Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde

Abbildungsverzeichnis der europäischen Kaiser- und Königsurkunden

<<153.>>

Heinrich schenkt der bischöflichen Kirche zu Augsburg die Reichsabtei Benediktbeuern mit Vogtei und allen anderen Zugehörungen.

Augsburg – 1116 Februar 14.

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Original (ca. 38/39 b : 42,5/44,5 h) im Staatsarchiv zu Augsburg (A).

Druck aus A: Mon. Boica 29.1,236 no 443.

Reg.: Lang, Reg. Boica 1,114. – Mon. Boica 33.1,15 no 17. – Gebele, Hermann von Augsburg 118 no 42. – Ficker in Wilmans, Add. z. Westf. UB 92 no 116/26. – Gradl, Mon. Egrana 1,11 no 29. – Doeberl, Reg. u. Urk. der Dipoldinger Markgr. 4 no 11. – Heidingsfelder, Eichstätter Reg. 100 no 304. – Steichele-Zoepfl, Bistum Augsburg 9,142 no 15. – Vock, Urk. des Hochst. Augsburg 7 no 17. – Zoepfl-Volkert, Augsburger Reg. 1,251 no 412 u. Nachtr. 360. – Böhmer Reg. 2044. – Stumpf Reg. 3125.

Verfasst und geschrieben von Notar Adalbert A, vgl. Hausmann, Reichskanzlei 66 no 73. – In der Datierung ist das Regierungsjahr im Gegensatz zu DD.147ff. des Jahres 1115, wo es um 1 Einheit zu hoch ist, hier mit X um 1 Einheit zu niedrig angegeben; diese falsche Berechnung ist auch in den wenigen Diplomen der ersten Monate des Jahres 1116 beibehalten (DD.155 u. 169); vorübergehend bietet Adalbert A dann in der Jahresmitte (damals ist auch mit D.174 von 1116 Mai 10 die in D.169 von April 17 noch unterbliebene richtige Erhöhung der Regierungsjahre um 1 Einheit erfolgt) die richtige Zahl XI (DD.174, 175, 182, 183, 186), um dann jedoch für den Rest des Jahres 1116 wieder zu der falschen Zahl X zurückzukehren (DD.187–*191, 193, 194, 199; s. auch die Fälschung D. † 296 für San Vitale zu Ravenna), und in dem wegen des Überwiegens von Placita einzigen mit vollständiger Datierung versehenen Diplom des Jahres 1117, D.202, ist mit bloßer Erhöhung um 1 Einheit der alte Fehler lediglich fortgeschrieben (D.198 ist ohne Angabe des Regierungsjahres). – Zum Nachtrag des Tagesdatums (s. Anm. u), woraus auf zeitlichen Abstand zwischen Handlung und letzter Stufe der Beurkundung zu schließen ist, vgl. weiter unten.

Ganz ungewöhnlich ist die Anordnung von Signum- und Rekognitionszeile (s. Anm. q–s): Wegen der exzentrischen Plazierung des Monogramms war die Signumzeile nicht in einer einzigen Zeile links von diesem unterzubringen; es ist aber nicht recht nachzuvollziehen, warum die Signumzeile nicht rechts vom Monogramm fortgesetzt wurde, wie es gang und gäbe war (meist M. vor invictissimi, vgl. z.B. DD.130, 132; allerdings M. erst am Schluss der Signumzeile z. B. in DD.143, 135, 148); jedenfalls wäre auch dann noch ausreichend Platz für das Siegel gewesen (Abstand zwischen M. und rechtem Rand ca. 26 cm), das in unserem D. mit einem Abstand von nur knapp 2 cm dicht hinter das Monogramm gesetzt wurde. Die Inanspruchnahme des Beginns der nächsten Zeile für den Schluss der Signumzeile war aber dann sicher der Grund dafür, daß der Notar für die Rekognition auf die Kurzform zurückgriff, die er zuvor lange Zeit verwendet hatte (erstmals in D.109, zuletzt in D.145), nachdem er mit DD.147 und 150 zur ausführlicheren Form mit Nennung des Erzkanzlers übergegangen war.

Die Übertragung des wohl seit dem Tode B. Adalberos von Trient (1084–1106), dem es nach Aussage des Chron. Benedictoburanum aus der Mitte des 12. Jh. von Heinrich IV. unterstellt worden war (MGH SS 9,235: Adalbero Tridentinus episcopus … datus ab imperatore dominus), wieder reichsunmittelbaren Klosters Benediktbeuern an B. Hermann von Augsburg unmittelbar vor Antritt des 2. Italienzuges war, wie es D.153 selbst ausdrückt, die Belohnung für den Königsdienst eines der verlässlichsten Anhänger und engsten Vertrauten Heinrichs (vgl. Classen, Gerhoch von Reichersberg 17ff.; Zielinski, Reichsepiskopat 1,238 Anm. 296).

