In nomine sanctę et individuę trinitatis. Heinricus divina favente clementia Romanorum imperator augustus et infra. Inquisitione igitur facta, qui vel unde essent, qui prębendas ecclesiasticas pro beneficiis sibi vendicassent, factus est clamor super quosdam principes et homines ipsorum, et maxime super Bertholdum comitem de Nůwenburg, eo quod idem maximus invasor rerum ecclesiasticarum esset. Superveniens etiam Conradus abbas s. Mauricii martyris Ebersheymensis cenobii pedibus nostris cum fratribus suis prosternitur quęrimoniam faciens super eundem Bertholdum comitem, quod prędium ecclesię suę seu villam Wißwyler cum ecclesia ac mancipiis et omnibus appendiciis suis violenta ac tyrannica manu rapuerit. Unde solita pietate nostra comite simulque iudicium dei omnipotentis prę oculis habentes et regni nostri honoribus providentes omnem consessum principum, quid nobis super his agendum esset, requisivimus. Tunc episcopus Monasteriensis cęterique principes consilium dantes simulque adiudicantes decreverunt, quatinus prędictum comitem in audientia nostra responsurum de his, quibus accusatus fuerat, evocaremus. Ille vero sęveritatem imperii et iudicii nostri metuens nec quicquam iustę defensionis habens nobis ultro ea, pro quibus acclamatus fuerat, ecclesiis dei restituenda reddidit etc.
Heinrich lässt sich im Fürstengericht, vor dem Abt Konrad von Ebersmünster wegen gewaltsamer Entfremdung des Dorfes Weisweil geklagt hatte, von dem Grafen Berthold von Nimburg die den Kirchen zu restituierenden Besitzungen zurückgeben.
Straßburg – 1114 Juni 24.
Vorbemerkung Thiel, Stand: 2010
Auszug der 1. Hälfte des 16. Jh. in Hs. 436 f. 122r des Haus- Hof- und Staatsarchivs zu Wien (B).
Druck aus B: Schulte in ZGO 44,120.
Reg.: Diestelkamp-Rotter, Urk.-Regesten 1,127 no 178. – Stumpf Reg. –.
Zur Handschrift vgl. Schulte a.a.O. 119 Anm. 1. Die Sammelhandschrift enthält auf f. 103–134 Materialien zur Chronik von Schuttern (ed. Mone in Quellensamml. z. bad. Landesgesch. 3,67ff.), die auf Bitten des Abtes Rudolf Garb von Schuttern der Hugshofener Abt Paul Volz verfasste (vgl. den Widmungsbrief des Paulus Voltius von 1542 Dez. 1 auf f. 125v), u. zw. drei nur wenig voneinander abweichende Fassungen des Anfangs der Chronik, die beiden ersten Fassungen von Volz’ Hand.
Unser Stück befindet sich innerhalb der an zweiter Stelle eingereihten, als “prius scriptum” bezeichneten ältesten Fassung (f. 114–124), auf einem eingelegten Einzelblatt, das als Ergänzung zu der kurz vorher auf f. 120r stehenden Nachricht über Übergriffe des Bertholdus comes a Nůwenburg auf Besitz von Ebersmünster im Jahre 1169 gedacht war, mit der dem Auszug vorangehenden, auf die zu Ebersmünster befindliche Vorlage hinweisenden und die Datierung mitteilenden Eröffnung: De hoc Bertholdo comite a Nůwenburg in Aprimonasterio ita legitur sub anno 1114, indict. 7. et 8. kls. iulii, dat(is) literis Argentię.
Auf den Auszug folgt ein Schlussvermerk, in dem Volz (dem Abt von Schuttern) vorschlägt, den Abt von Ebersmünster um erneute Einsicht in die vollständige Urkunde zu bitten, aus der er sich früher, gestützt auf eine in Schuttern angefertigte Aufzeichnung, das fragmentum notiert hatte: Hic fuit Heinricus V. Videtur autem hic Bertholdus fuisse a Zeringen eius nominis tertius, qui anno 1118 Friburgum in Brisachaugia condidit et anno 1122 prope Molish(eim) occisus est. Operę precium forte esset, si dignatione Aprimonasteriensis abbatis relegeres eas litteras, unde fragmentum hoc olim notaram; nam qui in tuo monasterio notavit, nimia usus est brevitate. Vale in Christo.
D.134 ist bei Stüllein, Itinerar 63f. Anm. 7 als Fälschung bezeichnet, während sich der von ihm zitierte Meyer von Knonau, Jahrb. 7,295 Anm. 16 auf die Feststellung beschränkte, dass es nicht in das kaiserliche Itinerar passe, und lediglich Schultes Hinweis auf Ebersmünster als Stätte vieler Fälschungen zitierte. Ungeachtet der tatsächlichen umfangreichen Fälschungen des 12. Jh., wie sie die späteren Untersuchungen von Bloch, Dopsch, Wentzcke und Hirsch aufzeigten (vgl. die Lit.-Nachweise in Germ. pont. 3.3,45 und bei Dubled in Arch. de l’église d’Alsace 26,45 Anm. 204) hielt Schulte a.a.O. 121 mit Hinweis auf die Stimmigkeit der sachlichen Angaben zu Recht an der Echtheit der Urkunde fest.
