Original (ca. 44,5/46 b : 52/53,5 h) im Staatsarchiv zu Cremona (A);
Rückvermerk des 12. Jh.:
Imperator Anricus; 13. Jh.:
primum in registro [= nicht erhaltene Hs.]; andere Hand:
De Pado; 14. Jh.:
Hoc est privilegium loquens de aq[ua] Padi; 15. Jh.:
Exsemplatum[!] per manum Frederici de Cassamala. – Notarielles Vidimus aus dem Anfang des 13. Jh., mit zahlreichen, im
19. Jh. von Ippolito Cereda korrigierten Fehlern, ebenda (B).
Drucke: Aus A: Muratori, Ant. Ital. 4,23 zu 1114 (s. Anm. x). – Robolotti, Repert. dipl. Cremonese 1,141 no
9 aus einer auf Muratori
beruhenden Abschrift Ceredas im Staatsarchiv zu Cremona zu 1115
(trotz der Text-Lesung
… decimo quarto nach Muratori). – Torelli, Reg. Mantov. 1,114 no
157 Auszug aus Abschrift des 14. Jh. im Staatsarchiv zu Mantua zu
1114. – Groppali-Bartoli
in Circolo di studi Cremonesi, Atti et comunicazioni 1,42 Anm. 1
fehlerhaft aus A zu 1115 (im Text jedoch
… decimo quarto). – Almansi, Statuta universitatis mercatorum Cremonae 139 no
1 aus Abschrift von 1499 im Statutenbuch zu 1120 Juli 5. – Falconi, Le carte Cremonesi 2,89 no
262 aus B und Kopie des 15. Jh. zu 1114 (trotz der Lesung .XV. im
Text).
Reg.: Cavitelli, Annales 41a zu 1116 Juli 6. – Robolotti, Repert. 1,33 no
267 zu 1115. – Astegiano, CD Cremonese 1,98 no
26 zu 1114. – Indices … Muratorii 87 no
785 zu 1114. – Torelli
in Atti e memorie di Mantova N.S. 14–16,220 zu 1114. – Simeoni
in Atti e memorie per l’Emilia e la Romagna 2,156 Anm. 16 zu 1114
Januar. – Gualazzini, Il “Populus” di Cremona 43 Anm. 2 zu 1114. – Ders., Inventario dell’archivio storico camerale 12 no
36 zu 1120 Juli 5 (s. auch S. 125). – Böhmer
Reg. 2038 zu 1114 (nach Muratori). – Stumpf
Reg. 3113 zu 1114 (nach Böhmer).
Verfasst und geschrieben von Notar Adalbert A, dem Hausmann, Reichskanzlei 66 no
64 (zu 1114) allerdings nur das Diktat zuspricht; dies ist nur so
erklärlich, dass Hausmann, obwohl er das “Or.” im Staatsarchiv Cremona nennt, dies in
Wirklichkeit nicht gesehen hat. – Die Ursache dafür, ebenso wie für
die erstaunliche Tatsache, dass Falconi
seinem Druck nicht das Original, sondern das Vidimus B zugrundelegte,
könnte darin liegen, dass das Original, das zuvor gemeinsam mit dem
Vidimus verwahrt worden war, in neuerer Zeit von diesem separiert und
in einer zur Sicherung des bestens erhaltenen Siegels (s. Anm. v)
hergestellten Kassette geborgen wurde. – Der Text des Vidimus, in dem
die Rekognitionszeile fehlt (s. Anm. w), war augenscheinlich auch die
Grundlage für Hausmanns falsche Feststellung (a.a.O. 45 Anm. 2) über D.143 als einziger
Ausnahme von der alleinigen Rekognition durch den Kanzler Bruno; die
Rekognition durch den deutschen statt des für den Empfänger
zuständigen italienischen Kanzlers (Burkhard) hat ihre Parallele in
D.107 für Fruttuaria.
