com. Quattro Castella) zu suchen ist, entsprechend identifiziert es Goez, Urk. Mathildes A 11 mit Isola di Fano bzw. Villa di Fano, einem Ortsteil von Bianello; Saccani, Delle antiche chiese Reggiane 198 nahm an, dass die heutige Kirche San Giorgio in dem knapp 1 km nö. Bianello gelegenen Roncolo (com. Quattro Castella) mit der in D.169 genannten capella sancti Georgii in Fano identisch ist, war demnach der Meinung, dass Fanum und Roncolo weitgehend gleichzusetzen seien, was jedoch daran scheitert, dass in D.169 jeder der beiden Orte gesondert genannt ist. – Bei der capella sancti Georgii dürfte es sich übrigens um die capella in Fano handeln, die B. Heribert von Reggio († 1092), zusammen mit einer weiteren Kapelle, auf Veranlassung Mathildes dem Kloster Canossa überlassen hatte, vgl. Goez a.a.O. (s.a. Dep. 55).
Mit Mandat von (1168) Juni 5 (It. pont. 5,398 no 7 u. 395 no 10) an den Kardinalpriester Hildebrand, päpstlichen Legaten für die Lombardei, kassierte P. Alexander III. zwei Verfügungen (utramque donationem) des Herzogs Welf VII. (Guelfo filius nobilis viri ducis Guelfonis), mit denen dieser für 30 Pfund erst dem Kloster Marola und dann (post modicum intervallum) dem Kloster Canossa terram sortis sitam in curia Bibianelli überlassen hatte, mit der Begründung, dass Welf VII. († 1167) nur für die Dauer seines Lebens über den Besitz als päpstliches Lehen (prescriptam terram, quam a nobis tenebat) verfügen konnte, und beauftragt den Legaten, den Besitz gegen Zins dem Kloster Marola zu überlassen.
In der Urkunde des Legaten von 1169 Mai 5 (It. pont. 5,398 no 8 u. 395 no 11; Druck bei Muratori, Ant. Ital. 4,203, dort das Mandat inseriert) spricht dieser, abweichend vom Mandat, womit obige Lokalisierung von Fanum bestätigt wird, von terra que dicitur sors de Fano (im weiteren Text ist wechselnd je zweimal die Rede von sors de Fano bzw. terra que dicitur sors), in einer weiteren Gerichtsurkunde des Legaten vom selben Tage über die Zuweisung des Landes an Marola (Muratori a.a.O. 206) ist wieder die Bezeichnung des päpstlichen Mandates verwendet (terra sita in curte Bibianelli, que sors vocatur), ein aus dem Archiv von Canossa stammendes Zeugenverhör von 1170 Juni (Muratori a.a.O. 207) hingegen spricht nochmals von terra que dicitur sors de Fano (dort auch die Namensangabe la Prugna für einen Teil der terra).
Ebenfalls abweichend vom Papstmandat erklärt der Legat in der erstgenannten Urkunde, nur die Verleihung an Marola sei durch Welf VII. (dux Guelfo minor) erfolgt, diejenige an Canossa hingegen post parvum tempus durch Welf VI. (dux Guelfo pater eius; † 1191).
Insbesondere aber ist innerhalb der Zeugenaussagen der Legatenurkunde der (in dem strittigen Land nicht eingeschlossene) im Besitz von Canossa befindliche mansus de Fano, quod continetur in privilegio [= Hadrians IV. von 1157] abbatis Canosini erwähnt (Muratori a.a.O. 205AB; s. auch 205C); und aus dem Zeugenverhör von 1170 geht hervor, dass Hadrian IV. seinerzeit seitens Canossas um die Verleihung der terra que dicitur sors de Fano gebeten worden war (a.a.O. 207A), was in einer durch den Legaten Hildebrand vermittelten Bitte präzisiert war: ut poneret in privilegio hanc terram sicut aliam [= der Mansus], que in eodem continetur.
Zur Wertung der fundamentalen Bedeutung der zitierten Urkunden als Quellen für die Geschichte der lehenrechtlichen Behandlung des mathildischen Erbes, dessen späterer Lehenvergabe durch Alexander III. an Welf VII. (s. oben), der zuvor, im Jahre 1152 und nochmals im Jahre 1160, die Belehnung Welfs VI. durch Barbarossa vorangegangen war (s. dazu in nuce eine Zeugenaussage von 1170, a.a.O. 207B: data fuerit possessio comitisse duci ab imperatore), vgl. Overmann, Mathilde 64ff., ferner Feldmann, Welf VI. 62 mit Anm. III,272–275 und Reg. 97, 98 u. 128.