Das ca. 16 km von Ebersmünster entfernte Weisweil (Kr. Emmendingen) am Nordrand des Kaiserstuhls war jedenfalls unstreitiger Besitz des Klosters (vgl. das Privileg P. Lucius’ III. von 1183 Juli 19; JL 14900; Germ. pont. 3.3,47 no 4) und gehörte vermutlich zur Gründungsausstattung (vgl. Chron. Ebersheimense c. 9, MGH SS 23,436; s. auch Zotz in Weisweil, Ein Dorf am Rhein 20); Berthold von Nimburg könnte auch – als Belehnter (vgl. das … pro beneficiis sibi vendicassent des Textes) – einer der raptores gewesen sein, die von der räuberischen Aneignung von Weisweil durch B. Otto von Straßburg (1084–1100) profitiert hatten (vgl. Chron. c. 27, SS 23,445: Huius [scil. Abt Walthers, 1087–1100] temporibus Oddo episcopus curtim monasterii Wizwilre cum omnibus pertinentiis suis rapuit et raptoribus concessit; s. auch Schulte a.a.O. 121 Anm. 3); diesen Zusammenhang sieht auch Zotz a.a.O. 26 u. 27. Für die weitere Bewertung des Stückes ist sodann die Aussage des Textes von Interesse, dass sich die inquisitio wegen Entfremdung kirchlichen Pfründegutes einerseits nicht allein gegen den Nimburger, sondern gegen weitere principes richtete, und dass andererseits aufgrund des abschließenden pluralischen ecclesiis dei restituenda das Kloster Ebersmünster nicht der einzige Klageführer gewesen war; ein Fälscher hätte sicher allein auf Ebersmünster und den Nimburger abgestellt. – Dass übrigens solche “Kumulativverfahren” verbreitetere Praxis gewesen sein dürften, ergibt sich aus der Vorbemerkung zu D.†291 von 1111 (Handlung gleichfalls in Straßburg).
Klarster Beweis für die Echtheit ist jedoch die alleinige Nennung des Bischofs (Burkhard) von Münster, worauf ein Fälscher nicht verfallen konnte: Offenbar hatte der Bischof den Vorsitz im Fürstengericht geführt, eine Rolle, die an keinen bestimmten der anwesenden principes gebunden war, womöglich aber häufig einem Bischof zufiel, wie aus dem in Vorbemerkung zu D.36 mitgeteilten Beleg für B. Otto von Bamberg in dieser Rolle im Jahre 1108 geschlossen werden kann.
Damit ist zugleich gesichert, dass wir es, wie schon von Schulte vermutet, aufgrund des von Volz mitgeteilten, sicher nicht zu bezweifelnden Datums mit uneinheitlicher Datierung zu tun haben, mit Handlung während des durch D.127 belegten Straßburger Aufenthalt der zweiten Märzhälfte des Jahres 1114 und erst späterer Ausfertigung (durch die große Zahl der damaligen Vorgänge verursacht?); denn kurz vorher, während des Baseler Aufenthalts vom 4.–10. März (s. DD.123–126) hatte B. Burkhard offensichtlich gleichfalls den Vorsitz in einer Streitbeilegung innegehabt, die im ersten Teil des D.125 vom 10. März dargestellt ist, da er an der Spitze der astantes et collaudantes genannt ist; auch in DD.123, 124, 126 und 127 ist B. Burkhard Spitzenzeuge bzw. -intervenient.
Unser Text hat aber noch in anderer Hinsicht eine herausragende Bedeutung: Während wir sonst von Entscheidungen des Königs- und des Fürstengerichts durchwegs nur durch Diplome erfahren, die auf sie Bezug nehmen oder sie integrieren, wie das Beispiel des D.125 exemplarisch zeigt, überliefert einzig und allein unser D.134 in seiner ausgefeilten Stilisierung womöglich einen “Standardtenor” von Urteilsformulierungen des königlichen Gerichts: Jedenfalls erinnert der Satz Unde solita pietate nostra … an den stereotypen Eingang späterer Gerichtsbriefe mit … pro tribunali sedentes et solum deum pre oculis habentes …; auch der Hinweis auf die honores regni dürfte zum regelmäßigen Formular gehört haben. Da Anfang und Schluss der Urkunde mit den für eine Diktatermittlung ergiebigsten Teilen, Protokoll mit Arenga und Eschatokoll, fehlen, bleibt unbekannt, ob D.134 von Notar Adalbert A verfasst war; in dem allein erhaltenen Kontext-Rumpf mit seiner singulären Textgestalt ist keine sichere Spur seines Diktats zu ermitteln – es stellt sich allerdings die Frage, ob die Abfassung der wahrscheinlich in nicht geringer Zahl ausgestellten (vgl. Vorbemerkung zu D.*15) Urkunden des deutschen Königsgerichts überhaupt zu den Aufgaben des evtl. nur für die Diplome zuständigen Kanzleinotars zählte, oder ob dafür nicht ein anderer Angehöriger der königlichen Kapelle herangezogen wurde; damit könnte schließlich auch zusammenhängen, dass in der Datierung neben der richtigen Indiktion die bei den Diplomen regelmäßige Angabe der Königs- und Kaiserjahre fehlt, falls dies nicht auf einer Auslassung durch Volz beruht. – Bemerkenswert ist übrigens, dass die Restitutionen nicht unmittelbar an die Geschädigten erfolgt sein sollen, sondern mittelbar über den Kaiser.
Zu den Grafen von Nimburg (am Ostrand des Kaiserstuhls) vgl. Parlow in Teningen, Ein Heimatbuch 45ff., der in einem Nachtrag S. 96 gleichfalls noch die Echtheit des D.134 als zweifelhaft bezeichnet; zu Berthold I. (ca. 1100–1139) und seinem Sohn Berthold II. (ca. 1139–1181) a.a.O. 47ff. und Stammtafel S. 63; Volz bezieht, abgesehen von seiner falschen Identifizierung mit dem Zähringer Herzog Berthold III. († 1122) und auch in Widerspruch dazu, die beiden Nennungen von 1114 und 1169 irrigerweise auf eine einzige Person.