Während die Indiktion zu 1115 passend gegenüber derjenigen des Jahres
1114 um 1 Einheit erhöht ist, unterblieb diese Erhöhung für die
Regierungs- und Kaiserjahre (s. Anm. 2) gegenüber den seit D.130 von
1114 April 14 verwendeten Zahlen; dies ist womöglich dadurch
verursacht, dass die Kanzlei seit dem Herbst 1114 offenkundig (selbst
bei der Annahme von Deperdita nach D.137 von 1114 Sept. 13) nur noch
sporadisch geurkundet hatte; in den beiden restlichen von Notar
Adalbert A verfassten Diplomen des Jahres 1115, DD.147 u. 148, stimmen
die Jahreskennzahlen gleichfalls nur teilweise. – Meyer von Knonau, Jahrb. 6,294 mit Anm. 14 u. 15, der nur die auf Muratori
zurückgehende falsche Datierung des D.143 auf 1114 Juni 3 in der
älteren Literatur kannte (ebenso Stüllein, Itinerar 63), trug keine Bedenken, D.143 und D.130 von 1114 April 14
(dessen Handlung sogar noch früher lag, vgl. dortige Vorbemerkung)
einem einzigen “abermaligen längeren Aufenthalt in Worms” zuzurechnen,
womit er eine Aufenthaltsdauer für möglich hielt, wie sie Heinrich
wohl höchst selten einer Bischofsstadt zugemutet hat (ein ähnlich
langer Aufenthalt, gleichfalls in Worms, fiel in den Frühsommer 1124,
s. Stüllein
a.a.O. 104).
D.143 ist die im Wortlaut nur wenig Anklänge aufweisende (s. Anm. c
und i) Erneuerung der Begünstigung der Stadt durch DO.III.198 von 996
Mai 22 (= VU.), das aber schon mit DO.III.222 von 996 August 3
ausdrücklich als von der Stadt erschlichen wiederrufen wurde (vgl.
auch DO.III.270 von 998 Januar 19), nachdem die faktische Verwerfung
schon knapp eine Woche später erfolgt war, indem Otto III. mit den
beiden DD.204 und 205 von 996 Mai 27 die entsprechenden Rechte
zugunsten der bischöflichen Kirche beurkundet hatte, der er außerdem
am selben Tage demonstrativ ein Schutzprivileg erteilte (D.206). Das
DO.III.198 hatte in isolierter Singularität und in eklatantem
Widerspruch zu einer ganzen Serie älterer und jüngerer Diplome
gestanden, in denen die letztlich auf dem
comitatus beruhenden Rechte immer wieder der bischöflichen Kirche bestätigt worden waren: Nach
zwei Deperdita Karls d. Großen und Ludwigs d. Frommen (Lechner, Verl.
Urk. no
107 und 109) hatte die ununterbrochene Reihe der erhaltenen Diplome
mit dem DLo.I.58 von 841 eingesetzt und zunächst bis zum DO.II.272 von
982 gereicht, sodann durch und nach Otto III. ihre Erneuerungen durch
Heinrich II. (D.84 von 1004), Konrad II. (D.146 von 1030 und D.162 von
1031; vgl. auch DD.251/252 von 1037) und Heinrich III. (D.319 o.D.)
erfahren.
Den in diesen Diplomen im einzelnen variierenden Umfang der fraglichen
(bischöflichen) Rechte umschreibt in weitgehend abschließender
Formulierung das DKo.II.162 von 1031 (zum Or. vgl. Wibel in NA
43,215ff., 220f; Wiederholung des D.146 von 1030):
quicquid curature, tolonei atque portatici seu ripatici aliquo
ingenio de iam fata Cremonensi civitate ad publicam functionem
pertinuit, tam de parte ipsius civitatis comitatus quam de parte
cortis Sexpilas, necnon ripas et piscarias a Uulpariolo usque in caput
Addue cum molendinis et molatura eorum [danach nur in DKo.II.146:
et portubus] … atque cum uniuscuiusque navis solito censu … seu cum
persolutione omnium navium Cremonam adeuntium tam Ueneticorum quam
ceterorum navium …, districtionem vero civitatis infra et extra per
quinque miliariorum spatia. – Unsicher ist, ob die Serie der Anerkennungen der bischöflichen Rechte
schon mit dem DH.III.319 ihr Ende fand oder erst mit dem das
DKo.II.162 wiederholenden, in Zusammenhang mit Streitigkeiten zwischen
Bischof und Stadt wohl verfälschten (vgl. Vorbemerkung zu DH.V.77)
DH.IV.36a von 1058.