D.153 wurde, auf Bitten Hermanns und unter ausdrücklicher Nennung des antecessor Heinricus, bei nur geringfügiger Verwendung als Vorurkunde, namentlich in Publikatio und Korroboratio, von Lothar III. in seinem ersten Regierungsjahr 1125 mit DLo.III.3 (B.-Petke Reg. 103 = NU.I) erneuert und bestätigt (erstaunlicherweise ist dort aber die Arenga des DH.IV.308 von 1078 übernommen, mit dem Heinrich IV. unter Aufhebung der zuvor mit DH.IV.164 von 1065 erfolgten Unterstellung unter Freising die Unabhängigkeit des Klosters wiederhergestellt hatte). Unmittelbar nach dem Tode Hermanns († 1133 März 18) wurde jedoch von Lothar III. durch sein D.52 von 1133 August 23 (B.-Petke Reg. 361; wiederholt in DLo.III.77 von 1136, B.-Petke Reg. 460) die widerrechtlich (incompetenter) erfolgte Unterstellung unter Augsburg aufgrund eines Fürstenspruches (principum nostrorum … testimonio; principum voto interpellato) aufgehoben und die Reichsunmittelbarkeit wiederhergestellt. – Beachtenswert erscheint, dass unser D. dem DLo.III.52, was in dessen Druck nicht durch Petitsatz gekennzeichnet ist, für Verbots- und Pönformel als Vorurkunde diente (= NU.II; vgl. Anm. f–i, l–o, bes. Anm. i), wobei lediglich das Kloster an die Stelle des Bischofs trat (s. Anm. h und o); nicht gekennzeichnet ist auch die Abhängigkeit der Formulierung der Korroboratio in DLo.III.52 von derjenigen in DLo.III.3. Zum wechselhaften Geschick Benediktbeuerns und den damit zusammenhängenden Königs- (und Papst-)Urkunden vgl. außer den Vorbemerkungen der zitierten Diplome insbesondere Plechl in DA 11,422ff. und neuestens Faussner, Königsurk.-Fälsch. Ottos von Freising 106ff., mit höchst fraglichen Ergebnissen. Faussner will als früheste echte Königsurkunde erst das DLo.III.52 zugunsten Benediktbeuerns gelten lassen, daneben noch die jüngeren DKo.III.87 von 1143 und DF.I.106 von 1155; da nach ihm über frühere, vor 1133 erfolgte Vergabungen des Klosters in beneficium “nicht geurkundet wurde”, seien alle älteren Diplome Fälschungen, die er in einem komplizierten Urhebergeflecht sieht: Am Anfang stünden unser D.153 und DLo.III.3, die beide nach 1137 (Tod Lothars III.) im Auftrag B. Walthers von Augsburg durch Wibald von Stablo angefertigt wurden; ebenfalls von Wibald stamme das nach einer “Entfremdung” zwischen ihm und B. Walther auf Veranlassung Ottos von Freising gegen Augsburg und zugunsten Freisings gefälschte DH.IV.164; B. Walther selbst habe (zwischen 1138–1143) im Einvernehmen mit Abt Walther von Benediktbeuern darauf mit der Fälschung des DH.IV.308 gekontert, das zusammen mit dem echten DLo.III.52 bei Konrad III. zur Erwirkung des DKo.III.87 vorgelegt wurde, welches ausgerechnet durch Wibald verfasst und geschrieben werden “mußte”; und schließlich habe Abt Walther das DLo.III.77 sowie die schon bisher als Fälschungen bewerteten DDH.III.297 und 362b von angeblich 1052 und 1056 gefälscht, um mit deren Vorlage das DF.I.106 zu erwirken. – An der Kanzleimäßigkeit von D.153 kann jedoch nicht der geringste Zweifel bestehen, diejenige der anderen Originaldiplome soll hier dahingestellt bleiben.

Nachdem für die hier verfügte Veräußerung eines Reichsklosters, wie in der Bestätigung durch DLo.III.3 ausdrücklich geschehen, die Zustimmung der Reichsfürsten erforderlich war, muss die Zeugenliste unseres D. in diesem Sinne verstanden werden. Von den hier Genannten haben nun aber nur wenige – außer B. Hermann selbst (genannt in D.202; s.a. D.†295) noch die Bischöfe Burchard von Münster und Mazo von Verden und von den Laien allein der Heinricus comes, der Bruder Herzog Welfs V. und sein Nachfolger (H. IX. der Schwarze) im Herzogsamt (zur Identität vgl. die Paralleltexte von D.158) – den diesmal mit relativ kleinem Gefolge nach Italien gezogenen Herrscher begleitet (zu den Teilnehmern s. Gawlik in DA 37,606, zu den Bischöfen Zielinski a.a.O. 283 Liste 20; vgl. auch den Brief Heinrichs an B. Hartwich von Regensburg von Juni/Juli 1116, D.185).

Da die Anwesenheit demnach nicht durch ein Aufgebot zum Italienzug veranlasst war, liegt es nahe, an einen nach Augsburg einberufenen Hoftag zu denken, dessen Beratungen die beabsichtigten neuen Verhandlungen mit dem Papst zum Gegenstand gehabt haben dürften, aber auch die Einsetzung einer Verweserschaft für die Zeit von Heinrichs Abwesenheit (neben seinem Neffen, Herzog Friedrich II. von Schwaben, der hier genannte rhein. Pfalzgraf Gottfried; vgl. Meyer von Knonau, Jahrb. 6,359 Anm. 12; vgl. auch D.185 sowie D.196 mit Anm. 18 u. 27).

