Originalplacitum (ca. 17,5/18,5 b : 35 h) im Staatsarchiv zu Padua
(A); Rückvermerk des 13. Jh.:
Carta de terra de Caciguiaga; andere Hand:
n[ot]ic(ia) in qua ser i[m]perat(or) Heinricus supra Vbertvm de
....nga de terra de Caciguignaga (in beiden Vermerken nicht sicher zu entscheiden, ob
Cacigui- oder
Cacigni- zu lesen ist); 14. Jh.:
Sermaza.
Faks.: Spagnesi, Wernerius tav. II. – Teilfaks.: Schlögl, Unterfertigung Taf. XXXIV–XXXVI Abb. 21a–h. Drucke: Orsato, Hist. di Padova 287, angeblich aus dem Original (“sentenza
autentica”), tatsächlich aber aus unbekannter Kopie, zu April 15
(lässt das
kl. aus und liest, wie der “Libro d’oro” von 1324 [zu diesem vgl. das
Empfängerverzeichnis], der jedoch auch nicht die Vorlage war,
quintodecimo aprilis). – Dondi dall’Orologio, Dissertazione 4, app. 62 no
51 “Ex Tabulario s. Stephani”, unvollständig. – Böhmer, Acta imp. 73 no
79 aus Orsato
und Dondi. – Aus A: Gloria, CD Padov. 2.1,65 no
79. – Ricci, I primordi 77 no
20. – Spagnesi
a.a.O. 43 no
3.
Reg.: Ricci
a.a.O. 46 no
20. – Hübner, Gerichtsurk. 2,213 no
1563. – Pinton, CD Saccense 16 no
119. – Jaksch, Mon. duc. Carinthiae 3,225 no
558. – Klaar, Eppensteiner in Kärnten 67 no
92e. – Spagnesi
a.a.O. 11 no
3. – Stumpf
Reg. 3132.
Zum äußeren Erscheinungsbild des Eschatokolls (s. Anm. w–a’) vgl. Schlögl
a.a.O. 161ff., speziell zu Heinrich als Urheber des Kreuzes samt der
befremdlichen Beischrift
Hec cus a.a.O. 163f. – Brunacci, der in seiner Abschrift in Ms. 581 der Bibl.
del seminario vescovile zu Padua, tom. 3 f. 1721 das ganze Eschatokoll
exakt nachzeichnet, liefert in einer Anmerkung zu dem
Hec cus sozusagen eine Zusammenfassung der dafür in der Literatur alternativ
angebotenen Deutungen (vgl. Spagnesi
a.a.O. 44 Anm. b): “hec crux o
hn̄ricus abbreuiat.”.
Eine Deutung als Verschreibung des eigenen Namens (Orsato
druckt
HENRICVS ohne Kreuz), wie sie noch Schlögl
a.a.O. 164 ohne weiteres vertritt, erscheint uns völlig
ausgeschlossen; die andere denkbare Interpretation, nämlich als
abgebrochene, mit
Hec crux (so Dondi; Böhmer
mit Klammer-Ergänzung) zu eröffnende Beischrift in ähnlicher
Formulierung wie in D.154 (der dortigen Formulierung entspricht die
Ergänzung bei Böhmer), ist sicher die einzig richtige, bedarf aber wohl einer Erläuterung:
Wäre von Anfang an eine eigenhändige Beischrift des Kaisers in etwa
gleichem, in subjektive Fassung gewendetem Umfang wie in D.154
vorgesehen gewesen, hätte man ihm für deren Wortlaut sicher eine
schriftliche Vorlage angefertigt; in diesem Falle aber wären weder die
falsche Schreibung noch die Unvollständigkeit verständlich. Uns will
vielmehr scheinen, dass der Kaiser sich spontan entschloss, nach dem
Einzeichnen des Kreuzes die Feder nicht aus der Hand zu geben, und
einen Schreibversuch nach Diktat des Notars unternahm; als er bei dem
unter den Augen des Notars erfolgten Versuch von diesem auf die nur
durch Hörfehler erklärliche Verschreibung bei
cus statt
crux hingewiesen worden war, wird er das ersichtlich fehlgeschlagene
Bemühen gewissermaßen enttäuscht aufgegeben haben, und danach hätte
sich niemand für befugt gehalten, eine Korrektur und Ergänzung des
kaiserlichen Schreibversuches vorzunehmen!
In dem
Vbertus infans aus dem ca. 27 km nw. Padua gelegenen Fontaniva (b. Cittadella) darf
man wohl einen Sohn des in zwei in Padua ausgestellten Placita
Heinrichs IV. von 1090 und 1095 (DDH.IV.415 u. 444) genannten
Ubertus de F. sehen.
