Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde
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Heinrich verfügt in einem Güterstreit des Klosters St. Truiden mit dem Freien Walther von Bekkevoort die Wiedereinsetzung des Klosters durch Herzog Gottfried (von Niederlothringen) und den Klostervogt Giselbert (von Duras), beauftragt später den Herzog mit einem erneuten Gerichtsverfahren und zieht den Streit schließlich vor das Königsgericht, wo die Sache auf einen späteren Termin vertagt wird.

(1108…1115/Herbst).

Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010

Stumpf Reg. –.

In lib. 9 c. 32 der Gesta abbatum Trudonensium (MGH SS 10,289f.; ed. de Borman 1,167ff.) berichtet Abt Rudolf von St. Truiden (1108–1138; Verfasser von lib. 1–7 u. 9, s. D.*15), dass in den unter seinen Vorgängern geführten Besitzstreitigkeiten mit Gualterus homo liber de castello Baccunguez (Bekkevoort, cant. Diest, prov. Brabant, je ca. 20 km nö. Löwen und nw. St. Truiden) zuletzt der maior advocatus noster Heynricus de Lemburg die Restitution der strittigen, in der Nähe von Bekkevoort gelegenen Güter an das Kloster verfügt hatte, und fährt dann fort: Sed neque sic avarus invasor quievit. Ventum est ad tempus nostrum [= seit 1108] et possidentem nostra inveni eum [scil. Walther]. Clamavi advocatis nostris, duci quoque, et nullus exaudivit, pecunia aures obturati. Quid facerem? Ad imperatorem Heynricum, filium Heynrici, qui Leodii obiit, me contuli; causa mea audita reinvestiri me prediis æcclesiæ per ducem Lovaniensem Godefridum et advocatum nostrum Gislebertum fecit. Avarus invasor clamitabat violentiam sibi fieri. Dux iterum Lovaniensis secundum mandatum imperatoris diem posuit, ut presente adversario preirent homines nostri et divisionem rectam facerent nostri et illius predii. Ventum est ad diem; affuit dux, affuimus, affuit et Gualterus … Finiri die illa non potuit. Alia dies posita est, ut liberi veritatem dicerent circummanentes; corrupti muneribus, ut fama ferebat, veritatem se nescire mentiti sunt. Nec sic defetigatus quievi, adversarium iterum ad curiam Aquisgrani ante imperatorem feci vocari.

Ein aus Furcht vor dem drohenden Verfahren erfolgtes und auf Rudolfs Einverständnis treffendes Restitutionsangebot Walthers scheiterte am Widerstand der eigenen Klosterleute (contra hoc nostris tam clericis quam laicis pertinaciter reclamantibus, et quædam indigna in adversarium et in me quoque proferentibus).

Unmittelbar anschließend heißt es dann: Venimus ergo ante imperatorem. Advocatus meus suum statuit prolocutorem, adversarius suum. Ab utraque parte est dictum et sub iudicio positum iudiciumque usque ad proximam curiam dilatum. Interim regnum turbari et imperator impediri [erg.: cepit], donec in Italiam transivit, resque nostra usque hodie [= ca. 1136, s. D.*15] sic remansit indiffinita.

Zu den Vorgängen vgl. Bonenfant/Bonenfant-Feytmans in Revue belge de phil. et d’hist. 46,1136 mit Anm. 1, Boes, L’abbaye de Saint-Trond 185f., Stüllein, Itinerar 71f. und Werner in Die Salier u. das Reich 1,392f. (s. auch 389 Anm. 142). Der sonst nicht belegte Aachener Hoftag gehört mit Boes a.a.O. 186 und Stüllein a.a.O. wegen der Erwähnung von Heinrichs (2.) Italienzug, der die weitere Behandlung der Angelegenheit bei einem neuen Termin vor dem Königsgericht verhinderte, in das Jahr 1115 (Sommer oder Herbst), spätestens vor den für den 1. November ausgeschriebenen Mainzer Hoftag.

Die Chronologie der früher von Rudolf unternommenen Schritte ist ganz unsicher: Es spricht aber alles dafür. dass er sich schon bald nach seinem Regierungsantritt im Jahre 1108 an die advocati des Klosters (Graf Heinrich von Limburg als Obervogt und Graf Giselbert von Duras als Untervogt, s. D.*15) und an den Herzog Gottfried von Niederlothringen (Graf von Löwen, oben einfach als dux oder dux Lovaniensis bezeichnet; als Herzog, 1106–1128, Nachfolger des von Heinrich V. zu seinen Gunsten abgesetzten, von Heinrich IV. im Jahre 1101 eingesetzten Heinrich von Limburg) gewandt hatte. Das nach dem Scheitern dieser Bemühungen wohl ohne große Verzögerung angestrengte erste Verfahren vor Heinrichs V. Gericht (causa mea audita) könnte zeitlich mit einem der Aufenthalte des Königs zu Lüttich im April 1109 und im März 1110 (s. Stüllein a.a.O. 41 u. 45) zusammenhängen. – Da danach der Erfolg der Restitutionsbemühungen des Herzogs Gottfried und des Vogtes Giselbert (ob beide schriftliche Mandate Heinrichs erhalten hatten, muss offen bleiben) abzuwarten war, wird man die Erwirkung des neuen kaiserlichen Mandats an den Herzog wohl erst nach einigem Zeitablauf, d.h. wohl nicht mehr vor Heinrichs 1. Italienzug von 1110/1111, annehmen dürfen; das deckt sich mit der Annahme von Bonenfant a.a.O., dass Gottfrieds richterliche Tätigkeit auf ca. 1112–1113 anzusetzen sei (so auch Werner a.a.O.), jedenfalls vor dem Jahre 1114, da dieser damals zu der antikaiserlichen Koalition EB. Friedrichs I. von Köln gehörte (s. Meyer von Knonau, Jahrb. 6,298f. und B.-Petke Reg. 29; schwerer wiegt, dass nach Aussage der Gesta lib. 10 c. 14f. [SS 10,296; de Borman 1, ■] Herzog Gottfried am 19. bzw. 20. Juli [14. kal. aug., feria 2] des Jahres 1114 feindlich in St. Truiden einfiel, s. Meyer von Knonau a.a.O. 302). – Übrigens ist aber der von Rudolf im obigen Text ständig für Heinrich verwendete und von Bonenfant a.a.O. als Terminus a quo (nach 1111) gewertete imperator-Titel zur Datierung des Mandats und erst recht der früheren Vorgänge gänzlich ungeeignet (zum Titel-Gebrauch Rudolfs vgl. z.B. die Zitate in DD.*15 u. *25); bei Stüllein a.a.O. 71 Anm. 11 ist durch die Vergabe der Sigle “St. 3119A” für das jedenfalls vor 1114 gehörende Mandat an den Herzog ein viel zu spätes Datum unterstellt (= nach D. † 138/Stumpf Reg. 3119 von 1114 November 30).