Einer der Hauptzwecke des Italienzuges war aber die Besitzergreifung der “Mathildischen Güter”, auf die Heinrich aufgrund der im Mai 1111 mit der Markgräfin Mathilde getroffenen Einigung nach ihrem Tod († 1115 Juli 24) Erbanspruch hatte (s. Goez, Urk. Mathildes Dep. 80, der die Nachricht über Heinrichs Erbeinsetzung als “zweifelhaft” bezeichnet). Hiermit dürfte denn wohl auch die – als Ausdruck seines Einverständnisses zu bewertende – Anwesenheit Welfs V. zusammenhängen, der mit Mathilde 1089 eine politisch motivierte, seit 1095 ohne Annullierung faktisch aufgelöste Ehe (ihre zweite) eingegangen war (vgl. dazu Faussner in ZRG Germ. 85,10f.); immerhin war Welf, nach seiner Teilnahme am 1. Italienzug und seiner Anwesenheit auf dem Mainzer Hoftag vom Januar 1114 (s. D.117), seither nicht mehr in der Umgebung Heinrichs anzutreffen gewesen.

Auf einen längeren, mindestens mehrtägigen Aufenthalt in Augsburg (mit Handlung unseres D. einen oder mehrere Tage vor dem 14. Februar) weist jedenfalls die Nachtragung des Tagesdatums (s. Anm. u) hin; der Befund, für den man keine sonstige Begründung zu finden vermag, ist wohl am ehesten durch eine aus irgendeinem Grunde verzögerte Vornahme der Besiegelung zu erklären, die aber sicher noch in Augsburg selbst erfolgt sein wird, nicht, wie Ficker, Beitr. 2,273 annimmt, erst nach dem Aufbruch mit “späterer Aushändigung” an Hermann, der das Diplom kaum der Gefährdung einer Mitnahme auf den Italienzug ausgesetzt haben wird.

Auf alle Fälle muss Heinrichs Aufbruch dann bald nach dem 14. Februar erfolgt sein, da er nach der Brennerüberquerung (zum möglichen weiteren Weg vgl. D.154) schon in der ersten Märzwoche in Treviso urkundete (DD.154 u. 155). – Die Anwesenheit des Nordgau-Markgrafen Diepold III. war vielleicht dadurch begründet, dass er B. Hermanns Vetter war. Der genannte Vogt ist Wernher III. von Schwabegg, s. Zoepfl-Volkert a.a.O. – In einem Rückvermerk des Originals aus dem 17. Jh. ist das Bvron fälschlich mit Ottenbeurn gedeutet (ebenso in zwei der drei späteren Abschriften).

(C.) In nomine sanctae et individuae trinitati (!). Heinricus divina favente clementia quartus Romanorum imperator augustus. Omnibus Christi nostrique fidelibus tam futuris quam presentibus notum fieri volumus, qualiter nos pro fideli servicio Herimani Augustensis episcopi, quod nobis fecit, et pro fidelitate etiam, quam patri nostro, dum vixit, servavit et nobis semper servare intendit, abbatiam quandam nomine Bvron ita libere, sicut usque huc in nostra potestate eam tenuimus, ad altare sanctę Marię in Augusta civitate donavimus, ea videlicet conditione, ut deinceps idem prefatus episcopus eiusque successores eam ad suos usus habeant cum omnibus appendiciis suis, videlicet advocatione, villis, mancipiis, pratis, pascuis, silvis, venationibus, aquis aquarumque decursibus, molis, molendinis, viis et inviis, exitibus et reditibus, cum omni utilitate, quę inde ulterius exire potest. Precipimus itaque, ut nulla persona magna sive parva predictum episcopum suosque successores de predictis bonis audeat inquietare, molestare vel disvestire. Si quis vero huius nostri decreti (ergänze paginam), quod absit, aliquo temerario ausu contraire temptaverit, auri libras centum componat, medietatem camerę nostrę, medietatem supradicto episcopo suisque successoribus. Et ut hoc ab omnibus verum esse credatur et omni evo inviolatum permaneat, hanc cartam inde conscriptam et manu propria corroboratam impressione nostri sigilli insigniri iussimus. Hec enim traditio facta est presentibus episcopis, Bvrchardo Monasteriensi episcopo, Ǒdelrico Eistetensi episcopo, Mazoni Verdensi episcopo, necnon duce Welfone, Tietbaldo marchione, Heinrico comite, Godefrido palatino comite et advocato supradictę ęcclesię Warnehario.

Signum domni Heinrici quarti Romanorum (M.9.) impratoris (!) invictissimi.

Bruno cancellarius recognovit. (SI.D.)

Data XVI. kl. mar., indictione VIIII, anno dominicę incarnationis millesimo CXVI, regnante Heinrico quinto rege Romanorum anno X, imperante V; actum est Augustę; in Christo feliciter amen.