Die beiden Orte, an denen das Kloster Rechte geltend machte, begegnen
auch in dem Privileg des Gegenpapstes Clemens III. von 1091 (JL 5332a;
It. pont. 7.1,186 no
1; Gloria, CD Padov. 1,331 no
306:
… in Sarmatia III mansos, et quicquit … habet in villa, que vocatur
Kazuignago seu Vico Altigeri seu Vico Arzeri = Altichiero u. Vigodarzere ca. 5–6 km n. Padua). Zu deren
Identifizierung vgl. Spagnesi
a.a.O. 48 Anm. 21f.: Sarmazza sinistra (com. Vigonovo; auf der Karte Glorias in CD Padov. 2 als Sermazza ca. 6 km ö. Padua verzeichnet); der
andere Ort, dessen Schreibung im Clemens-Privileg derjenigen der Abschrift von D.162 im Libro d’oro (Chaziuiiaga) und in den Rückvermerken (s.o.) ähnelt und der im Paduaner
Zehntverzeichnis von 1297 (Studi e Testi 96,152 no
1711, dort hinter Noventa u. S. Vito und vor Meianiga, Altichiero u.
Vigodarzere) mit der Schreibung
Cazaviglaga (mit Stephanus-Kirche) erscheint, ist in der Nähe des ca. 5 km ö.
Padua gelegenen Cadòneghe zu suchen.
Von den drei in D.162 erstmals am Hof genannten
iudices sind zwei, von denen Ficker, Forschungen 3,155 ohne weitere Anhaltspunkte Herkunft aus der Mark
Verona vermutet, nur kurz tätig: 1)
Taruisius (in D.163:
Triuisanus) lediglich in den drei in Padua ausgestellten Placita DD.162–164; 2)
der während des Paduaner Aufenthaltes sonst nicht tätige
Iohannes könnte, wegen dessen Herkunft aus dem ca. 20 km s. Padua gelegenen
Monsélice, mit dem sonst nicht nachweisbaren (s. Spagnesi
a.a.O. 98 Anm. 1)
Iohannes Monsilicanus iudex des in Treviso ausgestellten D.214 von 1118 August 1 identisch sein,
der dort zusammen mit den schon seit Heinrichs frühesten Placita (s.
Vorbemerkung zu D.154) genannten und auch in Padua anwesenden Richtern
Azo (s. DD.163 u. 164) und
Aicardus (außer D.162 noch in D.164) amtiert, die in D.214 wie er mit den sonst
meist weggelassenen Herkunftsnamen versehen sind.
Der dritte ist der bis in die Neuzeit als Begründer der Rechtsschule
von Bologna angesehene “Irnerius”; diese Rolle, die ihm z.B. noch P. Weimar
in seinem Artikel “Irnerius” in Lex. d. MA 5,663 zugesteht,
unterwirft neuestens J. Fried
in Festschr. Goez
171ff. einer Art “Entmytologisierung”. – Entgegen der in der
Literatur bevorzugten, frühestens im späteren 12. Jh. aufgekommenen
und letzlich unerklärlichen (vgl. zuletzt Fried
a.a.O. 173 Anm. 13, 175 mit Anm. 21 u. 195, ferner G. Grebner
ebenda 205) Namensform Irnerius verwendet er in seinen eigenhändigen
Unterfertigungen stets die auch von Spagnesi
im Titel seiner Monographie übernommene Schreibung
Wernerius (nur in D.213
Gernerius, s. Spagnesi
a.a.O. 109 Anm. 1); in dem nur als italien. Regest überlieferten
D.*195, wo er (unter richtiger Wiedergabe der lat. Vorlage?) als
giudice del sacro palazzo bezeichnet ist (vgl. Spagnesi
155), wird sein Name mit
Guarnerio wiedergegeben. Zu seiner Benennung nach Bologna vgl. außer den weiter
unten gebotenen Nachrichten noch DD.168, 173, 178.
Wernerius zählt fortan zum ständigen Gefolge Heinrichs während des
ganzen 2. Italienzuges vgl. noch DD.163, 164, 168, 173, 177–179, *195,
213, 214; bei Spagnesi, für dessen Darstellung diese Urkunden die wichtigsten urkundlichen