Die Festschreibung der städtischen Rechte durch D.143 sieht Opll, Stadt und Reich 250 in den Bemühungen Heinrichs begründet, wieder
gute Beziehungen zu der Stadt zu knüpfen, die in Gegensatz zu seinem
Vater gestanden hatte. Jedenfalls war diese Begünstigung der Stadt
endgültig: Nachdem Lothar III. und Konrad III. weder für die
bischöfliche Kirche noch für die Stadt geurkundet hatten, erhielten
beide von Barbarossa eine Reihe von Diplomen; in denjenigen für den
Bischof ist keine Rede mehr von diesen alten Rechten, wohl aber in
denen für die Stadt, insbesondere dem DF.I.261 von 1159 Februar 22,
und zwar in einer durch die Konzentrierung auf den freien
Handelsverkehr eher unserem Diplom entsprechenden, von der
umfangreichen Umschreibung in den älteren bischöflichen Diplomen stark
abweichenden Formulierung (Cremonenses á Cremona deorsum in aqua Padi et in omnibus locis et
vallibus, in quibus aqua Padi aliquo tempore derivatur, usque ad mare
… secure cum omnibus mercationibus, quascumque voluerint, vadant et
navigent, ut nullus … aliquod theloneum … ab eis exigat …; habeant
quoque ipsi Cremonenses in predictis locis, vallibus et aquis vendendi
et emendi liberam facultatem; vgl. ferner das umfassende Privileg DF.I.653 von 1176 Juli 29).
Ganz anders verhält es sich mit den Papstprivilegien für die
bischöfliche Kirche, in denen weiterhin – unter Berufung auf das (zu
diesem Zweck verfälschte?) DH.IV.36a und in wörtlicher Anlehnung an
dieses – der Bischof als Inhaber der Rechte erscheint: Erstmals im
Privileg P.Alexanders II. von 1066 Oktober 30 (JL 4596; It. pont.
6.1,264 no
1; Falconi
a.a.O. 1,520 no
213), wiederholt von P. Calixt II. 1124 Februar 1 und letztmals von
P. Lucius II. 1144 März 17 (JL 7140 und 8524; It. pont. 6.1,264 no
5 und 266 no
14; Falconi
a.a.O. 2,131 no
287 und 200 no
327).
Die Dispositio unseres D. ist in dem D. Friedrichs II. von 1226 Juli
(B.-Ficker Reg. 1642; Böhmer, Acta imp. 782 no
1089 = NU.) wiederholt, vgl. auch deren Erneuerungen durch Ludwig d.
Bayern von 1329 Juni 21 (Böhmer
a.a.O. 806 no
1118) und Karl IV. von 1355 Februar 16 (Böhmer
a.a.O. 810 no
1123; B.-Huber
Reg. 1991).
Zur Verlegung der Pfalz vor die Stadtmauern vgl. Brühl, Fodrum 1,493ff.; Ders. in Hist. Forsch. f. W. Schlesinger
412; Haverkamp, Herrschaftsformen 1,96 Anm. 42 (mit falscher Wiedergabe des
concessimus durch “der Kaiser fordert”!); Opll
a.a.O. 251. – Dass die Zusage später Realität wurde, ergibt sich aus
dem DF.I.895 von 1185, wo Barbarossa in seinem Bericht über die
Treulosigkeit der Cremonesen (die er mit D.941/942 von 1186 wieder in
Gnaden aufnahm) sagt, dass diese
hospitati nos fuerunt ad sanctam Agatham und die Verhandlungen im
refectorium sancte Agathe stattfanden; auch die durch das DF.I.660 von 1176 Dezember 12
beurkundeten Abmachungen mit der Stadt wurden
in quodam casamento de ecclesia beate Agathe de burgo Cremone beschworen (vgl. Brühl, Fodrum 1,607 Anm. 141).
– Wlperula, in den sonstigen Urkunden immer
Vulpariolus, war der Stadthafen von Cremona (vgl. Vorbemerkung zu DLo.I.58); die
Mündung der von Nordwesten kommenden Adda in den Po liegt heute in
Luftlinie ca. 11 km w. Cremona (ca. 2,5 km südlich davon liegt
Castelnuovo Bocca d’Adda).
Für die Datierung des aus dem Text unseres D. (Z. ■) sich ergebenden Deperditums
Heinrichs V. für die Stadt Cremona gibt es keine konkreten
Anhaltspunkte; es ist jedoch denkbar, dass es gegen Ende des 1.
Italienzuges ausgestellt wurde, als Heinrich am 19. Juni 1111 bei bzw.
in Verona mit DD.74 u. 77 für zwei andere Cremoneser Empfänger, die
Kirche St. Agata und das Domkapitel, urkundete. Da Heinrich von einer
Erneuerung (renovamus) seines früheren Diploms spricht, wird das Deperditum wohl weitgehend
gleichen Inhalts wie D.143 gewesen sein; wenn die Stadt für die
Erwirkung von D.143 jedoch eine Gesandtschaft nach Worms schickte,
wird es entweder um eine inhaltliche Erweiterung oder zumindest um
konkretere Fassung des einen oder anderen Punktes gegangen sein.