Belege liefern, fehlt davon das an entlegener Stelle als Abschrift des
18. Jh. überlieferte und bisher ungedruckte D.163.
In der ohnedies urkundenarmen Zeit zwischen D.*195 von 1116 Okt. 19
und D.214 von 1118 August 1 fehlen zwar urkundliche Erwähnungen am
Hof, auf ihn zu beziehen ist womöglich jedoch der
dominus Guarnerius des D.*209 von 1117. Außerdem aber war der
magister Guarnerius de Bononia der einzige namentlich Genannte der
plures legis periti, die im März 1118 das Volk von Rom mit rechtlichen Argumenten zur Wahl
des Gegenpapstes Gregor VIII. (Burdinus) bewegten (vgl. Meyer von Knonau, Jahrb. 7,64ff. mit Anm. 19; die betr. Stelle aus der Historia
Mediolanensis des Landolfo di S. Paolo bei Spagnesi
a.a.O. 132), was ihm schließlich am 30. Oktober 1119 auf dem Konzil
von Reims, zusammen mit Heinrich selbst und seinen wichtigsten
Anhängern, die namentliche (Gwarnerius Bononiensis legis peritus) Exkommunikation eintrug (vgl. D.222; s. Spagnesi
a.a.O. 11 u. 142). – Zur Wertung des Verhältnisses zwischen Heinrich
und Wernerius vgl. Spagnesi
a.a.O. 132–143. Fried
in Viator 21,137 (nochmals in Festschr. Goez
187) hält für möglich, dass Wernerius, dem nach seiner Beteiligung an
der Erhebung Gregors VIII. “der Boden in Italien zu heiß” geworden
sein könnte, im Schutz des Kaisers nach Deutschland gekommen und erst
später (spätestens 1125, vgl. unten die Urkunde vom 10. Dezember
dieses Jahres) nach Italien zurückgekehrt war; für die an beiden
Stellen als “stärkstes Argument” (Festschr. Goez
S. 187) für diesen Aufenthalt in Deutschland geltend gemachten, auf
Wernerius zurückgeführten “schwachen Spuren des gelehrten Rechts in
der deutschen Kanzlei Heinrichs V.” fehlt der gesicherte Nachweis
(vgl. dazu Vorbemerkung zu D.219.
Die Behauptung Hessels in NA 31,470, die Verwendung von öffentlichen Notaren durch Heinrich
V., also die Beurkundungsweise in Gestalt von Placita, gehe
“sicherlich” auf des Wernerius Veranlassung zurück (s. auch Meyer von Knonau
a.a.O. 5 Anm. 8), die so noch bei Spagnesi
a.a.O. 157 wiederkehrt, ist angesichts der Serie von Placita seit
D.154 natürlich nicht haltbar. – Andererseits ist an seiner
herausragenden Rolle im Königsgericht nicht zu zweifeln: Solange der
seit dem D.154 regelmäßig in den Placita genannte
Teuzo bei Heinrich weilt (bis D.164), führt dieser die Richterliste an,
Wernerius aber wird immer wie hier an der 2. Stelle genannt (s. noch
D.164; dieselbe Stellung dürfte auch für D.163 anzunehmen sein, wo
seine Nennung in der Richterliste wohl nur aus Versehen fehlt und er
umgekehrt, weil Teuzo nicht mitsubskribiert, die Subskribentenreihe
eröffnet). Nach Teuzos Ausscheiden steht dann Wernerius, im Kontext
und in den Subskriptionen, regelmäßig an der Spitze der Richterlisten,
vgl. DD.168, 173, 177, 178, *195 (erster von zwei unter den
presenti genannten Richtern) und 214; in D.213 (ohne Richterliste im Kontext) ist er der einzige Subskribent, und
das Diplom-Konzept des D.179 trägt nach dem Kanzler seine
Unterfertigung mit der Bezeichnung als
iudex.
Bereits in Padua dürfte Wernerius deshalb zum Hof gestoßen sein, weil
es die rechtliche Vorbereitung der Inbesitznahme des Erbes der
Markgräfin Mathilde, in deren Dienst Wernerius als
causidicus gestanden hatte (vgl. das Placitum Mathildes von 1113 Mai bei Spagnesi
a.a.O. 36 no
2:
causidici quoque Varnerius de Bononia …), zu beraten galt. Zu den Beziehungen zwischen Mathilde und
Wernerius, dessen letzte Erwähnung in der Schiedsurkunde in einem
Rechtsstreit mit Kl. San Zeno zu Verona von 1125 Dezember 10 ihn
wieder als Rechtsbeistand für das canusinische Hauskloster San
Benedetto Po zeigt (Spagnesi
a.a.O. 100 no
14:
… videlicet istis iudicibus adstantibus pro monasterio sancti
Benedicti et placitantibus domno Warnerio et Raimundo iudicibus
Bononiensibus et domno iudice Armanno Parmensi, ex parte vero sancti
Zenonis de Verona Benenato et …) und dessen sonstiges Auftreten fast immer mit mathildischen
Besitzungen oder Stiftungen in Zusammenhang steht, vgl. Spagnesi
a.a.O. 110–131 u. 157; bei Grebner
a.a.O. 202ff. (von Fried
a.a.O. 173 Anm. 10 kommentarlos zitiert) wird des Wernerius
“Zugehörigkeit zum Umkreis der Mathilde” bzw. seine “Zurechnung … zu
Mathilde” mit unzulänglichen Argumenten in Frage gestellt.
Die Tatsache, dass in D.162 als einzigem Placitum auch der Kanzler
genannt ist (in D.164 erscheint Burkhard ohne Kanzlertitel nur in der
Bischofsreihe), und zwar den Richtern nachgeordnet, ist für Ficker, Forschungen 1,325 ein weiteres Indiz dafür, dass der Kanzler nicht
mehr, wie noch im 11. Jh., Vorsitzender des Hofgerichts war.
Das
tociusque marchię in der Titulatur Herzog Heinrichs III. von Kärnten (ebenso in D.163)
bezieht sich nach Klaar
a.a.O. 67 allein auf die Mark Verona.